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Jahresarchiv

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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 18/2017

1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II )

1. 1 LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss v. 27.04..2017 - L 9 AS 234/17 B ER

Normen: § 22 Abs. 1 SGB II - Schlagworte: Kosten der Unterkunft, Angemessenheitsgrenzen in Göttingen, Sicherheitszuschlag


Hartz IV: Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen kippt Kosten der Unterkunft für Göttingen - Der Senat bestimmt in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Angemessenheitsgrenze für KdU in ständiger Rechtsprechung anhand der Werte in der Tabelle in § 12 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes, vorliegend in der seit 1. Januar 2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Wohngeldrechts.



Quelle: http://www.herbertmasslau.de/mediapool/5/50745/data/LSG_Celle_-_L_9_AS_234_17_B_ER.pdf 



Rechtstipp: ebenso LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss v. 04.07.2016 - L 9 AS 310/16 B ER





1. 2 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.03.2017 - L 13 AS 336/16 B

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Prozesskostenhilfe - hinreichende Aussicht auf Erfolg - Anfechtungs- und Leistungsklage - Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe

Leitsatz ( Juris )

Eine allein mit der behaupteten Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Regelbedarfe für das Jahr 2016 begründete Anfechtungs- und Leistungsklage auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. des § 73 a Abs. 1 S .1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO, da es bei fehlenden Anhaltspunkten für eine evidente Unterschreitung des Existenzminimums als fernliegend bezeichnet werden muss, dass es für den Fall, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben verfehlt haben sollte, zu einer rückwirkenden Korrektur der Regelbedarfe für das Jahr 2016 im Wege einer vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Übergangsregelung oder einer von ihm angeordneten rückwirkenden gesetzlichen Neuregelung kommen wird.

Quelle: https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=LSG%20Niedersachsen-Bremen&Datum=07.03.2017&Aktenzeichen=L%2013%20AS%20336%2F16



Rechtstipp: vgl. Bayerisches LSG, Beschlüsse vom 21. Juli 2016 - L 18 AS 405/16 B PKH  und vom 24. August 2016 - L 16 AS 222/16 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B

Hinweis: SGB II / SGB XII: Regelleistung 2017 verfassungswidrig, ein Beitrag von Herbert Masslau

weiter: http://herbertmasslau.de/regelleistung-2017.html





1. 3 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.03.2017 - L 11 AS 143/16

Dem Antragsteller war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Leitsatz ( Juris )


1. Über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann isoliert durch gesonderten Verwaltungsakt entschieden werden.

2. Ein Beteiligter darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine im Bundesgebiet werktags aufgegebene Briefsendung am folgenden Werktag ausgeliefert wird. Geht die Postsendung verloren oder wird sie verspätet ausgeliefert, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies gilt auch, wenn der Posteinwurf in einen Briefkasten mit Sonnabendleerung erst an diesem Tag erfolgt (vor der regulären Leerungszeit) und die maßgebliche Frist bereits am darauffolgenden Montag abläuft. Weitere Vorkehrungen müssen nicht ergriffen werden. Insbesondere ist ein Beteiligter nicht gehalten, Schriftsätze vorab per Telefax zu übersenden.

3. Bei Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird der in der Hauptsache ergangene Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig verworfen worden ist, gemäß § 39 SGB X gegenstandslos.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=FCA8DA5BA0767F9052FB59CCE2692CCF.jp27?doc.id=JURE170027320&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint





1. 4 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.03.2017 - L 11 AS 31/17 - Die Revision wird zugelassen

Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung - Pauschbetrag - keine Anerkennung eines im Einzelfall abweichenden Bedarfs bei fehlender technischer Vorrichtung zur konkreten Verbrauchserfassung - Verfassungsmäßigkeit der Pauschalierung

Zu den Anforderungen an einen im Einzelfall abweichenden Bedarf i.S.d. § 21 Abs 7 Satz 2 2. Halbsatz SGB II.

Leitsatz ( Juris )


1. Die Annahme eines im Einzelfall abweichenden Bedarfs wegen dezentraler Warmwassererzeugung (§ 21 Abs 7 SGB II) setzt voraus, dass sich die im Einzelfall abweichenden Verbrauchswerte bzw. Kosten betragsmäßig konkret ermitteln lassen (in aller Regel mittels technischer Einrichtungen wie z.B. einem separaten Zähler). Die vom Gesetzgeber festgesetzten Pauschalbeträge können nicht aufgrund allgemeiner Erwägungen zu möglicherweise anfallenden, konkret der Höhe nach jedoch unbekannten Kosten außer Kraft gesetzt werden.

2. Die Rechtsprechung des BSG, wonach von den gemäß § 22 Abs 1 SGB II als Heizkosten zu übernehmenden Gasabschlägen kein Abzug für das in der Gaslieferung enthaltene Kochgas vorgenommen werden darf, soweit der auf das Kochgas entfallende Anteil nicht konkret bestimmbar ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R -), kann wegen der insoweit "umgekehrten" Regelungssystematik des § 21 Abs 7 SGB II nicht auf den Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung übertragen werden.

3. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Pauschalierung der Leistungen für die dezentrale Warmwassererzeugung, zumal § 21 Abs 7 Satz 2 2. Halbsatz SGB II die Gewährung abweichender Beträge ermöglicht, wenn im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=FCA8DA5BA0767F9052FB59CCE2692CCF.jp27?doc.id=JURE170027321&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint 





1. 5 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 27.10.2016 - L 11 AS 107/15

Grundsicherung für Arbeitsuchende - wiederholte Berücksichtigung von Vermögen - Nichtangabe diverser Sparguthaben - keine Berücksichtigung eines fiktiven Vermögensverbrauchs im Rahmen der Rückforderung

Hinweis Gericht:


Das BSG verweist in seinem Beschluss vom 30. Juli 2008 (B 14 AS 14/08 B) auf einen vergleichbaren Sachverhalt und auf die Rechtsprechung, die Regelungen zum Recht der Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Motive des Gesetzgebers für die Entscheidung, keinen fiktiven Verbrauch von Vermögenswerten zu berücksichtigen. Der 7. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen hat in seiner Entscheidung vom 3. April 2014 (L 7 AS 827/12) ebenfalls für einen vergleichbaren Sachverhalt dargelegt, dass eine fiktive Berechnung und auch die von den Klägerinnen mit der Berufungsbegründung vom 8. Mai 2012 angestrebte Reduzierung des Erstattungsbetrages nicht in Betracht kommt (vgl. auch etwa: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. März 2016 – L 7 AS 730/14: Im Falle eines verschwiegenen Vermögens besteht keine Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Leistungsaufhebung und der Erstattung auf den Wert des zu verwertenden Vermögens).

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=188567&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Rechtstipp: ebenso Hessisches LSG, Beschluss v. 09.03.2017 - L 7 AS 221/16; Hessisches LSG, Urteil v. 18.03.2016 - L 7 AS 730/14 ; Sozialgericht Landshut, Urteil vom 5. Februar 2014, S 10 AS 390/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2011, L 12 AS 4994/10; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2010, L 5 AS 2340/08 - Ein "fiktiver Vermögensverbrauch" sei allerdings nicht zu prüfen, a. A. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Juli 2012, L 5 AS 56/10, unter Bezugnahme auf das Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2011, S 13 AS 1217/09





1. 6 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 02.03.2017 - L 19 AS 1458/16 - rechtskräftig

Zu den Kosten der Unterkunft unter Verwandten - Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB - Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen - lebenslanges Wohnungsrecht auf Dauer - verleiht den Klägern nach § 1093 Abs. 1 BGB die Befugnis zum Wohnen in dem auf dem belasteten Grundstück befindlichen Gebäude unter Ausschluss des Eigentümers - Der Zeuge habe als Eigentümer die Pflicht, die Ausübung des Wohnungsrechts zu dulden, ohne dass er hierfür eine gesonderte Entschädigung verlangen könne, den Berechtigten träfen nur die Pflichten des Nießbrauchers.

Leitsatz ( Redakteur )


1. Eine ernsthafte Verpflichtung der Kläger zur Zahlung eines monatlichen Mietzinses lässt sich nicht feststellen.

2. Ist das Wohnraumbedürfnis der Kläger unabhängig davon, ob sie jemals einen Mietzins entrichten, aufgrund des ihnen eingeräumten lebenslangen Wohnungsrechts auf Dauer befriedigt, liefe eine dennoch erfolgte Verpflichtung des Jobcenters zur Übernahme der Miete faktisch darauf hinaus, dass der Steuerzahler dazu beitragen würde, dass der - nicht hilfebedürftige - Sohn der Kläger seine monatlichen Verpflichtungen gegenüber der Bank bedient.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=191886&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





1. 7 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 03.04.2017 - L 19 AS 466/17 B ER - rechtskräftig

Wohnsitzauflage - örtliche Zuständigkeit - zur Verpflichtung des Jobcenters im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragstellern Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vorläufig für den Monat Februar 2017 zu gewähren.

Ohne konkret-individuelle Wohnsitzauflage enthält § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II keine von § 36 Abs. 1 SGB II abweichende Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit.

Leitsatz ( Redakteur )


1. § 36 Abs. 2 SGB II g findet dann keine Anwendung, wenn - wie hier - die leistungsberechtigte Person nicht nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG einem konkreten Wohnort zugewiesen worden ist (vgl. Beschluss des Senats vom 20.01.2017 - L 19 AS 2381/16 B ER; LSG NRW, Beschlüsse vom 12.12.2016 - L 7 AS 2184/16 B ER vom 06.03.2017 - L 21 AS 229/17 B ER und vom 17.03.2017 - L 7 AS 228/17 B ER).

2. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem vom JC vorgelegten Kurzgutachten zur Auslegung des § 36 Abs. 2 SGB II des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW und der Bundesagentur für Arbeit.

3. Das Gutachten verkennt, dass es unter der grundgesetzlichen Kompetenzordnung nicht Aufgabe von Gesetzesauslegung ist, mögliche handwerkliche Fehler und Ungenauigkeiten bei der Formulierung des Gesetzestextes über teleologische Erwägungen, die weder in der Systematik des Gesetzes noch in den Gesetzgebungsmaterialien ihren eindeutigen Niederschlag gefunden haben und denen deshalb der Normtextbezug fehlt, zu korrigieren.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=191884&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





1. 8 LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 04.04.2017 - L 8 AS 107/16 B ER

Litauische Antragstellerin hat Anspruch auf ALG II , denn das Gericht bejaht einen ALG II- Anspruch unter folgenden Gesichtspunkten:


- auch ein Minijob führt zur Arbeitnehmereigenschaft iSd Rspr. des EuGH

- in Ausbildung befindliche Kinder haben ein eigenständiges Aufenthaltsrecht aus Art.10 VO EU 492/11

- der betreuende Elternteil hat ein aus Art.10 VO EU 492/11 abgeleitetes

Aufenthaltsrecht zur Betreuung der (minderjährigen) Kinder

Quelle: http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Harald_2017/LSG_MV_04.04.2017.pdf und http://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2181/





1. 9 LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. März 2017 (Az.: L 18 AS 526/17 B ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


1. Die Bundesregierung hat bezogen auf die Vorschriften der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII keinen Vorbehalt zum Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) erklärt.

2. Voraussetzung für die Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen nach Art. 1 EFA ist ein erlaubter Aufenthalt von Antragsteller/innen im Bundesgebiet, hier im Sinne einer materiellen Freizügigkeitsberechtigung nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) oder einem anderen Aufenthaltsrecht (Art. 11 EFA). Dies ist bei einer italienischen Staatsangehörigen als Arbeitsuchende im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU und bei ihrer Tochter aufgrund des Schulbesuchs gemäß Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/11, geändert durch die VO (EU) 2016/589 der Fall.

3. Auch wenn ein Jobcenter keine Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen nach den §§ 27 ff. SGB XII hat, besteht eine einstweilige Zuständigkeit des SGB II-Trägers zur vorläufigen Erbringung existenzsichernder Leistungen entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I. Dies gilt gerade dann, wenn das Jobcenter den Leistungstrag nicht an den zuständigen Sozialhilfeträger weitergeleitet hat. 





2. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II )

2. 1 Sozialgericht Braunschweig, Beschluss vom 28. März 2017 (Az.: S 44 AS 119/17 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


1. Ein von einem Antragsteller gehaltenes Kraftfahrzeug ist nicht deshalb verwertungsgeschützt, weil diese Person über keine Fahrerlaubnis verfügt. Das Gesetz sieht eine entsprechende Differenzierung nicht vor. Eine Fahrerlaubnis kann – jedenfalls mittelfristig – wiederbeschafft werden.

2. Bei einem Verkehrswert eines Kraftfahrzeugs von EUR 8.350,- besteht hier zwar kein angemessenes Kraftfahrzeug im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II, da hier der Verkehrswert bei EUR 7.500,- liegt.

3. In diesem Sachzusammenhang ist aber noch der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II zu berücksichtigen.

4. Die Geltendmachung einer Unterhaltssicherung gemäß § 9 Abs. 5 SGB II hat zu Voraussetzung, dass das Jobcenter eingehende Feststellungen zum Einkommen und Vermögen der Eltern des Antragstellers trifft. Die Tatsache, dass ein Antragsteller von seinen Eltern aktuell offensichtlich verköstigt wird, reicht hier nicht aus.





2. 2 Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 10. März 2017 (Az.: S 41 AS 130/17 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


1. Das Ziel von Meldeaufforderungen (§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II) besteht nicht darin, über eine hohe Anzahl an Meldeversäumnissen den Anspruch von meldepflichtigen Personen auf Alg II zu mindern oder gar zu beseitigen.

2. Es handelt sich bei den §§ 31 bis 32 SGB II nicht um Strafvorschriften, nach denen aufgrund eines bestimmten schuldhaften Verhaltens bestimmte Strafen „verhängt“ werden, sondern um die gesetzlichen Folgen von Obliegenheitsverletzungen, weil von den Jobcentern die Durchsetzung einer Meldeaufforderung nicht mit den Mitteln des Verwaltungszwangs vollstreckt werden darf.

3. Wenn der SGB II-Träger bereits beim Erlass eines auf § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II gestützten Minderungsbescheids davon auszugehen hatte, das das Ziel, das mit einem solchen Bescheid erreicht werden soll – nämlich die Bewirkung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit – nicht (mehr) bewirkbar ist, dann ist von einer Rechtswidrigkeit dieser Verfügung auszugehen.





2. 3 Sozialgericht Hamburg, Urt. v. 03.12.2014 - S 29 AS 597/11

Umzugsgrund verneint - Umgangsrecht des Vaters mit seinen Zwillingen und seinem Sohn - kein erhöhter Wohnraumbedarf - Zuschnitt der alten Wohnung

Leitsatz ( Redakteur )


1. Umzugsgrund wurde nicht anerkannt, da die Wohnung eine Größe von 39 m² habe und ausreichend Platz für eine Person biete.

2. Unzumutbar beengte Wohnverhältnisse, die die abwechselnden Besuche des Sohnes und der Zwillinge erschwert oder behindert hätten, liegen nicht vor. Eine unzureichende Unterbringung liegt nach Ziffer 8.2 der Fachanweisung zu § 22 SGB II erst dann vor, wenn drei Personen nicht mindestens 45 qm anteilige Wohnfläche zur Verfügung stehen oder wenn zwei Wohnräume von mehr als drei Personen bewohnt werden.

3. Vorliegend werden selbst bei dem Besuch der Zwillinge zwei Wohnräume nicht von mehr als drei Personen bewohnt. Zwar hatte die alte Wohnung lediglich eine Größe von 39 qm, also von weniger als 45 qm. Allerdings ist der Aufenthalt der Kinder auf das Wochenende oder die Ferien beschränkt, so dass sie nicht als Bewohner der Wohnung angesehen werden können. Zudem ermöglichte auch die alte Wohnung den Kindern für ihre Besuche einen eigenen Wohnbereich, der einen Aufenthalt über das Wochenende oder in den Ferien für mehrere Tage erlaubte. Da der Kläger nach eigenem Vortrag nicht im Schlafzimmer, sondern im Wohnzimmer sein Bett stehen hatte, konnten die Kinder das Schlafzimmer als Aufenthaltsbereich nutzen und sich während des Besuches bei Bedarf zurückziehen.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192059&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive





2. 4 Sozialgericht Berlin, Urteil vom 8. März 2017 (Az.: S 191 AS 16707/13):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


1. Vom Anspruchsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind auch diejenigen Personen mit umfasst, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU oder ein anderes materielles Freizügigkeitsrecht verfügen.

2. Dies gilt auch im Fall eines rumänischen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet, der sich nicht auf eine andere materielle Freizügigkeitsberechtigung als die der Arbeitsuche berufen kann.

3. Wer seinen notwendigen Lebensunterhalt als obdachloser Mensch bislang z. B. durch den Verkauf von Straßenzeitungen sowie das Sammeln von Pfandflaschen bestritten hat, ging weder einer Tätigkeit als Arbeitnehmer noch als Selbstständiger im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. 2 FreizügG/EU nach.

4. Hierfür ist erforderlich, dass mit der Ausübung einer Tätigkeit in der Weise ein Erwerbszweck verfolgt wird, dass diese Arbeit entgeltlich erbracht wird und eine Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellt. Es muss hier ein wirtschaftlicher Güteraustausch, der auch ideelle Güter oder Dienstleistungen betreffen kann, zumindest angestrebt werden.

5. Beim Verkauf von Straßenzeitungen handelt es sich um eine Form des (aktiven) Bettelns. In diesem Rahmen wird insbesondere kein absatzunabhängiges Arbeitsentgelt erzielt.

6. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht verfassungswidrig und europarechtskonform. Ein EU-Mitgliedsstaat darf Angehörige anderer Mitgliedsstaaten vom Zugang zu Sozialhilfeleistungen ausschließen, wenn von ihnen überhaupt kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38 EG beansprucht werden kann, oder wenn ihre Aufenthaltsberechtigung einzig aus dem Zweck der Arbeitsuche abgeleitet wird.

7. Ein hilfsweise gegen den Sozialhilfeträger erhobener Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach § 23 SGB XII (Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer) scheitert an § 21 Satz 1 SGB XII. Dieser Leistungsausschluss lässt sich nicht in der Weise auslegen, dass ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger Leistungen nach dem SGB XII beziehen kann. Dieser Klientel ist der Weg zur Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß den §§ 27 ff. SGB XII gerade nicht eröffnet. 





3. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III )

3. 1 Sozialgericht Potsdam, Beschluss vom 29. März 2017 (Az.: S 6 AL 13/17 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel


Zur Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit zur Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 56 ff. SGB III) unter besonderer Berücksichtigung der aus § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III hervorgehenden Sonderregelung für nichtdeutsche Auszubildende in Verbindung mit § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG.





4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB XII )

4. 1 Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 30.03.2017 - L 4 SO 74/16

Zur Gewährung von Leistungen einer monatlichen Beförderungspauschale im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ( hier verneinend )

Leitsatz ( Redakteur )


1. Die Beförderungspauschale werde danach gewährt, wenn wegen der Art und Schwere der Behinderung die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich und zumutbar sei und kein eigenen Kraftfahrzeug bzw. kein Kraftfahrzeug von Angehörigen genutzt werden könne.

2. Die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Beförderungspauschale lagen nicht vor. Der Kläger war in der Lage, , öffentliche Verkehrsmittel ohne Einschränkungen zu nutzen.



Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=192164&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=





5. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5. 1 Partner sind anderweitig verheiratet: Anspruch auf mehr Hartz IV? ein Beitrag von anwalt.de Juristische Redaktion, Sandra Voigt

Fazit: Lebt ein Hartz-IV-Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft, so wird das Einkommen bzw. das Vermögen seines Partners bei der Berechnung seines Leistungsbedarfs berücksichtigt. Das gilt auch, wenn die Partner nicht miteinander, sondern mit anderen Personen verheiratet sind ( SG Düsseldorf, Urteil v. 09.11.2016, Az.: S 12 AS 32/14)

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/partner-sind-anderweitig-verheiratet-anspruch-auf-mehr-hartz-iv_103768.html





5. 2 Müssen Partner von SGB II-Empfängern ihre Gehaltsabrechnung beim Jobcenter vorlegen? Ein Beitrag Dominik Bleckmann, Justiziar Datenschutz nord, Bremen

Im Rahmen der SGB II-Verfahren müssen die Hilfeempfänger ihre gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen und durch Belege, wie Kontoauszüge, Kundenfinanzstati, Gehaltsabrechnungen, Grundbuchauszüge usw. nachweisen. Diese Auskunfts- und Nachweispflicht wird häufig auch auf die Mitbewohner und Beziehungspartner der Hilfeempfänger ausgedehnt, selbst wenn sie selbst keine Leistungen vom Jobcenter erhalten.
Dieser Praxis hat das Sozialgericht Gießen nun eine deutliche Absage erteilt:

Partner von Leistungsempfängern, die selbst nicht im Leistungsbezug stehen, müssen gem. § 60 Abs. 4 SGB II nur wahrheitsgemäße Auskunft über ihr Einkommen erteilen, dies aber nicht nachweisen.

Diese Entscheidung hat erhebliche datenschutzrechtliche Konsequenzen:

Aufgrund der verneinten Nachweispflicht muss sich das Jobcenter mit den Angaben des Partners im Rahmen der Auskunft begnügen. Und die weitere Speicherung von Einkommensnachweisen der Partner, die selbst nicht im Leistungsbezug stehen, dürfte demnach mangels Rechtsgrundlage unzulässig sein.

Eine Möglichkeit zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts bleibt den Jobcentern aber weiterhin:

Bei Antragstellern können diese durch automatisierten Datenabgleich die Anwartschaften bei der Rentenversicherung, die Steuerdaten beim Veranlagungsfinanzamt, frühere Förderungen und Leistungen bei anderen Sozialversicherungsträgern abrufen. Dies gilt nach § 52 Abs. 1 S. 2 SGB II auch für Partner (einer Bedarfsgemeinschaft). Zwar geben diese Daten nur begrenzt Auskunft über das aktuelle Einkommen und noch weniger über das Vermögen. Dennoch können hohe Steuerlasten (im Vorjahr) als Indiz für ein entsprechend hohes Einkommen aktuell herangezogen werden, was eine begrenzte Plausibilitätsprüfung der Angaben der Partner ermöglicht.



Quelle: https://www.datenschutz-notizen.de/tag/sgb-ii/





5. 3 Rückzahlung von Sozialhilfe durch die Erben, ein Beitrag von Rechtsanwalt Dirk Wittstock, Anwaltskanzlei Dr. Ulrich Zacharias

Grundsätzlich muss Sozialhilfe, die zu Recht bewilligt wurde, vom Bedürftigen nicht zurückgezahlt werden.

Keine Erstattung oder Rückzahlung von Sozialhilfe

Sie kann aber von den Erben oder dem Ehegatten des verstorbenen Bedürftigen (und von den Erben des Ehegatten des Bedürftigen, wenn dieser vor dem Bedürftigen verstirbt) nach § 102 Abs. 1 SGB XII zurückgefordert werden. Die Haftung ist auf den Nachlass beschränkt, § 102 Abs. 2 SGB XII. Begrenzt ist die Rückzahlungspflicht der Höhe nach auf das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs.1 SGB XII. Zurückgezahlt werden muss für den Leistungszeitraum von 10 Jahren vor dem Erbfall.

Ausnahme, wenn der Nachlass werthaltig war

Liegt der Wert des Nachlasses unter der Freibetragsgrenze (2.454 € (2017)) wird der Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt für den Fall, dass der Nachlass weniger als 15.340 € wert ist, wenn der Erbe im Todeszeitpunkt mit dem Bedürftigen verheiratet oder verwandt war oder häuslich zusammengelebt hat und ihn gepflegt hat.

Freibeträge bei Erstattung von Sozialhilfe

Die Erben werden auch dann nicht zurückzahlen müssen, wenn im Einzelfall eine besondere Härte vorliegt, § 102 Abs. 3 SGB XII.



Weiter: https://www.anwalt.de/rechtstipps/rueckzahlung-von-sozialhilfe-durch-die-erben_104512.html 





5. 4 OVG Sachsen, Urteil vom 24. Februar 2016 (Az.: 4 A 249/12):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

1. Die aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WoGG n. F. hervorgehende Ausschlussnorm gelangt vollkommen unstreitig zur Anwendung, wenn Antragsteller/innen auf der Grundlage von Bescheiden des Jobcenters tatsächlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten, sofern bei der Berechnung dieser Transferleistungen vom SGB II-Träger die Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB II) ebenfalls berücksichtigt wurden.

2. Nur dann bleibt das Wohngeld ein Zuschuss für diejenigen Personen, die keine weiteren Transferleistungen erhalten, und ist nicht dazu gedacht, eine wirtschaftliche Notlage zu beheben.

3. Für den Eintritt der Sperrwirkung ist hier nicht erforderlich, dass die Kosten der Unterkunft durch die Transferleistung ganz oder teilweise übernommen worden sind.

4. Ein Wohngeldantrag, der zeitlich vor einem Antrag auf Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II gestellt wurde, ist aufgrund der mit diesem Nachsuchen von Transferleistungen verbundenen Sperrwirkung gegenüber dem nachfolgenden Wohngeldantrag nicht vorrangig.

5. Der Ausschluss von Wohngeld gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WoGG (n. F.) tritt unabhängig von der Höhe der tatsächlich empfangenen Transferleistung in vollem Umfang ein.

6. Für das Wirksamwerden der Sperrwirkung ist es nicht erforderlich, dass Kosten der Unterkunft durch die Transferleistung ganz oder teilweise übernommen worden sind. Voraussetzung ist lediglich die Berücksichtigung der Kosten bei der Berechnung der Transferleistung entsprechend dem SGB II.

7. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 WoGG beginnt die Ausschlusswirkung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WoGG bereits mit der Antragstellung auf Leistungen entsprechend dem SGB II und gilt für die Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung von Grund und Höhe der Leistungen.

8. Es ist ausgeschlossen, dass Antragsteller/innen hier auf eine Teilleistung wie die Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft bei der Bewilligung von Transferleistungen verzichten und diese unterkunftsbezogenen Aufwendungen der Wohngeldbehörde gegenüber geltend machen.





5. 5 Sozialgericht Koblenz, Urteil vom 1. März 2016 (Az.: S 14 KR 760/14):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

1. Die Übernahme der Kosten der Erlernung der Gebärdensprache im Rahmen eines Gebärdensprachkurses bei einem hörbehinderten Heranwachsenden stellt keine Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII), sondern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dar. Es handelt sich hier um eine Leistung zur Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V), und zwar in der Form der Versorgung mit den erforderlichen Heilmitteln (§ 32 SGB V).

2. Zu den entsprechend § 33 Abs. 2 der Heilmittel-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V) möglichen Maßnahmen der GKV gehört auch die Schaffung nonverbaler Kommunikationsmöglichkeiten, sofern dies wegen einer Hörbehinderung zur Verständigung unabdingbar ist.



5. 6 Sozialgericht Bremen, Urteil vom 24. Mai 2016 (Az.: S 4 KR 153/15):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

1. Bei einem entsprechend speziell ausgebildeten Blindenführhund handelt es sich im Fall einer erblindeten und mobilitätseingeschränkten Antragstellerin um keinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern um ein notwendiges Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, das einen zumindest teilweisen Ausgleich der behinderungsbedingten Einschränkungen bezweckt.

2. Ein derartiges unmittelbares Hilfsmittel liegt auch dann vor, wenn es nicht direkt am Körper ausgleichend wirkt.

3. Der Blindenführhund bietet einen Funktionsausgleich für die durch die Blindheit der sehbehinderten Person ausgefallene oder zumindest erschwerte Möglichkeit der Umweltkontrolle, d. h. setzt unmittelbar bei der Behinderung und nicht erst bei den Folgen in bestimmten Lebensbereichen ein



5. 7 Der Anspruch auf Mehrbedarf als Schwerbehinderter nach § 30 SGB XII schon vor Vorlage des Nachweises, ein Beitrag von Rechtsanwalt Scot Möbius, Mühlhausen

Mit Entscheidung vom 10.07.2015  hat das Sozialgericht Karlsruhe festgestellt, dass der Mehrbedarf für Behinderte auch rückwirkend erbracht werden kann. Der Kläger im hiesigen Fall bezog Leistungen nach dem SGB XII. Im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens stellte das Versorgungsamt bei dem Kläger ab Antragstellung einen Grad der Behinderung von 80 und das Merkzeichen „G“, eine erhebliche Geh- oder Stehbehinderung ab 2008 fest

Ein Anspruch auf die Bewilligung des Mehrbedarfes als Schwerbehinderter besteht auch für die Zeit vor dem Erlass des Feststellungsbescheides, da die Vorschrift im Gegensatz zu früheren Fassungen den "Besitz" eines entsprechenden Dokumentes nicht voraussetzt. Entscheidend ist also der tatsächliche Zustand und nicht der Erlass des Bescheides oder des Schwerbehindertenausweises.

Weiter: http://www.123recht.net/Der-Anspruch-auf-Mehrbedarf-als-Schwerbehinderter-nach-30-SGB-XII-schon-vor-Vorlage-des-Nachweises-__a158172.html 



Anmerkung vom Redakteur:

1. Die Rechtsfrage:

Kommt es für die Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen erheblicher Gehbehinderung nach § 30 Abs 1 SGB 12 auf den Zeitpunkt der Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder eines entsprechenden Bescheides beim Sozialhilfeträger oder auf den im Bescheid festgelegten Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen für das Merkzeichen G an?

ist beim Bundessozialgericht anhängig unter dem Az. :  B 8 SO 25/16 R

2. Im Beitrag dürfte dem RA Scot Möbius ein Fehler unterlaufen sein, denn es war nicht das SG Karlsruhe, sondern das SG Hamburg.

Sozialgericht Hamburg, Urt. v. 10.07.2015 - S 22 AS 684/10 - Berufung zugelassen

Zur Frage des Anspruchs auf den Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII für den Zeitraum vor Erlass eines Feststellungsbescheides - Anwendbarkeit des § 16 Abs 2 S 2 SGB 1- rückwirkende Leistungserbringung - Berücksichtigung - nicht - erst ab Vorlage des Nachweises

Leitsatz ( Redakteur )

1. Der Sinn und Zweck der Regelung in § 16 Abs. 2 SGB I ist es, die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Begehren nach Sozialleistungen nicht an den Zuständigkeitsabgrenzungen innerhalb der gegliederten Sozialverwaltung scheitern zu lassen (BSG, Urt. v. 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 22.01.2014, L 13 AS 190/12). Insofern kann es im Verhältnis der verschiedenen Sozialbehörden zu Bürgerinnen und Bürgern nicht darauf ankommen, ob die fälschliche Annahme einer Zuständigkeit in sorgfältiger oder sorgfaltswidriger Weise erfolgte.

2. Ein Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs als Schwerbehinderter besteht auch für die Zeit vor dem Erlass des Feststellungsbescheides, da die Vorschrift im Gegensatz zu früheren Fassungen den "Besitz" eines entsprechenden Dokumentes nicht voraussetzt. (ebenso Simon, in: Coseriu/Eicher, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 30 Rn. 46; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 18.09.2013, L 2 SO 404/13; SG Wiesbaden, Urt. v. 30.04.2014, S 30 SO 47/12).

3. Unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips kann ein Antrag auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII so ausgelegt werden, dass er alle in Betracht kommenden Leistungen, auch Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII, umfasst ( SG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014, S 1 SO 3002/13, Rn. 25).  





Allgemeiner Hinweis für alle Leser: Das 1:1 Kopieren aus dem Rechtsprechungsticker von Tacheles ohne Setzung eines entsprechendes Links zu diesem Beitrag im Rechtsprechungsticker ist nicht zulässig.  

Hier ein Beispiel, wie es nicht sein sollte: http://hartz.info/index.php?topic=108168.0

(wie so oft bei denen ohne Achtung von Urheberschaft)

Da wird von uns zu mindestens erwartet, das man erwähnt, dass man das Urteil gefunden hat im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 11/2017 unter Punkt 3.1: https://tacheles-sozialhilfe.de/tickerarchiv/tacheles-rechtsprechungsticker-kw-11-2017.html und denn entsprechend den Link setzt.





Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock







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