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Tacheles Rechtsprechungsticker KW 05/2012

Rechtsprechungsticker von Tacheles KW05/2012

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 25.01.2012 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 BSG, Urteil vom 25.01.2012, - B 14 AS 101/11 R -

Einnahmen aus der Erbschaft sind Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in der bis Ende 2010 geltenden Fassung, denn im Fall der Gesamtrechtsnachfolge kann der Erbe bereits mit dem Erbfall über seinen Anteil am Nachlass verfügen.

Maßgebend für die Einordnung als wertmäßiger Zuwachs und damit für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ist, ob der Erbfall jedenfalls vor der ersten Antragstellung eingetreten ist.

Das Einkommen war allerdings erst ab dem 1.4.2008 auf die Bedarfe der Kläger anzurechnen, weil es erst ab diesem Zeitpunkt tatsächlich zur Deckung der Bedarfe der Kläger zur Verfügung stand.

Der Beklagte hat die Einnahmen auch zutreffend über den Monat April hinaus als Einkommen berücksichtigt.

Die Rückzahlung der darlehensweise für April und Mai 2008 erbrachten Leistungen führt nicht dazu, dass die Kläger so zu stellen wären, als sei das Einkommen in Zeiten ohne Hilfebedarf erzielt worden.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2012&nr=12311

Anmerkung von Willi 2: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt,Beschluss vom 12.07.2011, - L 5 AS 230/11 B ER -

Die Erbschaft oder das Vermächtnis sind keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a. F.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/die-erbschaft-oder-das-vermachtnis-sind.html

1.2 BSG, Urteil vom 25.01.2012, - B 14 AS 65/11 -

Datenschutz beim Bezug von Arbeitslosengeld II - Jobcenter durfte nicht mit ehemaligem Vermieter telefonieren

Die Daten von Hartz-IV-Empfängern stehen unter gesetzlichem Schutz. Die Jobcenter dürfen daher nicht herumerzählen, wer arbeitslos ist und Hartz IV bekommt, wie am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. (Az: B 14 AS 65/11)

Damit gaben die obersten Sozialrichter einer Großfamilie aus dem Raum Freiburg recht. Sie erhielt sogenannte Aufstocker-Leistungen vom Jobcenter, weil das Arbeitseinkommen zum Lebensunterhalt nicht reichte. Als ihr Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigte, suchten sie sich eine neue Unterkunft. Die dort fällige Kaution in Höhe von 1.700 Euro beantragte die Familie beim Jobcenter als Darlehen. Zudem beantragten sie Geld für neue Schränke, weil die Kinder in der alten Wohnung Einbauschränke nutzen konnten.

Das Jobcenter versagte beides. Für die Kaution könne die Familie die zurückgezahlte Kaution der Vorgängerwohnung nutzen. Um zu klären, ob die Sache mit den Einbauschränken stimmt und wann die Kaution zurückgezahlt werde, schrieb die Behörde den alten Vermieter an und hakte auch telefonisch nach.

Bald darauf habe das ganze Dorf gewusst, dass sie Hartz-IV-Empfänger sind, klagte die Familie. Sie seien "Hohn und Spott" ausgesetzt gewesen.
Wie dazu nun das BSG entschied, hätte das Jobcenter nicht mit dem Vermieter telefonieren dürfen. Es habe damit Sozialgeheimnisse unbefugt offenbart.

Der Anwalt der Familie kündigte an, er werde nun mit seinen Mandanten klären, ob sie Klagen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen das Jobcenter einreichen wollen.

http://www.123recht.net/BSG-verlangt-Schutz-der-Daten-von-Hartz-IV-Empfaengern-__a109710.html

Nach den auch für das SGB II geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt er¬hoben, verarbeitet oder genutzt werden.

Der Beklagte kann das Offenbaren der Sozialdaten hier nicht damit rechtfertigen, dass dies erforderlich gewesen sei, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen. Er musste in jedem Fall die schutzwürdigen Interessen der Kläger beachten und hätte deshalb vor einer Kontaktaufnahme mit Dritten zunächst das Einverständnis der Kläger einholen müssen.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2012&nr=12310&pos=0&anz=2

Anmerkung von Willi 2:: Termintipp des BSG Nr. 1/12 - Umfang des Datenschutzes bei Bezug von Arbeitslosengeld II

Das BSG wird am 25.01.2012 über den Umfang des Datenschutzes bei Bezug von Arbeitslosengeld II zu entscheiden haben.

Das LSG Baden-Württemberg hatte mit Urteil vom 13.10.2010, - L 3 AS 1173/10 - entschieden , dass das Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I nicht verletzt wird, wenn die für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erforderlichen Daten nur bei Dritten erhoben werden können.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2012/01/termintipp-des-bsg-nr-112-umfang-des.html

1.3 BSG, Urteil vom 25.01.2012, - B 14 AS 138/11 R -

Kassel - EU-Ausländer können Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen haben, auch wenn sie in Deutschland noch nie gearbeitet haben. Das entschied am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) und gab damit einer in Berlin lebenden Frau aus Polen Recht. Das Jobcenter hatte der jungen Frau das Arbeitslosengeld II verweigert, weil sie sich allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalte. Nach dem Hartz-IV-Gesetz können EU-Ausländer dann keine Sozialleistungen bekommen.

Die Kasseler Bundesrichter sahen das jedoch anders: Weil die Klägerin bereits als Kind mit ihren Eltern eingereist sei, beruhe ihr Aufenthaltsrecht noch auf dem Familienzuzug. Damit stehe ihr bei Bedürftigkeit auch staatliche Unterstützung zu.

http://www.net-tribune.de/nt/node/97132/news/Bundessozialgericht-erleichtert-Hartz-IV-Zugang-fuer-EU-Auslaender

Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II, wonach unter Umständen auch Unionsbürger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, greift hier nicht ein.

Denn der Aufenthalt der Klägerinnen war hier durch ein anderes Aufenthaltsrecht legitimiert. Die Klägerin hatte ein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht als Familienangehörige, das durch den Auszug aus der elterlichen Wohnung nicht untergegangen ist.

Auf die Frage, inwieweit § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II europarechtskonform ausgelegt werden muss, kam es danach nicht an.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2012&nr=12311

Anmerkung von Willi 2:. Sozialgericht Berlin Urteil vom 24.05.2011, - S 149 AS 17644/09 -, Sprungrevision wird zugelassen

Die Europarechtskonformität des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ist in der Rechtsprechung umstritten, ohne dass bislang eine höchstrichterliche Klärung vorliegt

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/06/die-europarechtskonformitat-des-7-abs-1.html

2. Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 06.10.2011 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 BSG, Urteil vom 06.10.2011, - B 14 AS 152/10 R -

Umzugskosten gemäß § 22 Abs. 3 SGB II a. F.(jetzt § 22 Abs. 6 SGB II) umfassen nicht den Selbstbehalt der Vollkaskoversicherung eines angemieteten Umzugsfahrzeugs , denn die Schadensverursachung ist bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr entstanden.

Von den Kosten für Unterkunft und Heizung sind auch die Kosten eines durch den Träger der Grundsicherung veranlassten Umzugs erfasst, soweit sie angemessen sind. Solche Kosten wären, die Sonderregelung des § 22 Abs 3 SGB II hinweggedacht, bereits als notwendiger Unterkunftsbedarf iS des § 22 Abs 1 SGB II zu übernehmen (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 14 und ähnlich BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15).

Der Umzug war vorliegend durch den Träger der Grundsicherung veranlasst; dementsprechend hat der Beklagte eine Zusicherung zu den Kosten der neuen Unterkunft auf Grundlage des § 22 Abs 2 SGB II erteilt.

Die im Rahmen des § 22 Abs 3 SGB II berücksichtigungsfähigen Umzugskosten beschränken sich auf die eigentlichen Kosten des Umzugs, wie etwa Transportkosten, Kosten für eine Hilfskraft, erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Verpackungsmaterial (vgl BSG Urteil vom 16.12.2009 - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 12), bei selbst durchgeführten Umzügen gehören hierzu die Kosten, die unmittelbar mit der Anmietung eines Fahrzeuges anfallen.

Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Mietkosten inklusive der Versicherungskosten (wobei die Frage nach dem Umfang der Versicherung - gerade auch im Hinblick auf einen Selbstbehalt - die Angemessenheit solcher Kosten betrifft) und die Benzinkosten.

Bei der Schadensersatzforderung, der die Klägerin ausgesetzt ist, handelt es sich dagegen nicht um einen berücksichtigungsfähigen Bedarf iS des § 22 Abs 1 iVm Abs 3 SGB II.

Zwar ist für die Bestimmung des Bedarfs für die Unterkunft grundsätzlich unerheblich, ob erst vorwerfbares - hier leicht fahrlässiges - Handeln den Bedarf entstehen lässt (vgl zum Bedarf für Erstausstattung einer Wohnung BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15 und zur Übernahme von Mietschulden BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 31).

Die Forderung des Autovermieters gegenüber der Klägerin erwächst aber aus der Teilnahme am Straßenverkehr, nicht aus der Nutzung einer Unterkunft. Zutreffend weisen die Vorinstanzen darauf hin, dass die Schadensverursachung hier in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung der Wohnung steht, sondern nur anlässlich des Umzuges entstanden ist.

Als Kosten der Unterkunft kommen aber im gesamten Anwendungsbereich des § 22 SGB II nur solche Kosten in Betracht, die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls für das existenzielle Grundbedürfnis "Wohnen" aufgebracht werden müssen. Die (nachträgliche) Übernahme von Kosten, die durch die Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr entstanden sind, dient aber nicht dem Erhalt, der Bewohnbarkeit oder dem geordneten Einzug in eine Wohnung und damit nicht dem Teil der Existenzsicherung, der mit Ansprüchen nach § 22 SGB II abgedeckt wird.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nach der Rechtsprechung des BSG (vgl für das Recht der Grundsicherung etwa BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R - SozR 4-1200 § 14 Nr 10) zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch), verletzt hat.

Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl zum Lohnsteuerklassenwechsel BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267, 279 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1, RdNr 30 ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Zunächst stimmt der Senat mit den Vorinstanzen darin überein, dass die Klägerin nicht im Nachhinein unter Berufung auf mangelnde Fahrpraxis geltend machen kann, der Beklagte hätte den Umzug durch ein Umzugsunternehmen finanzieren müssen.

Sollte sich die Klägerin nicht im Stande gesehen haben, einen Transporter zu lenken, hätte sie dies anlässlich der Vorsprache vorbringen müssen. Eine eigene mangelhafte Einschätzung des damit verbundenen Risikos kann sie nicht als Beratungsfehler auf den Beklagten abwälzen, schon weil es sich insoweit um einen Sachverhalt handelt, der für den Beratenden nicht erkennbar ist.

Eine Existenzgefährdung durch die ungedeckten Kosten steht nicht in Rede, weil die Klägerin nach den Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) vor Pfändungen durch den Autovermieter geschützt ist.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2011&nr=12308&pos=14&anz=227

Anmerkung von Willi 2:.Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,Beschluss vom 18.05.2011, - L 7 AS 619/11 B -

Umzugskosten müssen vor erfolgtem Umzug beantragt werden.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/06/umzugskosten-mussen-vor-erfolgtem-umzug.html

3.Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 Sozialgericht Stade, Urteil vom 06.12.2011, - S 28 AS 413/09 -

Vorgestreckte Geld - Zuwendungen - Darlehen von einem Drittem, die für den Lebensunterhalt bestimmt waren, sind nicht als Einkommen anzurechnen, weil das Jobcenter seiner Leistungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachkam.

Nach § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im Jahr 2008 geltenden Fassung sind als Ein-kommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - zitiert nach juris).

Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II kann nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen.

Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte.

Auf eine "faktische" Bedarfsdeckung, die die Hilfebedürftigkeit entfallen lässt, kommt es nicht an; entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur end-gültigen Verwendung zur Verfügung steht. Aus diesem Grund ist bei der Qualifizierung einer Darlehenszahlung als Einkommen nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine "Nothilfeleistung" des Dritten handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).

Eine Differenzierung danach, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflichtung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist, scheidet ebenfalls aus. Weil Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von einer (erneuten) Antragstellung vorliegen kann, ist der Bewilligungsabschnitt als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen, noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbesteht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).

Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages - insbesondere unter Verwandten - strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt vor-aus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.

Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog. Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden.

Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertrags-schlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Ab-schluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann.

Es ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R -).

Nach § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ab-lauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Die Behörde hat nach dem Wortlaut des § 44 SGB I über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfängers daher auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden, was der Rechtsnatur der Zinsen als akzessorische Nebenleistung entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11.09.1980 - 5 RJ 108/79 - zitiert nach juris, m. w. N.). Da der Beklagte deutlich gemacht hat, dass eine Verzinsung von Amts wegen nicht erfolgen wird, ist die vorliegende gerichtliche Entscheidung notwendig.

Die Verzinsung beginnt nach § 44 Abs. 2 SGB I frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Der Beginn der Verzinsung nach der 2. Alternative ist auch dann maßgebend, wenn zwar ein Antrag vorliegt, die 2. Alternative aber gegenüber der 1. Alternative zu einem früheren Beginn der Verzinsung führt (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 22.09.2008 - S 5 AS 5380/07 - m. w. N.; SG Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 11.12.2006 - S 28 AS 1266/06 -).

Letzteres ist hier der Fall. Ausgehend von einer Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides vom 10. November 2008 am 13. November 2008 (vgl. § 37 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) beginnt die Verzinsung hier am 01. Januar 2009.

Weitere Anspruchsgrundlagen für die Übernahme von Zinsen existieren nicht. Die zivil-rechtlichen Vorschriften über Ansprüche auf Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und auf Prozesszinsen gemäß § 291 BGB finden in sozialrechtlichen Streitigkeiten keine entsprechende Anwendung. Die Regelung des § 44 SGB I ist abschließend (vgl. SG Braun-schweig, Urteil vom 27.08.2009 - S 25 AS 3138/08 - m. w. N.).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148784&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive

Anmerkung von Willi 2:.BSG,Urteil vom 20.11.2011, -B 4 AS 46/11 R -

Geldzuwendungen der Eltern kein zu berücksichtigendes Einkommen, denn nur der wertmäßige Zuwachs stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/12/geldzuwendungen-der-eltern-kein-zu.html

3.2 Sozialgericht Stade, Urteil vom 06.12.2011,- S 28 AS 561/09 -

Übernahme der Kosten zur Erlangung eines Pkw-Führerscheins nur, wenn es sich um eine Förderung bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit handelt, die für die berufliche Eingliederung notwendig sein muss.

Die Anbahnung einer Beschäftigung liegt im Vorfeld, kann zwar noch unspezifisch, muss aber auf Beschäftigungsverhältnisse bezogen sein. Die Aufnahme ist dagegen immer unmittelbar auf ein konkretes Beschäftigungsverhältnis bezogen (vgl. Bieback in: Gagel, SGB III, § 45 Rn. 25 f. - beck-online).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148783&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung von Willi 2:.LSG Niedersachsen-Bremen,Beschluss vom 13.10.2011,- L 15 AS 317/11 B -

Hartz IV: Kostenübernahme für Führerschein-Erwerb

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/hartz-iv-kostenubernahme-fur.html

3.3 Sozialgericht Stade, Urteil vom 06.12.2011, - S 28 AS 740/09 -

Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an der Berufsschule sind vom Jobcenter nicht zu übernehmen.

Nach § 24a Zweites Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2010 gelten-den Fassung (im Folgenden: SGB II a. F.) erhalten Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100 EUR, wenn sie oder mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil am 01. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch haben. Nach § 41 Abs. 5 SGB II a. F. wird die Leistung nach § 24a jeweils zum 01. August eines Jahres erbracht.

Die Leistung soll nach der Gesetzesbegründung dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z.B. Schulranzen, Schulrucksack, Turnzeug, Turn-beutel, Blockflöte) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien (z.B. Füller ein-schließlich Tintenpatronen, Kugelschreiber, Bleistifte, Malstifte, Hefte, Blöcke, Papier, Lineale, Buchhüllen, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck) dienen. Es handelt sich um eine "Leistung für die Schule", nicht lediglich um Leistungen für "Schulmaterial".

Erfasst werden alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch für die persönliche Ausstattung anfallen können. Dazu dienen auch Bekleidungsgegenstände, soweit sie für die Schule erforderlich sind (z.B. Bekleidung für den Sportunterricht; Bekleidung für andere Unterrichtsfächer). Da von der Regelung in § 24a SGB II auch Schülerinnen und Schüler erfasst werden, die eine berufsbildende Schule besuchen, umfassen die Leistungen für die Schule auch solche Kosten, die speziell an einer Berufsschule anfallen. Dazu gehören Arbeitsmaterialien und Arbeitsbekleidung, die für den fachpraktischen Unterricht benötigt werden. Die von der Klägerin benötige Arbeitskleidung für die Teilnahme an dem Unterricht an der Berufsschule dient der persönlichen Ausstattung für die Berufsschule und wird damit von den Leistungen nach § 24a SGB II a. F. umfasst.

Die zusätzliche Leistung für die Schule wird als Zuschuss pauschaliert in Höhe von 100,00 EUR einmal jährlich zum 01. August erbracht. Ebenso wie bei der Bemessung der Regelleistung ist auch hier - nach Auffassung der Kammer zulässigerweise - eine Pauschalierung mit einem gesetzlich normierten Betrag erfolgt. Die Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung.

Ein darüber hinaus gehender Anspruch ergibt sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht.

Eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II a. F. - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs 1 Satz 2 Zwölf-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - ist nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - zitiert nach juris). Zum einen fehlt in § 20 SGB II a. F. eine dem § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung der abweichenden Festlegung der Regelleistung. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. eindeutig bestimmt, dass eine abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.12.2008 - L 13 AS 234/08 ER -).

Sonstige Schulbedarfe - hier in Form von Arbeitskleidung für die Berufsschule - sind des Weiteren weder als Mehrbedarfe nach § 21 SGB II a. F. normiert, noch als Sonderbedarfe nach 23 SGB II a. F. vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 47/09 R - zitiert nach juris). Die in § 23 Abs. 3 SGB II a. F. gesondert aufgeführten Bedarfslagen sind nicht von der Regelleistung erfasst. Die Aufzählung der in § 23 Abs. 3 SGB II a. F. genannten Bedarfslagen ist abschließend und kann nicht im Wege der Auslegung erweitert werden. Auch eine verfassungskonforme Erweiterung des § 23 Abs. 3 SGB II a. F. ist abzulehnen. Einer solchen verfassungskonformen Auslegung steht der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - ).

Auch der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09. Februar 2010 geschaffene verfassungsrechtliche Anspruch für die Deckung unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarfe (nunmehr geregelt in § 21 Abs. 6 SGB II n. F.) ist nicht einschlägig, weil es sich bei dem Bedarf für die Schule nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zuzurechnen ist. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue Anspruch nicht gedacht (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 47/09 R -).

Ein Anspruch auf Kostenübernahme der benötigten Arbeitskleidung für die Berufsschule ist auch aus sonstigen verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09. Februar 2010 (- 1 BvL 1/09 - ) die Berechnung der Regelleistung für Kinder und Jugendliche für verfassungswidrig erachtet.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil jedoch zugleich klargestellt, dass die Rechtsverstöße durch eine verfassungswidrige Bedarfsunterdeckung für den Zeitraum ab Inkrafttreten des SGB II ab dem 01. Januar 2005 vom Gesetzgeber nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren seien. Eine rückwirkende Leistungsgewährung sei nicht notwendig. Für die Zukunft hat der Gesetzgeber dem besonderen Bedarf von Kindern und Jugendlichen u. a. mit der Einführung des § 24a SGB II a. F. Rechnung getragen. Daneben befasst sich nunmehr § 28 SGB II n. F. mit weiteren Bedarfen für Bildung und Teilhabe.

Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 73 SGB XII.

Der geltend gemachte Schulbedarf in Form von Arbeitskleidung für die Berufsschule ist des Weiteren auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei der Klägerin dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden. Das Kindergeld ist auch nicht in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen.

Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings demselben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts. Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme auszunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R -).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148781&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung von Willi 2:.Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30.08.2011, - L 19 AS 1339/11 B -

Anspruch auf Gewährung eines Schulbedarfs nach § 24a SGB II besteht auch, wenn tatsächlich keine Leistungen nach dem SGB II bezogen wurden bzw. ein Anspruch ihrer Eltern auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit nach § 7 Abs. 4a SGB II ausgeschlossen gewesen ist.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/anspruch-auf-gewahrung-eines.html

3.4 Sozialgericht Stade Urteil vom 02.12.2011, - S 17 AS 521/10 -

Leistungen nach dem SGB II sind zuschussweise zu gewähren mit der Maßgabe, dass keine vermögensmäßige Berücksichtigung des Anteils am Hauseigentum der Erbengemeinschaft erfolgt, da die Verwertung eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II für die Klägerin bedeutet

Gemäß § 7 Abs 1 Nr 3 SGB II erhält Leistungen nach dem SGB II, wer hilfebedürftig ist. Gemäß § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Gemäß § 12 Abs 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbare Gegenstände zu berück-sichtigen. Gemäß § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II sind als Vermögen Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen, soweit ihrer Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Für die Annahme einer besonderen Härte im Sinne der genannten Vorschrift müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die den Betroffenen eindeutig größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte, und die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen erfasst werden. Zu verlangen ist mithin das Vorliegen einer Atypik gegenüber den Leitvorstellungen des SGB II. Die Konkretisierung des Begriffs der besonderen Härte erfordert eine Abwägungsentscheidung zwischen dem Interesse des Leistungsberechtigten an dem Erhalt des Vermögens und dem öffentlichen Interesse des sparsamen Umganges mit Steuergeldern. Dabei ist neben der Berücksichtigung der persönlichen, familiären und beruflichen Verhältnisse auch auf die Höhe des Vermögens im Verhältnis zur Höhe und voraussichtlichen Dauer des Sozialleistungsbezugs abzustellen (vgl Radüge in: jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2011, Stand 15. August 2011, § 12, Rn 161ff).

Anmerkung: Der Anteil der Klägerin am Eigentum der Erbensgemeinschaft ist als Vermögensgegen-stand nicht grundsätzlich von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen. Keiner der Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 2 SGB II ist insoweit einschlägig. Der Anteil ist aus rechtlicher Sicht auch verwertbar (vgl BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 52/07 R -, Rn 29ff).

Da sich die Mutter der Klägerin offenbar weigert, die Erbengemeinschaft einvernehmlich auseinanderzusetzen, hat die Klägerin die Möglichkeit, auf Grundlage des § 2042 BGB eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen. Erforderlich hierfür wäre zunächst eine Teilungsversteigerung des der Erbengemeinschaft gehörenden Hauses, das nach den Angaben der Klägerin den einzigen Vermögensgegenstand der Erbengemeinschaft darstellt. Ist das Vermögen der Erben-gemeinschaft auf diese Weise versilbert, müsste die Gemeinschaft dann durch Vereinbarung der Mitglieder auseinandergesetzt werden, wobei die Klägerin bei dauerhafter und ernstlicher Weigerung der Mutter eine Auseinandersetzungsvereinbarung streitig durch Klage vor einem Zivilgericht durchsetzen müsste.

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls stellt sich dieses Vorgehen, das aufgrund der Selbsthilfeverpflichtung gemäß § 2 SGB II auch im Grundsatz verlangt werden kann, für die Klägerin als eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II dar.

Maßgeblich für diese Einschätzung ist der Umstand, dass die Erbengemeinschaft aus der Klägerin und deren eigener Mutter besteht und die Mutter das zu versteigernde Objekt selbst bewohnt. Denn dies hat zur Folge, dass die Klägerin nicht nur zur Durchführung der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auf die beschriebene Weise ihre Mutter verklagen müsste.

Vielmehr würde die Klägerin durch die streitige Auseinandersetzung auch den Verlust der Unterkunft der Mutter bewirken. Denn es ist davon auszugehen, dass die Mutter aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation den Anteil der Tochter nicht selbst kaufen kann. Ein Verkauf des Hauses an einen Dritten hätte deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit nach zur Folge, dass die Mutter ihre bisherige Wohnung in dem betreffenden Haus räumen müsste. Von der Klägerin würde also verlangt werden, dass sie zum einen die innerfamiliären Belastungen einer solchen streitigen Auseinandersetzung in Kauf nimmt und zum anderen der eigenen Mutter deren Unterkunft, die diese mit dem verstorbenen Ehemann selbst errichtet hatte, zu nehmen.

Die Klägerin wäre praktisch gezwungen, die eigene Mutter durch die streitige Auseinandersetzung auf die Straße zu setzen. Unabhängig davon, welchen Verkehrswert das Hausgrundstück tatsächlich hat und welcher Erlös bei einem Verkauf oder einer Versteigerung am Ende erzielt werden könnte, stellen die Folgen einer Vermögensverwertung unter den gegebenen Umständen nach Einschätzung des Gerichts eine besondere Härte dar, und zwar nicht nur für die Mutter der Klägerin, sondern auch für die Klägerin selbst.

Denn es widerspricht des Wertungen des SGB II, wenn ein Betroffener in gerichtliche Auseinandersetzung mit nahen Angehörigen gezwungen würde und diese Angehörigen schwere Nachteile zufügt. Es ist kaum zu rechtfertigen, wenn die Klägerin nur aus leistungsrechtlichen Gründen ihrer eigenen Mutter deren Unterkunft entziehen und damit massiv in deren Angelegenheiten eingreifen müsste.

Zwar soll jeder soweit wie möglich nach eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt sicherstellen und hat zu diesem Zweck grundsätzlich auch sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit es rechtlich und tatsächlich realisierbar ist.

Es kann jedoch nicht gewollt sein, dass damit Risiken für den Zusammenhalt des eigenen Familienverbandes sowie relevante Nachteile für das Fortkommen naher, leistungsrechtlich nicht betroffener Angehöriger verbunden sind. Die Atypik der Umstände im vorliegenden Fall ergibt sich damit aus der engen emotionalen Verbindung zwischen Klägerin und Mutter bei gleich-zeitig zu befürchtenden erheblichen Nachteilen für die Mutter im Falle der streitigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, dh dem Verlust der eigenen Wohnung auf Betreiben der Klägerin.

Anders wäre der Fall möglicherweise zu beurteilen, wenn seitens des Hilfebedürftigen zu dem betroffenen Mitglied einer Erbengemeinschaft, das von einer derartigen Auseinandersetzung unmittelbar betroffen wäre, keine enge Bindung besteht oder nicht mehr besteht oder Anlass zu der Annahme besteht, dass dem Hilfebedürftigen die entstehenden Nachteile für das andere Mitglied tatsächlich egal sind.

Es kann nicht generell von einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II ausgegangen werden, nur weil die Vermögensverwertung in die Sphäre eines nahen Angehörigen eingreifen würde. Im Einzelfall sind die Folgen für den nahen Angehörigen und deren Erheblichkeit zu prüfen, um zu beurteilen, ob die Verursachung dieser Folgen für den Hilfebedürftigen bei vernünftiger Betrachtungsweise hinnehmbar erscheint oder nicht.

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148643&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung von Willi 2:.Sozialgericht Lüneburg, Urteil vom 16.06.2011, - S 22 SO 73/09 -

Ein während des SGB-12 Leistungsbezugs aus einer Erbschaft zufließender Geldbetrag ist Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/ein-wahrend-des-sgb-12-leistungsbezugs.html

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.01.2012, - L 20 SO 565/11 B -

Es ist zweifelhaft und in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht geklärt, ob der Sozialhilfeträger einen - grundsätzlich überleitungsfähigen - Vermächtnisanspruch auch dann nach § 93 SGB XII auf sich überleiten kann, wenn dieser Anspruch - wie hier ausweislich des unmissverständlichen Wortlauts des Bescheides lediglich zu dem Zweck übergeleitet wird, das Vermächtnis auszuschlagen und nachfolgend Pflichtteilsansprüche geltend zu machen.

Denn das Recht auf Ausschlagung eines Vermächtnisses kann nach - soweit ersichtlich - einhelliger Rechtsprechung und Literatur jedenfalls nicht isoliert auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden, weil es sich hierbei um ein höchstpersönliches Recht bzw. ein Gestaltungsrecht und damit nicht um einen nach § 93 SGB XII überleitungsfähigen Anspruch handelt (so im Ergebnis OLG Frankfurt, ZEV 2004, 24, 25; OLG Stuttgart, ZEV 2002, 367, 369; LG Konstanz, MittBayNot 2003, 398, 399, Anm. Muscheles, ZEV 2005, 119; Litzenburger RNotZ 2005, 162, 164 m.w.N.; Anm. Langenfeld, BGH-Report 2005, 505; vgl. auch Mayer, MietBayNot 2005, 286, 289; sämtlich zitiert nach van de Loo, "Möglichkeiten und Grenzen eines Übergangs des Rechts zur Erbausschlagung durch Abtretung bzw. Überleitung", in: ZEV 11/2006, 473 ff.).

Ob das Recht auf Ausschlagung eines Vermächtnisses trotz seiner Rechtsnatur als höchstpersönliches (Gestaltungs-)Recht aber - etwa gemäß § 412 i.V.m. § 401 BGB als (akzessorisches) Nebenrecht - dem hier durch die angefochtenen Bescheide übergeleiteten Vermächtnisanspruch folgt, ist bislang ungeklärt; denn diese in der Literatur lediglich vereinzelt und kontrovers diskutierte Rechtsfrage (vgl. dazu Weidlich, in: Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 2307 Rn. 2; Birkenheier, in: jurisPK-BGB, 5. Auflage 2010, § 2307 Rn. 23 und van de Loo, a.a.O., 478) war bisher - soweit ersichtlich - nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung, geschweige denn ist sie höchstrichterlich geklärt. Vor diesem Hintergrund kann im Übrigen auch offen bleiben, ob das Ausschlagungsrecht gegebenenfalls allein dem übergeleiteten Vermächtnisanspruch folgt oder - wovon offenbar der Beklagte ausgeht - in Fällen, in denen der Vermächtnisnehmer zugleich pflichtteilsberechtigt ist, nur die Überleitung sowohl des Vermächtnisanspruchs als auch des Pflichtteilsanspruchs zum Übergang auch des Rechts auf Ausschlagung des Vermächtnisses führt (so van de Loo, a.a.O.).

http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148709&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

5. Zur Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung bei ALG II Bezug!

Privat Krankenversicherte können sich nur unter bestimmten Bedingungen (wieder) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichern. Da über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Versicherung Privatversicherter insbesondere auch bei den Mitarbeitern der Jobcenter nach hiesigen Erfahrungen praktisch vollständige Unkenntnis herrscht, sollen diese an dieser Stelle einmal dargestellt werden. Dabei werden nur die Voraussetzungen erörtert, die bei privat versicherten Beziehern von ALG II von praktischer Relevanz sind.

Lesen: http://sozialberatung-kiel.de/2012/01/25/zur-ruckkehr-in-die-gesetzliche-krankenversicherung-bei-alg-ii-bezug/

Ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles

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