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zur polizeilichen Vorladungen wegen Rechtsberatungsgesetz

V e r m e r k:

Bekanntlich missbrauchen Behörden das Rechtsberatungsgesetz immer wieder als Waffe, um Ausländern und ihren altruistischen Helfern die Wahrnehmung ihrer Rechte zu erschweren.

Zwar hat sich bei den Ausländerbehörden, Sozialämtern usw. inzwischen herumgesprochen, daß – wegen der zunehmenden verfassungsrechtlichen Bedenken – das Verbot der unentgeltlichen Rechtsberatung an sich eine stumpfe Waffe ist; sämtliche in den letzten Jahren gegen altruistische Helfer von Flüchtlingen eingeleiteten Ordnungswidrig-keitenverfahren sind, mitunter allerdings nach mehrjähriger Verfahrensdauer, schließlich nach § 47 OWiG eingestellt worden.

Warum winken dann viele Behörden – trotz der nahezu mit Sicherheit in Aussicht stehenden Verfahrenseinstellung – noch immer mit dem „Zaunpfahl“ des RBerG? Der Grund: Man glaubt, auf diese Weise die Flüchtlinge und ihre altruistischen Helfer einschüchtern zu können. Wer als Helfer weiß, daß sein Schützling – vielleicht ein Folteropfer – hochnotpeinlich vor die Polizei geladen wird, wird sich eher davon abschrecken lassen, Flüchtlingen zu helfen.

Leider ist zu wenig bekannt, daß jene Behördenwillkür nicht grenzenlos ist. Man muß vielmehr folgendes wissen:

Es besteht keinerlei gesetzliche Verpflichtung, vor der Polizei als Zeuge oder Beschuldigter auszusagen. Auch Ausländer sind nicht verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung Folge zu leisten. Man kann eine solche Vorladung völlig ignorieren oder – das vereinfacht die Angelegenheit – der Polizei mitteilen (oder durch den Helfer mitteilen lassen), daß man nicht beabsichtigt, der Ladung Folge zu leisten.

Lediglich auf Ladungen der Staatsanwaltschaft (also nicht der Polizei) besteht eine Verpflichtung zum Erscheinen. Das gilt sowohl für Zeugen als auch für Beschuldigte, wobei Beschuldigte – außer den Angaben zur Person – die Aussage zur Sache verweigern können.

Selbst bei Ladungen durch die Staatsanwaltschaft ist zu empfehlen, nach vorheriger Erkundigung, was Gegenstand der Vernehmung sein soll, die Aussage schriftlich zu machen, also die beabsichtigten Fragen in schriftlicher Form zu beantworten.

Natürlich kann man eine solche schriftliche Erklärung (mit dem Bemerken, daß man damit die gestellten Fragen erschöpfend beantwortet hat und keine weiteren Angaben machen kann) der Staatsanwaltschaft auch schon vor dem Termin einreichen und abwarten, ob der Staatsanwalt überhaupt noch Wert auf die Durchführung des Termins legt, bei dem man ja dann ausschließlich Bezug auf das Schriftstück nehmen würde.

Vielleicht geht dann manchen Staatsanwälten, die infolge Arbeitsüberlastung nicht einmal genügend Zeit für die effektive Verfolgung der Wirtschaftskriminalität usw. finden, ein Licht darüber auf, an welch unsozialem und verfassungswidrigem Spiel sich Juristen beteiligen, die rein altruistisch geleistete Hilfe zum Gegenstand von Ordnungswidrigkeitenverfahren zu machen.

Folgender Trick ist bekannt: Die Polizei blufft oft nur, etwa mit dem Hinweis: „Zwar braucht niemand vor der Polizei zu erscheinen. Wenn Sie aber nicht erscheinen, wird die Staatsanwaltschaft von ihrer Vorladungsbefugnis Gebrauch machen.“ Tatsächlich ist kaum ein Fall bekannt, in dem die Staatsanwaltschaft in Sachen Rechtsberatungsgesetz einen Ausländer oder sonstigen Bürger vorgeladen hat. Die allermeisten Verfahren werden vielmehr nach § 47 OWiG eingestellt. Das Verbot der altruistischen Rechtsberatung dient fast nur noch als Instrument, um die Helfer zu verunsichern und ihre Schützlinge vollends rechtlos zu stellen.

Diese gesetzlichen Regelungen bzw. Vorgehensweise sollten sich mehr herumsprechen. Ausländerfeindlichen Behörden sollte die Möglichkeit genommen werden, rechtliches Unwissen auszunutzen.

Wolfenbüttel, den 3.4.2002

Dr. Helmut Kramer Richter am OLG a.D.

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