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Rechtsprechungsticker von Tacheles 21 KW / 2009

Rechtsprechungsticker von Tacheles 21/2009

1. Bundessozialgericht

1.1 BSG Urteil - B 8 SO 8/08 R - vom 19.05.2009

Sozialhilfeempfängern darf nicht die Stütze gekürzt werden, nur weil sie mit ihren erwachsenen Kindern unter einem Dach leben.

Die Rechtsfrage, wie sich die Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in den Fällen bemisst, in denen zwei gemeinsam wohnende Personen keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) bilden würden, wenn sie beide die Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllen würden, die anspruchstellende Person aber die Voraussetzungen für die Grundsicherung nach dem SGB XII, die andere Person dagegen (nur) nach dem SGB II erfüllt, ist höchstrichterlich nicht geklärt und streitig (s. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Dezember 2007 – L 9 SO 18/06 - .

Sozialhilfeempfängern darf nicht die Stütze gekürzt werden, nur weil sie mit ihren erwachsenen Kindern unter einem Dach leben. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) am Dienstag in Kassel (Az.: B 8 SO 8/08 R). Empfänger von Sozialhilfe wären sonst schlechter gestellt als Bezieher von «Hartz-IV»-Leistungen, erklärte der Senat. Damit drohe ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2009&nr=10957&pos=0&anz=19

1.2 BSG Urteil - B 8 SO 4/08 R - vom 19.05.2009

Erstattungsanspruch des Krankenhauses gegen den Soziahilfeträger bei Notfallbehandlung eines AlG-II-Berechtigten .

Grundsätzlich führt die fehlende Antragstellung einer nach dem SGB 2 antragsberechtigten Person nicht dazu, dass subsidiär der eigentlich unzuständige Träger nach dem SGB 12 Leistungen erbringen muss. Dies gilt jedoch dann nicht uneingeschränkt, wenn es sich um eine hilfebedürftige Person handelt, die zwar dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB 2 ist, jedoch kein eigenes Recht zur Antragstellung besitzt (hier: minderjähriges Kind als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ( Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 12 SO 14/07 - Urteil vom 14.11.2007 ) .

Die Regelung des § 25 S 1 SGB 12 - Nothelferanspruch - ist analog auch auf Hilfebedürftige anwendbar, die nach dem SGB 2 leistungsberechtigt sind; es besteht insoweit im SGB 2 eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage.

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass der Nothelfer bei der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs die materielle Beweislast dafür trägt, dass der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis Sozialhilfe gewährt hätte, was auch die Hilfebedürftigkeit des Empfängers der Nothilfe voraussetzt (vgl BVerwG vom 30.12.1996 - 5 B 202/95 ) .

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat mit einer Entscheidung vom 19. Mai 2009 B 8 SO 4/08 R die Sache mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen zum Versichertenstatus der S. und dazu, ob überhaupt ein Notfall iS des § 25 SGB XII vorlag, an das Landessozialgericht zurück¬verwiesen. Die Entscheidung des Landessozialgerichts zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 25 SGB XII wurde indes bestätigt. War S. nicht anderweitig krankenversichert, wären bei Bedürftigkeit Hilfen zur Gesundheit nach dem Fünften Kapitel des SGB XII zu erbringen gewesen. Die Gewährung dieser Leistungen ist weder nach § 5 SGB II noch nach § 21 SGB XII neben einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn es an einem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II fehlt.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2009&nr=10956&pos=1&anz=19

2. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

2.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 225/07 AS ER Beschluss vom 17.06.2008 rechtskräftig

Der Unterkunftsbedarf eines alleinstehenden Hilfesuchenden, dessen Kind zwecks Wahrnehmung des Umgangsrechts bei ihm aufhältig ist und übernachtet, bestimmt sich nach den landesrechtlichen Vorgaben über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bzw. den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen . Temporäre Bedarfsgemeinschaft - Kosten der Unterkunft .

1. Es ist nicht sachgerecht, im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts und bei zeitweiligen Bedarfsgemeinschaften allein auf die Anzahl der während der Besuchs zeiten anwesenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abzustellen. Vielmehr bedarf es auch insoweit der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Kriterien für die Bestimmung einer angemessenen Wohnungsgröße können insoweit insbesondere der zeitliche Umfang der Ausübung des Umgangsrechts, das Alter der Kinder, indiviuell erhöhte Raumbedarfe, ggf. auch die Entfernung zum Haushalt des anderen Elternteils etc. sein. In Abhängigkeit davon ist bei "temporären Bedarfsgemeinschaften" ein Zuschlag ausgehend von der dem Bedarf "permanenten" Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach den landesrechtlichen Vorgaben über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bzw. den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen in Betracht zu ziehen (vgl. auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn. 44).

2. Der zeitliche Umfang weist den Aufenthalten des Kindes beim Vater letztlich Besuchscharakter zu. Schon aus diesem Grund erscheint die Ausschöpfung des für eine zweiköpfige Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich anzuerkennenden Raumbedarfs nicht angemessen , so dass unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, sprich des örtlichen Wohnungsmarktes, die Anerkennung einer Wohnungsgröße von --50 m² -- gerechtfertigt ist, weil in Anbetracht des Alters des Kindes und dessen Persönlichkeit das Vorhandensein eines eigenen Zimmers zwingend erscheint.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88922&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2.2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 B 32/09 AS 04.05.2009 rechtskräftig , Beschluss

Für die Rechtsfrage, ob ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II die Vollendung des 15. Lebensjahres eines Sozialgeldempfängers voraussetzt, ist Prozesskostenhilfe zu gewähren .

Die im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II die Vollendung des 15. Lebensjahres eines Sozialgeldempfängers voraussetzt, ist durch die Rechtsprechung noch nicht ausreichend geklärt. Zwar muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich beantwortet worden ist. Die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf die Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, gebietet das Gebot der Rechtsschutzgleichheit die Gewährung von Prozesskostenhilfe an eine unbemittelte Partei (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2007 - 1 BvR 1807/07 - Rdnr. 23 m.w.N, NJW 2008, 1060). Höchstrichterliche Entscheidungen zu der Frage, ob der Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II die Vollendung eines Mindestalters durch den Sozialgeldempfänger voraussetzt, liegen noch nicht vor. Die in der Rechtsprechung (LSG NRW, Urteile vom 11.12.2008 - L 9 AS 34/08 - und - L 9 AS 13/08 - Revision anhängig unter B 14 AS 3/09 R) vertretene Auffassung, dass ein Kind vor Vollendung des 15 Lebensjahres nicht erwerbsfähig i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II ist und damit als Sozialgeldempfänger keinen Anspruch auf Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II haben kann, ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes und der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88910&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

2.3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 AS 11/07 14.06.2007 rechtskräftig , Urteil

Von den Eltern gewährtes Darlehen zum Kauf eines PKW stellt im SGB II zu berücksichtigendes Einkommen dar , wenn die Eltern den Betrag von 15.000 Euro nicht mehr zurück fordern .

Als Vermögen ist die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte anzusehen, während die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erst bei der Frage der Verwertbarkeit bzw. der Zumutbarkeit der Verwertung erfolgt (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 12 Rdn. 14).

Der Kläger verfügte am 01.01.2005 über ein Vermögen von insgesamt 22.115,13 Euro, und zwar über Guthaben auf dem Sparkonto in Höhe von 20.636,79 Euro und dem Girokonto in Höhe von 1.478,34 Euro. Dieses Vermögen war auch kurzfristig verwertbar. Das über einen Festbetrag von 15.338,76 Euro hinausgehende Guthaben auf dem Sparkonto konnte der Kläger jederzeit und den Festbetrag nach einer dreimonatigen Kündigungsfrist abheben. Gegen eine Verwertbarkeit spricht auch nicht das von dem Kläger behauptete Darlehen seiner Eltern. Selbst wenn der Vortrag des Klägers, er habe das Geld zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges von seinen Eltern geliehen bekommen und es wieder zurückzahlen sollen, sofern die wirtschaftliche Situation dies zulasse, zutreffend sein sollte, ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Dabei ist vorliegend nicht entscheidend, dass der Kläger Kontoinhaber gewesen ist. Einen dahingehenden Rechtsgrundsatz, der Arbeitslose müsse sich am Rechtsschein seiner Kontoinhaberschaft festhalten, gibt es nicht (BSG, Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R; BSG, Urteil vom 21.03.2007, B 11a AL 21/06 R). Anhand aller Umstände des Einzelfalles ist zu ermitteln, ob und ggf. mit welchem Inhalt die behauptete Treuhandvereinbarung überhaupt getätigt worden ist oder ob es sich um Schutzbehauptungen handelt (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R). Ein Treuhandvertrag ist, unbeschadet der vielfältig möglichen Erscheinungsformen im Rechtsleben, dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R). Das Vermögensrecht des Treuhänders ist mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet (z.B. Abzug von Hypothekenschulden vom Wert des Haus- und Grundvermögens, vgl. BSG, Urteil vom 25.03.1999, B 7 AL 28/98 R), grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSG, Urteil vom 02.11.2000, B 11 AL 35/00 R). Ob der Arbeitslose einen als Vermögen zu berücksichtigenden Anspruch hat oder einer berücksichtigungsfähigen Verpflichtung ausgesetzt ist, beurteilt sich allein nach bürgerlichem Recht.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt das vom Kläger behauptete Darlehen der Eltern verwertbares Vermögen dar. Eine unmittelbare Belastung der Vermögensgegenstände des Klägers ist nicht gegeben; eine berücksichtigungsfähige Verpflichtung liegt ebenfalls nicht vor. Bereits zu Lebzeiten des Vaters haben die Eltern des Klägers den Betrag von 15.000,- Euro nicht mehr zurückgefordert, obwohl der Kläger 2001 nur gut 1.000,- Euro für den Kauf eines Fahrzeuges benötigt hat. Bis heute hat der Kläger keinerlei Rückzahlungen an seine Eltern bzw. an seine Mutter geleistet, die auch nie nach dem Geld gefragt haben. Zum anderen war der Kläger jedenfalls im Aufhebungszeitraum auch nicht zur Rückzahlung des Geldes mangels Fälligkeit verpflichtet. Eine Änderung der wirtschaftlichen Situation, die nach dem Vortrag des Klägers eine Rückzahlung nach sich gezogen hätte, ist im Aufhebungszeitraum nicht eingetreten. Im Übrigen hat der Kläger das Vermögen auch zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verwandt. Nach alledem ist die Beklagte zu Recht von einer Verwertbarkeit des Vermögens des Klägers ausgegangen.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=68945&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

3. Hessisches Landessozialgericht

3.1 Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.03.2009, Az.: L 6 AS 340/08 B ER

Wird BAföG wegen Erreichen der Bagatellgrenze nicht ausgezahlt, steht dies einem Anspruch auf Zuschuss zu den Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II nicht entgegen.

Landessozialgericht bestätigt Anspruch im Eilverfahren

Die Darmstädter Richter gaben der Studentin Recht. Der Gesetzgeber habe zwar Auszubildende von dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausschließen wollen, die nach dem Gesetz zur Bundesausbildungsförderung „dem Grunde nach“ förderungsfähig seien. Die hier vorliegende Fallkonstellation habe er jedoch nicht bedacht. Diese Regelungslücke sei daher im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot zu schließen. Andernfalls würden Auszubildende mit einem Leistungsanspruch unterhalb der Bagatellgrenze benachteiligt. Denn sie müssten nicht nur auf den -wenn auch nur geringen BAföG-Betrag unterhalb der Bagatellgrenze, sondern zudem auf den Zuschuss zu den Unterkunftskosten verzichten. Dieser Zuschuss könne jedoch ein Vielfaches der Bagatellgrenze betragen.

Weiter stellten die Darmstädter Richter im Rahmen der Eilentscheidung klar, dass für die Höhe des Zuschusses allein die Höhe der ungedeckten Unterkunftskosten maßgeblich ist und hierbei eine Anrechnung von Kindergeld nicht in Betracht kommt. Zudem dürfen Auszubildende an Stelle des Zuschusses nicht auf die Inanspruchnahme von Wohngeld verwiesen werden.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/show.php?modul=msgb&id=3213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Zum Beschluss http://www.tacheles-sozialhilfe.de/harry/view.asp?ID=1807 Punkt 5.1

4. Landessozialgericht Baden-Württemberg

4.1 Landessozialgericht Baden-Württemberg L 12 AS 4195/08 Urteil vom 24.04.2009

Zur Frage , wie bei einmalig anfallenden Heizkosten zu verfahren ist, wenn Personen nicht im laufenden Leistungsbezug stehen .- Zuschlag nach § 24 SGB II - Kosten für einen Kabelanschluss .

1. Einmalige Kosten für die Beschaffung von Heizmaterial sind im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anzusehen. Werden wegen erzielten Einkommens keine laufenden Leistungen bezogen, ist die Hilfebedürftigkeit nicht allein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Heizkostenforderung zu ermitteln, sondern fiktiv eine Aufteilung der Kosten auf den Zeitraum vorzunehmen, für den das Heizmaterial vorgesehen ist. Nur wenn bei Berechnung der monatlich umgelegten Heizkosten Hilfebedürftigkeit besteht, können die Kosten für das Heizmaterial vom Grundsicherungsträger übernommen werden.

2. Bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit ist nicht der Zuschlag nach § 24 SGB II zu berücksichtigen, denn Anspruch auf den Zuschlag besteht nur, wenn Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht (vgl. BSG SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 = BSGE 97, 265; SozR 4-4200 § 24 Nr. 3).

3. Kosten für einen Kabelanschluss sind nur dann zu berücksichtigen , wenn sie untrennbar mit den Kosten der Unterkunft verbunden sind und die Hilfebedürftigen die Wohnung nicht ohne den Kabelanschluss anmieten können (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - ) . Diese Voraussetzungen sind hier nicht ersichtlich.

4. Sind wegen der gewerblichen Nutzung nur 80% der Wohnfläche zu berücksichtigen , ist entsprechend auch bei den Heizkosten nur eine anteilige Berücksichtigung möglich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 1. August 2007 - L 9 AS 179/07 - anhängig: BSG - B 14 AS 36/08 R -; Bayer. LSG, Urteil vom 25. Januar 2008 - L 7 AS 93/07 - anhängig: BSG - B 14 AS 41/08 R -).

5. Sozialgericht Detmold

5.1Sozialgericht Detmold S 13 AS 21/07 31.03.2009 , Urteil

Aufwandsentschädigungen für Blutspenden sind kein zu berücksichtigendes Einkommen unter Hartz IV -Keine Pauschalierung von Heizkosten -Warmwasserkosten betragen 6,33 Euro bei einem Regelsatz von 315 Euro - Verkauf von Hausrat-Gegenständen kein Einkommen - Geldgeschenke von Verwandten - Zur Absetzung des Pauschbetrages von 30 Euro von jeglichem Einkommen .

1. Die Entschädigungen für die Blutspenden des Klägers sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II sind Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Die Entschädigung für Blutspenden dient nicht – wie die Leistungen nach dem SGB II – der Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach § 10 des Gesetzes zur Regelung des Transfusionswesens (BGBl. I 2007, 2169) soll die Spendenentnahme grundsätzlich unentgeltlich erfolgen. Der spendenden Person kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden, die sich an dem unmittelbaren Aufwand je nach Spendeart orientieren soll. Die Aufwandsentschädigung dient nicht der Einkommenserzielung sondern unterstützt durch Gewährung eines Ausgleiches die Gewinnung von Blut- und Blutbestandteilen für eine gesicherte und sichere Versorgung der Bevölkerung durch eine Selbstversorgung auf der Basis der freiwilligen und unentgeltlichen Spende (§ 1 Transfusionsgesetz). Die Aufwandsentschädigungen wurden dem Kläger daher aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften gewährt. Sie wurden auch zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt. Hierfür reicht die Verwendung des Begriffs "Aufwandsentschädigung" im Transfusionsgesetz aus. Bereits dadurch ist in hinreichendem Maße - ohne dass es zusätzlicher Hinweise auf die Zweckbestimmung bedurfte - zum Ausdruck gebracht, dass die dem Kläger hiernach zufließenden Beträge zur Abgeltung von Aufwendungen bestimmt waren, die mit der Blutspende verbunden sind. Ob eine solche pauschale Entschädigung auch (in vollem Umfang) zweckentsprechend verwendet wird, ist unbeachtlich (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.01.1989 – 8 A 1753/87, Juris, zur Aufwandsentschädigung für Kreistagsabgeordnete). Nach der Dienstanweisung der Bundesagentur zu § 11 SGB II werden dementsprechend Entschädigungen für Blutspender auch als nicht zu berücksichtigende Einnahmen aufgeführt. Diese Einnahme hat die Lage des Klägers auch nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt sind. Da in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II nicht von "wirtschaftlicher Lage", sondern nur von "Lage" die Rede ist, dürfte es nicht nur auf die finanziellen, sonder auch auf die sonstigen persönlichen Verhältnisse des Empfängers ankommen. Insgesamt ist eine großzügige Handhabung in diesem Punkt angezeigt (Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II § 11 Rn 268 ff., Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 11 Rn 40). Nach der Dienstanweisung der Bundesagentur zu § 11 wird auf eine Gerechtfertigkeitsprüfung verzichtet, wenn die Einnahmen einen Betrag in Höhe einer halben monatlichen Regelleistung nicht übersteigen. Der Kläger hat hier in der Zeit von Dezember 2005 bis Mai 2007 nach dem vorliegenden Blutspendepass 20 mal Blut gespendet, also durchschnittlich 1,1 mal pro Monat. Bei einer Aufwandsentschädigung von 62,00 EUR wird auch unter Berücksichtigung der angegebenen Bonuspunkte ein Betrag in der Nähe der halben monatlichen Regelleistung nicht erreicht.

2. Auch die Einnahmen, die der Kläger dadurch erzielt hat, dass er Gegenstände aus seinem Hausrat veräußert hat, stellen kein Einkommen im Sinne des § 11 SGB II dar. Einkommen ist das, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraumes wertmäßig dazu erhält und Vermögen, dass was er bei Beginn eines Zahlungszeitraumes bereits hat. Infolge dessen ist dasjenige, was der Hilfebedürftige aus der Verwertung seines Vermögens zum Verkehrswert erzielt, ebenfalls Vermögen, da es an die Stelle des verwerteten Vermögensgegenstandes tritt und dem Hilfebedürftigen keinen wertmäßigen Zuwachs bringt (Mecke in Eicher/Spellbrink, a.a.O. § 11 Rn 21).

3.Die von dem Kläger selbst erwähnten Geldgeschenke von Verwandten führen ebenfalls nicht zu einer Anrechnung von Einkommen. Soweit sie 50,00 EUR jährlich übersteigen, handelt es sich hierbei zwar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung um Einkommen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieses Einkommen die Höhe des abzusetzenden Pauschbetrages gemäß § 3 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung in Höhe von 30,00 EUR monatlich überschreitet. Danach sind vom Einkommen als Pauschbeträge abzusetzen ein Betrag in Höhe von 30,00 EUR monatlich für Beiträge zu privaten Versicherungen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Pauschbetrag nicht nur vom Erwerbseinkommen abzuziehen. Die Regelung gilt angesichts ihres insoweit nicht eingeschränkten Wortlauts nicht nur für Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit oder aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft, sondern für jegliches zu berücksichtigende Einkommen (SG Reutlingen, Urteil vom 24.04.2007 – S 2 AS 4151/06).

4.Die Anwendung von an Durchschnittswerten orientierten Pauschalen bei der Übernahme von Kosten für Heizung widerspricht der gesetzlichen Regelung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Leistungen für Heizkosten müssen sich dabei in der Regel an den tatsächlichen Aufwendungen orientieren. Die Angemessenheit von Heizkosten hängt auch bei sparsamem Umgang mit Heizenergie von zahlreichen Faktoren ab, die überwiegend nicht zur kurzfristigen Disposition der Hilfeempfänger stehen (etwa von der Lage der Wohnung im Gesamtgebäude, von der Geschosshöhe, der Wärmeisolierung, der Heizungsanlage, den metereologischen Daten, von der Größe der Unterkunft etc.). Ohne konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches Heizverhalten ist deshalb eine Kürzung auf vom Leistungsträger als angemessen erachtete Richtwerte nicht zulässig (LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2007 – L 20 B 77/07 AS ER m.w.N.). Abzuziehen sind jedoch nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R) die Kosten der Warmwasserbereitung mit dem in der Regelleistung enthaltenen Anteil. Dieser betrug für die Zeit bis zum 30.06.2007 6,22 EUR pro Monat. Nach der zutreffenden Auffassung des BSG wirkt sich die Dynamisierung der Regelleistung ab dem 01.07.2007 gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe aus. Bei anteilmäßiger Erhöhung des Wertes für Haushaltsenergie in Höhe von monatlich 20,74 EUR ergibt sich dabei Folgendes: Die Erhöhung zum 01.07.2007 um 2,00 EUR auf 347,00 EUR entspricht einer Erhöhung um 0,58 Prozent. Der Anteil für Haushaltsenergie hat sich deshalb ebenfalls von 20,74 EUR auf 20,86 EUR erhöht. 30 Prozent hiervon sind 6,26 EUR. Nach dem gleichen Schema ergibt die Erhöhung zum 01.07.2008 von 347,00 EUR auf 351,00 EUR einen Abzugsbetrag von 6,33 EUR.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88947&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

6.Sozialgericht Braunschweig

6.1 Sozialgericht Braunschweig S 18 AS 1463/08 17.02.2009 , Urteil

Keine Verpflichtung von Hartz IV Empfängern zur Überprüfung von Leistungsbescheiden auf ihre Richtigkeit , wenn alles wahrheitsgemäß mitgeteilt wurde .

Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X lautet wie folgt:

Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder haben die Kläger die Leistungsgewährung durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, noch haben sie unvollständige Angaben gemacht. Sie haben die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes auch nicht gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit verkannt.

Dies hat die Beklagte, die hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt, den Klägern nicht nachweisen können. Die Kläger haben vielmehr plausibel erklärt, sie hätten sich aufgrund der richtigen und vollständigen Angaben, die sie gemacht hatten, nichts Böses gedacht. Der Kläger zu 1. hat erklärt, er habe angenommen, die Beklagte sei seinen Erklärungen, wonach keine eheähnliche Gemeinschaft vorliege, gefolgt und habe die Klägerin zu 2. deswegen aus der Leistungsberechnung herausgenommen. Er hat zudem plausibel erklärt, sich die Berechnungsbögen der Leistungsbescheide nicht genauer angesehen zu haben. Alle diese Einlassungen sind nicht zu widerlegen. Sie sind auch plausibel und sprechen gegen eine grobe Fahrlässigkeit der Kläger. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. über eine einfache Schulausbildung und keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und dass die Leistungsbescheide allein an den Kläger zu 1. adressiert waren. Es ist daher zweifelhaft, ob die Klägerin zu 2. die Bescheide überhaupt gelesen hat und sich eine Meinung zu den konkreten Berechnungsschritten gebildet hat.

Da die Kläger allerdings vollständige und richtige Angaben gemacht haben, und der Fehler allein auf Seiten der Beklagten liegt, waren die Kläger auch nicht zur Überprüfung der Leistungsbescheide der Beklagten verpflichtet.

Wenn Leistungsempfänger allen ihren Pflichten nachkommen, besteht keine Verpflichtung, die Behörde auf die Richtigkeit ihrer Gewährung hin zu kontrollieren. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der wenig aussagekräftigen, überwiegend aus Satzbausteinen bestehenden Begründung der Bescheide sowie der an die Bescheide angehängten, für den Laien unverständlichen Berechnungsbögen. Es kann von sozialrechtlich ungebildeten Laien, wie die Kläger es sind, nicht erwartet werden, die Berechnungsbögen von Arbeitslosengeld II-Bescheiden zu lesen und dort Unrichtigkeiten zu erkennen, die offenbar selbst den sozialrechtlich geschulten Sachbearbeitern der Beklagten über 12 Monate hinweg nicht aufgefallen sind.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88802

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