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Jahresarchiv

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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 16/2023

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung nach dem ( SGB II ) und zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III

1.1 BSG, Urt. v. 29.11.2022 - B 4 AS 64/21 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - vorläufige Bewilligung - abschließende Entscheidung - Nullfeststellung - Nachreichen von Unterlagen im Klageverfahren - Präklusion

BSG: Anspruch für Selbstständige auf Hartz IV Leistungen nach verpasster Frist

 

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.

Haben Selbstständige die vom Jobcenter festgesetzte Frist zur Abgabe der Unterlagen verpasst und diese erst im Klageverfahren nachgereicht, ist dies kein Grund, die Hartz IV Leistung ganz zu versagen und das gezahlte Arbeitslosengeld II zurückzufordern.

Orientierungshilfe Redakteur von Tacheles e. V.

§ 41a Abs 3 S 4 SGB 2 hat keine materielle Präklusionswirkung

 

Quelle: http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=jb-KSRE157340227&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint

 

 

1.2 BSG, Urt. v. 29.11.2022 - B 11 AL 33/21 R

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme - Anknüpfung an Sperrzeit bei Ablehnung - Anforderung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung - Warnfunktion - Unwirksamkeit bei fehlender Angabe zum Sperrzeitbeginn

Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.

Eine Rechtsfolgenbelehrung ist unvollständig und damit unwirksam, wenn sie keinen Hinweis auf den Beginn einer drohenden Sperrzeit enthält (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen vom 8.5.2018 - L 11 AL 67/16 - info also 2018, 209 sowie diesem zustimmend Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 159 RdNr 461, Stand Mai 2019; Lüdtke/Schaumberg in Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, 3. Aufl 2019, § 159 RdNr 25; LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.6.2021 - L 11 AL 95/19 - info also 2022, 28 ).

Quelle: http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=jb-KSRE136830213&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint

 

Rechtstipp: dazu RA Dr. jur. Jens-Torsten Lehmann

fehlende Angaben zum Sperrzeitbeginn im Lichte von BSG, 29.11.2022 – B 11 AL 33/21 R: Wann lohnen sich Überprüfungsanträge?

Paukenschlag aus Kassel:

BSG erklärt Rechtsfolgenbelehrungen der Arbeitsagenturen in Sperrzeitbescheiden für unwirksam

von Jens-Torsten Lehmann abgedruckt in info also 02/2023 : https://ra-jtlehmann.de/wp-content/uploads/2023/03/20221129-BSG-info-also.pdf

 

 

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung nach dem ( SGB II )

2.1 LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 02.02.2023 - L 2 AS 12/23 B ER

Leitsätze


1. Ein Darlehen wegen Mietschulden wegen einer Wohnung setzt zumindest dem Grunde nach Ansprüche auf Leistungen für diese Unterkunft voraus.

2. Ein Darlehen soll (§ 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II) nur gewährt werden, wenn andernfalls die drohende Wohnungslosigkeit nicht anders abgewendet werden kann. Sofern eine angemessene neue Wohnung gefunden wurde, können Leistungsberechtigte jedenfalls dann auf diese Alternative verwiesen werden, wenn die Mietschulden auf ihr Verhalten zurückgehen.

3. Bei der Ausübung auch des gebundenen Ermessens (§ 22 Abs 8 Satz 2 SGB II) ist abzuwägen, ob das Darlehen dazu beitragen kann, die Wohnung dauerhaft zu sichern, was ua bei stichhaltigen Anhaltspunkten für missbräuchliches Verhalten, fehlendem Selbsthilfewillen und fehlender Vertragstreue nicht gewährleistet sein kann.

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/173346

 

2.2 LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 09.02.2023 - L 4 AS 99/19

Leitsätze


1. Die ab 1. Mai 2014 geltende KdUH-Richtlinie der Stadt Dessau-Roßlau auf der Grundlage des Methoden- und Ergebnisberichts aus März 2014 in der Fassung der Neuberechnung im Gewichtungsverfahren, Methodenbericht von Oktober 2022, beruht für einen Zweipersonenhaushalt auf einem schlüssigen Konzept.

2. Um die Repräsentativität der erhobenen Daten für ein KdUH-Konzept sicherzustellen, ist der (lokale) Mietwohnungsmarkt wirklichkeitsgetreu abzubilden. Die Datenerhebung muss in ihrer Zusammensetzung und in der Struktur der relevanten Merkmale der Grundgesamtheit möglichst ähnlich sein.

3. Ein KdUH-Konzept ist nicht repräsentativ, wenn institutionelle Vermieter nicht entsprechend ihrem Marktanteil, sondern deutlich überproportional im Verhältnis zu den privaten Vermietern in der Mietwerterhebung vertreten sind. Dieser Mangel kann durch eine gewichtete Neuberechnung - differenziert nach Nettokaltmieten und Betriebskosten - korrigiert werden, in der private Kleinvermieter einerseits und institutionelle Großvermieter andererseits sowie geförderter Wohnraum (sog Sozialwohnungen) nach ihrem tatsächlichen Anteil auf dem Mietwohnungsmarkt berücksichtigt werden.

4. Auch wenn die "Hochrechnung" der Neuvertragsmieten im Konzept mangels Angabe des Referenzwerts (bislang) nicht nachvollziehbar ist, wird das Konzept dadurch nicht unschlüssig. Um sicherzustellen, dass die aus den Bestandsmieten ermittelten Mietpreise es den Grundsicherungsempfängern erlauben, zu den angegebenen Preisen auch tatsächlich Wohnraum anmieten zu können, ist eine Ergebniskontrolle durch Gegenüberstellung der Angebotsmieten möglich.

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/173347

 

Rechtstipp: ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 09.02.2023 - L 4 AS 340/21, L 4 AS 343/21 u. L 4 AS 179/19

 

2.3 LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 15.09.2022 - L 5 AS 294/18

Leitsätze


1. Die Bindungswirkung einer Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft endet nicht bereits mit dem Umzug oder nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes.

2. Die Zusicherung gilt so lange, bis eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eintritt.

3. Allein das Inkrafttreten einer neuen Unterkunftsrichtlinie stellt keine Änderung der Rechtslage dar.

4. Wenn die Erhebung der Mietwerte vor der Erteilung der Zusicherung erfolgt ist, so liegt in deren späterer Auswertung und der hieraus folgenden Erstellung eines "schlüssigen Konzeptes" keine Änderung der Sachlage.

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/173349

Rechtstipp: ebenso Sächsisches LSG, Urteil v. 6. Februar 2020, L 3 AS 741/17

 

2.4 LSG Bayern, Beschluss v. 31.03.2023 - L 11 AS 78/23 B ER

Leitsätze


Bei unrichtiger Sachbehandlung durch das Sozialgericht dürfen die Kosten eines Beschwerdeverfahrens nach einem aus kostenrechtlichen Regelungen abzuleitenden allgemeinen Rechtsgrundsatz nicht den Beteiligten zur Last fallen und können daher der Staatskasse auferlegt werden.

Quelle: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/173410

 

 

3. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

3.1 Sozialgericht Frankfurt am Main – Beschluss vom 13.03.2023 – Az.: S 30 AY 24/22

Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, Kostenentscheidung, Sozialgericht Frankfurt am Main

Orientierungshilfe Redakteur v. Tacheles e. V.

1. Auch bei Grundleistungen (§ 3a AsylbLG) ist für Alleinstehende Bedarfssatz 1 zu gewähren.

2. Aus Sicht der Kammer sprechen gute Gründe dafür, dass auch die § 3a Abs. 1 Nr. 2b) AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2b) AsylbLG verfassungswidrig sein könnte

3. weitergehend Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3a AsylbLG (Stand: 28.12.2022), Rn. 44.18: „Aus der Entscheidung des BVerfG v. 19.10.2022 (- 1 BvL 3/21 -) ergibt sich ohne Zweifel auch die Verfassungswidrigkeit des § 3a Abs. 1 Nr. 2b) AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2 b) AsylbLG“) und dem Antragsteller Leistungen der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren sind.

Quelle: RA Sven Adam: https://anwaltskanzlei-adam.de/2023/04/03/sozialgericht-frankfurt-am-main-beschluss-vom-13-03-2023-az-s-30-ay-24-22/

 

 

4. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

4.1 LSG NRW: Direktzahlung von Unterkunftskosten für einen Raum in einer Obdachlosenunterkunft

Thema der nachfolgenden Entscheidung ist die Einweisung einer obdachlosen Person in eine Obdachlosenunterkunft sowie die anschließende Verfügung der Direktzahlung der für die Unterkunft zu leistenden Kosten an die zuweisende Gemeinde.

Weiter: https://www.wolterskluwer.com/de-de/expert-insights/lsg-nrw-direktzahlung-unterkunftskosten

 

4.2 Angemessene Bruttokaltmieten für Bürgergeld- und Sozialhilfe-Empfänger

Rückwirkend zum 1. Februar dieses Jahres gelten neue Richtwerte für Unterkunftskosten im Regionalverband Saarbrücken.

Weiter: https://www.regionalverband-saarbruecken.de/presse/nachricht-presse/news/neue-richtwerte-fuer-unterkunftskosten-im-regionalverband/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=b5689f341a5cbc3193c1f9a949b5debd

 

Hinweis: Die neuen KdU-Werte, die rückwirkend zum 1. Februar 2023 gültig sind, stehen online unter  www.regionalverband.de/regionalverbandsrecht unter dem Punkt „Arbeit und Soziales“.

 

4.3 Welche Sanktionen drohen beim Bezug von Bürgergeld (Hartz 4)? Welche Folge hat eine Pflichtverletzung im Leistungsbezug? Ein Beitrag von RA Jörg Schubert

weiter auf www.anwalt.de : https://www.anwalt.de/rechtstipps/welche-sanktionen-drohen-beim-bezug-von-buergergeld-hartz-4-welche-folge-hat-eine-pflichtverletzung-im-leistungsbezug-209988.html

 

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

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