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Rechtsprechungsticker von Tacheles 36 Kw / 2009

1. BSG, Urteil vom 07.05.2009, Az. B 14 AS 14/08 R

Leistungsträger nach dem SGB II sind zur Übernahme von zusätzlichen Küchennutzungskosten verpflichtet .

Das Nutzungsentgelt für die Kücheneinrichtung gehört zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind. Die Aufwendungen hierfür sind nicht aus der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II zu bestreiten. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass ein solcher "Zuschlag" dann zu übernehmen ist, wenn die Wohnung nur mit dem Küchenmöbelzuschlag anmietbar war und der Mietpreis sich auch unter Einschluss des Zuschlags noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort hält (SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34).

Nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind maßgeblich die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft bis zur Grenze der Angemessenheit. In diesem Rahmen besteht damit grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme der vollständigen tatsächlichen Kosten. Diese umfassen alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (vgl zur Einzugsrenovierung BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R; Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R zum Breitbandkabelanschluss). Dazu zählt hier auch das Nutzungsentgelt für die Kücheneinrichtung, weil die Wohnung der Klägerin nur mit der Kücheneinrichtung vermietet wurde.

Der Hilfebedürftige kann in einem Fall, in dem das Nutzungsentgelt notwendiger Bestandteil des Mietzinses ist, den Aufwendungen regelmäßig nicht ausweichen. Eine gesonderte Kündigung der Kücheneinrichtung kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat hier rechtsirrig die Angemessenheit der Unterkunftskosten nach der Kaltmiete ohne den Küchenzuschlag beurteilt und bejaht, wie sie in ihrem Schreiben vom 30. Januar 2006 zum Ausdruck gebracht hat, und gleichzeitig erklärt, dass eine Umzugsnotwendigkeit nicht bestehe. Damit entstand für die Klägerin die Situation, dass ihr einerseits ein Umzug und dem folgend die in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vorgesehenen Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten vorenthalten wurden, sie aber andererseits in der bisherigen Unterkunft mietvertraglich weiterhin zur Zahlung des Nutzungsentgelts verpflichtet war. Sind aber Aufwendungen mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich derartig verknüpft, sind sie auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl zum Kabelanschluss BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R; zur Garage BSG, Urteil vom 7. November 2008 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 28).

Das Nutzungsentgelt ist nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auszunehmen, weil in der Regelleistung gemäß § 20 SGB II ein Anteil für Möbel, Apparate und Haushaltsgeräte enthalten ist. Zwar ist zutreffend, dass sich die Höhe der Regelleistung an der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 2003 sowie an der Regelsatzverordnung orientiert (vgl zum Verfahren BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, jeweils RdNr 50) und der Abteilung 05 der EVS entnommen werden kann, dass Anteile für Möbel, Apparate, Haushaltsgeräte sowie deren Instandhaltung in die Bemessung des Regelsatzes nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und damit auch der Regelleistung nach § 20 SGB II eingeflossen sind (vgl BR-Drucks 206/04). Das LSG hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem Sinn und Zweck der pauschalierten Regelleistung widerspricht, sie in ihre einzelnen Bestandteile aufzulösen und deren konkrete Verwendung zu prüfen. Es ist geradezu das Wesen einer pauschalierten Regelleistung, dass sie dem Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt wird (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 22; Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 22/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Dabei müssen sich die individuellen Ausgaben nicht unbedingt an den abstrakt ermittelten Bedarfen ausrichten. Eine Aufspaltung der Regelleistung in Einzelbedarfe widerspricht dieser Konzeption des Gesetzgebers (vgl Berlit, Wohnung und Hartz IV, NDV 2006, 5, 15). Stellt der Gesetzgeber unter Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung einen pauschalierten Betrag zu Gewährleistung des Existenzminimums zur Verfügung, würde ein Wertungswiderspruch entstehen, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise aus der Regelleistung "herausgerechnet" würde.

Eine vergleichbare Situation wie bei den Kosten der Warmwasserbereitung, die von den Kosten für Heizung in Abzug zu bringen sind (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5; vgl auch Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DSGT Praktikerleitfäden, 2009, S 33 ff), liegt nicht vor. Die Warmwasserbereitung stellte bereits im Referenzsystem der Sozialhilfe einen Sonderfall dar. Zum Zeitpunkt der Schaffung des SGB II bestand für die Sozialhilfe kein Zweifel daran, dass die Kosten der Warmwasserbereitung dem Regelsatz und nicht der KdU zuzuordnen waren (BSG aaO RdNr 21 mwN). Der Gesetzgeber hat, wie die Klarstellung in § 20 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706) zeigt, erkennbar hieran angeknüpft. § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II wurde dahingehend geändert, dass die Regelleistung auch die "Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile" umfasst. Es sollte klargestellt werden, dass insbesondere die Kosten der Warmwasserbereitung aus der Regelleistung zu bestreiten und nicht Bestandteil der KdU sind (vgl BT-Drucks 16/1410 S 23).

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1.1 BSG , B 4 AS 29/08 R , Urteil vom 13.05.2009

Insolvenzgeld ist bei der Berechnung der Grundsicherung nach dem SGB II zu berücksichtigen .

Nach der von beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate in ständiger Rechtsprechung vertretenen Zuflusstheorie (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R und Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 14/07 R) ist Einkommen alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er zu diesem Zeitpunkt bereits hat.

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II (in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung durch Art 1 des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Das InsG unterfällt keiner der in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich geregelten Ausnahmen von den zu berücksichtigenden Einnahmen in Geld oder in Geldeswert. Zwar handelt es sich beim InsG nach den §§ 183 ff SGB III um eine Sozialleistung (vgl Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 183 bis 189 RdNr 13; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III § 183 RdNr 6a), jedoch rechtfertigt dies allein - wie der Senat zur Berücksichtigung des Krankengeldes bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R) - keine Ausnahme vom Einkommensbegriff. Soweit eine Sozialleistung die finanzielle Lage des Hilfebedürftigen im Sinne der Minderung des Hilfebedarfs beeinflusst, ist sie als Einkommen zu berücksichtigen. Unbeachtlich ist insoweit auch, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Zuflusses Verbindlichkeiten ausgesetzt war (vgl BSG, Urteile vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R; vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R; vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19).

Insbesondere führt der Zweck der Leistung nicht dazu, im InsG eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1a SGB II zu sehen. Denn mit der Gewährung der Leistung wird den Leistungsempfängern ein bestimmter "Verwendungszweck" nicht auferlegt (vgl BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R). Der Leistungsberechtigte des InsG ist vielmehr in der Verwendung dieser Leistung frei.

Da das InsG in in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs tritt, ist es auch hinsichtlich der Einkommensbereinigung wie der Arbeitsentgeltanspruch zu behandeln. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt (wegen Zahlungsschwierigkeiten) zu einem späteren Zeitpunkt zahlt oder ob an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs wegen des Eintritts eines Insolvenzereignisses das durch die BA gezahlte InsG tritt. Für die Nachzahlung von Arbeitsentgelt hat der 14. Senat des Bundessozialgerichts bereits entschieden, dass vom Bruttoarbeitsentgelt die nach § 11 Abs 2 SGB II abzusetzenden Beiträge abzuziehen sind (BSG, Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 43/07 R, RdNr 34) .

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2. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 B 50/09 AS und L 7 B 51/09 AS vom 24.08.2009 rechtskräftig , Beschluss

Zur Anwendbarkeit der Erreichbarkeits-Anordnung im SGB II .

Nach § 7 Abs. 4a SGB II erhält keine Leistungen nach dem SGB II, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO, in der Fassung vom 16.11.2001) definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält. Ob dieser Leistungsausschluss nur auf erwerbsfähige Hilfebedürftige anzuwenden ist (Löns in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 7 Rn. 47; Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 7 Rn. 91) oder auch für erwerbsunfähige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft bzw. alle Personen, denen die Aufnahme einer Beschäftigung nicht zumutbar ist (etwa Schüler), gilt (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 87; vgl. auch Loose, in GK-SGB II, Stand Januar 2009, § 7 Rn. 103, 104; für eine Einzelfallentscheidung siehe BA, Durchführungshinweise zu § 7, Rn. 7.57 und 7.58) ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Auch bei einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage ist Prozesskostenhilfe zu gewähren (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 7b)

Zwar hatte sich die Hilfebedürftige sich außerhalb des ortsnahen Bereichs und auch ohne Zustimmung der Arge aufgehalten. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen betont jedoch, dass die örtliche Abwesenheit der Hilfebedürftigen in einem Zeitraum lag, in dem sie sich auf die Unzumutbarkeit einer Arbeitsaufnahme aufgrund eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 2 (sechs Wochen vor der Entbindung) und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes (bis zum Ablauf von acht Wochen) sowie der Erziehung ihres Kindes gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II berufen konnte.

2.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 B 37/09 SO vom 28.08.2009 rechtskräftig , Beschluss

Hyperlipidämie und eine Lungenerkrankung verursachen für einen Hartz IV - Empfänger keine höheren Kosten .

Selbst wenn unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urt.v. 15.04.2008 - B 14/11 b AS 3/07 R) die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins - trotz der nunmehr hergestellten Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe - nicht den Charakter eines antizipierten Sachverständigengutachtens haben sollten, so bieten sie doch jedenfalls Orientierungspunkte für die erforderliche medizinische Ermittlungsdichte. Weder die im Befundbericht des Hausarztes vom 24.02.2009 angeratene salzarme Kost noch die von demselben Arzt im Verwaltungsverfahren mit Bescheinigung vom 28.05.2008 benannte Fettstoffwechselstörung (Hyperlipidämie) bedeuten nach den Empfehlung des Deutschen Vereins einen Mehraufwand. Den Störungen ist vielmehr mit der eingeschränkten Aufnahme von Kochsalz und fettreicher Nahrung zu begegnen. Es bieten sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade das Nebeneinander der beiden Einschränkungen einen erhöhten Kostenaufwand bedeutet.

Das Sozialgericht ist zutreffend durch Einholung des Befundberichtes der Frage nachgegangen, ob möglicherweise darüber hinausgehende weitere Gesundheitsstörungen vorliegen, die einen ernährungsbedingten Mehraufwand bedeuten könnten. Die von dem Hausarzt belegte Lungenerkrankung ist aber ebenfalls nicht mit einem solchen Mehraufwand verbunden. Sie stellt sich insbesondere im konkreten Fall nicht als verzehrende Erkrankung dar. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass der Kläger nach wie vor deutlich übergewichtig ist.

Vor diesem Hintergrund waren weitere Ermittlungsschritte nach Einholung des Befundberichtes nicht erforderlich. Bei der Einholung des Berichtes selbst handelt es sich um die Anforderung von Auskünften nach § 118 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie diente gerade der Feststellung der Erfolgsaussichten und überschritt noch nicht die Grenzen der bloßen Vorerhebung (vergl. LSG NRW, Beschluss vom 02.06.1986 - L 14 S 3/86 - und aktuell im Anschluss hieran: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.06.2008 - L 12 B 2/08 SB - ) .

Anmerkung : Vergleiche hierzu auch Sozialgericht Bremen S 23 AS 1482/09 ER 03.09.2009 , Beschluss ; Sächsisches Landessozialgericht L 2 AS 152/07 26.02.2009 , Urteil und Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AS 41/08 22.07.2009 , Beschluss

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2.2 LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2009, Az. L 12 SO 10/09

Bei Bedarfsdeckung durch Altersrente besteht kein Anspruch auf Sozialhilfe .

Der Anspruch auf Sozialhilfe ist ausgeschlossen, wenn die bewilligte Altersrente den Bedarf des Antragstellers deckt. Erfolgt die Auszahlung der bewilligten Altersrente erst zum Monatsende, so besteht für den ersten Bewilligungsmonat noch Anspruch auf Sozialhilfe.

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3. Sozialgericht Bremen S 26 AS 1516/09 ER 02.09.2009 , Beschluss

Grundsicherung nach dem SGB II kann in Härtefällen als Darlehen erbracht werden ( § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ) .

Die Antragstellerin konnte einen Anspruch nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II glaubhaft machen. Danach können an Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sind und die deshalb eigentlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen erbracht werden.

So liegt der Fall hier. Zwar ist der Besuch der Erwachsenenschule nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG dem Grunde nach förderungsfähig, so dass grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ein Leistungsanspruch nach dem SGB II ausscheidet. Der Leistungsausschluss ist vorliegend auch nicht seinerseits gemäß § 7 Abs. 6 SGB II ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um einen besonderen Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, der die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen vorsieht. Der Zweck der gesetzlichen Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, zu verhindern, dass Leistungen nach dem SGB II dazu dienen, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen und so auf einer zweiten Ebene eine versteckte Ausbildungsförderung stattfinden zu lassen, wird hier nicht berührt (vgl. ebenso schon VG Bremen, Beschl. v. 13.02.2007 - S3 V 276/07 -; VG Bremen, Beschl. v. 05.09.2007 - S2 V 2257/07 -). Die Antragstellerin hat nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die sie bisher schon zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigten, voraussichtlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG. Diese Ansprüche kann die Antragsgegnerin auch auf sich überleiten, so dass eine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene mit Mitteln der Leistungsträger nach dem SGB II im Ergebnis nicht zu befürchten ist. Dass der Antragstellerin diese Leistungen nicht mit Beginn der Ausbildung zur Verfügung stehen, beruht auf der Regelung des § 51 Abs. 2 BAföG, nach der Vorschussleistungen erst erbracht werden, wenn über den Antrag nicht binnen sechs Wochen nach Antragstellung entschieden werden kann und auf der - von der Rechtsprechung mitgetragenen - Praxis des hiesigen Amtes für Ausbildungsförderung, den Beginn dieser Frist erst im Zeitpunkt des Vorliegens eines vollständigen Antrages auf Ausbildungsförderung anzusiedeln.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat es die Antragstellerin deshalb auch nicht in der Hand, notfalls unter Zuhilfenahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes einen Vorschussanspruch gegen das Landesamt für Ausbildungsförderung durchzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung der für das BAföG zuständigen 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Bremen beginnt der Lauf der Sechs- bzw. Zehnwochenfrist des Vorschussanspruchs nach § 51 Abs. 2 BAföG erst mit Vorliegen eines vollständigen Antrags (vgl. nur VG Bremen, Beschl. v. 19.10.2005 - 1 V 2083/05 -). Eine Möglichkeit, Härtefallgründen über den Anspruch aus § 51 Abs. 2 BAföG hinaus Rechnung zu tragen, besteht mangels Rechtsgrundlage im Ausbildungsförderungsrecht nicht (vgl. schon VG Bremen, Beschl. v. 25.09.2001 - 7 V 1724/01 -). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts bestehen hiergegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil etwa auftretende Notlagen durch § 7 Abs. 5 SGB II aufgefangen werden, wonach in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen gewährt werden können (VG Bremen, Beschl. v. 19.10.2005 - 1 V 2083/05 -)

Der Antragstellerin war es nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht möglich, zu einem früheren Zeitpunkt einen vollständigen Ausbildungsförderungsantrag zu stellen, da ihr Vater - zu dem sie nach ihren Angaben nahezu keinen Kontakt mehr hat - bisher keine Einkommensunterlagen vorgelegt hat. Das Landesamt für Ausbildungsförderung hat den Vater der Antragstellerin aus diesem Grund noch einmal angeschrieben. Eine Antwort steht aber noch aus.

Angesichts dieser Zusammenhänge würde es eine besondere Härte darstellen, die Antragstellerin darauf zu verweisen, ihre Ausbildung abzubrechen, um wieder in den Genuss von Leistungen nach dem SGB II zu kommen. Ihre Situation unterscheidet sich von der Situation anderer Auszubildender, deren Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, die aber aus in ihrer Person liegenden Gründen keine Förderungsleistungen erhalten. Der Abbruch der Ausbildung würde weiterhin sowohl den Zielsetzungen des BAföG als auch des SGB II widersprechen.

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3.1 Sozialgericht Bremen S 23 AS 1526/09 ER 02.09.2009 , Beschluss

Für eine Ersatzbeschaffung ( hier Anschaffung eines Fernsehers ) besteht kein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses bzw. eines Darlehens .

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Mitteln für die Anschaffung eines Fernsehers, und zwar weder als Zuschuss, noch als Darlehen.

Der Antragsteller kann insbesondere die Gewährung eines Zuschusses nicht als Erstausstattung seiner Wohnung gem. § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II verlangen. Es handelt sich bei dem anzuschaffenden Fernseher nämlich nicht um eine erstmalige Bedarfsdeckung, sondern um eine Ersatzbeschaffung. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Antragsteller schon bisher einen Fernsehapparat hatte. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den beiden vom Antragsteller herangezogenen Verfahren des SG Frankfurt, denn dort war die Gewährung von Erstausstattung strittig. Daher sei nur am Rande erwähnt, dass auch die beschließende Kammer bereits entschieden hat, dass – entgegen der senatorischen Verwaltungsanweisung zu § 23 Absatz 2 SGB II (http://www.soziales.bremen.de/sixcms/media.php/13 /Verwaltungsanweisung%20zu%20%2023%20Abs.%203%20SG B%20II%20Stand%202009-02-25.pdf) - zur Erstausstattung einer für die Wohnung gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Fernseher gehört (Beschluss der Kammer vom 2. Juli 2009 – S 23 AS 894/09 ER – (http://www.sozialgericht-bremen.de/sixcms/media.p hp/13/23 AS 894 09 ER Beschluss 20090702Anonym.pdf).

Der Antragsteller kann nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage auch keine Gewährung eines Darlehens zur Anschaffung eines Fernsehers gem. § 23 Abs. 1 SGB II verlangen. Denn ein solches Darlehen setzt nach dem Gesetz voraus, dass der Bedarf "unabweisbar" ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Abdeckung des Bedarfs keinen Aufschub duldet (z.B.: Wintermantel im BAM.; vgl. Lang/Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 23 Rn. 27). Daran fehlt es hier. Die Kammer hält es für zumutbar, von der Regelleistung einen gebrauchten Fernseher anzusparen. Dabei schätzt die Kammer, dass ein solches Gebrauchtgerät über Kleinanzeigen etc. derzeit für ca. 20,00 bis 50,00 Euro erhältlich ist. Es müsste daher möglich sein, diesen Betrag innerhalb weniger Monate anzusparen. So viel Aufschub duldet nach der Auffassung der Kammer die Anschaffung eines Fernsehers, zumal grundrechtlich verbürgte Informationsbedürfnisse auch durch das Radio gedeckt werden können.

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3.2 Sozialgericht Bremen S 23 AS 1559/09 ER 31.08.2009 rechtskräftig , Beschluss

Der Anspruch auf Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 7 SGB II hängt allein von der Höhe der ungedeckten Unterkunftskosten ab, ohne dass es einer Bedarfs- bzw. Einkommensberechnung nach dem SGB II bedarf .

Es ist kein Anordnungsanspruch gegeben. Nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf die Gewährung eines höheren Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 7 SGB II. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Berechnung ist – jedenfalls im Eilverfahren – nicht zu beanstanden. Denn die Antragsgegnerin hat zu Recht als ungedeckte Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 7 SGB II die von den SGB III/BAföG-Sätzen nicht gedeckten Kosten angesehen. Zur näheren Begründung kann auf das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom verwiesen werden. Dort heißt es im Einzelnen hierzu:

Mit der Formulierung in § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II "und deren Bedarf sich nach den" entsprechenden Vorschriften des SGB III und des BAföG richtet, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Festlegung des für die Zuschussberechnung maßgeblichen Bedarfes sich gerade nicht nach den Vorschriften des SGB II, sondern grundsätzlich denen des SGB III und des BAföG richten soll. Auch die Formulierung des SGB III und des BAföG spricht für diese Auslegung: § 65 SGB III legt fest, welcher "Bedarf" für den Lebensunterhalt bei beruflicher Ausbildung und Unterbringung in einem eigenen Haushalt anzuerkennen ist. In § 13 BAföG ist ausdrücklich bestimmt, welche Beträge als monatliche "Bedarfe" des Auszubildenden gelten. Der Gesetzgeber hat hiermit festglegt, welchen anzuerkennenden Bedarf Auszubildende grundsätzlich hinsichtlich ihrer Wohnkosten haben. Die in § 22 Abs. 7 SGB II erwähnten "ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung" sind damit die durch den SGB III/BAföG-Satz nicht gedeckten Kosten (ebenso LSG Hessen, Beschluss vom 2.8.2007 - L 9 AS 215/07 ER).

Auch rechtssystematisch überzeugt allein die von der Beklagten vorgenommene und vom Sozialgericht bestätigte Berechnungsmethode: Durch die Zuschussregelung des § 22 Abs. 7 SGB II sollen Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe oder Leistungen nach dem BAföG gerade nicht Empfängern von Arbeitslosengeld II angenähert werden. Dies widerspräche der Grundentscheidung des § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II, wonach Auszubildende grundsätzlich keine Leistungen nach dem SGB II erhalten sollen. Auch § 19 S. 2 SGB II, wonach der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II nicht als Arbeitslosengeld II gilt, spricht für diese Auslegung (ebenso LSG Hessen, Urteil vom 27.3.2009 - L 6 AS 340/08 B ER; SG Schleswig, Beschluss vom 2.7.2007 - S 4 AS 364/07 ER; im Ergebnis ebenso LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.3.2009 - L 11 B 575/08 AS ER; Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rnr. 130). Demzufolge wird in der Literatur zu Recht kritisiert, dass die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II im SGB II systematisch eigentlich nichts zu suchen hat, sondern besser eine Regelung im SGB III bzw. BAFöG mit einer Anhebung der Bedarfe für Unterkunft erfolgt wäre (Berlit, in: LPK- SGB II, 2. Aufl., § 22 Rnr. 126). Durch die von der Klägerin für richtig gehaltene Berechnungsmethode hingegen würden BAB-Empfänger und Empfänger von BAföG-Leistungen im Ergebnis so gestellt, als wären sie Berechtigte nach dem SGB II.

Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich keine abweichende Auffassung herleiten: § 22 Abs. 7 SGB II wurde eingefügt durch Art. 1 Nr. 21 e) des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (GSiFoG; BGBl. I S. 1706 f.) mit Wirkung ab 1.1.2007 (Art. 16 Abs. 4 GSiFoG). In der Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BT-Drucks. 16/1410 S. 24) ist ausgeführt, dass die pauschalierte Leistungsgewährung nach dem BAföG und der Berufsausbildungsbeihilfe zu Ausbildungsabbrüchen führen kann, wenn die in der Ausbildungsförderung berücksichtigten Leistungen für Unterkunft und Heizung für eine Existenzsicherung nicht ausreichen. Der Gesetzgeber wollte mit § 22 Abs. 7 SGB II also erkennbar einen Ausgleich für die Pauschalierungen der Bedarfe im Recht der Ausbildungsförderung erreichen. Genau dieses Ergebnis wird durch die Berechnungsmethode der Beklagten erzielt: Die Klägerin erhält mit ihrem Einkommen, den Leistungen für die Ausbildungsförderung und dem Zuschuss für die Unterkunftskosten zusammen genau ihren Anteil an den Unterkunftskosten.

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Anmerkung : Vergleiche dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 1 AS 40/08 , Urteil vom 23.06.2009

4. Sozialgericht Freiburg S 12 SO 487/08 18.02.2009 rechtskräftig ,Urteil

Ein behindertes Kind kann die Kostenübernahme für eine heilpädagogische Frühförderung als Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger verlangen .

Gem. § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhalten Personen, die durch eine Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Ist die hilfebedürftige Person dem Personenkreis des § 53 Abs. 1 SGB XII zuzuordnen, besteht eine Anspruch auf Eingliederungshilfe durch die Gewährung solcher Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind. Dabei obliegt es grundsätzlich der Behörde, festzustellen, welche Hilfemaßnahmen im konkreten Einzelfall notwendig und geeignet sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.06.2008 - B 11b AS 19/07 R - ; LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 08.07.2008 - L 2 SO 1990/08 ER-B -, LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.06.2008 - L 9 B 358/08 SO ER -, VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 12.11.2008 - 6 K 1620/04 -, SG Gießen, Urt. v. 11.10.2007 - S 20 SO 36/06 -, ). Die Entscheidung der Behörde über Art und Umfang der Hilfeleistung ist daher nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Das Gericht kann nur prüfen, ob die Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der begehrten Hilfeleistung das Ergebnis eines kooperativen Entscheidungsprozesses ist, eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation darstellt und daher fachlich vertretbar und nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob allgemeingültige Maßstäbe beachtet worden sind, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1999, BVerwGE 109, 155, 167 f. zu Leistungen nach § 35 a Sozialgesetzbuch Achtes Buch - SGB VIII -). Die Verpflichtung der Behörde zu einer bestimmten von der Klägerin gewählten Maßnahme kommt nur dann in Betracht, wenn sich der Beurteilungsspielraum der Behörde dahingehend verdichtet, dass nur diese Maßnahme als erforderlich und geeignet in Betracht zu ziehen ist.

Ob eine Maßnahme der Eingliederungshilfe geeignet und erforderlich ist, setzt nicht ein prognostisches Urteil über die Eignung einer heilpädagogischen Maßnahme nach dem Maßstab allgemeiner ärztlicher oder sonstiger fachlicher Erkenntnis voraus, nach dem zu erwarten wäre, dass durch die heilpädagogische Maßnahme eine drohende Behinderung oder eine bereits vorhandene Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 SGB XII verhütet werden kann oder die Folgen einer solchen Behinderung beseitigt oder abgemildert werden könnten (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.05.2002, FEVS 53, 499 ff.; Thür. LSG, Beschl. v. 30.03.2007 - L 8 SO 116/07 ER -, VG Göttingen, Urt. v. 09.02.2006 - 2 A 351/04 -, ). Es geht allein um die Frage, ob die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem Behinderten den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Wenn der Beklagte allgemein darauf abstellt, dass die Klägerin ihren Hilfebedarf durch eine Verhaltenstherapie decken könne und damit auf die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers - der Krankenkassen - verweist, genügt dies nicht. Ein solches Vorgehen widerspricht den in §§ 1 und 11 SGB XII festgehaltenen allgemeinen Pflichten des Sozialhilfeträgers zur Beratung und Unterstützung von Hilfebedürftigen. Insbesondere bei der Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Kinder geht es darum, diesen Kindern die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dazu gehört auch, die Behinderungen bis zum Eintritt der Schulpflicht abzumildern oder gar ganz zu beseitigen, damit diese Kinder in die Lage versetzt werden können, eine Schule zu besuchen. Die Möglichkeit der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entspricht dem Bedürfnis der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG -). Zu deren Achtung und Schutz ist der Beklagte gerade für den Bereich der Sozialhilfe auch einfachgesetzlich verpflichtet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Soweit - wie hier - ein Hilfebedarf feststeht und damit der Sozialhilfeträger zum Handeln verpflichtet ist, darf es nicht bei einer rein passiven Haltung bleiben. Vielmehr müssen alle Möglichkeiten der Beratung und Intervention ausgeschöpft werden. Dies ist die Kehrseite, wenn man - richtigerweise - nicht nur Zahlstelle sein will.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=121281&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

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