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Rechtsprechungsticker von Tacheles 47 KW / 2009

Rechtsprechungsticker von Tacheles 47/2009


1. Bayerisches LSG, Urteil vom 16.07.2009, L 11 AS 144/08

Kein Anspruch auf Übernahme von Maklerkosten , wenn der Hilfebedürftige keine eigenen Bemühungen bei der Wohnungssuche nachweist .

Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden, § 22 Abs 3 Satz 1 1.Halbsatz SGB II. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist, und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II.

Der Begriff ist hierbei weit zu fassen, womit auch die Gebühren eines Maklers - soweit angemessen - darunter zu verstehen sind (vgl Lang/Link in Eicher/Spell- brink, SGB II, 2. Aufl, § 22 Rdnr 83).

Vorliegend war die zutreffende Klageart eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, nämlich ursprünglich eine solche auf Erteilung der Zusicherung, die Kosten eines Maklers als Wohnungsbeschaffungskosten zu übernehmen, denn die Zusicherung iSd § 22 Abs 3 SGB II ist ein Verwaltungsakt (vgl. hierzu Schmidt in Oesterreicher; SGB II; § 22 Rdnr 125) und zugleich Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der in § 22 Abs 3 SGB II genannten Kosten (Lang/Link aaO § 22 Rdnr 82).

Bei der Zusicherung handelt es sich um einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt mit dem die Voraussetzungen für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten dem Grunde nach geregelt werden, wohingegen im Rahmen der Bewilligung der konkret in Aussicht stehenden bzw. bereits angefallenen Kosten die Prüfung durch den Leistungsträger allenfalls auf deren Angemessenheit hin erfolgen kann.

Bedeutung gewinnt diese Differenzierung vor allem in den Fällen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II, in denen die Kostenübernahme im Ermessen des Leistungsträgers steht, oder Unklarheit über die Notwendigkeit (iSd § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II) des Umzuges besteht, denn durch das vorgeschaltete Verfahren über die Zusicherung erhält der betroffene Leistungsempfänger die Planungssicherheit, die er benötigt, um einen Umzug kostengünstig zu organisieren

Soweit die Erteilung der Zusicherung vom Leistungsempfänger rechtzeitig beantragt, jedoch seitens des Grundsicherungsträgers verweigert worden ist, ändert sich spätestens mit dem Anfall der Wohnungsbeschaffungskosten die Richtung des Begehrens dahingehend, dass zu klären ist, ob die geltend gemachten Kosten der Wohnungsbeschaffung zu übernehmen sind, wobei nur noch inzident zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung vorgelegen haben.

Es besteht kein Anspruch auf Übernahme von Maklerkosten , wenn der Hilfebedürftige keine eigenen Bemühungen bei der Wohnungssuche nachweist (vgl. BayLSG, Beschluss vom 09.06.2009 - L 11 AS 144/08 (PKH).Es gibt keinen Nachweis, dass solche Kosten angefallen sind.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=123949&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 29 AS 1196/09 B ER 10.11.2009 rechtskräftig , Beschluss

Die vage Hoffnung auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktposition ist nicht ausreichend, um die Erforderlichkeit eines Umzuges im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu begründen .Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 - BGBl. I S. 2917).

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 - BGBl. I S. 2917).

Nach diesen Regelungen ist es zwar zutreffend, dass die begehrte höhere Leistung nicht bereits aufgrund einer fehlenden Zusicherung ausgeschlossen ist. Die Zusicherung zur Kostenübernahme der (höheren) Kosten bei einem Umzug ist keine Anspruchsvoraussetzung dafür, höhere Umzugskosten zu übernehmen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 B 7 b AS 10/06 R in SozR 4 4200 § 22 Nr. 2 sowie juris Rz. 27).

Die Antragsteller haben aufgrund der Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II dennoch keinen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung als die vom dem Antragsgegner bewilligten, weil die Erforderlichkeit des Umzuges der Antragsteller von B nach B für den Senat nicht ersichtlich ist.

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass der Umzug von B nach B im Oktober 2008 erforderlich war. Wann ein Umzug erforderlich bzw. nicht erforderlich ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetzestext. Ob ein Umzug erforderlich ist, bestimmt sich danach, ob plausible, nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen, von denen sich auch Nichthilfeempfän-ger leiten lassen würden (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 84 m.w.N.). In der Gesetzesbegründung wird hierzu beispielsweise ausgeführt (BT Drs. 16/1410 S. 23 zu Nr. 21 Buchst. a): "Diese Begrenzung (des § 22 Abs. 1 S 2 SGB II) gilt insbesondere nicht, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich ist."

Aus den Verwaltungsakten der ARGE SGB II Stadt/AA Bergibt sich in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Antragstellerin zu 1) der Auffassung gewesen war, in B bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz im Service-, Verkaufs-Bereich und als Hilfskraft zu haben. Die Antragstellerin zu 1) hatte zum Zeitpunkt ihres Umzugs von B nach B jedoch weder einen Arbeitsvertrag noch ein konkretes Angebot eines Arbeitgebers in B gehabt. Die vage Hoffnung auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktposition ist aber nicht ausreichend, die Erforderlichkeit eines Umzuges im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu bejahen (Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 84 m.w.N.). Auch im gerichtlichen Verfahren haben die Antragsteller die Erforderlichkeit des Umzugs von B nach B in diesem Sinne nicht glaubhaft gemacht.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Antragsteller nicht innerhalb eines örtlichen Wohnungsmarktes umgezogen sind, sondern von einem Bundesland in ein an-deres, hier von Bayern nach Berlin, verzogen sind.

§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II sowohl in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 als auch in der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 gilt nicht nur für einen Wohnungswechsel innerhalb des maßgeblichen örtlichen Bereichs, d. h. innerhalb des jeweiligen Wohnorts, sondern auch für diejenigen Fälle, in denen der Hilfebedürftige den Wohnort wechselt.

Das BSG hat diese Frage in dem genannten Urteil vom 07. November 2006 (a. a. O., Rz. 27) ausdrücklich offen gelassen. Der in Teilen der Rechtsprechung und der Literatur vertretenen Auffassung, § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II finde nur Anwendung bei einem Umzug innerhalb
desselben örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde (in diesem Sinne LSG Niedersachsen-Bremen L 13 AS 168/07 ER , Beschluss vom 26. Oktober 2007, Rz. 19; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2008 L 7 AS 1300/08 , Rz. 28; in diesem Sinne wohl auch Hessisches LSG, Beschluss vom 19. März 2009 L 7 AS 53/09 B ER , Rz. 18 - alle zitiert nach juris; Krauß in Hauck-Noftz, SGB II-Kommentar K § 22 Rz. 95, Stand 27. Erg.Lfg.; Lang/Link, in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar, 2. Aufl., § 22 Rz. 47 b, 71a; Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 51 m.w.N.), vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass diese nur bei einem Umzug innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde Anwendung finden soll. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II lautet wie folgt: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht."

Der Gesetzestext verlangt mithin nicht, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nur dann auf die bisherigen vor dem Umzug bestehenden Kosten zu begrenzen sind, wenn die-ser Umzug innerhalb des örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde stattfindet. Dem insoweit allein als auslegungsfähig in Betracht zu ziehenden Wort "angemessenen" kann ein solcher Sinn nicht beigemessen werden.

Zur Begründung der Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nur auf Umzüge innerhalb desselben Wohnungsmarktes wird im Wesentlichen ausgeführt, der Gesetzgeber habe durch die Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (ab dem 1. August 2006, BGBl. I Seite 1706 ff.) nicht in das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Grundgesetz eingreifen wollen und können (LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Gegebenenfalls sei die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II teleologisch zu reduzieren, wenn der Betroffene in eine andere Wohnortgemeinde ziehe, weil er nicht gehindert werden dürfe, sein soziales Umfeld zu verlassen (vgl. Lang/Link, in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar, 2. Aufl., § 22 Rz. 47b).

Diese Begründungen sind nicht nachvollziehbar.

§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dahin ausgelegt werden, dass er nur für einen Umzug innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes, nicht aber für überörtliche Umzüge gilt. Eine solche teleologische Reduktion kann sich zur Überzeugung des Senats nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen (so auch LSG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 10. September 2009 - L 34 AS 1724/08 – in sozialgerichtsbarkeit.de –sowie Kurztext in juris - ausdrücklich entgegen LSG Baden-Württemberg – Urteil vom 17. Juli 2008 - L 7 AS 1300/08 und LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007- L 13 AS 168/07 ER ).

Für den Senat ist schon ein vermeintlicher Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Grundgesetz (GG) nicht erkennbar.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=124038&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Anmerkung : Vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 10. September 2009 - L 34 AS 1724/08 – .

3.Sächsisches Landessozialgericht L 3 AS 210/08 10.09.2009 , Urteil

Der Sozialhilfeträger muss für einen Leistungsbezieher der Grundsicherung nach dem SGB II die Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangsrechts übernehmen , auch wenn die Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechts bei einem Träger der Grundsicherung nach dem SGB II gestellt wurden und für die Vergangenheit begehrt werden, . es gibt keinen Grundsatz, der generell Leistungen für die Vergangenheit ausschließt. Finanzielle Unterstützungsleistungen seitens Dritter wirken anspruchsvernichtend.

Der Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechts kann ein eigenständiger Streitgegenstand sein und vor Gericht eigenständig geltend gemacht werden. Denn unabhängig davon, ob eine Bedarfsdeckung im Rahmen einer Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II, im Rahmen einer Regelsatzerhöhung in analoger Anwendung von § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII oder durch Rückgriff auf § 73 SGB XII als möglich erachtet wird (vgl. zu den verschiedenen Ansätzen: Behrend, in: Schlegel/Voelzke, SGB II [2. Aufl., 2007], § 23 Rdnr. 40; Münder, in: Münder [Hrsg.], SGB II [3. Aufl., 2009], § 23 Rdnr. 5, jeweils m. w. N.), stellen die Entscheidung über die mit dem Umgangsrecht verbundenen Bedarfe einerseits und die Entscheidung über die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes beziehungsweise über Leistungen für Unterkunft und Heizung andererseits, die im Falle des Klägers zur Bewilligung von Arbeitslosengeld II führte, abtrennbare Verfügungen dar (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Oktober 2008 – L 7 AS 34/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 49; so auch zum Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II: SächsLSG, Urteil vom 27. August 2009 – L 3 AS 245/08 – Rdnr. 19, m. w. N.).

Gemäß § 73 Satz 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden (vgl. § 73 Satz 2 SGB XII). Wenn ein Leistungsträger ermächtigt ist, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach seinem Ermessen zu handeln, hat er gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I besteht ein Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.

Dem gegen die Beigeladene als zuständiger Sozialhilfeträgerin geltend gemachten Anspruch aus § 73 SGB XII steht nicht § 2 Abs. 1 SGB XII entgegen. Danach erhält Sozialhilfe unter anderem nicht, wer die erforderliche Leistung von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Das Sozialgericht hat hierzu eingehend und unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 7. November 2006 (Az.: B 7b AS 14/06 R; BSGE 97, 242 Rdnr. 19 f. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 Rdnr. 19 f. = Rdnr. 19 f.) dargestellt, dass es für die Übernahme der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechtes keine Anspruchsgrundlage im SGB II und damit keinen Anspruch gegenüber der Beklagten gibt. Wie das Sozialgericht schließt sich auch der erkennende Senat der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichtes an (im Ansatz noch anders die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 27. Juli 2006 – L 3 B 300/05 AS-ER – Rdnr. 29 – und vom 10. Mai 2006 – L 3 B 64/06 AS-ER – Rdnr. 29 ff ... Dem Bundessozialgericht haben sich auch angeschlossen: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. September 2007 – L 9 AS 80/06 – Rdnr. 30 – und Urteil vom 30. Oktober 2008 – L 7 AS 34/08 – Rdnr. 56; Thüringer LSG, Beschluss vom 12. November 2007 – L 8 SO 90/07 – Rdnr. 20; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Juli 2008 – L 2 AS 120/08 ER – Rdnr. 35).

Dem Rückgriff auf § 73 SGB XII als Anspruchsgrundlage kann nicht entgegengehalten werden, dass das SGB II für erwerbsfähige Hilfebedürftige (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) abschließend ist. Das Sozialgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend auf die Regelung des § 5 Abs. 2 SGB II hingewiesen. Dort hat der Gesetzgeber das Verhältnis von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII geregelt. Nach des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (§§ 27 bis 40 SGB XII) aus. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (§§ 41 bis 46 SGB XII) gegenüber dem Sozialgeld (§ 28 SGB II) vorrangig. § 73 SGB XII findet sich aber im Neunten Kapitel des SGB XII. Aus den genannten Regelungen ergibt sich zum einen, dass das SGB II im Verhältnis zum SGB XII kein in sich abgeschlossenes System ist, und zum anderen, dass ein Rückgriff auf § 73 SGB XII nicht dem Grunde nach ausgeschlossen ist. Eine über den Wortlaut von § 5 Abs. 2 SGB II hinausgehende Abgrenzung von SGB II und SGB XII müsste wegen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Normenklarheit seinen Niederschlag im Gesetz finden.

Ein Anspruch gemäß § 73 Satz 1 SGB XII setzt eine sonstige Lebenslage voraus. Eine solche sonstige Lebenslage ist nicht bereits gegeben, wenn sich die Hilfesituation keinem Tatbestand der in § 8 SGB XII aufgeführten Hilfen zuordnen lässt. Erforderlich ist vielmehr eine atypische Bedarfslage. Eine solche ist hier gegeben (ebenso: BSG, Urteil vom 7. November 2006 (Az.: B 7b AS 14/06 R; BSGE 97, 242 Rdnr. 21 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 Rdnr. 21 Rdnr. 21). Diesbezüglich hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 1994 (Az.: 1 BvR 1197/93, NJW 1995, 1342 ) zutreffend ausgeführt, dass aus Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) folgt, dass es auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil im Falle seiner wirtschaftlichen Bedürftigkeit aus staatlichen Mitteln ermöglicht werden muss, sein Umgangsrecht auszuüben. Ausgehend von dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes war zum Bundessozialhilfegesetz anerkannt, dass die Kosten des Umgangsrechts zu den persönlichen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören, für die über die Regelsätze für den laufenden Lebensunterhalt hinaus einmalige oder laufende Leistungen zu erbringen waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 1995 – 5 C 15/94 – NJW 1996, 1838; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG [16. Aufl., 2002], § 12 Rdnr. 42a, m. w. N.). Durch den Übergang vom Bundessozialhilfegesetz zum SGB XII hat sich an der Beurteilung der Frage, ob hinsichtlich der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechtes eine sozialhilferechtlich atypische Bedarfslage besteht, nicht geändert.

Anspruchsinhaber für die geltend gemachten Leistungen in besondern Lebenslagen gemäß § 73 SGB XII ist der Kläger, nicht hingegen seine beiden Kinder. Denn die atypische Bedarfslage geht zurück auf das im natürlichen Elternrecht (vgl. Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG) wurzelnden Recht des nicht sorgeberechtigten Elternteils auf Umgang mit seinem Kind. Die mit der Wahrnehmung dieses Umgangsrechtes bei ihm entstandenen Aufwendungen macht der Kläger in eigenem Namen gelten. Das Recht des Kindes auf unbehinderten Umgang mit diesem Elternteil, das im Persönlichkeitsrecht (vgl. Artikel 1 Abs. 1 i. V. m. Artikel 2 Abs. 1 GG verankert, ist, steht dem nicht entgegen, sondern begründet allenfalls einen eigenen Anspruch des Kindes zur Übernahme von Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit dem Umgang mit dem getrennt lebenden, nicht sorgeberechtigte Elternteil entstehen.

Der Anspruch des Klägers, dass die Beigeladene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Anspruch auf Leistungen in sonstigen Lebenslagen entscheidet, umfasst auch den Zeitraum vom 13. März 2006 bis zum 21. Februar 2008. Zwar hat der Kläger in diesem Zeitraum keinen Antrag bei der Beigeladenen gestellt. Sein mit Schreiben vom 13. März 2006 gegenüber der Beklagten gestellter Antrag und die damit verbundene Kenntnis von seiner Bedürftigkeit wird aber der Beigeladenen zugerechnet.

Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I sind Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I gilt ein Antrag, wenn die Sozialleistung von einem Antrag abhängig ist, als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist. Diese Regelung gilt auch für die grundsätzlich antragsunabhängige Sozialhilfe. Dies war bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 – 5 C 1/93 – BVerwGE 98, 248) und ist für das SGB XII vom Bundessozialgericht im Urteil vom 26. August 2008 (Az. B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr. 1 Rdnr. 22 Rdnr. 22) bestätigt worden.

Die Regelungen in § 16 SGB I finden auch Anwendung, wenn der Antrag bei einer Arbeitsgemeinschaft im Sinne von § 44b SGB II, hier der Beklagten, gestellt wird. Zwar wird in § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I, ebenso wie in den Regelungen in § 16 Abs. 1 und 3 SGB I, auf einen Leistungsträger abgestellt. Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II nimmt aber die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahr. Die Aufgabenwahrnehmung für die kommunalen Träger erfolgt gemäß § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II nach Maßgabe der Aufgabenübertragung durch diesen Träger. Die Arbeitsgemeinschaft ist gemäß § 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Arbeitsgemeinschaft tritt damit im Verwaltungsverfahren an die Stelle der beiden in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II genannten Leistungsträger.

Der Antrag des Klägers im Schreiben vom 13. April 2006 kann nicht, wie dies die Beigeladene wohl verstanden wissen will, dahingehend ausgelegt werden, dass ausschließlich Leistungen nach dem SGB II, nicht aber solche nach dem SGB XII begehrt werden.

Der Antrag des Klägers ist unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsgrundsatzes" auszulegen, das heißt er ist unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen (vgl. BSG, a. a. O.; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 Rdnr. 11 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 11 ). Das Gericht, und ihm vorgehend die Verwaltung, hat sich daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, a. a. O.). Danach ist in dem mit Schreiben vom 13. März 2006 an die Beklagte gerichteten Antrag "auf erhöhte Leistungen wegen besonderen Mehrbedarfs" bei sachgerechter Auslegung auch ein Antrag auf entsprechende Leistung der Sozialhilfe zu sehen. Allein der Umstand, dass sich der Kläger in diesem Schreiben auf den Beschluss des Sozialgerichtes Dresden vom 5. November 2005 (Az.: S 23 AS 982/05 ER, JURIS-Dokument) bezogen hat, worin das Sozialgericht hinsichtlich der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechtes nicht § 73 SGB XII, sondern § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II als einschlägige Anspruchsgrundlage angesehen hat, rechtfertigt nicht die Auslegung, dass der Kläger erforderlichenfalls nicht auch eine Sozialhilfeleistung begehrt.

Mit der Antragstellung bei der beklagten Arbeitsgemeinschaft sind auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 SGB XII für das Einsetzen der Sozialhilfe erfüllt.

Gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 26. August 2008 (Az. B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr. 1 Rdnr. 23 = JURIS-Dokument Rdnr. 23) dargestellt, dass auch die durch den Antrag bei einer unzuständigen Stelle vermittelte (vgl. § 16 Abs. 2 SGB II) und nach § 18 SGB XII für das Einsetzen der Sozialhilfe erforderliche Kenntnis von dem Hilfefall dann für den zuständigen Sozialhilfeträger als zu dem Zeitpunkt gegeben gilt, in dem der Antrag bei der unzuständigen Stelle eingeht (so bereits BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 – 5 C 1/93 – BVerwGE 98, 248 [254] Rdnr. 23). Sowohl das Bundesverwaltungsgericht zum Bundessozialhilfegesetz als nunmehr auch das Bundessozialgericht zum SGB XII haben in den beiden zitierten Urteilen darauf hingewiesen, dass mit dieser vermittelten Kenntnis auch die Möglichkeit für eine "rückwirkende" Bewilligung der Leistung gegeben war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen verwiesen. Damit war mit dem Antrag des Klägers auf Übernahme der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechtes bei der beklagten Arbeitsgemeinschaft auch die im Sinne des § 18 SGB XII erforderliche Kenntnis der Voraussetzungen für die Sozialhilfeleistung gegeben.

Soweit die Beigeladene die Auffassung vertritt, dass mit der über § 16 Abs. 2 SGB I i. V. m. § 18 SBG XII vermittelten Kenntnis der sozialhilferechtliche Grundsatz "keine Hilfe für die Vergangenheit" (vgl. hierzu die Nachweise bei Armborst, in: Münder u. a., Sozialgesetzbuch XII [8. Aufl., 2008], § 18 Rdnr. 9) verletzt wird, verkennt sie, dass es diesen Grundsatz in der von ihr behaupteten Allgemeinheit nicht gibt. Allgemeine Rechtsgrundsätze, die vom Normgeber einer Rechtmaterie oder einer Rechtsnorm zugrunde gelegt werden oder die aus einer Zusammenschau von Regelungen filtriert werden, dürfen niemals losgelöst von den konkreten Regelungen betrachtet werden. Wegen der Bindung an Gesetz und Recht (vgl. Artikel 20 Abs. 3 GG) ist für das Verwaltungshandeln und die Rechtsprechung immer die im Einzelfall einschlägige Regelung und nicht ein abstrakter Rechtsgrundsatz maßgebend. Dass dies vorliegend § 16 Abs. 2 SGB I i. V. m. § 18 SBG XII ist und welche rechtlichen Konsequenzen daraus folgen, wurde dargestellt.

Soweit die Beigeladene rügt, der Antrag des Klägers sei von der Beklagten nicht unverzüglich an sie weitergeleitet worden, lässt auch dies nicht ihre Pflichtenstellung entfallen. Zwar sind nach § 18 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, wenn einem nicht zuständigen Träger der Sozialhilfe oder einer nicht zuständigen Gemeinde im Einzelfall bekannt wird, dass Sozialhilfe beansprucht wird, die darüber bekannten Umstände dem zuständigen Träger der Sozialhilfe oder der von ihm beauftragten Stelle unverzüglich mitzuteilen und vorhandene Unterlagen zu übersenden. Ergeben sich daraus die Voraussetzungen für die Leistung, setzt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 SGB XII die Sozialhilfe zu dem nach Satz 1 maßgebenden Zeitpunkt ein. Zum Normzweck des § 18 Abs. 2 SGB XII hat das Bundessozialgericht aber in dem bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 26. August 2008 (Az. B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr. 1 Rdnr. 24 m. w. N.; vgl. gegen eine Interpretation von § 18 Abs. 2 SGB XII als Anspruchsausschluss: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Oktober 2008 – L 7 AS 34/08 – Rdnr. 60) ausgeführt, dass die Regelung über § 16 Abs. 2 SGB I hinaus Fälle fehlender Antragstellung erfassen, nicht jedoch die zuvor bestehende Rechtslage zum Nachteil des Sozialhilfeempfängers korrigieren soll. Vorrangige Aufgabe des § 18 SGB XII ist es nicht, so das Bundessozialgericht, Leistungen für die Vergangenheit auszuschließen, sondern ein rechtzeitiges Eingreifen des Sozialhilfeträgers von Amts wegen zu gewährleisten. Ein Streit zwischen dem Sozialhilfeträger und dem unzuständigen Leistungsträger, bei dem ein auf eine Sozialhilfeleistung gerichteter Antrag abgegeben worden ist, darüber, ob der Antrag unverzüglich weitergeleitet worden ist, kann damit niemals zu lasten des Hilfebedürftigen gehen mit der Folge, dass ein etwaiger Sozialhilfeanspruch im Falle einer verzögerten Übermittlung entfallen wäre.

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4. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.06.2009, Az. L 5 AS 79/08

Hartz IV- Empfänger dürfen zumutbare Arbeit nicht mit der Begründung ablehnen, sie wollen sich beruflich verändern

1. Der Absenkungsbescheid vom 24. August 2007 ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X.

Dieses Formerfordernis dient der Klarstellungsfunktion des Verwaltungsaktes. Der Verfügungssatz, also die beabsichtigte Regelung, muss eindeutig sein. Es muss für den Adressaten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was geregelt werden sollte. Ist der Verfügungssatz mehrdeutig und somit auslegungsbedürftig, so führt dies noch nicht zur Unbestimmtheit. Vielmehr ist ausgehend von den Erkenntnismöglichkeiten des Adressaten (und nicht eines außen stehenden Dritten) zu prüfen, ob unter Anlegung der Maßstäbe von Treu und Glauben der Wille des Beklagten noch eindeutig erkennbar und eine unterschiedliche subjektive Wertung der getroffenen Regelung ausgeschlossen war (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13. November 2008, B 14 AS 2/08 R (22); von Wulffen, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, 6. Aufl. § 33, Rdnr. 3 m.w.H. zur Rechtsprechung). Nur wenn auch unter Anwendung objektiver Auslegungskriterien wie der Begründung des Verwaltungsaktes oder früher zwischen den Beteiligten ergangener Verwaltungsakte eine unterschiedliche subjektive Bewertung möglich ist, mangelt es an einer hinreichenden Bestimmtheit.

Der Bescheid war somit hinreichend bestimmt und litt nicht unter einem besonders schweren, nicht heilbarer Formmangel (anders wohl: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2007, L 28 B 1087/07 AS).

Soweit in vergleichbaren Fällen zur Begründung einer fehlenden hinreichenden Bestimmtheit in Teilen der Rechtsprechung angeführt wird, dem Betroffenen müsse es möglich sein, auf die Absenkung zu reagieren und von vornherein zu entscheiden, auf welche Weise er den ggf. fehlenden Bedarf decken kann, könnte dieses Argument allenfalls für Absenkungsbeträge oberhalb eines genannten Betragsrahmens angeführt werden. Wird jedoch, wie im vorliegenden Fall, eine maximale Absenkungssumme genannt, tangiert ein gleich hoher oder gar geringerer Absenkungsbetrag nicht die Dispositionsbefugnis des Betroffenen.

Aus diesem Grund kann der Senat die Frage offen lassen, ob eine fehlende hinreichende Bestimmtheit des Absenkungsbescheides im Widerspruchsbescheid geheilt werden kann (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2009, L 3 AS 3530/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2008, L 5 AS 449/08).

Der Kläger hat sich durch das Unterlassen einer Bewerbung auf einen der drei Vermittlungsvorschläge geweigert, eine Arbeit aufzunehmen. Unter "Weigern" ist eine ausdrückliche oder stillschweigend zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft zu verstehen, sich entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung zu verhalten. Ein Nichtstun wie hier ist als Weigerung der Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung im Sinne von § 31 Abs. 1 Ziff. 1 c) SGB II zu sehen.

Grundsätzlich ist gemäß § 10 Abs. 1 SGB II dem Hilfebedürftigen jede Arbeit zumutbar. Hier liegt keiner der Fälle im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 SGB II vor, der die Arbeitstätigkeit und damit auch eine Bewerbung auf die Stelle unzumutbar gemacht hätte.

Ein "sonstiger wichtiger Grund" im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziff. 5 SGB II kann nicht darin gesehen werden, dass der Kläger nach seinen Angaben im Klageverfahren den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung hatte und sich dem Bereich der Lageristik zuwenden wollte. Für die Frage der Abwendbarkeit von Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit spielen subjektive Neigungen keine Rolle.

Für die Bestimmtheit eines Arbeitsangebots orientiert sich der Senat an den Kriterien des Bundessozialgerichts zum Recht des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III). Danach genügt es für die Bestimmtheit gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, wenn der Arbeitgeber sowie die Art der Tätigkeit benannt sind (BSG, Urteil vom 05. September 2006, B 7a AL 14/05 R). Dem Zweck der Konkretisierungspflicht wird dann genügt, wenn der Arbeitsuchende auf der Grundlage der Angaben im Vermittlungsvorschlag in die Lage versetzt wird, ein Vorstellungsgespräch mit dem künftigen Arbeitgeber zu vereinbaren. Dazu ist es nicht etwa erforderlich, schon die Gehaltsvorstellungen des Arbeitgebers in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Solche Fragen hängen stark von der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses oder von tariflichen Bindungen ab und sind demnach einem Vorstellungsgespräch vorbehalten.

Die Rechtsfolgenbelehrung zu dem Vermittlungsvorschlag für das Stellenangebot bei der Gesundheits- und Tagungszentrum W. GmbH & Co. KG genügt auch den formalen Anforderungen. Sie muss inhaltlich konkret, verständlich, richtig und vollständig sein, um ihrem Zweck, der Warn- und Steuerungsfunktion, zu genügen. Dafür ist eine konkrete Umsetzung auf den jeweiligen Einzelfall erforderlich. Es reicht mithin nicht aus, dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ein Merkblatt in die Hand zu geben, aus dem er die für seinen Fall maßgebenden Voraussetzungen und Rechtsfolgen selbstständig ermitteln muss (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R (35 f.)).

Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben hat der Beklagte auch den Absenkbetrag in Höhe von 30% von 347,00 EUR (= 104,10 EUR) abgerundet gemäß § 41 Abs. 2 SGB II auf den vollen Euro-Betrag von 104,00 EUR. Diese Vorschrift ist nicht nur bei der Leistungsbewilligung, sondern auch bei der Ermittlung des Absenkungsbetrags anzuwenden (Eicher/Spellbrink, a.a.O. § 41, Rnr. 17).

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5. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28.10.2009, Az.: L 7 AS 326/09 B ER

Stromversorgung auch im Bauwagen

Hartz IV-Empfänger erhält Darlehen zum Kauf einer neuen Solaranlage

Hartz IV-Empfänger haben Anspruch auf Erstattung angemessener Unterkunftskosten. Bei selbstgenutztem Wohneigentum umfasst dies Aufwendungen, die zu dessen Erhalt geeignet und erforderlich sind. Hierzu gehöre auch die Anschaffung einer Solaranlage, soweit eine anderweitige Stromversorgung nicht gewährleistet sei. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Beschluss der 7. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in einem Eilverfahren.

Hartz IV-Empfänger begehrt Solaranlage für seinen Bauwagen

Der Antragsteller lebt in einem ca. 10 qm großen eigenen Bauwagen auf einem Wagenplatz in Frankfurt am Main. Ein Anschluss an die öffentliche Stromversorgung besteht nicht. Die Heizung erfolgt über einen Holzofen, Strom wurde mittels Solaranlage erzeugt. Im Oktober 2007 beantragte der 43-jährige Hartz IV-Empfänger die Reparatur bzw. den Ersatz der defekten Solaranlage. Im Rahmen eines vor dem hessischen Landessozialgericht im Juli 2008 geschlossenen Vergleiches verpflichtete sich die Rhein-Main-Job-Center GmbH, ihm ein Darlehen zur Beschaffung der preisgünstigsten Stromversorgung zu gewähren. Nach Ansicht des Hilfsbedürftigen komme nur eine Solaranlage in Betracht, da das Aufstellen von Stromgeneratoren in der Bauwagensiedlung verboten sei. Dem widersprach die Job-Center GmbH. Die begehrte Solaranlage für 6.195 € sei nicht die kostengünstigste Möglichkeit der Stromversorgung.

Funktionierende Stromversorgung ist Grundbedürfnis des Lebens und Wohnens

Die Darmstädter Richter verurteilten nun die Job-Center GmbH, dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 6.195 € zur Beschaffung einer Solaranlage zu gewähren. Dieser Erhaltungsaufwand sei im Vergleich mit entsprechenden Unterkunftskosten angemessen. Die durchschnittliche Jahresmiete incl. Nebenkosten für eine angemessene Wohnung läge für einen 1-Personenhaushalt in Frankfurt bei ca. 5.360 €. Demgegenüber sei das Darlehen für die Solaranlage nicht unverhältnismäßig. Schließlich lasse – so die Richter - der Ausschluss von der Stromversorgung erhebliche Beeinträchtigungen der Menschenwürde befürchten. Da eine funktionierende Stromversorgung zum elementaren Lebensbedarf gehöre, sei zudem eine einstweilige Anordnung erforderlich.

Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28.10.2009, Az.: L 7 AS 326/09 B ER
Herausgeber: Präsident des LSG Dr. Klein,
Steubenplatz 14, 64293 Darmstadt, Tel.: 06151 / 804 - 332
Pressesprecher: Richterin am LSG Dr. Mauer,
Tel.: 06151 / 804 - 335, Fax: 06151 / 804 - 358,
E-Mail: jutta.mauer@lsg-darmstadt.justiz.hessen.de

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach Abs. 5 dieser Vorschrift sollen darüber hinaus Schulden darlehensweise übernommen werden, wenn das zur Sicherung der Unterkunft erforderlich ist.

Unterkunft im Sinne dieser Vorschrift sind bei tatsächlicher Nutzung aller baulichen Anlagen oder Teile hiervon, die tatsächlich geeignet sind, vor den Unbilden der Witterung zu schützen und ein Mindestmaß an Privatheit einschließlich der Möglichkeiten sicherzustellen persönliche Gegenstände zu verwahren (Berlit in: LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 22 Rdnr. 12 m.w.Nw.).

Bei selbst genutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gehören zu den tatsächlichen Aufwendungen unter anderem die Erhaltungsaufwendungen beziehungsweise Instandhaltungsmaßnahmen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VO zu § 82 SGB XII), nicht jedoch wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen. Die Erhaltungsaufwendungen müssen geeignet und erforderlich sein, um das Eigentum zu Wohnzwecken zu erhalten. Der Erhaltungsaufwand ist zu übernehmen, soweit durch ihn voraussichtlich dauerhaft die gesamten nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu berücksichtigenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht übersteigen, die für Wohneigentum und Mietwohnungen gleichermaßen gilt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Mai 2009 – L 12 AS 575/09; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER). Eine Kostenübernahme scheidet erst dann aus, wenn auch künftig mit der Notwendigkeit erheblicher, in der Summe unangemessen hoher Reparaturkosten zu rechnen ist, um die (zweifelhafte) Nutzbarkeit selbst genutzten Wohnraums dauerhaft zu gewährleisten (Berlit, a.a.O., Rdnr. 26 m.w.Nw.). Bei der Prüfung der Angemessenheit zum Bedarfszeitpunkt ist die reale Lage auf dem maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt zu berücksichtigen, ebenso der Wohnungsstandard einschließlich der Wohnungsausstattung. Außerdem ist dabei von einem einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügenden Wohnungsstandard auszugehen, der für ein "einfaches und bescheidenes Leben" erforderlich ist (Berlit, a.a.O., Rdnr. 35).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist nach Überzeugung des Senats die darlehensweise Kostenübernahme für die Solaranlage zur Stromversorgung als angemessen anzusehen. Zunächst bedarf es keiner weiteren Begründung, dass zu den Grundbedürfnissen des Lebens und Wohnens eine funktionierende Stromversorgung zählt. Die Angemessenheit bemisst sich auch danach, ob es Alternativen und wenn ja welche gibt.

Als Orientierungsmaßstab für die Angemessenheit der Höhe nach, die auch bei Einmalzahlungen zu beachten ist, bietet sich der 12-Monats-Zeitraum nach § 41 Abs. 1 S. 6 SGB II in der ab 1. August 2009 geltenden Fassung an. Hier sind dann gegenüberzustellen die angemessenen Kosten für Unterkunft in diesem Zeitraum mit dem von dem Antragsteller begehrten Darlehen in Höhe von 6.195,00 EUR.

Die angemessenen Kosten der Unterkunft betragen damit monatlich insgesamt durchschnittlich 446,35 EUR (Nettokaltmiete 393,50 EUR + Betriebskosten 52,85 EUR) und bezogen auf 12 Monate 5.356,20 EUR.

Gegenüber dem begehrten Darlehensbetrag in Höhe von 6.195,00 EUR ergibt sich damit eine Differenz in Höhe von 838,80 EUR.

Wie bereits ausgeführt, soll der 12-Monats-Zeitraum des § 41 Abs. 1 SGB II eine Orientierung darstellen, um eine erste Einordnung der Angemessenheit zu ermöglichen. Dies schließt nicht aus, hiervon im Einzelfall abzuweichen; insbesondere dann nicht, wenn der über dieser Grenze liegende Betrag nicht unverhältnismäßig ist. Ob dabei die Grenzen des § 22 Abs. 5 SGB II i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 24. März 2006 (BGBl I, 558) zu beachten sind, nach denen Leistungen nur gewährt werden sollen, wenn sie zur Sicherung der Unterkunft erforderlich sind, kann dahingestellt bleiben, weil auch diese Voraussetzung bei einer notwendigen Stromversorgung erfüllt wäre. Zu berücksichtigen ist, dass die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen und Modernisierungsaufwendungen nicht (allein) aufgrund der Höhe der anfallenden Kosten vorgenommen werden kann. Es dürfte vielmehr grundsätzlich auf das Ziel der Maßnahme ankommen, nämlich darauf, ob sie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen, verbesserten Zustandes dient (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. März 2007 - L 9 AS 137/07 ER). So verhält es sich hier. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung des Zustandes, wie er bestanden hat, bevor die von ihm jahrelang genutzte Solaranlage defekt wurde

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6. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AS 30/09 05.10.2009 , Urteil

Die Tatsache, dass ein Hilfebedürftiger seine Steuererklärung ca. 16 Monate nach dem Veranlagungsjahr 2004 erst abgegeben hat und erst dadurch das Steuererstattungsverfahren eingeleitet hat, stellt kein Ansparen einer fälligen und liquiden Forderung dar, somit ist es kein Vermögen sondern anrechenbares Einkommen nach § 11 SGB II .

Bei der nach der Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkommensteuererstattung einschließlich der Zinsen handelt es sich um berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S. des § 11 SGB II und nicht um Vermögen i.S. des § 12 SGB II. Eine Steuererstattung, die wie im vorliegenden Fall einem Leistungsberechtigten nach der Antragstellung zufließt, stellt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 13.05.2009 - B 4 AS 49/08 R - und vom 30.07.2008 – B 14 AS 26/07 R ), der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, ein berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 2 SGB II dar.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Umstand, dass er nicht in unmittelbar zeitlichen Zusammenhang nach dem Veranlagungsjahr 2004, sondern nach seinen Angaben erst 18 Monate später seine Einkommenssteuererklärung beim zuständigen Finanzamt abgeben hat, nicht zur Folge, dass die Gutschrift der Steuererstattung auf das Konto des Klägers nicht mehr als Zufluss von Einkommen, sondern als Zuflusses von Vermögen i.S.v. § 12 SGB II zu werten ist. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Sozialhilferecht anknüpft (BVerwG Urteil vom 18.02.1999 - 5 C 35/97 = BVerwGE 108, 296), ist Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazuerhält und Vermögen das, was er vor Antragsstellung bereits hatte. Dabei ist von dem tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Die Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils, der erst nach der Antragstellung einem Antragsteller zufließt, als Einkommen setzt weder eine Identität der Zweckbestimmung des geldwerten Vorteils und der Leistungen nach dem SGB II noch eine Zeitraumidentität voraus (BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R). Die schuldrechtliche Unterscheidung zwischen der auf Auszahlung eines Betrages gerichteten Forderung - vorliegend der Anspruch des Klägers auf Erhalt einer Steuererstattung für das Jahr 2004 - und der Erfüllung der Forderung durch Auszahlung (Gutschrift) führt nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären (BSG Urteile vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - und - B 4 AS 29/07 R). Zwar stellt eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete, noch nicht erfüllte Forderung einen wirtschaftlichen Wert dar und gehört sie, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht, zum Vermögen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1999 - 5 C 35/97). Jedoch interessiert im Fall der Auszahlung einer Forderung nach der Antragstellung im Recht des SGB II nicht das Schicksal der Forderung, vielmehr stellt das Gesetz in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II insofern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld und Geldeswert ab (BSG Urteile vom 30.09.2008, - B 4 AS 57/07 R - und - B 4 AS 29/07 R ; Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R). Dies gilt nur nicht in den Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften freiwillig Vermögen angespart wurde, also eine fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht wird (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - und vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R -). Vorliegend hat der Kläger den Betrag der Steuererstattung nicht vor der Antragstellung als Einkommen "erlangt", da Grundlage für die Verwirklichung eines Steuererstattungsanspruchs als Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 Abs. 2 AO der Erlass eines Steuerbescheides nach § 218 Abs. 1 AO ist. Damit hat dem Kläger vor Erlass des Festsetzungsbescheides am 22.08.2006 die Steuererstattung nicht als liquide Forderung zur Verfügung gestanden. Die Tatsache, dass der Kläger seine Steuererklärung ca. 16 Monate nach dem Veranlagungsjahr 2004 abgegeben und erst dadurch das Steuererstattungsverfahren eingeleitet hat, stellt kein "Ansparen" einer fälligen und liquiden Forderung dar. Vielmehr ist diese Fallgestaltung vergleichbar,mit dem bewussten Unterlassen der Geltungsmachung und Beitreibung einer privatrechtlichen Forderungen, wie z. B. von rückständigen Arbeitsentgelt. Auch in diesem Fall wird die Realisierung der Forderung nach Antragstellung - nach der in der Rechtsprechung vertretenen modifizierten Zuflusstheorie - als Zufluss von Einkommen gewertet. Allein die Tatsache, dass der Staat als Schuldner grundsätzlich zahlungsfähig ist und damit bei zeitlich verzögerter Geltungsmachung der Verlust der Forderung im Gegensatz zu privatrechtlichen Forderungen nicht zu befürchten ist, rechtfertigt keine andere Bewertung des Sachverhalts. Dies gilt auch hinsichtlich des Verzinsungsanspruchs aus § 233a AO. Denn auch Schuldner einer privatrechtlichen Forderung haben Verzugszinsen zu zahlen. Ebenso handelt es sich bei den Zinsen von 41,00 EUR um Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II.

Von der einmaligen Einnahme in Höhe von insgesamt 2.215,18 EUR ist eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V sowie der monatliche Beitrag zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Höhe von 28,67 EUR abzusetzen (vgl. BSG Urteil vom 17.03.2009 - B 14 AS 63/07 R Rn. 32 m.w.N.)

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7. Beschluss vom 30. Oktober 2009 – 1 BvR 2395/09 –

Zitat :

Effektiver Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG ist durch die Möglichkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klageerhebung
ausreichend gewährleistet

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen eine sozialrechtliche Eingliederungsvereinbarung, die einen Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) ersetzen soll. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner noch zu erhebenden Klage gegen den Verwaltungsakt blieb vor dem Landessozialgericht ohne Erfolg.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diese Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer hat insbesondere die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch das Landessozialgericht nicht ausreichend begründet. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Betroffene trotz einer von Gesetzes wegen fehlenden aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs oder seiner Klage die Möglichkeit hat, effektiven das heißt hier auch vorläufigen Rechtsschutz durch eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu erhalten. Diese Möglichkeit ist durch § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hinreichend gewährleistet. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichte dabei die Interessen des Bürgers an der vorläufigen Aussetzung der Entscheidung mit dem Vollzugsinteresse der Allgemeinheit abwägen sowie die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs
beurteilen, soweit sie beachten, dass schon die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erfordert, das über jenes hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20091030_1bvr239509.html

8. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 B 90/09 AS NZB 09.11.2009 rechtskräftig , Beschluss

Kindergeld ist nicht, auch nicht zu einem Teil als zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II von der Berücksichtigung als Einkommen ausgeschlossen

Kindergeld ist nicht, auch nicht zu einem Teil als zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II von der Berücksichtigung als Einkommen ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich in § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II ausgeführt, dass Kindergeld als Einkommen für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder zuzurechnen ist, wenn es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird.

Dementsprechend hat das Bundessozialgericht z. B. in der Entscheidung vom 28.06.2008 (Az: B 14 AS 55/07 R) ausführlich zur Frage Stellung genommen, inwieweit bei der Anrechnung von Kindergeld als Einkommen ein Pauschbetrag nach AlgII-V abzuziehen sein könnte. In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht die Einkommensanrechnung, insbesondere die Einkommensanrechnung von Kindergeld bestätigt. Da bei der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Einkommensanrechnung von Kindergeld das volle Einkommen angerechnet wurde und nicht etwa ein Ausschluss der Anrechnung nach § 11 Ab. 3 Nr. 1a) SGB II vorgenommen wurde, hat das Bundessozialgericht mit der Bestätigung der Einkommensanrechnung zugleich entschieden, dass ein Ausschluss nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II nicht vorzunehmen ist."

Hiergegen haben die Kläger am 03.08.2009 Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) eingelegt und vertreten die Auffassung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die vom SG zitierte BSG-Entscheidung sei nicht einschlägig.

Wörtlich wird ausgeführt:

"Eine Auslegung vorgenannter Vorschrift im Sinne des SG unterläge auch erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken. SGB II-Leistungsempfänger wären im Gegensatz anderer Kindergeldempfänger vom Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsanteil des Kindergeldes ausgeschlossen. Für diese Ungleichbehandlung gibt es keinen rechtfertigenden Grund, zumal die Leistungen des SGB II keinen diesbezüglichen Bedarf enthielten.

Zu denken wäre aber auch, dass das geleistete Kindergeld keiner (klaren) Zweckbestimmung unterläge und insofern keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II darstelle. In diesem Zusammenhang wird darauf aufmerksam gemacht, dass nach bisheriger Rechtssprechung zum § 77 Abs. 1 BSHG anerkannt war, dass der Zweck einer öffentlichen Leistung nicht ausdrücklich benannt sein muss; es genügte, wenn er sich durch Auslegung der einschlägigen Regelungen mit hinreichender Deutlichkeit ermitteln lässt. Außerdem unterscheiden sich § 77 Abs. 1 BSHG und § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II dahingehend, dass in ersterer Leistungen zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden mussten, während letzterer eine allgemeine Zweckbestimmung genügen lässt.

Gem. § 31 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG bewirkt.

Hinsichtlich der Freibeträge wird gem. § 32 Abs. 6 EStG dem sächlichen Existenzminimums ein Freibetrag von 1.824,00 EUR und für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsanteil ein Freibetrag von 1.080,00 EUR in Ansatz gebracht.

In Bezug auf das Kindergeld wird die vorgenannte Differenzierung von der herrschenden Meinung dann typisierend dahingehend verstanden, dass für den Fall, dass Kinderfreibeträge mangels zu versteuernden Einkommens nicht zum Tragen kommen, das Kindergeld zur Hälfte dem sächlichen Existenzminimum und zur anderen Hälfte dem Betreuungs, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes zuzuordnen ist (vgl. hierzu Kirchhof, EStG Kompaktkommentar EStG 7. Aufl. 2007, § 31 Anm. 2; BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, - 2 BvR 1057/91 -, - 2 BvR 1226/91 -, - 2 BvR 980/91 -, BVerfGE 99, 216, 231 ff.).

Zweckidentität zwischen den Leistungen besteht nicht.

Auch der jetzt eingeführte § 24 a SGB II, der einen jährlichen Schulbedarf von 100,00 EUR vorsieht, mindert den Anspruch für die Zukunft nicht wesentlich, da Zweckidentität nur bis in Höhe der SGB II-Leistungen angenommen werden kann. Der übersteigende Anteil bleibt berücksichtigungsfrei."

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Berufung nicht zugelassen

Erforderlich für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist, dass die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei in Individualinteresse nicht genügt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rdnr. 28, LSG Bayern v. 30.11.2006 - L 11 AS 216/06 NZB - Rdnr. 10).

Der Senat hält die von den Klägern vertretene Auffassung nicht für zutreffend. Der Senat verweist auf seinen Beschluss vom 09.01.2009 (L 12 B 207/08 AS), mit dem die Bewilligung von PKH abgelehnt worden ist. Hieran hat sich nichts geändert. Allein der Umstand, dass eine Meinung vertreten wird, zu der bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, macht die Sache nicht zu einer von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen, zumal andere Zulassungsgründe nicht vorgebracht worden und auch nicht erkennbar sind.

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9. Sozialgericht Freiburg S 9 AS 6261/08 25.09.2009 , Urteil

§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 1 SGB III steht der Rücknahme einer rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Regelleistungskürzung wegen stationärem Aufenthalt im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X nicht entgegen.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier hinsichtlich des Bescheids vom 18.5.2006 unstreitig und offensichtlich erfüllt. Bei der dadurch verfügten Kürzung der Regelleistung für die Dauer des stationären Aufenthalts wurde das Recht unrichtig angewandt, wie sich aus den Gründen des BSG-Urteils vom 18.6.2008 (Az.: B 14 AS 22/07 R, veröff. in (juris)) ergibt. Infolgedessen wurden Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht, nämlich die Kürzungsanteile der der Klägerin zustehenden Regelleistung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Rücknahme des Bescheides vom 18.5.2006 nicht gem. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 1 SGB III ausgeschlossen.

Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vom 18.5.2006 daher rührte, dass er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wurde (was hier ersichtlich nicht der Fall ist) oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist. Es muss also festgestellt werden können, dass der Bescheid, dessen Rücknahme im Streit steht, mit einer Rechtsnorm begründet wird, die später in ständiger Rechtsprechung anders ausgelegt wurde.

Eine solche Rechtsnorm vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Grundlage des Bescheids vom 18.5.2006 waren die seinerzeitigen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Stand 10.1.2006, Ziff. 9.14 (im Internet noch abrufbar unter: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2008/ HW 9 2006-01-10.pdf). Danach wurde ohne Bezugnahme auf eine rechtliche Grundlage angeordnet, bereitgestellte Verpflegung mit einem Wert von 35 v. H. der Regelleistung zu berücksichtigen. Dies wurde damit begründet, dass der Bedarf des Hilfebedürftigen insoweit als gedeckt anzusehen sei (sog. Bedarfsdeckungsargument). Im wesentlichen textgleich lauteten auch noch die am 1.6.2007 von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Hinweise (vgl. http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2008/ HW 9 2007-01-06.pdf). Das BSG, das am 18.6.2008 (B 14 AS 22/07 R) gerade über eine auf diesen Hinweisen beruhende Verwaltungsentscheidung entschied, befand hierzu:

"Nach § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (Vorbehalt des Gesetzes). Der belastende Verwaltungsakt - Kürzung der Regelleistung durch ersparte Aufwendungen in Höhe von 35 v. H. der Regelleistung - bedarf mithin einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Für das Vorgehen der Beklagten jedenfalls im Jahre 2006 ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich, die den Anforderungen des § 31 SGB I genügen könnte. Dies dürfte für den Verordnungsgeber Anlass gewesen sein, mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in § 2 Abs 5 Alg II-V eine Rechtsgrundlage für ein solches Vorgehen erstmals zu schaffen ( ...)"

Mit anderen Worten: Für die von der Bundesagentur für Arbeit vorgenommenen Regelleistungskürzungen fehlte es zumindest in den Jahren 2006 und 2007 an einer sie legitimierenden Rechtsnorm. Selbst in den derartigen Bescheiden zugrunde liegenden Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit wurde eine derartige Rechtsnorm nicht benannt. Dann kann aber auch keine Rede davon sein, dass derartige Verwaltungsakte auf einer Rechtsnorm beruht hätten, die später in ständiger Rechtsprechung anders ausgelegt worden sei, wie dies von § 330 Abs. 1 SGB III vorausgesetzt wird.

Als derartige Rechtsnorm kann insbesondere auch nicht § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II angesehen werden. Zwar haben sich einige SGB II-Leistungsträger in sozialgerichtlichen Verfahren auf diese Rechtsnorm berufen, nachdem einzelne Sozialgerichte das Bedarfsdeckungsargument verworfen hatten, und argumentiert, die bereitgestellte Verpflegung während stationärer Aufenthalte stelle zu berücksichtigendes Einkommen dar. Der hier zu beurteilende Bescheid vom 18.5.2006 wurde aber (wie die meisten derartigen Bescheide der Beklagten im Jahre 2006, zumindest nach dem Eindruck des Kammervorsitzenden) gerade nicht auf diese Auslegung des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II gestützt. Er "beruht" somit nicht i. S. von § 330 Abs. 1 SGB III auf dieser Rechtsnorm. Auch ließ das BSG in seiner Entscheidung vom 18.6.2008 (S 14 AS 22/07 R) die Frage, ob es sich bei bereitgestellter Verpflegung um Einkommen i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, ausdrücklich offen und zitierte insoweit lediglich exemplarisch die hierzu ergangene kontroverse Rechtsprechung der Instanzgerichte (Rnr. 14 des BSG-Urt. in der (juris)-Version). Eine ständige Rechtsprechung i. S. des § 330 Abs. 1 SGB III, durch die § 11 SGB II anders ausgelegt worden wäre als zuvor durch die Bundesagentur für Arbeit, wurde durch dieses Urteil des BSG somit gerade nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Berufung war gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Rechtsfrage der Anwendung des § 330 Abs. 1 SGB III auf Fälle der vorliegenden Art höchstrichterlich nicht geklärt ist und nach Auskunft der Beklagten dort eine Vielzahl vergleichbarer Anträge vorliegt. Auch wird die Rechtsfrage öffentlich rege diskutiert (vgl. z. B. http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2008/ Krankenhausaufenthalt2.aspx).

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=123945&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

10. Sozialgericht Düsseldorf S 35 AS 206/07 06.11.2009 , Gerichtsbescheid

Hartz IV- Empfänger hat Anspruch auf Erstausstattung der Wohnung als Zuschuss, wenn er mit seinem Leben abschließen wollte- dies missglückte und dabei seine Möbel auf dem Sperrmüll entsorgte .

Nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II sind Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 64/07 R; Urteil vom 20.08.2009, Az.: B 14 AS 45/08 R) ist der Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist mithin, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers - zum Zeitpunkt der Antragstellung - nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Unerheblich ist insoweit, ob dem Kläger - was das Gericht ausdrücklich offenlässt - an dem Verlust der ursprünglich vorhandenen Einrichtungsgegenstände ein Verschulden trifft. Eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Hilfebedürftiger entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 SGB II vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat (BSG, Urteil vom 20.08.2009 a.a.O.). Im Falle des Klägers bestand jedenfalls ein wichtiger Grund im vorgenannten Sinne, weil der Kläger sein Leben abschließen wollte und es ihm bei der Vernichtung der Möbel nicht darum ging, Hilfebedürftigkeit herbeizuführen sondern lediglich darum ging, seinem potentiellen Nachmieter eine geräumte Wohnung zu hinterlassen. Die Bewilligung als Darlehen ist daher nicht gerechtfertigt.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=123870&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

11. Sozialgericht Detmold S 6 SO 97/06 26.10.2006 rechtskräftig , Urteil

Ein Stromkostenguthaben ist anrechenbares Einkommen in der Sozialhilfe

Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Für die hier maßgebliche Unterscheidung von Einkommen und Vermögen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Einkommen das ist, was der Hilfebedürftige während der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat (Zuflusstheorie des BVerwG, BVerwGE 108, 296, 299). Abzustellen ist auf den Zufluss innerhalb des Bedarfszeitraumes (vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 82 Rn. 7). Der Bedarfszeitraum ist dabei die Zeit, in welcher der Bedarf besteht und auch rechtzeitig zu decken ist. Die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich nach dem tatsächlichen Zufluss zu entscheiden. Damit wird nicht in unzulässiger Weise an einen mehr oder weniger zufälligen Zeitpunkt angeknüpft, sondern der aktuellen Notlage das aktuelle Einkommen gegenüber gestellt. Im Februar 2006 hat der Kläger die Auszahlung in Höhe von 204,98 Euro von den Stadtwerken erhalten, die im Zeitpunkt des Zuflusses Einkommen dargestellt hat (vgl. auch Beschluss des LSG NRW vom 18.05.2006, Az.: L 12 B 9/06 SO).

Entgegen der Auffassung des Klägers kann das Guthaben im Zeitpunkt der Auszahlung nicht als Vermögen angesehen werden, denn vor Beginn des Bedarfszeitraums hat er das Guthaben noch nicht gehabt. Durch die laufende monatliche Abschlagszahlung sind die gezahlten Beträge in die Verfügungsgewalt der Stadtwerke gelangt und waren dem Zugriff des Klägers entzogen. Zwar kann eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstellen und gehört, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht, zu seinem Vermögen. Grundsätzlich werden Erstattungsforderungen jedoch erst mit der Erteilung der Jahresabschlussrechnung fällig und damit durchsetzbar (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.04.2006 – L 20 B 35/06 AS ).

Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass aufgrund der Stromendabrechnung eine Forderung des Klägers gegen die Stadtwerke bestand und diese auch durchsetzbar war, folgt daraus nicht, dass dieses Guthaben zum Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII gehört hat. Wie an dem Beispiel einer Gehaltsforderung deutlich wird, kann nicht in jedem Fall das vorherige Bestehen einer entsprechenden Forderung dazu führen, dass die Auszahlung dieser Forderung nur als Umschichtung im Vermögensbereich und nicht als Einkommen gewertet wird, denn eine Gehaltszahlung ist ein typisches Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII und führt selbstverständlich zur Verringerung der Bedürftigkeit ( vgl. Urteil SG Detmold vom 27.07.2006, Az.: S 13 (9) AS 247/05).

Allein der Umstand, dass der Kläger die monatlichen Abschläge aus dem Regelsatz geleistet hat, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Auszahlung eines Guthabens aus den Abschlägen Vermögen darstellt. Zwar ist angespartes Geld aus nicht verbrauchten Sozialhilfeleistungen, also Ansparungen aus dem Regelsatz, Vermögen (vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 90 Rn. 9). Dieses freiwillig angesparte Guthaben steht jedoch dem Hilfeempfänger auch jeweils zu Beginn des Bedarfszeitraums schon zu. Er hat es bereits. Der Fall der monatlichen Abschlagszahlung an die Stadtwerke liegt jedoch anders, denn ein bewusstes freiwilliges Ansparen liegt bei der Zahlung von Abschlägen an die Stadtwerke nicht vor. Auch steht das sich anhäufende Guthaben dem Kläger nicht bereits während des laufenden Abrechnungsjahres zur Verfügung, wie dies bei einem Sparguthaben der Fall ist, sondern es fließt ihm erst im Zeitpunkt der Auszahlung (als Einkommen) zu.

Die für den Hilfeempfänger im Einzelfall problematische Situation, dass bei der Forderung von hohen Stromabschlägen der letztendlich zu viel gezahlte Betrag aus dem Regelsatz im laufenden Monat fehlt und die Erstattung nach der Endabrechnung dann wiederum als Einkommen auf die laufende Leistung angerechnet wird, kann nach Auffassung der Kammer nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen, nach der ein Geldzufluss im Zeitpunkt des Zuflusses, unabhängig von der Quelle und dem Grund der Leistung, Einkommen darstellt. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die laufende Hilfegewährung ist die tatsächliche Notlage entscheidend und es wird (monatlich) der Bedarf den vorhandenen Mitteln gegenübergestellt. Im Zeitpunkt der Auszahlung des Stromguthabens ist in diesem Bedarfszeitraum insoweit der tatsächliche Bedarf gedeckt.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=61193&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

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