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Jahresarchiv

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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 39/2017

1. Entscheidung des Bundessozialgerichts zum Asylrecht 

1. 1 BSG, Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R

Leitsatz ( Redakteur )

Kürzung von Asylbewerberleistungen auf das "unabweisbar Gebotene" verfassungsrechtlich unbedenklich - Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums darf an Mitwirkungspflichten des Hilfeempfängers geknüpft werden.

 Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2017&nr=14703&pos=12&anz=71



Rechtstipp:  ebenso: LSG Baden-Württemberg v. 27.04.2017 - L 7 AY 4898/15



2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

2. 1 LSG NSB, Urteil v. 23.08.2017 - L 11 AS 35/17

Kein Hartz IV wegen Neuwagenkauf

Das LSG Celle-Bremen hat entschieden, dass der Kfz-Freibetrag bei der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II auch dann nicht mehrfach beansprucht werden kann, wenn mehrere erwerbsfähige Familienmitglieder nur ein gemeinsames Auto haben.

Entsprechend dem Gesetzeswortlauf sei an ein Fahrzeug für jede erwerbsfähige Person anzuknüpfen. Die unterschiedliche Behandlung von einem teuren und zwei günstigen Fahrzeugen sei auch kein Wertungswiderspruch. Denn Sinn und Zweck der Eigentumsprivilegierung bei Kraftfahrzeugen sei es, den Grundsicherungsempfängern die Aufnahme bzw. Fortführung von Erwerbstätigkeiten zu ermöglichen, zu deren Ausübung ein Kfz erforderlich sei. Hierfür reiche ein angemessenes Kfz pro Person, wobei das Gesetz keine abstrakten oder kumulativen Freibeträge vorsehe, sondern auf das Kfz als solches abstelle. Im Interesse der Arbeitsaufnahme werde die Mobilität geschützt und nicht das Vermögen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen Nr.15/2017 v. 19.09.2017 : https://www.landessozialgericht.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/kein-hartz-iv-wegen-neuwagenkauf-157785.html





Dazu Leitsätze von Dr. Manfred Hammel

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. August 2017 (Az.. L 11 AS 35/17):


1. Das einem hilfebedürftigen Ehepaar gemeinsam gehörende Kraftfahrzeug (Kfz) stellt lediglich in Höhe eines Teilbetrags von EUR 7.500,- ein entsprechend § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II geschütztes Vermögen dar (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. September 2007 - Az.: B 14/7b AS 66/06.R).

2. Die Auffassung, dass bei einem hilfebedürftigen Ehepaar das auf den Ehepartner zugelassene Kfz zur Anerkennung eines doppelten Freibetrags im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II, d. h. EUR 15.000,-, führt, ist unzutreffend. Der Gesetzeswortlaut knüpft hier an ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft (BG) lebende erwerbsfähige Person an. Wenn in einer BG nur ein Kfz vorhanden ist, kann lediglich einmal ein Kfz bis zur Wertgrenze von EUR 7.500,- geschützt sein.

3. Ein diese Angemessenheitsgrenze übersteigender Zeitwert stellt ein verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II dar.





2. 2 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.06.2017 - L 7 AS 1794/15 - Die Revision wird zugelassen.

 Leitsatz ( Juris )

 1. Die Kosten für die Neubeschaffung eines Reisepasses sind grundsätzlich als Zuschuss oder als Darlehen gemäß § 73 SGB XII zu übernehmen, weil in der Regelleistung nur die Kosten für einen Personalausweis enthalten sind.

2. Der Einsatz öffentlicher Mittel ist bei einem türkischen Reisepass (Gebühr: 217 Euro) nicht gerechtfertigt, weil ein gebührenfreier vorläufiger Reisepass der Ausweispflicht nach dem AufenthG genügt. Die evtl. mit einem vorläufigen Reisepass verbundenen Ein- und Ausreisebeschränkungen sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE170036357&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint





S. a. dazu: LSG Niedersachsen: Kosten für Passbeschaffung nach § 73 SGB XII - Claudius Voigt, GGUA

 Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat am 13. Juni 2017 eines der bislang seltenen Urteile zur Frage der Übernahme der Passbeschaffungskosten für ausländische Staatsangehörige durch das Jobcenter bzw. Sozialamt gefällt, das zwar im Ergebnis negativ ist, aber einige wichtige Feststellungen trifft (Aktenzeichen L 7 AS 1794/15). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision beim BSG ist zugelassen, da es zu dieser Frage bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.

 Das LSG Niedersachsen-Bremen stellt in seinem Urteil fest:

 1. Die Passbeschaffungskosten sind nicht über die Mehrbedarfsregelung des § 21 Abs. 6 SGB II zu übernehmen, da es sich nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf handelt – auch wenn ein Pass möglicherweise alle paar Jahre neu beantragt werden muss.

 2. Die Kosten für einen (deutschen oder ausländischen) Pass sind nicht Teil des Regelbedarfs im SGB II oder XII, da hierin lediglich monatlich 25 Cent für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises enthalten sind. Insofern ist wohl auch keine Übernahme im Rahmen eines Jobcenter-Darlehens nach § 24 SGB II möglich. Hiermit widerspricht das LSG (zurecht) ausdrücklich der Rechtsauffassung der Bundesregierung (Antwort auf Frage 15)

3. Daher ist für die Übernahme der Passbeschaffungskosten § 73 SGB XII eröffnet – auch für Leistungsbeziehende nach SGB II: „Die Anwendung für einmalige, atypische Bedarfe ist deshalb weiterhin möglich (…).“ „Die Anwendung des § 73 Satz 1 SGB XII setzt damit eine vom Gesetzgeber unbewusst nicht erfasste Bedarfssituation voraus …). Es ist hier eine wertende Betrachtung anzustellen, bei der soziale, gesellschaftliche und fiskalische Aspekte zu berücksichtigen sind (…). Diese besonderen Voraussetzungen sind für die Passbeschaffungskosten Leistungsberechtigter ohne deutsche Staatsbürgerschaft erfüllt, soweit sich diese einen (bestimmten) Reisepass beschaffen müssen, um zu vermeiden, dass sie strafrechtlich oder ordnungsbehördlich verfolgt werden. Dem Kläger ist deshalb zunächst darin zu folgen, dass er sich ohne einen gültigen Reisepass dem konkreten Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt hätte.“

4. Im konkreten Fall hat das LSG dennoch den Anspruch auf Kostenübernahme nach § 73 SGB XII abgelehnt, „weil dem Kläger die Möglichkeit offenstand und ihm auch zuzumuten war, sich einen vorläufigen türkischen Reisepass zu erheblich geringeren Kosten zu beschaffen.“ In diesem konkreten Fall war es wohl möglich, einen vorläufigen türkischen Reisepass zu beantragen, der (nahezu) kostenfrei ausgestellt worden wäre.

Trotz der im Ergebnis negativen Entscheidung spricht die Rechtsauffassung des LSG Niedersachsen-Bremen jedoch unterm Strich dafür, dass in anderen Fällen, in denen es nicht die Möglichkeit eines kostenlosen oder günstigeren vorläufigen Reisepasses gibt, die Kosten für die Passbeschaffung durch den Sozialhilfeträger nach § 73 SGB XII zu übernehmen sind – jedenfalls für den Kostenanteil, der über denjenigen eines deutschen Personalausweises liegt und unter Umständen als Darlehen.





2. 3 Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss v. 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB

Leitsatz ( Redakteur )


Regelbedarfe für alleinstehende Leistungsberechtigte 2016 und 2017 sind verfassungsgemäß.

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2. 4 LSG München, Urteil v. 19.07.2017 – L 16 AS 327/15

Zulässigkeit des Rechtsmittel bei objektiver Klagehäufung

Leitsätze:


1. Liegen mehrere Streitgegenstände im Rahmen einer objektiven Klagehäufung vor, ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels hinsichtlich jeden Streitgegenstands grundsätzlich eigenständig zu beurteilen.

2. Fällt einer der Streitgegenstände nicht unter die Ausschlussregelung des § 144 Abs. 1 SGG, bewirkt dies nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels bezüglich der weiteren Streitgegenstände.



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2. 5 Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss v. 16.08.2017 - L 11 AS 532/17 B ER 

Zahlung von Leistungen zur Sicherung von Lebensunterhalt

Leitsatz ( Juris )

Keine einstweilige Anordnung, wenn sich Antragsteller weigert, hinreichend konkrete Auskunft über seine Vermögenswerte zu erteilen.



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2. 6 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 31.08.2017 - L 2 AS 488/17
zur Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes ( hier bejahend )

Leitsatz ( Redakteur )


1. Die bei der Ersetzungsentscheidung zu treffenden Ermessenserwägungen hat der Beklagte beachtet. Die ersetzenden Regelungen sind im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie dies für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gilt (BSG, Urteile vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R). Auch die Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsaktes müssen daher den Anforderungen genügen, die sich aus § 15 Abs. 2 SGB II ergeben.

 2. Zu beachten ist außerdem, dass der Eingliederungsverwaltungsakt als öffentlich-rechtlicher Vertrag den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X unterliegt. Danach muss die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, "den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen". Dies erfordert, dass die Konkretisierung der Eigenbemühungen des Leistungsempfängers nur zulässig ist, wenn ihr eine angemessene vertragliche Leistung der Behörde, also der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II gegenübersteht (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R).


3. Diesen Anforderungen wird der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt gerecht.



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2. 7 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.06.2017 - L 19 AS 822/16

Zur Rechtmäßigkeit von Ersatzansprüchen nach § 34 SGB II a. F. ( hier verneinend ) - Klägerin transferierte insgesamt 80.000,00 Euro in den Iran - Geld wurde im Iran gestohlen

Leitsatz ( Redakteur )


1. Das SGB II enthält detaillierte Regelungen zur Refinanzierung zu Unrecht erbrachter SGB II-Leistungen bzw. zu Leistungskürzungen bei einem Verhalten, das dem für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltenden Nachranggrundsatz (§ 2 SGB II) widerspricht. Insbesondere in den Sanktionsbestimmungen des § 31 SGB II drückt sich aus, welches Verhalten als dem Grundsatz der Eigenverantwortung vor Inanspruchnahme der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zuwiderlaufend angesehen wird und damit sozialwidrig ist (BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 55/12 R).

2. Es liegt kein sozialwidriges Verhalten vor, denn

Weder hinsichtlich der - durch die nachvollziehbare Erwartung hoher Zinseinkünften motivierten - Anlage von 80.000,00 Euro im Iran noch hinsichtlich der vorübergehenden Aufbewahrung von 70.000,00 Euro im Handschuhfach eines Kraftfahrzeugs an einem ungesicherten Ort finden sich Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Klägerin von der Handlungstendenz bestimmt gewesen sein könnte, eigene Hilfebedürftigkeit bzw. die Hilfsbedürftigkeit ihrer Familie herbeizuführen.

3. Es ist bei der Klägerin auch kein Verhalten zu erkennen, das den Wertungen des SGB II zuwiderliefe oder an einen Sanktionstatbestand nach § 31 SGB II denken ließe, dass die Klägerin Herrn I, bei dem sie ihr Geld angelegt hatte, nicht angewiesen hat, das Geld un-mittelbar auf ein deutsches Konto zu überweisen, begründet keine Sozialwidrigkeit, ist vielmehr überhaupt nicht vorwerfbar.

4. Der hier einzig in Betracht kommende Tatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, wonach eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten anzunehmen ist, wenn sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen, greift daher bereits im Ansatz nicht. Denn auch dieser Sanktionstatbestand erfordert ein auf die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit zielgerichtetes Verhalten (BT-Drs. 15/1516 S. 61; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 As 20/09 R, wonach nur eine unmittelbar zur Vermögensminderung führende Handlung in Betracht kommt). Eine absichtliche Herbeiführung liegt nicht schon bei jeder Form unwirtschaftlichen oder nicht vorausschauenden Verhaltens vor, es muss sich die Vermögensentäußerung vielmehr als ein leichtfertiges bzw. unlauteres Verhalten darstellen.

5. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die streitigen Bescheide auch dann aufzuheben wären, wenn man den Ausführungen der Klägerin keinen Glauben schenken dürfte und das Geld ihr im Ersatzzeitraum noch in anspruchsausschließender Höhe zur Verfügung gestanden hat. Denn ein Kostenersatzanspruch nach § 34 SGB II greift nur, wenn die gewährten Leistungen rechtmäßig bewilligt worden sind.



Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=195218&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



  

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ( SGB II )

3. 1 Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 14. August 2017 (Az.: S 60 AS 1326/14):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

1. Aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II geht keine Beschränkung der zu übernehmenden tatsächlichen Unterkunftskosten auf solche Aufwendungen, die mieterseitig bereits bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zahlen waren, hervor.
Wenn ein Wohnungsgeber eine Antragstellerin nach einer über 15jährigen Mietdauer damit konfrontiert, er müsse die Miete nach einer derart langen zeit dem ortsüblichen Mietspiegel anpassen, dann kann ein SGB II-Träger, der eine entsprechende Vereinbarung für unwirksam hält, hier das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II betreiben.

2. Eine aufgrund einer zivilrechtlich unwirksamen Absprache getätigte Zahlung von Kosten der Unterkunft ist nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Ein Jobcenter hat hier seinen Rechtsstandpunkt dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gegenüber in der Weise darzulegen, dass die hilfebedürftige Person zur Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber dem Vermieter befähigt wird.

3. Bis zu diesen wichtigen Erläuterungen sind für erwerbsfähige Leistungsberechtigte Maßnahmen der Kostensenkung regelmäßig subjektiv unmöglich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II.





3. 2 Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 18. Juli 2017 (Az.: S 30 AS 3046/17 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


1. Ein von einem Jobcenter ausgesprochenes Hausverbot hat keine unmittelbare Grundlage im SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende), wenn ein Antragsteller von dieser Verfügung nicht in seiner Eigenschaft als Bezieher von Leistungen nach dem SGB II betroffen und in eigenen Angelegenheiten weiterhin berechtigt ist, nach terminlicher Absprache die Diensträume des Jobcenters zu betreten.

2. Es liegt hier keine Streitigkeit über "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" (§ 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG), der materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB II zugrunde liegen, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die die Verwaltungsgerichte zuständig sind, vor.

3. Anderes gilt nur, wenn ein Hausverbot im Rahmen ober aus Anlass eines zwischen dem Antragsteller und dem Jobcenter geführten Verwaltungsverfahrens (§ 8 SGB X) verfügt wird. Hier besteht ein Sachzusammenhang zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende.



3. 3 Sozialgericht Hamburg, Urteil v. 03.11.2015 - S 13 AS 1204/13

Leitsatz ( Redakteur)

Anrechnung des Pflegegeldes bei der Pflege von nicht Familienangehörigen.

Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=195214&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





3. 4 Sozialgericht Hamburg, Gerichtsbescheid vom 24.05.2016 - S 19 AS 3313/15

Leitsatz ( Redakteur )

Teilweise Aufhebung und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II war nicht zu beanstanden, denn eine Dividendenzahlung einer Wohnungsbaugenossenschaft ist anzurechenbares Einkommen.



Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=195213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Hartz IV: Berücksichtigung von Einkünften aus einem Hobby

Das SG Halle hat entschieden, dass bei der Berechnung von Hartz IV-Leistungen die Ausgaben des Hobbys "Heißluftballon-Sportpilot" nicht von den Einnahmen abzuziehen sind.

Zur Begründung hat das Sozialgericht auf § 3 Abs. 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) verwiesen. Danach sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Im SGB II-Regelsatz seien Bedarfe für die Ausübung eines Hobbys vorgesehen. Darin sei die gesetzgeberische Wertung zu sehen, dass höhere Ausgaben für ein Hobby (im Fall des Klägers über 2.000 Euro/mtl.) nicht den Lebensumständen während des SGB II-Leistungsbezuges entsprechen.

Das SG Halle hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob das Hobby des Klägers wegen luftverkehrsrechtlicher Vorschriften als Gewerbe anzusehen sei, da es darauf für die Entscheidung im Ergebnis nicht angekommen sei. Auch für den Fall, dass die Ballonfahrten als Ausübung eines Gewerbes anzusehen seien, könnten die Ausgaben nicht abgezogen werden, da gegen den Kläger ein Gewerbeverbot ausgesprochen sei. Ausgaben für eine nicht erlaubte Gewerbeausübung seien nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V vermeidbar. Nicht erlaubte Tätigkeiten seien im Interesse der Steuerzahler nicht mit Fürsorgeleistungen zu fördern.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des SG Halle Nr. 2/2017 v. 18.09.2017:https://www.juris.de/jportal/portal/t/1cm8/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA170905215&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp





Volltext und Leitsätze dazu:

Sozialgericht Halle (Saale), Beschluss v. 18.10.2016 - S 17 AS 1033/14 - rechtskräftig 

Leitsatz ( Juris )

1. Selbstständige Tätigkeit iSd. § 3 Abs. 1 ALG II-V kann auch eine Freizeitbeschäftigung (z.B. Hobby) sein.

2. Bei der Ermittlung des auf den Grundsicherungsbedarf anrechenbaren Einkommens sind von den mit der Ausübung eines Hobbys erzielten Einnahmen die damit im Zusammenhang stehenden "Betriebsausgaben" nicht abzusetzen, denn bei der Bemessung des Regelsatzes sind bereits Aufwendungen für Freizeit, Unterhaltung und Kultur berücksichtigt (§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 RBEG). Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von Aufwendungen für Freizeitgestaltung, einschließlich der Ausübung eines Hobbys, findet im Rahmen der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums nicht statt.

3. Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit einem Gewerbe stehen, können nicht nach § 3 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V abgesetzt werden, wenn der Person die Ausübung eines Gewerbes nach § 35 GewO untersagt ist oder die nach den gewerberechtlichen Gesetzen notwendige gewerberechtliche Erlaubnis fehlt. Diese Betriebsausgaben sind vermeidbar, weil die gewerbliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden darf und deshalb einzustellen ist.

4. Die Berücksichtigung von Einnahmen aus einer Freizeitbeschäftigung oder einer rechtlich nicht erlaubten Tätigkeit entspricht dem Nachrangigkeitsgrundsatz (§ 2 Abs. 2 SGB II). Solange solche Einnahmen zufließen, sind sie zu berücksichtigen. Allerdings lässt sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Verpflichtung zur Ausübung oder Fortsetzung einer Freizeitbeschäftigung oder einer gewerberechtlich nicht erlaubten Tätigkeit herleiten, weder aus den Regelungen des SGB II, noch aus Sinn und Zweck der steuerfinanzierten Grundsicherung für Arbeitsuchende.

5. Mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben sind dann notwendig iSd. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II, wenn Ausgaben und Einnahmen einander bedingen und sich die Ausgaben sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Rahmen vernünftiger Wirtschaftsführung halten. Ausgaben für eine Freizeitbeschäftigung, die über die im Regelsatz berücksichtigten Beträge hinausgehen, bewegen sich der Höhe nach nicht im Rahmen vernünftiger Wirtschaftsführung. Im Falle gewerberechtlich nicht erlaubter selbstständiger Tätigkeiten halten sich die Ausgaben bereits dem Grunde nach nicht im Rahmen vernünftiger Wirtschaftsführung.



Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=193345&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )

4. 1 Sozialgericht Aachen, Urteil vom 12.09.2017 - S 20 SO 99/17 

Zur rechtmäßigen Anrechnung einer Heizkostenrückerstattung - keine Inanspruchnahme der Sonderregelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII - sie betreffe nur Rückerstattungen von Vorauszahlungen aus dem Regelsatz; die in Rede stehenden Heizkostenvorauszahlungen seien aber nicht aus dem Regelsatz, sondern aus dem gesondert bemessenen Heizkostenbedarf erfolgt.

Leitsatz ( Redakteur )


1. Die Heizkostenrückerstattung war anrechenbares Einkommen, da die Heizkostenvorauszahlungen nicht aus dem Regelsatz geleistet worden, sondern als zusätzlicher sonstiger (Heizkosten-)Bedarf in die Berechnung des Sozialhilfeanspruchs eingeflossen sind, kann der Kläger nicht die Sonderregelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für sich in Anspruch nehmen, wonach Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, kein Einkommen sind.

2. Auf die Heizkostenvorauszahlungen und –rückerstattungen findet § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII Anwendung. Danach werden einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, im Folgemonat berücksichtigt.

Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=195230&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



4. 2 SG Gießen, Urt. v. 25.07.2017 - S 18 SO 160/16

Bestattungsvorsorgeverträge können Vermögensschutz unterfallen

Das SG Gießen hat entschieden, dass die angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall dem Vermögensschutz des § 90 Absatz 3 SGB XII unterliegt und einer Bezieherin von Hilfe zur Pflege die Mittel zu belassen sind, die sie für eine angemessene Bestattung zurückgelegt hat.



Quelle:https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=195215&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





5. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5. 1 OVG Rheinland-Pfalz: Abschiebung nach Afghanistan: Keine landesweite ernsthafte individuelle Bedrohung jeder Zivilperson

OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 01.09.2017 - 8 A 11005/17

Normen: § 4 Abs 1 S 1 Nr 3 AsylVfG, § 78 Abs 3 Nr 1 AsylVfG

Leitsatz

Zur Frage einer landesweit in Afghanistan bestehenden ernsthaften individuellen Bedrohung jeder Zivilperson im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach dem Anschlag auf die deutsche Botschaft am 31. Mai 2017.

Pressemitteilung Nr. 23/2017:
In Afghanistan besteht aufgrund des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts auch nach dem Anschlag auf die deutsche Botschaft am 31. Mai 2017 nicht landesweit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit für jede dorthin zurückkehrende Zivilperson. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.





5. 2 Anhörungsrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteile des Landessozialgerichts? (BVerfG, 11.08.2017 - 1 BvR 237/1)

Anhörungsrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteile des Landessozialgerichts?

Eine Anhörungsrüge ist – verfassungsrechtlich unbedenklich – nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nur statthaft, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung nicht gegeben ist.

Da auch die Nichtzulassungsbeschwerde einen Rechtsbehelf in diesem Sinne darstellt1, kann Anhörungsrüge gegen Urteile des Landessozialgerichts grundsätzlich nicht zulässig erhoben werden: Hat das Landessozialgericht die Revision nicht ohnehin zugelassen, können diese nämlich mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden, nachdem § 160a Abs. 1 Satz 1 SGG diesbezüglich keine Beschränkungen vorsieht.

Das Landessozialgericht hatte die Anhörungsrüge daher – wie geschehen – zwingend als unzulässig zu verwerfen, so dass kein Raum für einen entscheidungserheblichen Verstoß gegen Grund- oder grundrechtsgleiche Rechte war.

Vor diesem Hintergrund war im hier entschiedenen Fall schließlich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landessozialgerichts und das vorangegangene Urteil des Sozialgerichts nicht fristgerecht erhoben. Die Anhörungsrüge gegen das Urteil des Landessozialgerichts war nicht geeignet, die Monatsfrist aus § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offenzuhalten, nachdem sie aus den oben genannten Gründen offensichtlich nicht statthaft und dieser Zusammenhang für einen Beschwerdeführer unschwer zu erkennen war2.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11. August 2017 – 1 BvR 237/17

1. vgl. BVerfGK 11, 390, 393

2. vgl. BVerfGE 91, 93, 106



Quelle: http://www.sozialrechtsnews.de/anhoerungsruege-nichtzulassungsbeschwerde-666872/



5. 3 SG Berlin: Speicherung auf Vorrat von Versichertenfotos durch Krankenkasse unzulässig (Krankenkasse)

SG Berlin, Urt. v. 27.06.2017 - S 208 KR 2111/16 - rechtskräftig

Normen: § 84 Abs 2 SGB 10, § 291 SGB 5, § 284 SGB 5, § 15 Abs 2 SGB 5

Leitsatz

1. Sobald eine Krankenkasse die elektronische Gesundheitskarte mit einem Lichtbild des Versicherten ausgestellt hat, hat die Krankenkasse das Lichtbild zu löschen.

2. Die Speicherung des Lichtbildes bzw. die Kenntnis des äußeren Erscheinungsbildes eines Versicherten ist für die Krankenkasse nur bis zur Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte notwendig.

3. Die fortwährende Speicherung kann nicht damit begründet werden, dass auf diese Weise im Bedarfsfall die Ausstellung einer Ersatzkarte erfolgen kann.



5. 4 Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Herleitung existenzsichernder Leistungen zur Deckung der Unterkunftsbedarfe im SGB II und SGB XII

Die Empfehlungen (DV 30/16) wurden am 12. September 2017 vom Präsidium des Deutschen Vereins verabschiedet.

weiter: https://www.deutscher-verein.de/de/empfehlungenstellungnahmen-2017-empfehlungen-des-deutschen-vereins-zur-herleitung-existenzsichernder-leistungen-zur-deckung-der-unterkunftsbedarfe-im-sgb-ii-und-sgb-xii-2638,1177,1000.html





Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

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