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Wuppertaler Oberbürgermeister im Verbotsrausch

Oberbürgermeister Jung hat mit der Schließung der Ausstellung „Vom Polizeigriff zum Übergriff” und mit dem Verbot der Diskussionsveranstaltungen der Ratsfraktion der Linkspartei bewirkt, was die Aussteller aus eigener Kraft kaum erreicht hätten: Die Ausstellung ist weit über Wuppertals Stadtgrenzen hinaus zum Thema und Politikum geworden.

Thema von BürgerInnen, die in offenen Briefen ihr Unverständnis gegenüber der Zensur und Willkür des OB äußern. Protest vom Tacheles, in dessen Räumen die Ausstellung zwei Tage nach Schließung Asyl gefunden hat und wiedereröffnet wurde. Protest von renommierten Wuppertaler Künstlern und Kulturtreibenden (Ulle Hees, Irirs Panknin, Eugen Egner, Rudi Rohde, Jorgo Schäfer, etc.), die die Aufhebung des Ausstellungsverbots fordern und zu Bedenken geben, dass kritische Töne auch in öffentlichen Räumen zulässig sein müssen.

Protest von der Universität, vertreten durch ASTA, Uni-Sprecher Michael Kroemer und Professor Heinz Sünkner, die der Ausstellung zusätzliches Asyl gewährten und zum Ausdruck bringen, dass sie grundsätzlich anders mit kritischen Themen umgehen, als der Bürgermeister.

Protest auch durch die Ratsfraktion der Linkspartei, die nach insgesamt zwei aufeinander folgenden Verboten ihrer Diskussions-Veranstaltungen bezüglich der Ausstellung mittlerweile eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf vorbereitet. Protest von Frau Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, die Herrn Jung nach Berlin einlädt, um ihm Nachhilfe in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit zu erteilen.

Des weiteren zeigen Berichte in WDR, Radio Wuppertal, WZ, Wuppertaler Rundschau, Junge Welt, Neues Deutschland, taz und Frankfurter Rundschau eindrücklich, dass hierzulande nicht kommentarlos hingenommen wird, wenn die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst außer Kraft gesetzt werden.

Oberbürgermeister Jung ist eindeutig zu weit gegangen, indem er Zensur und Willkür über die Möglichkeiten der Information und Diskussion hebt.

Peter Jung ist zudem der Vorsitzende des Wuppertaler „Verein für Demokratie und Toleranz”. Mit diesem Fauxpas hat er seine eigene Funktion ad absurdum geführt und müsste sich nun eigentlich wegen undemokratischen Verhaltens erster Güte selbst anklagen. Was ist von einem Oberbürgermeister zu halten, der die Artikel 2 und 5 des Grundgesetzes außer Kraft setzt, um eine berechtigte und notwendige Auseinandersetzung mit Staatsorganen zu verhindern? Was soll man davon halten, dass der Oberbürgermeister dem ursprünglichen Veranstalter (das HdJ ist ein weit über Wuppertal hinaus bekannter und renommierter städtischer Kulturbetrieb) auf Grund der Ausstellungsgenehmigung personelle Konsequenzen androht?

Tacheles e.V. fordert Herrn Jung auf, die Schließung der Ausstellung nachträglich zurückzunehmen, sich für diesen „Bärendienst” in aller Form bei den Ausstellern und dem Veranstalter zu entschuldigen und alles dafür zu tun, dass die Ausstellung in einem angemessenen Rahmen stattfinden kann, um eine öffentliche und breit angelegte Diskussion zum Thema Polizeigewalt in Wuppertal zu ermöglichen. Sollte dies nicht geschehen, legen wir Herrn Jung nahe, den Vorsitz im „Verein für Demokratie und Toleranz” umgehend zur Verfügung zu stellen!

Tacheles e.V.
Harald Thomé und Frank Jäger



PS: Nachfolgend die Chronologie einer Ausstellung von Frank Charles Petersohn

CHRONOLOGIE EINER AUSSTELLUNG



„Vom Polizeigriff zum Übergriff”



08. Januar Eröffnung der bundesweiten Ausstellung (zuvor Bremen und Berlin) im Haus der Jugend, Wuppertal
09. Januar

Schließung der Ausstellung durch Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) in Abstimmung mit dem Sozialdezernenten Stefan Kuhn (SPD).

Begründung: „In öffentlichen Räumen (HdJ) darf keine Ausstellung stattfinden,

die die Arbeit und das Ansehen der Polizei verunglimpfe und diffamiere.”

Berichterstattung der WDR- Lokalredaktion löst Proteste aus Pressemitteilung der GRÜNEN Ratsfraktion „Statt Maulkorb den Dialog suchen!”

Tacheles e.V. schreibt offenen Protest- Brief gegen OB Zensur und bietet den Ausstellern Asyl im Café Tacheles an

10. Januar

Ratsfraktion „DIE LINKE” kündigt für 17.01. Diskussions- Veranstaltung im Rathaus an, um auf breiter Ebene Auseinandersetzung zum Thema „Polizeigewalt” zu gewährleisten

Aus Protest gegen Ausstellungsschließung zeigt die Initiative „BürgerInnen beobachten die Polizei” auf dem Willy-Brandt-Platz Dokumentar- Film vom Medienprojekt Wuppertal über gewaltsamen Polizei- Einsatz beim Punktreffen (Juli 2007), Titel: „Sie tun mir weh, Herr Wachtmeister”. Nach Beendigung des Films Personalienaufnahme einiger ZuschauerInnen durch Polizei und Ordnungsamt. Eine Person wurde gewaltsam festgenommen.

11. Januar

Demonstrationszug der Initiative „BürgerInnen beobachten die Polizei” transportiert die Ausstellungsobjekte vom HdJ zu Fuß und per Schwebebahn ins Tacheles

Feierliche Wiedereröffnung der Ausstellung im Café Tacheles

OB Jung erteilt der Ratsfraktion „DIE LINKE” ein schriftliches Verbot für die Diskussionsveranstaltung, zu der sie die Initiative „Bürger beobachten die Polizei”, sowie Dirk Vogelskamp vom „Komitee für Grundrechte und Demokratie” und RA Klemens Ross vom „Republikanischen Anwaltsverein” eingeladen hat

14. Januar

Der ASTA der Bergischen Universität Wuppertal mit Unterstützung von Prof. Heinz Sünkner beteiligt sich am öffentlichen Protest gegen die Ausstellungsschließung, sowie dem Diskussions- Veranstaltungsverbot, bietet der Ausstellung Asyl in den Räumen der ASTA an.

15. Januar

„Neues Deutschland” berichtet unter der Überschrift „Weiter Streit um Ausstellung in Wuppertal” über das Ausstellungsverbot

„Junge Welt” berichtet unter der Überschrift „Zensur auf dem Vormarsch” über die Schließung der Ausstellung und das Verbot der Ratssitzung.

OB Jung teilt den Vertretern des HdJ per Fax mit, dass die ungenehmigte Eröffnung der Ausstellung persönliche Konsequenzen nach sich ziehen werde.

Der ASTA der Bergischen Universität Wuppertal fordert unter der Überschrift „Polizeikritiker an die Uni?” alle demokratischen Parteien, gesellschaftlichen Gruppen, Gewerkschaften und Kirchengemeinden auf, der Ausstellung Asyl zu gewähren.

16. Januar

OB Jung untersagt der Ratsfraktion „DIE LINKE” erweiterte Fraktionssitzung. Begründung: „Vermutung, dass es sich hier um eine Veranstaltung gleichen Inhalts handelt, die ich Ihnen mit Schreiben vom 11.01. bereits untersagt habe”. Kommentar „DIE LINKE” durch Dr. Wolfgang Fenner: „Wir sehen in diesem Verbot abermals eine unzulässige Behinderung in der Wahrnehmung unserer politischen Aufgaben als Ratsfraktion”

17. Januar

Eröffnung der zusätzlichen Ausstellung mit Original- Kopien aller Ausstellungsobjekte am Abend in den Räumen des ASTA

18. Januar

Frankfurter Rundschau berichtet über Ausstellungs-Schließung und über die ASTA Veranstaltung unter der Überschrift „Die Würde der Polizei ist unantastbar”. Zitat: Einen Grund zum Eingreifen sah die Hochschulleitung nicht. „Eine Universität ist pluralistisch. Wir gehen von Natur aus anders mit solchen Dingen um, als eine Stadtverwaltung, die meint, das von oben nach unten steuern zu müssen.” (Michael Kroemer – Uni Wtal)

21. Januar

Mitglied des Deutschen Bundestages, Frau Ulla Jelpke, Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE kritisiert Ausstellungsschließung und Verbot der Diskussionsveranstaltung im Rathaus unter der Überschrift „Demokratieverbot in Wuppertal?” und lädt OB Jung zu Nachhilfestunden in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit nach Berlin ein. „Dort könne er etwas über das Verhältnis von Legislative und Exekutive und das Verfassungsrecht auf ungehinderte Abgeordnetentätigkeit lernen.” Frau Jelpke stellt Herrn Jung „gerne auch Material zur Verfügung, wie sehr Flüchtlinge und andere Migranten unter rassistischer Diskriminierung leiden, auch durch Polizeibeamte.”

Ratsfraktion der Linkspartei in Wuppertal bereitet Feststellungsklage gegen Entscheidung des Oberbürgermeisters vor, lässt die Rechtmäßigkeit vom Verwaltungsgericht Düsseldorf klären

22. Januar

Künstlerprotest gegen Verbot der polizeikritischen Ausstellung.

Rund zwei Dutzend Wuppertaler Kulturschaffende haben in offenem Brief an OB Jung gegen das Ausstellungsverbot protestiert, fordern ihn auf, „das Verbot zurückzunehmen und Raum auch für unbequeme Themen zu lassen.” Zu den Künstlern gehören u.a. Jorgo Schäfer, Ulle Hees, Iris Panknin, Rudi Rohde und Eugen Egner

Auf der ASTA- Ebene der Uni Wuppertal werden um 19 Uhr in Anwesenheit der FilmemacherInnen zwei Beiträge des Wuppertaler Medien Projekt gezeigt: „Dein Freund und Helfer” (Doku zum Punk- Treffen Juli 2007) und „Nix passiert” (Reportage über Abraham, Wuppertaler afrikanischer Herkunft, wird auf nach Hause Weg von Polizei festgenommen, beleidigt und gefesselt, auf Polizeiwache Hofkamp verprügelt und getreten. Untersuchung des Falls läuft ins Leere)

23. Januar

Die Wuppertaler Rundschau veröffentlicht Kommentar „Auf dünnem Eis!” und beklagt, dass die Ausstellungsschließung und das Diskussions- Verbot der Ratsfraktion der Linkspartei ein „Bärendienst” war, durch den OB Jung deutschlandweit Kopf schütteln verursacht hat, zumal er nach Kremendahl der zweite OB in Folge ist, der die Stadt durch schlechte Nachrichten ins Bild der Öffentlichkeit bringt

26. Januar

Letzter Tag der Ausstellung!

Ab 16 Uhr kann ”Vom Polizeigriff zum Übergriff” ein letztes Mal im Tacheles besucht werden. Im Februar wandert die Ausstellung weiter nach Leipzig



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