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Jahresarchiv

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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 40/2020

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Sozialhilfe ( SGB XII )

1.1 BSG, Urt. v. 11.09.2020 - B 8 SO 8/19 R

BSG: Frau muss Pflegegeld gegebenenfalls für Beerdigung von Ehemann ausgeben

Wenn eine Frau ihren Ehemann bis zu seinem Tod pflegt, muss sie das hierfür gezahlte Pflegegeld gegebenenfalls für die Beerdigungskosten verwenden. Geht das Geld noch vor dem Tod auf dem Konto ein, gehört es grundsätzlich zum Nachlass des Verstorbenen, der für die Beerdigung aufzuwenden ist.

Quelle: https://nuernberger-blatt.de/2020/09/bsg-frau-muss-pflegegeld-gegebenenfalls-fuer-beerdigung-von-ehemann-ausgeben



1.2 BSG, Urt. v. 03.07.2020 - B 8 SO 27/18 R

Sozialhilfe - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - Einkommenseinsatz - Motivationszuwendung für die Teilnahme an einer tagesstrukturierenden Maßnahme - Zuwendungen der Integrierten Angebotswerkstatt (IAW)


Orientierungshilfe ( Redakteur )

1. Die Zuwendungen sind keine anrechnungsfreien Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege.

2. Bei dem Einkommen handelt es sich aber um eine Zuwendung iS des § 84 Abs 2 SGB XII, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben. Solche Zuwendungen sollen als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten würde.

3. Mit dem Begriff der "besonderen Härte" lässt sich - keine feste Obergrenze in Anlehnung an bestimmte Einkommensgrenzen vereinbaren, bis zu der eine Zuwendung berücksichtigungsfrei wäre.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=213707&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





Hinweis: Sozialhilfe: Keine Anrechnung von freiwilligen Motivationszulagen, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt

Motivationszuwendungen für die Teilnahme an einer tagesstrukturierenden Maßnahme sind nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen.


Geklagt hatte ein Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, der die Integrierte Angebotswerkstatt (IAW) Schleswig besuchte und von dieser freiwillige Zuwendungen in Höhe von 1,60 Euro für jede Stunde seiner Anwesenheit als Anreiz für seine Teilnahme erhielt. Diese Zuwendungen berücksichtigte der zuständige Grundsicherungsträger abzüglich eines monatlichen Freibetrages von 63 Euro als Einkommen.

Rechtswidrig, entschied das Bundessozialgericht. Denn bei den Motivationszulagen der IAW handelte es sich um Zuwendungen im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB XII, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben. Solche Zuwendungen sollen als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten würde. Mit dem Begriff der „besonderen Härte“ lässt sich – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Schleswig – keine feste Obergrenze in Anlehnung an bestimmte Einkommensgrenzen vereinbaren, bis zu der eine Zuwendung berücksichtigungsfrei wäre. Wird mit der Zuwendung ein Anreiz gesetzt, durch regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme die bestehenden behinderungsbedingten Einschränkungen in Bezug auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aktiv zu mindern oder zu überwinden und wird – wie hier – schon aus der Höhe der Zuwendung deutlich, dass kein Zusammenhang mit einem Erfolg bei einer Tätigkeit besteht, wäre es eine besondere Härte, würde auch nur ein Teil dieser Zuwendung als Einkommen berücksichtigt.

Bundessozialgericht, Urteil vom 12.07.2020, B 8 SO 27/18 R

Erstveröffentlichung in HEMPELS 09/2020

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt: https://sozialberatung-kiel.de/2020/10/01/sozialhilfe-keine-anrechnung-von-freiwilligen-motivationszulagen/





1.3 BSG, Urteil vom 3. Juli 2020 (B 8 SO 2/19 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

Soweit ein Sozialhilfeträger bei einem gesetzlichen Betreuer (§§ 1896 ff. BGB) Kostenersatz wegen Aufwendungen zur Deckung der pflegerischen Bedarfe (§§ 61 ff. SGB XII) der betreuten Person und für ihren (in der Hilfe zur Pflege inkludierten) Lebensunterhalt (§ 27b SGB XII) geltend macht, ist der Anwendungsbereich des § 103 Abs. 1 SGB XII /(„Kostenersatz bei schuldhaftemVerhalten“/) grundsätzlich auch gegenüber diesem gesetzlichen Betreuer eröffnet.

Ein Bescheid über die Inanspruchnahme auf Kostenersatz nach § 103 Abs. 1 SGB XII ist nur dann hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X, wenn der Adressat dieses Verwaltungsakts problemlos erkennen kann, für welche Sozialhilfeleistungen die Behörde im Einzelnen Kostenersatz von ihm verlangt.

Bei einer wegen „nicht vereinnahmte Leistungen“ vom Sozialamt dem Grunde nach begehrten Kostenerstattung steht für die als rückzahlungspflichtig bezeichnete Person nicht fest, welche (Sozialhilfe-) Leistungen hiervon genau erfasst sein sollen bzw. inwiefern sich infolge dieser „nicht vereinnahmten Leistungen“ eine Sozialhilfebedürftigkeit gemäß § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII ergeben hat, und deshalb vom Sozialhilfeträger entsprechende Hilfen bewilligt worden sind.

Ein gesetzlicher Betreuer gehört bereits nach dem Wortlaut des § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (/„für sich oder andere“/), aber auch nach dem Sinn und Zweck dieser Norm zum Adressatenkreis dieser Bestimmung.

Hiernach kann ein Sozialhilfeträger Kostenersatz nicht nur im Fall der Herbeiführung der Sozialhilfebedürftigkeit für sich und die eigenen Angehörigen, sondern auch in Fällen sonstiger dritter Personen fordern, ohne dass diesen Menschen eine besondere „Garantenstellung“ gegenüber den Vermögensinteressen des Sozialamts zukommt.

Ein Kostenersatz nach § 103 Abs. 1 SGB XII scheidet aber aus, wenn das Verhalten (bzw. Unterlassen) des gesetzlichen Betreuers nicht kausal für die Hilfebedürftigkeit der gesetzlich betreuten Person war. Dies gilt gerade dann, wenn ein Beratungsfehler des Sozialhilfeträgers vorliegt, auf den wesentlich der Eintritt der Leistungsberechtigung zurückgeführt werden kann. Entsprechend § 14 Satz 1 SGB I in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB XII sind anspruchsberechtigte Personen vom Sozialhilfeträger ebenfalls /„für den Erhalt von Sozialleistungen zu befähigen“/, Dieser Aspekt drängt sich in einem Fall eines amtlicherseits bekannt gewordenen Verlusts des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes eines vollstationär gepflegten Menschen geradezu auf.





1.4 BSG, Urteil vom 3. Juli 2020 (B 8 SO 5/19 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

Ein Widerspruch ist erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, soweit diesem Rechtsbehelf seitens des zuständigen Sozialleistungsträgers förmlich abgeholfen oder stattgegeben wurde bzw. der Widerspruchsführer sich mit seinem sachlichen Begehren durchsetzen konnte. Es hat eine ursächliche Verknüpfung zwischen der Einlegung dieses Rechtsbehelfs und einer begünstigenden Widerspruchsentscheidung zu bestehen.

Hieran fehlt es, wenn ein erhobener Widerspruch in der Hauptsache keinen Erfolg hatte, weil dieser Rechtsbehelf vollständig als unzulässig zurückgewiesen wurde, und der Widerspruchsführer lediglich mit seinem hilfsweise gestellten Verzinsungsantrag (§ 44 SGB I) erfolgreich war, der aber keinen Gegenstand des Widerspruchsverfahrens darstellte.

Ob mit der Bewilligung einer Geldleistung, die zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I schweigt, eine konkludente Ablehnung einer Verzinsung verbunden ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ein bloßes behördliches Schweigen im Rahmen einer Entscheidung über die Bewilligung höherer Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII enthält keine ausdrückliche Aussage – weder positiv noch negativ – zu einer Verzinsung des vom Sozialamt bewilligten Nachzahlungsbetrags.

Bloßes Schweigen enthält grundsätzlich weder eine zustimmende noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung.

Anderes gilt nur, wenn besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen.

Dies liegt aber nicht bereits deshalb vor, weil der Zinsanspruch vom Hauptanspruch abhängig ist, und die Sozialverwaltung über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfängers auch ohne einen gesonderten Antrag von Amts wegen zu entscheiden hat. Haupt- und Zinsanspruch sind stets in zwei selbständigen (materiellen) Verwaltungsakten zu verlautbaren, die zeitgleich im selben Bescheid, aber auch zeitversetzt in verschiedenen Bescheiden erlassen werden können.





2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

2.1 Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 31.07.2020 - L 4 AS 322/19

Zur Erstattung von Gerichts- und Anwaltskosten, die ihm in einem Zivilprozess mit seinem Vermieter entstanden sind, als Kosten der Unterkunft, hier verneinend.


Orientierungshilfe ( Redakteur )

1. Es komme zwar in Betracht, dass die im Zusammenhang mit der Kostensenkungsaufforderung des Beklagten angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten als Annex zu dem Kläger möglicherweise zustehenden Leistungen gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aufgefasst werden könnten (BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R; LSG NRW, Beschluss vom 22.5.2012, L 6 AS 2275/11 B,) mit der Folge, dass er insoweit nicht auf die regelmäßig speziellere Beratungs- und Prozesskostenhilfe zu verweisen gewesen wäre.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten durch den Beklagten. Die Voraussetzungen der vom Bundessozialgericht (BSG) – aus Ermangelung an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage – entwickelten Grundsätze, nach denen Kosten eines Zivilprozesses als Annex zu Leistungen gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II übernommen werden können, liegen im Falle des Klägers nicht vor.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=213709&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2.2 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 02.06.2020 - L 4 AS 167/20 B ER - rechtskräftig

Keine Übernahme von Instandhaltungskosten


Leitsatz ( Redakteur )

1. Keine Übernahme von Instandhaltungskosten, denn bereits nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 SGB II spielt die Frage nach der wirtschaftlichen (teilweisen) Unverwertbarkeit bzw. besonderen Härte einer Verwertung keine Rolle (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2015, – L 4 AS 431/15 B ER ).

2. Ein Anspruch auf KdUH-Leistungen wegen unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur nach § 22 Abs 2 SGB 2 besteht nur bei Wohneigentum von angemessener Größe iSv § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=202267&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2.3 Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 19.05.2020 - L 4 AS 113/18 NZB - rechtskräftig

Angelegenheiten nach dem SGB II (AS) - Zum Wirtschaftslichkeitsvergleich nach § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II


Aus dem Beschluss:

„Zur Rechtslage im Allgemeinen ist folgendes auszuführen: Die Regelung des nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II möglichen Absehens von der Kostensenkungsaufforderung und/oder der nachfolgenden Absenkung der Leistungen ist ein Hinweis an die SGB II-Leistungsträger, den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung auch bei der Entscheidung über KdUH-Leistungen zu beachten (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 RN 151). Wenn im Ergebnis durch den erzwungenen Umzug höhere Haushaltsmittel aufzubringen sind als bei einem Verbleib in der Wohnung, ist es wirtschaftlich unvernünftig, einen Umzug zu fordern. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers dient diese Regelung ausschließlich dem Interesse des (kommunalen) Leistungsträgers und begründet keine subjektiven Rechte des Leistungsberechtigten (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf: BT-Drs. 17/3404, Seite 98; BR-Drs.17/3404, Seite 161). Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift zur Regel des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Maßgeblich sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Der Leistungsträger trifft insoweit eine individuelle Prognoseentscheidung darüber, ob ein Absehen von einer Kostensenkungsaufforderung wirtschaftlicher ist. Angesichts der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen ist die Frage einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

Ein im Rahmen dieser Einzelfallentscheidung vermutlich häufiger zu berücksichtigendes Kriterium wird sein, wie lange der Leistungsberechtigte voraussichtlich noch im Leistungsbezug stehen wird. Ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug in naher Zukunft entweder aufgrund einer Arbeitsaufnahme oder des Eintritts in die Altersrente, eine bevorstehende Erhöhung der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (bei Schwangerschaft) dürften denkbare Aspekte eines Einzelfalls sein, die einen Umzug unwirtschaftlich werden lassen können. Dazu hat das BSG in seinem Urteil vom 15.06.2016 (Az.: B 4 AS 36/15 R, juris RN 25) ausgeführt, dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit könne auch dann Bedeutung zukommen, wenn besondere Bedürfnisse behinderter Menschen bei einem Umzug Folgekosten wegen erforderlicher Umbaumaßnahmen oder einer Neuorganisation der Pflege nach sich ziehen. Weiterhin ist zu beachten, dass im Einzelfall die mit einem Umzug verbundenen Nebenkosten (Umzugskosten, Mietkautionen oder Erwerb von Genossenschaftsanteilen, Renovierungskosten) – auch in Abhängigkeit von den Selbsthilfemöglichkeiten des jeweiligen Leistungsberechtigten – sehr unterschiedlich sein können. Diese sind in den Wirtschaftlichkeitsvergleich einzubeziehen.

Es ist eine Vielzahl von Fallgestaltungen denkbar, für die eine abstrakte grundsätzliche Klärung nicht möglich ist. Hauptanwendungsfall für Wirtschaftlichkeitserwägungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II dürfte der Ausgleich von hohen Heizkosten mit niedrigen Mietkosten bzw. umgekehrt im Sinne der gesetzlich nicht vorgesehenen "angemessenen Bruttowarmmiete" sein. Daher versteht sich nach den vorstehenden Ausführungen von selber, dass es entscheidend auf die tatsächlichen Gesamtkosten (unter Einbeziehung der jährlichen Nebenkostenabrechnungen) und weniger auf die monatlichen Zahlbeträge mit den enthaltenen Abschlägen auf die Nebenkosten ankommt. „

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=203473&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2.4 Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 26.09.2018 - L 6 AS 581/18 - Revision zugelassen

Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Haftpflichtversicherung für Mietschäden, hier bejahend

Leitsatz ( Redakteur )


Kosten einer Privat-Haftpflichtversicherung des Mieters sind Kosten der Unterkunft i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wenn der Mietvertrag dem Mieter den Abschluss einer solchen Versicherung zwingend auferlegt und die Kosten der Unterkunft angemessen sind ( LSG Hamburg, Urteil vom 09.08.2012, L 4 AS 367/10 u. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. November 2008 – L 10 AS 541/08 ).

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=213640&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2.5 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.07.2020 - L 10 AS 886/19 - Revision zugelassen

Orientierungshilfe ( Redakteur )

1. Keine Abweichung vom Kopfteilprinzip für den Fall, dass das nach dem AsylbLG leistungsberechtigte Mitglied des Bedarfsgemeinschaft keine Leistungen nach dem AsylbLG bezieht.

2. Anwendung der Bedarfsanteilsmethode nur auf die nach dem SGB II anspruchsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=213634&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





2.6 LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. November 2019 (L 21 AS 497/19):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

Die Kostengrundentscheidung in einem vom Jobcenter erlassenen Widerspruchsbescheid als selbständige Regelung hat sich mit Erlass des endgültigen, in einer Alg II-Angelegenheit bekannt gegebenen Bescheids nicht erledigt im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X.

Ein auf § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützter Kostenerstattungsanspruch kann nur dann geltend gemacht werden, wenn diesem Rechtsbehelf vom Jobcenter abgeholfen oder stattgegeben wurde.

Ein Widerspruch blieb erfolglos, soweit er förmlich zurückgewiesen wurde, oder soweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen Begehren
nicht durchgedrungen ist.

Dies hat auch dann bejaht zu werden, wenn das Jobcenter einen Widerspruch als unzulässig verworfen, die Widerspruchsführerin ihrerseits die innerhalb des Widerspruchsbescheids bekannt gegebene Sachentscheidung bindend, d. h. formell bestandskräftig hat werden lassen, und diese Person nur die Kostenentscheidung isoliert angefochten hat.

Hier ist rein formal auf das Ergebnis des Widerspruchsverfahrens abzustellen. Aus welchen Gründen ein Widerspruch erfolglos war, hat hier keine Bedeutung. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids soll nicht nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens im anschließenden
Kostenverfahren überprüft werden müssen.

Ein gegen einen gemäß § 41a Abs. 1 SGB II vorläufig erlassenen Bescheid erhobener Widerspruch wird nach Ablauf des dort festgesetzten Bewilligungszeitraums nicht stets unzulässig.





3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

3.1 SG Trier, Urt. v. 21.08.2020 - S 4 AS 186/18

Ermittlung des Einkommens nach § 11 Abs. 2, 3 SGB II bei Nachzahlungen von Kranken- oder Arbeitslosengeld


Leitsatz ( Juris )

1. Nachzahlungen von Kranken- oder Arbeitslosengeld, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden, sind nach § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II einmalige Einnahmen.

2. Alleine aufgrund des Auseinanderfallens von gesetzlicher Fälligkeit und tatsächlicher Auszahlung ist aufgrund des Gesetzeswortlaut keine teleologische Reduktion der Norm möglich, wenn der Hilfebedürftige dieses Auseinanderfallen nicht zu vertreten hat.

3. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Leistungen „nahtlos“ jeweils im Folgemonat der Fälligkeit erbracht werden (Abweichung von SG Berlin, Urteil vom 18. Januar 2019, Aktenzeichen S 37 AS 12211/18).

Quelle: http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/f2n/page/bsrlpprod.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE200012942&documentnumber=2&numberofresults=2553&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K&paramfromHL=true#focuspoint





3.2 SG Hildesheim, Urteil vom 11.09.2020 - S 26 AS 816/18

Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft


Leitsatz ( Juris )

Die Ergänzung eines rein angebotsbasierten Konzeptes um Bestandsmieten stellt keine Nachbesserung, sondern ein neues Konzept nach einem anderen Ansatz dar.

Eine Nachbesserung ist auf die Frist des § 44 Absatz 4 SGB X beschränkt, um den Rechtsanspruch auf ein faires Verfahren zu wahren.

Eine unterschiedliche Zusammensetzung der herangezogene Bestandsmieten von Leistungspfängern nach SGB II, SGB XII und WoGG in den Vergleichsräumen eines Landkreises verstößt gegen Artikel 3 Grundgesetz.

Substandardmieten sind nach eigener Untersuchung des Konzepträgers auszuschließen, wobei nicht pauschal auf fehlende Marktgängigkeit abgestellt werden kann.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=3D8929C76D0CA5CE9D5867BF95DC1E81.jp21?doc.id=JURE200013354&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint



4. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher

4.1 Schlüssiges Konzept (KdU) des Jobcenter Limburg-Weilburg für den Mittelbereich Weilburg rechtswidrig, ein Beitrag von RA Franz-Emanuel Bosin

weiter: https://www.anwalt.de/rechtstipps/schluessiges-konzept-kdu-des-jobcenter-limburg-weilburg-fuer-den-mittelbereich-weilburg-rechtswidrig_180540.html



4.2 Rentenversicherungsschutz von Leistungsempfängern nach dem SGB II

Dass Leistungsempfänger nach dem SGB II seit dem 01.01.2011 nur noch an den zuständigen Ren -tenversicherungsträger „gemeldet“ werden, (Pflicht-)Beiträge zur Rentenversicherung aber nicht abzuführen sind, eröffnet nach einem Beschluss des BSG vom 30.06.2020  nicht die Revisionszulassung unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes gem. Art. 14 GG.

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Hermann Plagemann, Plagemann Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Frankfurt am Main
Aus beck-fachdienst Sozialversicherungsrecht 18/2020 vom 25.09.2020

Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Sozialversicherungsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Sozialversicherungsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Sozialversicherungsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de

Sachverhalt

weiter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/magazin/detail/rentenversicherungsschutz-von-leistungsempfaengern-nach-dem-sgb-ii?bifo=port





4.3 Muster für eine Richtervorlage zur Verfassungswidrigkeit der Grundleistungen im Asylbewerberleistungsgesetz

hier: https://freiheitsrechte.org/mustervorlage-asylblg/ und hier: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2697/





4.4 Kein Existenzminimum für Geflüchtete in Sammelunterkünften?

weiter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/fluechtlinge-sammelunterkunft-leistungen-316-euro-weniger-als-hartz-iv-richtervorlage-bundesverfassungsgericht/



4.5 Mietenstopp, Mietobergrenzen, Mietabsenkungen und Mietendeckel und die „angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung“- Oder: Das JobCenter zahlt wegen des Mietdeckels nicht die vollständige Miete.

Ein Beitrag von RA Kay Füßlein, Berlin

Seit Jahresanfang gilt in Berlin das  Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bln). Hiernach gelten in Berlin bestimmte Mietobergrenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

Ob dies alles mit der Verfassung zu vereinbaren ist, ist hoch umstritten. In den zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten liefert der Postbote die Schriftsätze schon an die Kanzleitür, da die nicht mehr in den Briefkasten passen…..Alles hoch kompliziert und keiner weiß WIRKLICH, was konkret zu raten ist.

weiter: http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/?p=1036



Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock



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