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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 6/2013

Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 06/2012 





1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

 
1.1 Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.12.2012 - L 11 AS 850/12 B ER
 
Zur Übernahme von Mietschulden, die durch eine vollständige Einstellung der Leistungsgewährung im Hinblick auf eine Sanktion entstanden sind, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes. 

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1.2 Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.12.2012 - L 16 AS 483/12 

1. Vollkost ist keine kostenaufwändige Ernährung, die einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II auslösen würde. 

2. Bei der Vollkost handelt es sich um die übliche Ernährung. Vollkost bezeichnet eine vollwertige Ernährung, die ohne Einschränkung alle Nahrungsbestandteile in einem ausgewogenen Verhältnis enthält und den Bedarf an Kalorien deckt. 

3. Eine aus Großbritannien bezogene Kriegsopferrente ist mit einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz vergleichbar. 

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1.3 Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.12.2012 - L 16 AS 927/11 

1. Bei einer Eingliederungsvereinbarung handelt es sich um einen subordinationrechtlichen Vertrag gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X. 

2. Die gerichtliche Kontrolle einer Eingliederungsvereinbarung erfolgt auf der Grundlage der Regelungen gemäß §§ 53 ff. SGB X. 

3. "Die Eingliederungsvereinbarung unterliegt als öffentlich-rechtlicher Vertrag einer Nichtigkeitskontrolle, nicht aber auch einer Rechtswidrigkeitskontrolle wie dies bei Verwaltungsakten der Fall ist." 

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1.4 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.01.2013 - L 5 AS 795/12 B ER 

Kein Anspruch auf Finanzierung des Erwerbs der Fahrerlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 SGB III. 

Denn das Beschäftigungsverhältnis besteht nicht mehr und angesichts des
weiteren Umstandes, dass das Jobcenter dem Antragsteller zwei Vermittlungsvorschläge für eine Beschäftigung im Nahbereich unterbreiten konnte, scheinen die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für den Antragsteller nicht so schlecht zu sein, dass die begehrte Förderung des Erwerbs der Fahrerlaubnis dringend ist. 

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Anmerkung : LSG NSB, Beschluss des 15. Senats vom 13.10.2011, Az. L 15 AS 317/11 B 

Liegt die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Leistungen erbracht werden, im Ermessen des Grundsicherungsträgers, kommt eine Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsgewährung in bestimmter Höhe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. 

Von einer derartigen Fallkonstellation ist bei einer beantragten Förderung aus dem Vermittlungsbudget nach § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II i. V. m. § 45 SGB III a. F. für den Erwerb einer Fahrerlaubnis dann auszugehen, wenn eine Einstellungszusage eines Arbeitsgebers vorliegt, die von dem Besitz der Fahrerlaubnis abhängt, und der mittellose Antragsteller die Kosten für den Führerscheinerwerb auch nicht anteilig aus eigenen Mitteln aufbringen kann, so dass der mit der Förderung verfolgte Zweck (Erlangung des Arbeitsplatzes) nur durch Übernahme der vollen Kosten erreicht werden kann. 

1.5 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.10.2012 - L 5 AS 354/09 

Klage unzulässig, denn nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung hat sich der angegriffene Bescheid erledigt, so dass dieser nicht mehr aufgehoben werden muss. Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Berufungsverfahrens entfallen. 

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Anmerkung: Ebenso - Beschluss des Senats vom 24. November 2010, Az.: L 5 B 397/07 AS, RN 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. August 2008, Az.: L 19 B 116/08 AS, RN 10 . 

1.6 Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21.11.2012 - L 4 AS 6/11 

Keine Übernahme der Kosten für die Versorgung mit verschiedenen Sehhilfen sowie mit Pflegemittel für Kontaktlinsen gem. § 21 Abs. 4 und Abs. 6 SGB II. 

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Anmerkung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.12.2008 - L 5 B 422/08 AS 

Kosten regulärer Sehhilfen, die nicht speziell für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt werden, sind nicht im Rahmen der Rehabilitation zu übernehmen. 

1.7 Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.12.2012 - L 6 AS 611/11 

Jahresbezogene Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im SGB II 

1.Eine jährliche Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 Alg II-V kann nicht nur bei Saisonbetrieben, sondern auch bei solchen Betrieben vorgenommen werden, bei denen nach der Eigenart der Erwerbstätigkeit eine jahrebezogene Betrachtung erforderlich ist. Dies kann bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls bei Einnahmen nur in einzelnen Monaten innerhalb eines Jahres der Fall sein. 

2. Die an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer gehört zu den mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a. F.), jedoch nicht zu den auf das Einkommen entrichteten Steuern (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a. F.) zählt (vgl. Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 11b Rdnr. 16). 

1.8 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2012 - L 5 AS 2049/12 B ER 

Schweizerische Staatsangehörige haben keinen Anspruch auf ALG II. 

Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (BGBl. 2001 II S. 810) vereinbar. 

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1.9 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.10.2012 - L 5 AS 949/11 

Soweit ein pauschaler Überprüfungsantrag - ohne konkrete Benennung von zu überprüfenden Bescheiden und rechtlichen Beanstandungen - gestellt wird kann die Behörde diesen ohne Sachprüfung ablehnen Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf die Frage ob die Behörde den Antrag ohne Sachprüfung ablehnen durfte. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung. 

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Anmerkung: Ebenso - Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September 2011, L 29 AS 728/11 

1.10 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 09.11.2012 - L 29 AS 1782/12 B ER 

Spanische Staatsangehörige hat kein Anspruch auf ALG II 
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist - nicht - europarechts- bzw. völkerrechtswidrig 

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Anmerkung: Ebenso – LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, Beschlüsse vom 12. Juni 2012, L 29 AS 1044/12 B ER, L 29 AS 914/12 B ER, Beschluss vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER, Beschluss vom 5. Juli 2012, L 29 AS 1244/12 B ER, Beschluss vom 25. Juli 2012, L 1504/12 B ER 

Anmerkung: Anderer Auffassung - LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. April 2012, L 14 AS 763/ 12 B ER, Beschluss vom 29. Juni 2012, L 14 AS 1460/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 19 AS 1106/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 25 AS 837/12 B ER, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, - bzw. anderer Landessozialgerichte vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012, L 3 AS 250/12 B ER. 

1.11 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.11.2012 - L 20 AS 861/12 

Das Gesetz bietet für die bedarfsmindernde Anrechnung von zufließenden Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen keine Grundlage dafür, auf den Umstand der Entstehung des Guthabens abzustellen. 

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Anmerkung: BSG vom 23. März 2012, B 4 AS 139/11 R 

Bei Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. ist es unerheblich, wer in dem Zeitraum, in dem das Guthaben aus Vorauszahlungen entstanden ist, die Vorauszahlungen getätigt hat, ob diese Zahlungen allein von dem Hilfebedürftigen getätigt worden sind oder überhaupt Hilfebedürftigkeit bestanden hat. 

1.12 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2012 - L 3 AS 4252/11 

1.Auch unter Neufassung der §§ 19 bis 22 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.03.2011 (BGBl. I S.453) handelt es sich bei dem Anspruch auf den Regelbedarf um einen von den übrigen im Arbeitslosengeld II enthaltenen Leistungen abtrennbaren Anspruch. 

2. Der für Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2011 geltende Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II von 364,00 EUR für eine alleinstehende Person kann zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminiums nicht als evident unzureichend angesehen werden. 

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Anmerkung: Anderer Auffassung zu Punkt 2: Vorlagebeschluss des SG Berlin vom 25.04.2012 - S 55 AS 9238/12 

1.13 Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2012 - L 3 AS 2192/12 

1. Zur Zulässigkeit einer Klage gegen einen Eingliederungsbescheid (EinglB) nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II, wenn die Laufzeit des angefochtenen EinglB verstrichen ist. Ist der EinglB Grundlage eines noch nicht bestandskräftigen Sanktionsbescheids, bleibt die Klage zulässig. 

2. Vier Bewerbungen um sozialversicherungspflichtige Stellen innerhalb zweier Monate, also zwei initiative Bewerbungen pro Monat, sind einem Leistungsbezieher nach dem SGB II, auch wenn er erwerbstätig ist und nur aufstockende Leistungen erhält, ohne Weiteres zumutbar. 

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1.14 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2013 - L 7 AS 429/12 B 

Gewährung von PKH für Regelsatzklage. 
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1.15 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2013 - L 12 AS 1836/12 NZB 

Keine Übernahme von Passbeschaffungskosten als Zuschuss noch als Darlehen. 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158552&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

1.16 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.01.2013 - L 6 AS 1980/12 B 

§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 S. 1 Nr.3 SGB III gilt nicht nur für die Arbeitnehmer unter den Leistungsberechtigten nach dem SGB II. 

Die über § 40 SGB II vermittelte entsprechende Anwendung erfordert es mit Blick auch auf die insoweit identischen Interessenlagen nach dem SGB II und nach dem SGB III zwischen Leistungsempfängern einerseits und Leistungsträgern andererseits, grundsätzlich alle Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitsuchende einzubeziehen (im Ergebnis ebenso, z.T. ohne Begründung Eicher in Eicher/Spellbrink SGB II 2. Aufl. 2008 § 40 Rn. 68 f; Leopold info also 2008, 104 ff. (105), mwN; Wolff-Dellen in Löns/Herold-Tews 3. Aufl. § 40 Rn 5). 

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1.17 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2013 - L 6 AS 1033/12 B 

Gewährung von PKH für einen türkischen Staatsangehörigen, denn der zum EFA erklärte Vorbehalt für den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist umstritten. 

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Anmerkung: verneinend: LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.08.2012 - L 19 AS 1851/12 B ER juris Rdnr 6 ff; Bayerisches LSG Beschluss vom 14.08.2012 - L 16 AS 568/12 B ER - juris Rdnr 21; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 21.08.2012 - L 3 AS 250/12 B; SG Berlin Beschluss vom 25.04.2012 - S 55 AS 9238/12 

bejahend: LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 02.08.2012 - L 5 AS 1297/12 B ER - juris Rdnr 11ff; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 20.07.2012 - L 9 AS 563/12 B ER - juris Rdnr 45 ff; vgl auch LSG NRW Beschluss vom 04.07.2012 - L 19 AS 763/12 B ER - juris Rdnr 33 und LSG NRW Beschluss vom 06.11.2012 - L 6 SF 348/12 ER ). 

1.18 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2013 - L 7 AS 8/13 B ER und - L 7 AS 9/13 B rechtskräftig 

Übernahme der Stromschulden im Rahmen der Folgenabwägung , denn ohne die beantragten Leistungen drohen der Antragstellerin existentielle Nachteile, die sie aus eigener Kraft nicht abwenden kann. 

Die Auszahlung des Darlehens war von einer Verpflichtungserklärung der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur gesamtschuldnerischen Rückzahlung abhängig zu machen, um sicherzustellen, dass das Darlehen, das der gesamten Bedarfsgemeinschaft gewährt wird, auch insgesamt - und nicht nur kopfteilig - zurückgefordert werden kann. Die direkte Auszahlung an den Energieversorgungsträger ergibt sich aus § 22 Abs. 7 Satz 2 und 3 SGB II. 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158506&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

1.19 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.01.2013 - L 2 AS 2457/12 B ER und - L 2 AS 2458/12 B ER 

Italienische Staatsangehörige haben im Rahmen der Folgenabwägung Anspruch auf ALG II. 

Denn es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass der Leistungsausschluss in der vom Bundesgesetzgeber gewählten Form mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union vereinbar ist 

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Anmerkung: Ebenso - aus der umfangreichen obergerichtlichen Rechtsprechung z.B. LSG NRW Beschluss vom 09.11.2012 - L 6 AS 1324/12 B ER juris Rn 21; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.06.2012 - L 14 AS 1460/12 B ER juris Rn 4 und Beschluss vom 23.05.2012 - L 25 AS 837/12 B ER juris Rn 10; LSG Hessen Beschluss vom 14.07.2011 - L 7 AS 107/11 B ER juris Rn 18 ff 

Anmerkung: Anderer Auffassung - LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 21.06.2012 - L 20 AS 1322/12 B ER juris Rn 36; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 23.05.2012 - L 9 AS 347/12 B ER juris Rn 32. 

2. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

 
2.1 Sozialgericht Berlin, Urteil vom 19.12.2012 - S 55 AS 18011/12 , anhängig
beim BSG unter dem Az.: B 4 AS 9/13 R 

1. Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 besteht für nach Art 2, 3, 4, 70 EGV 883/2004 Berechtigte nicht, weil das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 EGV 883/2004 wegen § 30 Abs 2 SGB 1 unmittelbar rechtswirksam ist.

Ansprüche auf Arbeitslosengeld II nach §§ 19 Abs 1 S 1 und 3, 20 Abs 1, 2 und 5, 7 Abs 1 S 1 und 22 Abs 1 SGB 2 werden als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen von Art 70 EGV 883/2004 erfasst. 

2. Der persönliche Anwendungsbereich der EU-VO 883/2004 ist über deren Art 2 und 3 stets für Unionsbürger eröffnet, weil sie als Arbeitssuchende Anspruch auf die Vermittlungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit haben. Auch auf Unionsbürger, die Kindergeld (Familienleistung im Sinne von Art 3 Abs 1 lit j EU-VO 883/2004) beziehen, ist die EU-VO 883/2004 anzuwenden. 

3. Für den durch die Geschäftsanweisung SGB 2 Nr 8 vom 23.2.2012 der Bundesagentur für Arbeit mitgeteilten durch die Bundesregierung gem Art 16 Buchst b EuFürsAbk erklärten Vorbehalt zur Anwendbarkeit des EuFürsAbk fehlt eine hinreichende Ermächtigung durch Parlamentsgesetz. Das EuFürsAbk bleibt daher als Spezialvorschrift vor § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 und 2 SGB 2 anwendbar. 

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2.2 Sozialgericht Chemnitz, Urteil vom 17.10.2012 - S 14 AS 640/12 

Der Widerspruch durch einfache E-Mail wahrt nicht die Formvorschrift des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG. 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158526&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

Anmerkung: Ebenso - Beschluss des Hessischen LSG vom 11.07.2007, Az: L 9 AS 161/07 ER 

3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

 
3.1 Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21.01.2013 - L 4 SO 3/12 

Ein Anspruch auf Mittel zur Renovierung der früheren Wohnung im Sinne der Aufrechterhaltung eines angemessenen Lebensumfeldes ist infolge der Aufgabe der Unterkunft im Wege der Zwangsräumung erloschen. 

Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Auszugsrenovierung kann nach den Grundsätzen des Urteils des Bundessozialgerichts vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R, durchaus in Betracht kommen. 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158621&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

3.2 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2013 - L 23 SO 319/12 B ER 

Keine Übernahme rückständiger Miet - Aufwendungen für die Kosten einer Unterbringung in einem Pflegeheim nach § 36 Abs. 1 SGB XII, denn eine Gefährdung der Unterkunft kann nicht bereits mit dem Ausspruch der Kündigung angenommen werden, wenn Zweifel an der Ernsthaftigkeit vorliegen, desweiteren die Unterbringung in einem andren Pflegeheim besteht. 

§ 36 Abs. 1 SGB XII macht das der Behörde eingeräumte Ermessen von einer tatsächlichen Gefährdungslage abhängig und nicht bereits davon, dass der Mietvertrag gekündigt ist oder die Möglichkeit zur Kündigung gegeben ist. 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158446&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

3.3Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.11.2012 - L 23 SO 239/12 B ER 

Nach § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO – ist eine Vollziehung aus einem Arrestbefehl unstatthaft, wenn seit dem Tag der Zustellung ein Monat verstrichen ist. Diese Vorschrift ist nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG auf einstweilige Anordnungen nach § 86 b SGG entsprechend anwendbar (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86 b, Rn. 46 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg v. 15.04.2011, L 14 AS 218/11 B ER). 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=156960&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

Anmerkung: Ebenso zum SGB II - LSG Rheinland-Pfalz v. 26.01.2011, L 6 AS 616/10 B ER 

4. Entscheidungen zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III)

 
4.1 Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.01.2013 - S 16 AL 949/12 

Das Inaussichtstellen eines Gründungszuschusses per E-Mail, das die Voraussetzungen einer Zusicherung zwar nicht erfüllt, beim Antragsteller aber gleichwohl ein berechtigtes Vertrauen in die Fördervoraussetzungen begründet, kann das Entschließungsermessen auf Null reduzieren. 

Ändern sich die gesetzlichen Voraussetzungen, ist die Agentur für Arbeit in einem solchen Fall in der Pflicht, den Antragsteller zu informieren, so dass er sein Verhalten danach ausrichten und zulässige Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen kann (hier: Gesetzesänderung zum 01.01.2012). 

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=158554&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= 

5. BFH-Urteil vom 22.11.2012, III R 24/11

 
Hat ein Sozialleistungsträger wegen der Leistungen nach dem SGB II, die er dem Kind eines Kindergeldberechtigten gewährt hat, keinen Anspruch auf Erstattung von Kindergeld, weil das Kind in einem eigenen Haushalt lebt und das Kindergeld an das Kind weder abgezweigt noch weitergeleitet worden ist, so besteht dennoch ein Erstattungsanspruch, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil ebenfalls Sozialleistungen nach dem SGB II bezieht. 

http://www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen-online


 

6. Frau Prof. Dr. jur. Helga Spindler: Beiträge in: Berlit/Conradis/Sartorius: Existenzsicherungsrecht, Handbuch, 2.Aufl. Nomos, 2013
 
Beiträge in: Berlit/Conradis/Sartorius: Existenzsicherungsrecht, Handbuch, 2.Aufl. Nomos, 2013:
Kapitel 6: Der aktivierende Sozialstaat und sein Verhältnis zur Existenzsicherung, S. 72-82; 
Kapitel 17: Beratung, Unterstützung und persönliche Hilfe, S.257-268; 
Kapitel 30: Kommunale Eingliederungsleistungen, S.658-667
 
Mehr Info: http://www.nomos-shop.de/Berlit-Conradis-Sartorius-Existenzsicherungsrecht/productview.aspx?product=11523&pac=weco

 

6. RiSG Berlin Udo Geiger - Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II - 2. Auflage, Stand: 1. Januar 2013 - Arbeitslosenprojekt TuWas (Hrsg.)
 
Mehr Info: http://fhverlag.de/show.php?action=show&record=9.0&thema=1&page=1&from=th&UID=G1k8f9kGlg



Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles 

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