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Wuppertal Newsletter 30.11.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,


unser heutiger Newsletter zu folgenden Themen:

1.    Tacheles Kampagne: Angemessenheitsfiktion in den Unterkunftskosten - Für das Jahr 2020 und 2021 jetzt Überprüfungsanträge stellen!

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Im Rahmen des Sozialschutz-Paketes, also des „Vereinfachten Verfahrens für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund der COVID-19-Pandemie“ wird in § 67 Abs. 3 SGB II und § 141 Abs. 3 SGB XII bestimmt, dass alle Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II und § 35 Abs. 1 SGB XII, sowie § 42a Abs. 1 SGB XII unabhängig von der örtlichen Angemessenheitsgrenze unwiderlegbar als angemessen gelten.

Gesetzeszweck dieser Schutzregelung ist, dass sich SGB II- und SGB XII - Leistungsbeziehende in der Zeit der Pandemie "nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen" (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25).

In einer Vielzahl von Fällen werden auch in Wuppertal trotz eindeutiger Rechtslage Unterkunftskosten im SGB II und SGB XII, sowie bei sog. Analogberechtigten nach dem AsylbLG (Geflüchtete, die länger als 18 Monate in Deutschland sind) nicht in tatsächlicher Höhe gezahlt. Das bedeutet, trotz klarer Rechtslage haben hier die Sozialbehörden rechtswidrig agiert.

Das LSG Bayern hat entschieden, dass diese »Angemessenheitsfiktion« nicht nur auf Erst- oder Neuanträge, die aufgrund der epidemischen Lage erstmalig einen Antrag gestellt haben, begrenzt sei. Sondern sie umfasse alle Bewilligungszeiträume, die in dem Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2022 begonnen haben, bzw. noch beginnen werden. Dies auch dann, wenn weder die Hilfebedürftigkeit, noch der Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind (LSG Bayern 28.7.2021 – L 16 AS 311/21 B ER; LSG NRW 13.9.2021 - L 19 AS 1295/21 B ER).

Für Wuppertal bedeutet dies, wurden die Unterkunfts- oder Heizkosten nicht in tatsächlicher Höhe vom Jobcenter/Sozialamt anerkannt, und das dürfte grade beim Jobcenter sehr viele Personen betreffen, ist es jetzt höchste Zeit, noch in diesem Jahr einen Überprüfungsantrag zu stellen um so rückwirkend die Leistungsansprüche für das Jahr 2020 und natürlich auch 2021 zu sichern.

Die Fiktionswirkung betrifft somit alle Leistungsbeziehenden,

 

    • Die im genannten Zeitraum einen Vertrag über eine Unterkunft eingegangen sind, auch wenn diese nach den örtlichen KdU – Richtlinien als „unangemessen“ gilt (§ 67 Abs. 3 S. 1 SGB II/§ 141 Abs. 3 S. 1 SGB XII).

    • Bei denen die Unterkunftskosten wegen eines vorgeblich „nicht erforderlichen Umzuges“ nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II begrenzt wurde.

    • Bei denen eine hohe Betriebs- oder Heizkostenabrechnung gekommen ist und das Jobcenter / Sozialamt die Übernahme wegen Unangemessenheit angelehnt hat.

 

Allerdings keine Anwendung findet die Fiktionswirkung, wenn im vorangehenden Bewilligungszeitraum (also vor März 2020) die Unterkunfts- und Heizkosten schon wegen „Unangemessenheit“ abgesenkt wurden (§ 67 Abs. 3 S. 3 SGB II/§ 141 Abs. 3 S. 3 SGB XII)

Ist es zu einer rechtswidrigen Kürzung durch das Jobcenter/Sozialamt Wuppertal gekommen, rät der Verein Tacheles dazu, hier rechtlich gegen die Kürzung vorzugehen. Um Ansprüche für das Jahr 2020 noch zu sichern, muss ein dahingehender Überprüfungsantrag dieses Jahr noch gestellt werden.

Einen vertieften Text und Musteranträge sind auf der Tacheleswebseite zu finden. Wir bitten die Beratungsstellen und sozialen Einrichtungen Wuppertaler*innen darüber zu informieren.

Infos und Musterschreiben gibt es hier: tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2859/

 

2. Kinderfreizeitbonus – rausgefallene Kinder erhalten Nachzahlung

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Die Bundesregierung hatte in ihrem "Aktionsprogramm Aufholen nach Corona" u.a. einen "Kinderfreizeitbonus" - eine Geldleistung von 100 Euro für Kinder und Jugendliche in bedürftigen Familien zur Auszahlung gebracht.

Rd. 160.000 Kinder und Jugendliche hatten diese Leistung allerdings nicht erhalten, weil sie nicht Teil der elterlichen BG waren. Dieser systematische Fehler soll jetzt korrigiert werden. Im Dez. 2021 soll diesen Kindern und Jugendlichen der Freizeitbonus von 100 EUR automatisch nachgezahlt werden.

Mehr dazu beim Pari unter: t1p.de/wev0

Wir gehen davon aus, dass das Jobcenter Wuppertal/Sozialamt, in Fällen in denen auch in Wuppertal der Kinderfreizeitbonus nicht erbracht wurde, diese Nachzahlung auch als Optionskommune vornehmen wird..

 

 

3.Position von Harald Thomé zum Koalitionsvertrag: Bürgergeld bleibt Hartz IV

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Harald Thomé hat sich umfassend zum neuen Koalitionsvertrag positioniert und klargestellt, dass Bürgergeld Hartz IV bleibt: wenn es keine höheren Regelleistungen gibt, die Sanktionen bestehen bleiben bestehen und es keine Lösungen für die Alten und Kranken im SGB XII gibt.

Die Position dazu gibt es hier unter 1.: t1p.de/mvz3

 

 

4.   Neue Weisungen der Wuppertaler Sozialbehörden

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Getreu dem Motto, nur wer seine Rechte kennt, kann sie wirksam durchsetzen, veröffentlicht Tacheles seit vielen Jahren die uns bekannten Dienstanweisungen der Wuppertaler Sozialbehörden. Aktuell haben wir eine Reihe neue Weisungen vom Jobcenter und dem Sozialamt veröffentlicht.   

Dazu möchten wir kurz bemerken: in vielen Weisungen wird versucht das Recht der Leistungsberechtigten deutlich zu verkürzen und zu deren Lasten auszulegen. Allerdings würde nur ansatzweise das umgesetzt werden, was in den Weisungen enthalten ist, sähe die Lebenssituation vieler armer Menschen deutlich anders aus.

Die kommunalen Weisungen gibt es hier zum Download: wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/dienstanweisungen/

 

An die Behördenmitarbeiter*innen: Selbstverständlich freuen wir uns über konkrete Hinweise zu Missständen bei den Sozialleistungsträgern und die gezielte Weitergabe von relevanten Informationen. Für diesen Fall wird 100 % Diskretion zugesichert.

 

5.    Öffnungszeiten unserer Beratungsstelle zum Ende des Jahres

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Letzter Tag unserer telefonischen Beratungsannahme in diesem Jahr ist Mittwoch der 15. Dezember.

In der Zeit zwischen dem 20.12.2021 und dem 10.01.2022 hat der Verein Tacheles Betriebsferien.

Ab dem 11. Januar 2022 kann dann wieder dienstags und mittwochs zwischen 10:00 und 13:00 Uhr bei unserer Zentrale für die telefonische Fallannahme unter der Nummer 0202 318441 angerufen werden.

Wir wünschen erholsame Tage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

 

 

So das war es dann wieder für heute.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Thomé / Tacheles e.V.

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