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Rechtsprechungsticker von Tacheles 15 KW / 2009

Rechtsprechungsticker von Tacheles 15/2009

1. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

1.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 7/09 SO NZB 16.02.2009 rechtskräftig , Beschluss

Passfotos sowie Kosten für einen neuen Personalausweis müssen vom Hilfeempfänger aus seiner Regelleistung bestritten werden.

Der dem Hilfeempfänger gewährte Regelsatz erfasst gemäß §§ 27, 28 SGB XII den gesamten Bedarf für den Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen mit den definierten Ausnahmen. Gesamtbedarf sei alles zur Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 - 34 SGB XII. Zusätzliche Mehrbedarfe erkenne der Gesetzgeber nur nach Maßgabe dieser Vorschriften an. Alle sonstigen einmaligen Bedarfe seien durch die Regelsätze abgegolten. Eine Ausnahme nach den §§ 30 - 34 SGB XII liege vorliegend nicht vor.

Soweit der Kläger zur Begründung darauf verweist, die Regelsätze seien zu niedrig bemessen, begründet dies eine grundsätzliche Bedeutung nicht

Das Bundessozialgericht geht in ständiger Rechtsprechung - jedenfalls hinsichtlich der Regelleistungen bzw. Regelsätze für Erwachsene (vgl. zur Höhe der Regelleistungen für Kinder hingegen BSG, Beschluss vom 27.01.2009 - B 14/11b AS 9/07 R) - davon aus, dass die Regelleistungen bzw. Regelsätze den Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen. Dem folgt der Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung.

Mit Urteil vom 12.01.2009 (L 20 SO 83/08) hat der Senat hierzu zuletzt ausgeführt:

"Das Bundessozialgericht (BSG) hat für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchenden nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erstmals mit Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R und seither in ständiger Rechtsprechung entsprechende Bedenken gegen die Bemessung der im Bereich des SGB II (§ 20 SGB II) als Regelleistungen bezeichneten, mit den Regelsätzen nach dem SGB XII deckungsgleichen Grundsicherungsleistungen nicht gesehen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG an (so erstmals im bereits genannten Urteil vom 23.04.2007). Der Gesetzgeber hat das von ihm sicherzustellende sog. soziokulturelle Existenzminimum (vgl. hierzu Martinez Soria, Das Recht auf Sicherung des Existenzminimums, JZ 2005, 644, 647 ff.; Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 20 Rn. 8, 9, 21 und insbes. 47 - 51; Münder, in: LPK-SGB II, 8. Aufl. 2008, § 1 Rn. 5 ff.), insbesondere einen Schutz der Leistungsempfänger vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung, hinreichend berücksichtigt, indem er Erwägungen aus der früheren Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) aufgegriffen und präzisiert hat. Dabei hat er eine geeignete Art der Bedarfsermittlung gewählt und deren Ergebnis in nicht zu beanstandender und in einer für Massenverfahren zulässigerweise typisierenden Form in die Bemessung der Regelleistungen einfließen lassen; mit dem Rückgriff auf eine statistisch valide Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und unter Anwendung des sog. Statistikmodells beruht die Regelleistung auf ausreichenden Erfahrungswerten unter Zugrundelegung vertretbarer Wertungen (siehe insoweit zur - bislang nur zum Steuer- bzw. Kindergeldrecht vorliegenden - Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Fragen der bedarfsgerechten Bestimmung des Existenzminimums Wallerath, Zur Dogmatik eines Rechts auf Sicherung des Existenzminimums, JZ 2008, 157, 165 f.). Hat der Gesetzgeber damit die Grenzen der ihm insoweit zukommenden Einschätzungsprärogative beachtet, stehen dem Kläger höhere als die ihm gewährten Regelsatzzahlungen nicht zu".

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1.2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 10/09 SO 11.03.2009 rechtskräftig , Beschluss

Zur Höhe des Regelsatzes für erwachsene Alleinstehende bei SGB II Leistungsempfängern und Sozialhilfeempfängern

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Regelleistungen nach § 20 SGB II bzw. die entsprechend hohen Regelsätze nach § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) das sog. kulturelle Existenzminimum bei Alleinstehenden in hinreichender Weise sicherstellten (zuletzt Urteil des Senats vom 12.01.2009 - L 20 SO 83/08). Auch das Bundessozialgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus.

Hieran ändert auch, wie der Hilfeempfänger jedoch vorträgt, die eingetretene Preissteigerung seit der erstmaligen Festsetzung der Regelleistungen zum Jahre 2005 nicht. Zum einen sind die Regelleistungen zwischenzeitlich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in § 20 Abs. 4 SGB II mehrfach angehoben worden. Zum anderen ist eine derart signifikante Preissteigerung, die trotz dieser Anhebung nunmehr eine Verfassungswidrigkeit der Höhe der jetzigen Regelleistungen offensichtlich machen würde, vom Kläger keineswegs dargetan und auch nicht nachvollziehbar. Der Gesetzgeber durfte vielmehr eine pauschale Anpassungsregelung wie diejenige in § 20 Abs. 4 SGB II wählen, die eine Anpassung der Regelleistungen analog zur Änderung des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur mit statistischen Methoden durchgeführten Neubemessung bei Vorliegen einer aktuelleren Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (§ 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II i.V.m. § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII) gewährleistet. Denn die Orientierung an der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes spiegelt jedenfalls in annähernder Weise die auch für die Bemessung der Grundsicherungsleistungen zu beachtende allgemeine Einkommensentwicklung wider (vgl. § 68 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB VI)).

Sofern der Hilfeempfänger im Beschwerdeverfahren auf den Vorlagebeschluss des Landessozialgerichts Hessen vom 29.10.2008 - L 6 AS 336/07 verweist, so übersieht er, dass dieser Vorlagebeschluss lediglich von einer Verfassungswidrigkeit der Leistungsbemessung im Hinblick auf die Regelleistungen bzw. das Sozialgeld für minderjährige Kinder ausgeht. Entsprechend hat im Übrigen das Bundessozialgericht erst kürzlich ein Normkontollverfahren im Sinne von Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz in die Wege geleitet (Beschlüsse vom 27.01.2009 - B 14/11b AS 9/07 R und B 14 AS 5/08 R); dabei hat es jedoch seine Rechtsprechung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der Regelsätze für Alleinstehende, die mit derjenigen des Senats übereinstimmt, keineswegs aufgegeben. Der Hilfeempfänger hat auch in keiner Weise deutlich gemacht, weshalb aus einer möglichen Verfassungswidrigkeit von Leistungen für Minderjährige zugleich eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Leistungen für alleinstehende Erwachsene folgen sollte.

Allein der bloße Umstand, dass beim Bundesverfassungsgericht ein Verfassungsbeschwerdeverfahren zu einer bestimmten Rechtsfrage anhängig gemacht worden ist, belegt noch nicht die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit einer fachgerichtlich schon höchstrichterlich entschiedenen Rechtsfrage und schon gar nicht eine hinreichende Erfolgsaussicht im Hinblick auf den konkret geltend gemachten Anspruch

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1.3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 B 66/09 AS ER 24.03.2009 rechtskräftig , Beschluss

Leistungsträger nach dem SGB II muss Obdachlosen die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II in gesetzlicher Höhe gewähren .

Einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller glaubhaft gemacht. Er erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 - 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Der Antragsteller hat auch glaubhaft gemacht, dass er obdachlos ist und sich in E aufhält. Seine Post bezieht er über die Anschrift der Zeugin C S .

Im Übrigen soll der mit Wirkung zum 01.08.2006 neu eingeführte Satz 3 des § 36 SGB II nach der Gesetzesbegründung gerade obdachlose Hilfebedürftige erfassen (BT-Drucksache 16/1410, S. 27 zu Nr. 31; vgl. ferner Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 36 Rn. 27 ff.); dem ist - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - auch bei der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 4a SGB II Rechnung zu tragen.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, soweit es die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 20 SGB II betrifft. Denn er hat vorgetragen, dass er seit geraumer Zeit ohne Einkommen und Vermögen leben muss und eine dringend nötige ärztliche Behandlung mangels Krankenversicherungsschutz nicht durchführen kann. Diese Bedarfe sind über die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II abzudecken.

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1.4 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 6 B 31/09 AS 31.03.2009 rechtskräftig , Beschluss

Minderjähriger Antragstellerin ist Prozesskostenbeihilfe zu gewähren für die aufgeworfene Fragestellung des Anwendungsbereiches bzw. der Auslegung des § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II .

Das SG hat den Antrag auf PKH mit Beschluss vom 12.03.2009 abgelehnt. Die Mehrbedarfsregelung nach § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II solle einen Ausgleich dafür schaffen, dass die betroffenen Behinderten nur wegen ihrer Behinderung zu einer Erwerbsarbeit nicht in der Lage seien (LSG, Urteile vom 11.12.2008, L 9 AS 13/08 und 34/08). Dies treffe auf die Klägerin nicht zu. Da sie das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, sei sie vom Erwerbsleben schon nach §§ 2, 7 Jugendarbeitsschutzgesetz ausgeschlossen und könne selbst dann nicht erwerbstätig sein, wenn sie gesund wäre.

Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers für zumindest vertretbar hält (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73 a Rn 7a; st. Rspr. des LSG NRW, z.B. Beschluss vom 29.08.2005, L 6 B 10/05 SB). Lediglich dann, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist, darf PKH verweigert werden (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2005, 1 BvR 175/05 = NJW 2005, 3489 f.; Beschluss vom 29.04.2004, 1 BvR 128/04). Kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht, ist PKH in der Regel zu gewähren. Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss PKH ebenfalls bewilligt werden (BVerfG, Beschluss vom 10.12.2001, 1 BvR 1803/97 = NJW-RR 2002, 793 ff.; Beschluss vom 13.03.1990, 2 BvR 94/88 = BVerfGE 81, 347 ff.). Die bedürftige Person muss die Möglichkeit haben, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren zu vertreten und u.U. Rechtsmittel einlegen können.

Diesen Anforderungen wird die streitige Entscheidung über die Ablehnung der PKH nicht gerecht. Die von der Klägerin aufgeworfene Fragestellung des Anwendungsbereiches bzw. der Auslegung des § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II ist bisher in der Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt. Gegen die hierzu ergangene Entscheidung des 9. Senats des LSG NRW ist eine Revision beim Bundessozialgericht anhängig (B 14 AS 3/09 R).

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1.5 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AL 81/07 26.01.2009 ,Urteil

Bei der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten handelt es sich - nicht - um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung im Sinne von § 77 Abs. 1 SGB III .

Die insoweit allein förderungsfähigen beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen sind von Berufsausbildungsmaßnahmen abzugrenzen, deren Förderung mit den § 59 ff. SGB III oder nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in Betracht kommt.

Die Abgrenzung zwischen Weiterbildung einerseits und Ausbildung andererseits ist ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und Vorbildung im Einzelfall anhand der konkreten Ausgestaltung des Bildungsangebots selbst vorzunehmen (vgl. zum Vorgängerrecht des AFG - Arbeitsförderungsgesetz - BSG, Urteil vom 22.09.1976 - 7 RAr 142/74 - SozR 4100 § 242 Nr. 3; zum Recht des SGB III Urteile des BSG vom 27.01.2005 - B 7a/7 AL 20/04 R - SozR 4-3000 § 77 Nr. 2, vom 17.11.2005 - B 11a AL 23/05 R -, vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 68/06 R; zum Recht des SGB II nun auch Urteil des BSG vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R -).

Nach Ziel, Struktur und Inhalt der unternommenen Ausbildung ist zu unterscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen genutzt werden und welche Abschlüsse angestrebt werden (ausführlich zu den Kriterien Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand November 2008 vor §§ 77 - 96, Rn 2 b) m. w. N., Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2008 - L 10 AS 154/08 - mit Nachweis weiterer Rechtsprechung).

Nach diesen Kriterien ist die vom Kläger absolvierte Ausbildung nicht als Weiterbildung im Sinne von § 77 Abs. 1 SGB III, sondern als Berufsausbildung zu qualifizieren.

Der Beruf des Sozialversicherungsfachangestellten ist ein anerkannter Ausbildungsberuf im Sinne von § 34 des Berufsbildungsgesetzes, der in einer regelmäßig dreijährigen Ausbildung zum Berufsabschluss des geprüften Sozialversicherungsfachangestellten nach der "Verordnung über die Berufsausbildung zum Sozialversicherungsangestellten/zur Sozialversicherungsfachangestellten" vom 18.12.1996 (BGBl. I, 1975), geändert durch das Gesetz vom 24.03.1997 (BGBl. I, 594) führt. Für die Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten wird rechtlich keine bestimmte schulische oder berufliche Vorbildung vorgeschrieben (www.Berufenet.Arbeitsagentur.de/Berufe, Suchwort: Sozialversicherungsfachangestellte).

Ein Anspruch des Klägers auf eine Förderung nach § 77 SGB III scheitert ebenso daran, dass weder Maßnahme noch Maßnahmeträger im Sinne von § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III zugelassen sind.

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Anmerkung : Vergleiche dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.04.2008, Az. L 10 AS 154/08

Keine Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin .

Bei der Ausbildung zur staatlich anerkannten Ergotherapeutin handelt es sich um eine Berufsausbildungsmaßnahme und nicht um eine förderungsfähige berufliche Weiterbildungsmaßnahme.

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2. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

2.1 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 AS 11/09 B PKH 24.03.2009 rechtskräftig , Beschluss

Wird die Eigenheimzulage nachweislich zur Finanzierung einer nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigenden Immobilie verwendet , ist sie - nicht - als Einkommen zu berücksichtigen ( § 11 Abs. 3 SGB II ) .

Es reicht aus, den Begriff der Finanzierung so auszulegen, dass mit den Mitteln der Eigenheimzulage die Errichtung der zu Beginn des Leistungsbezugs bereits vorhandenen Immobilie finanziert werden muss. Dieses zieht bei wirtschaftlicher Betrachtung jedoch nicht die Verpflichtung des Grundsicherungsempfängers nach sich, die Eigenheimzulage nur zur Zinszahlung zu verwenden. Es steht ihm vielmehr frei, sie auch zum unmittelbaren Erwerb von Baumaterialien oder zur Abgeltung von Handwerkerleistungen zur Errichtung beziehungsweise Fertigstellung des Hauses einzusetzen. Auch ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, weitere Verwendungsmöglichkeiten, wie etwa die Erweiterung der Immobilie, als zweckentsprechend anzusehen (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 19/07 R - ) .

Dies zugrunde gelegt, erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin die Eigenheimzulage zur Finanzierung ihrer Immobilie einsetzte. Denn sie verweist darauf, die Eigenheimzulage vollständig für Baumaßnahmen an ihrem Wohneigentum eingesetzt zu haben, und legt hierfür Rechnungen vor. Ob diese Baumaßnahmen die Errichtung oder Fertigstellung des Hauses betreffen, bedarf gegebenenfalls einer weiteren Sachaufklärung, welcher durch das Prozesskostenhilfeverfahren nicht vorgegriffen werden darf

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Anmerkung : Vergleiche dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 20 B 1537/08 AS PKH 18.02.2009 rechtskräftig ,Beschluss

Zur Fertigstellung ist die Eigenheimzulage eingesetzt, wenn und soweit die Verwendung darauf gerichtet ist, die Immobilie zu errichten (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 19/07 R- ) .

Kosten der Instandhaltung bzw. Instandsetzung von Wänden und Decken bzw. der Heizungsanlage dienen nicht der Finanzierung der begünstigten Immobilie, weil die genannten Maßnahmen nicht auf die Errichtung von Wohnraum im Sinne der Herstellung bzw. Fertigstellung, sondern auf den Erhalt des Wohnraums gerichtet sind .

http://www.tacheles-sozialhilfe.de/harry/view.asp?ID=1802

2.2 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 B 2138/08 AS ER 23.03.2009 rechtskräftig , Beschluss

Stromschulden sind ausnahmsweise- nicht - vom Leistungsträger nach dem SGB II zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige mit dem Energieversorger einen Vergleich und eine moantliche Ratenzahlung gerichtlich vereinbart hat .

Nach § 22 Abs. 5 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) können derartige Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar bestehen seitens der Antragstellerin solche Energielieferungsschulden; die Antragstellerin ist durch Urteil des Amtsgerichts verurteilt worden, einen Gesamtbetrag von 1.717,82 EUR an ihren Energieversorger zu zahlen. Auch wenn das Urteil möglicherweise noch nicht rechtskräftig ist, ist es derzeit bereits vorläufig vollstreckbar und die Antragstellerin hierdurch mit einem durchsetzbaren Anspruch belastet.

Indessen fehlt es jedenfalls derzeit an den weiteren Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Die Unterkunft der Antragstellerin ist nicht gefährdet und vor diesem Hintergrund auch nicht sicherungsbedürftig. Gleichfalls fehlt es jedenfalls derzeit an einer vergleichbaren Notlage im Sinne des § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Denn die Antragstellerin ist derzeit nicht der Gefahr einer Stromsperrung oder einer sonstigen vergleichbaren Notlage ausgesetzt. Zwar kann ein Energieversorger im Grundsatz berechtigt sein, bei bestehenden, insbesondere gerichtlich festgestellten Stromschulden hierauf mit der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts in Gestalt einer Stromsperrung zu reagieren.

Im Falle der Antragstellerin besteht indessen die Besonderheit, dass sie mit ihrem Energieversorger am 1. April 2008 vor dem Amtsgericht K in dem Verfahren einen Vergleich geschlossen hat, in dem der Energieversorger auf die Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts verzichtete, solange monatliche Raten durch die Antragstellerin in Höhe von 150 EUR gezahlt werden. Zur Überzeugung des Senats ist der Energieversorger hierdurch derzeit gehindert, eine Stromsperrung vorzunehmen.

Selbst wenn aber der Energieversorger den Vergleich vom 1. April 2008 dahingehend verstehen sollte, dass er trotz des Wortlauts des Vergleichs zu einer Stromsperrung berechtigt sei, kann dies noch nicht zu einem Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme von Energieschulden nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II führen. Denn in diesem besonderen Einzelfall, in dem gerade die Auslegung eines vor einem Zivilgericht geschlossenen Vergleichs im Streit steht, ist es nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung, die Lösung der zivilrechtlichen Streitfrage dadurch entbehrlich zu machen, dass er – zur tatsächlichen Abwendung einer Stromsperrung – Energieschulden übernimmt. Vielmehr muss die Antragstellerin in diesem besonderen Einzelfall zunächst gerichtlichen Rechtsschutz vor den Zivilgerichten in Anspruch nehmen, um klären zu lassen, ob der Energieversorger tatsächlich berechtigt ist, eine Stromsperrung vorzunehmen

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2.3 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 B 1046/08 AS PKH 23.03.2008 rechtskräftig , Beschluss

Fehlen wesentliche Teile der Erstausstattung und ist vor diesem Hintergrund ein menschenwürdiges Leben in der angemieteten Wohnung nicht möglich , rechtfertigt bereits dieser Zustand allein die Bejahung einer besonderen Dringlichkeit und damit auch eines Anordnungsgrundes im Gerichtsverfahren .

Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebietet in Verbindung mit dem u. a. in Artikel 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache selbst treten zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2001, 1 BvR 68/07).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hätte das Sozialgericht die hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerinnen bejahen müssen.

Die Antragstellerinnen hatten bereits bei Eingang ihres Rechtsschutzantrages bei dem Sozialgericht Berlin glaubhaft gemacht, dass ihnen wesentliche Teile der Erstausstattung fehlten und vor diesem Hintergrund ein menschenwürdiges Leben in der angemieteten Wohnung nicht möglich war. Bereits dieser Zustand allein rechtfertigte die Bejahung einer besonderen Dringlichkeit und damit auch eines Anordnungsgrundes.

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3. Hessisches Landessozialgericht

3.1 Hessisches Landessozialgericht L 6 AS 130/07 24.09.2008 rechtskräftig , Urteil

Der Leistungsträger hat einen konkret-individuellen Maßstab anzulegen und zu ermitteln, ob in dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsbereich Wohnungen mit einfachem Ausstattungsniveau konkret zur Verfügung stehen . Unterlässt der Leistungsträger aber die insoweit erforderlichen Ermittlungen , so hat er die Kosten der Unterkunft des Leistungsempfängers in tatsächlichen Umfang zu tragen .

Räumlicher Vergleichsmaßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist lediglich der Wohnort des Hilfeempfängers .

Dem Anspruch des Hilfebedürftigen steht auch nicht die in § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II . geregelte 6-Monats-Frist entgegen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Regelhöchstfrist, so dass in atypischen Fällen einerseits eine Verkürzung der Frist denkbar ist, andererseits in den Fällen der Unzumutbarkeit eines Umzugs die Frist zu verlängern ist (vgl. Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 84). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Leistungsträger seinen Ermittlungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist.

Eine Weigerung des Leistungsempfängers, sich um kostengünstigeren Wohnraum zu bemühen, ist jedoch nur dann rechtlich relevant, wenn die Weigerung kausal für die Verhinderung einer tatsächlich in Betracht kommenden Kostensenkung ist. Daran mangelt es hier, weil infolge der seitens der Beklagten unterlassenen Ermittlungen unklar bleibt, ob für den Kläger überhaupt eine konkrete und angemessene Anmietmöglichkeit in Betracht gekommen wäre. Unterlässt der Leistungsträger aber die insoweit erforderlichen Ermittlungen, so hat er die Kosten der Unterkunft des Leistungsempfängers in tatsächlichen Umfang zu tragen. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Sozialgerichts vertritt auch der Senat die Auffassung, dass die konkret-individuellen Ermittlungen zum Wohnungsmarkt vorrangig vor den Bemühungen des Hilfebedürftigen, kostengünstigeren Alternativwohnraum zu erlangen, zu prüfen sind. Im anderen Fall würde lediglich eine Weigerung des Hilfebedürftigen, sich ernsthaft um anderen Wohnraum zu bemühen, sanktioniert, obwohl relevante Auswirkungen dieser Weigerung nicht feststehen. Soweit der 9. Senat des Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 21. März 2006, L 9 AS 124/05 ER) abweichend die Auffassung vertreten hat, eine Verpflichtung des Leistungsträgers darzulegen, dass angemessener freier Wohnraum vorhanden und für den Leistungsempfänger zugänglich sei, werde erst dann ausgelöst, wenn der Leistungsempfänger unter Vorlage geeigneter Nachweise ernsthafte und erfolglose Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen habe, vermag sich der Senat dem aus den ausgeführten Gründen nicht anzuschließen. Diese Rechtsprechung ist durch die genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 18/06 R ) und 27. Februar 2008 (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, Az. B 14/7b AS 70/06 R ) als überholt anzusehen, wobei ohnehin zu berücksichtigen ist, dass der Entscheidung des 9. Senates des Hessischen Landessozialgerichts vom 21.März 2006 ein Eilverfahren mit lediglich summarischer Prüfung zu Grunde lag.

Nach der Rechsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 10/06 R) ist räumlicher Vergleichsmaßstab für die Prüfung der Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen der Unterkunft in der Regel der Wohnort des Hilfeempfängers, dem eine freie Wohnortwahl zuzubilligen ist. Insoweit kann von dem Hilfebedürftigen grundsätzlich nicht verlangt werden, in eine andere Wohngemeinde umzuziehen und sein bisheriges soziales Umfeld aufzugeben. Dies bedeutet jedoch keine strikte Orientierung an dem kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde". Insbesondere im ländlichen Raum kann es geboten sein, größere Gebiete zu einem Vergleichsgebiet zusammenzufassen, während für größere Städte eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete geboten sein kann (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az. 7b AS 18/06 R).

Vom Hilfebedürftigen kann grundsätzlich nicht verlangt werden, in eine andere Wohngemeinde umzuziehen und sein bisheriges soziales Umfeld aufzugeben .

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4. Landessozialgericht Bayern

4.1 Bayerisches Landessozialgericht L 7 B 1006/08 AS ER 12.12.2008 , Beschluss

Hartz IV Empfängerin ist verpflichtet viele Eigenbemühungen vorzunehmen, insbesondere Bewerbungen um Arbeitsstellen vorrangig in Voll- oder Teilzeit oder auch geringfügige Beschäftigungen vorzunehmen .

Die Hilfebedürftige wendet sich in erster Linie gegen die Verpflichtung, möglichst viele Eigenbemühungen vorzunehmen, insbesondere Bewerbungen um Arbeitsstellen vorrangig in Voll- oder Teilzeit oder auch geringfügige Beschäftigungen. Hierzu ist die Hilfebedürftige nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II verpflichtet. Dass sie gegenwärtig eine selbständige Tätigkeit ausübt, enthebt sie nicht ihrer Verpflichtung, parallel dazu sich auch um Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsstellen zu bemühen und hierüber Nachweise vorzulegen, da die selbständige Tätigkeit bisher nicht zu einer Verringerung der Hilfebedürftigkeit geführt hat und nicht absehbar ist, ob dies in Zukunft der Fall sein wird. Diese Verpflichtung kommt nicht einem Verbot der Ausübung der selbständigen Tätigkeit gleich. Vielmehr ist die Hilfebedürftige gehalten, neben ihrer selbständigen Tätigkeit die in dem Eingliederungsbescheid aufgeführten Pflichten zu erfüllen. Dass dies eine unzumutbare Beeinträchtigung ihrer selbständigen Tätigkeit als Immobilienmaklerin darstellt, ist nicht ersichtlich.

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5. Sozialgericht Bremen

5.1 SG Bremen S 9 AS 312/09 ER , Beschluss vom 26.03.2009

Hartz IV Empfänger ist ein weiteres Leben ohne Strom nicht zumutbar - nicht erbrachte Abschlagzahlungen des Hilfebedürftigen - Ermessensausübung - weitere Mitwirkungshandlung zur Sicherung des mit der Anordnung verbundenen Zwecks

Nach § 22 Absatz 5 Satz 2 (in Verbindung mit Satz 4) SGB II sollen, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden (als Darlehen erbracht werden), wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Aus der systematischen Stellung von § 22 Absatz 5 Satz 2 SGB II zu Satz 1 der Norm ergibt sich ferner, dass der Sicherung der Unterkunft eine vergleichbare Notlage, die es zu beheben gilt, gleichgestellt ist. Unter § 22 Absatz 5 Satz 2 SGB II kann ebenso wie unter Satz 1 der Norm auch eine Übernahme von wohnungsbezogenen Kosten fallen, die in der Regelleistung enthalten sind, insbesondere Stromschulden. Dies gilt vor allem dann, wenn eine andere Entscheidung dazu führen würde, dass die Wohnung auf Dauer unbewohnbar würde.

Zwar stellt § 22 Absatz 5 Satz 1 SGB II die Entscheidung über die Übernahme von Schulden zur Sicherung der Unterkunft bzw. zur Behebung einer vergleichbaren Notlage grundsätzlich in das Ermessen des Leistungsträgers. Bei der Ermessensentscheidung hinsichtlich der Übernahme von Energiekastenrückständen hat dieser im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, so etwa die Höhe der Rückstände, die Ursachen, die zu dem Energiekostenrückstand geführt haben, die Zusammensetzung des von einer eventuellen Energiesperre bedrohten Personenkreises (insbesondere mitbetroffene Kleinkinder), die Möglichkeiten sowie die Zumutbarkeit anderweitiger Energieversorgung, das in der Vergangen gezeigte Verhalten, etwa ob es sich um einen erstmaligen oder einen wiederholten Rückstand handelt, eventuelle Bemühungen, das Verbrauchsverhalten anzupassen, sowie einen erkennbaren Selbsthilfewillen. Eine solche umfassende Gesamtabwägung kann im hier vorliegenden Eilverfahren jedoch nicht erfolgen, da dieses nur eine summarische Prüfung vorsieht und sich die relevanten Umstände nicht sämtlich aus der Leistungsakte ergeben.

Das dem Leistungsträger nach § 22 Absatz 5 Satz 1 SGB II eingeräumte Ermessen kann jedoch unter den Voraussetzungen des § 22 Absatz 5 Satz 2 SGB II eingeschränkt sein. Wie der Gebrauch des Wortes „sollen” in dieser Norm verdeutlicht, ist das Ermessen des Leistungsträgers in diesen Fällen im Sinne einer positiven Übernahmeentscheidung gebunden. Das bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fallen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann.

Diese Voraussetzungen sind im hier zu entscheidenden Fall erfüllt. Zwar ist der Antragsteller nicht im engeren Sinne vom Verlust seiner Wohnung bedroht. Allerdings wird diese bereits seit Mitte Januar 2009 nicht mehr mit Strom versorgt. Die Unterbrechung bzw. das Fehlen der Stromversorgung stellt eine der Wohnungslosigkeit nahe kommende Notlage dar (vgl. Beschluss der 21. Kammer des Sozialgerichts Bremen vom 10. Februar 2009 zum Aktenzeichen S 21 AS 6/09 ER mit weiteren Nachweisen). Eine dem Wohnungsverlust vergleichbare Notlage ist im Fall des Antragsteller insbesondere deshalb zu bejahen, weil er gerade sowohl zur Bereitung warmen Wassers als auch zum Kochen auf die Versorgung mit Strom angewiesen ist. Ein so genannter atypischer Fall hat von der erkennenden Kammer daher nicht erkannt werden können .

Um neuerlichen Rückständen des Antragstellers entgegen zu wirken, war die Übernahme der Stromkosten allerdings mit entsprechenden flankierenden Maßnahmen zu versehen (vgl. hierzu Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2007 zum Aktenzeichen L 28 B 2169/07 AS ER).

Die dauerhafte Versorgung mit Strom und damit der dauerhafte Erhalt der Wohnung, der Zweck einer Schuldenübemahme nach § 22 Absatz 5 SGB II sein muss, kann nur erreicht werden, wenn flankierend zur Übernahme der Schulden wegen Stromkosten der Antragsteller auch dazu bereit ist, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung durch direkte Überweisung fälliger Abschlagzahlungen an die swb zuzustimmen und so ein weiteres langwieriges Verfahren darüber, ob der zuständige Träger dazu auch ohne Zustimmung berechtigt wäre, vermieden wird.

http://www.kanzleibeier.de/Urteil_beierbeier_SG_Bremen_S_9_AS_312_09_ER.php

5.2 SG Bremen S 26 AS 138/09 ER , Beschluss vom 27.02.2009

Verwaltungsanweisungen zu den Heizkosten ( §22 SGB II ) des Leistungsträgers nach dem SGB II sind für das Gericht nicht bindend

Bei der Prüfung der Angemessenheit von Heizkosten ist bei den Beziehern von Heizöl auf die erforderliche Heizölmenge abzustellen .

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden nicht nur Kosten der Unterkunft, sondern auch Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Dabei unterliegt der Begriff der „Angemessenheit” als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Erforderlich ist stets eine Einzelfallentscheidung, die den jeweiligen Besonderheiten Rechnung trägt. Allerdings sind bei der Beurteilung der Angemessenheit von Heizkosten - entgegen der Auffassung des Antragstellers - grundsätzlich die für Mietwohnungen geltenden Wohnflächengrenzen im Rahmen von § 22 SGB II zu berücksichtigen.

Da der Antragsteller jedoch eine 53 qm große Wohnung bewohnt und beheizen muss, sind die ihm entstehenden tatsächlichen Heizkosten somit nicht in voller Höhe erstattungsfähig. Er kann die Übernahme von Heizkosten nur für eine angemessene Wohnfläche von 50 qm verlangen. Somit ist im Fall des Antragstellers ein Abschlag (von ihm zu tragender Eigenanteil) in Höhe von 5,66 % vorzunehmen. Im Übrigen folgt das Gericht jedoch nicht der Antragsgegnerin bzw. den von ihr ihrer Berechnung zu Grunde gelegten Verwaltungsanweisungen zu § 22 SGB II.

Denn es ist nicht sachgerecht, die Angemessenheit zu übernehmende Heizkosten der Gestalt zu pauschalieren, dass bestimmte Beträge pro Quadratmeter angemessener Wohnfläche übernommen werden können. Denn bei einer solchen Vorgehensweise können (wie gerade in den letzten Monaten) stark variierende Brennstoffbeschaffungskosten nicht berücksichtigt werden. Bei der Prüfung der Angemessenheit von Heizkosten ist bei den Beziehern von Heizöl daher auf die erforderliche Heizölmenge und nicht auf die Kosten der Beschaffung einer solchen abzustellen.

http://www.kanzleibeier.de/Urteil_beierbeier_SG_Bremen_S_26_AS_138_09_ER.php

6. Sozialgericht Stade

6.1 SG Stade S 32 AS 99/09 ER , Beschluss vom 05.03.2009

Ohne Stromversorgung sind Unterkünfte für Hilfebedürftige nach dem SGB II langfristig nicht benutzbar.

Gemäß § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Schulden sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Gemäß § 22 Abs 5 Satz 4 SGB II sollen Geldleistungen als Darlehen erbracht werden.

Die Voraussetzungen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II liegen hier vor.

Zunächst einmal ist klarzustellen, dass es sich bei Stromschulden um übernahmefähige Schulden im Sinne von § 22 Abs 5 SGB II handelt. Die Unterbrechung der Stromversorgung ist eine mit drohender Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlage. Denn ohne eine Stromversorgung ist eine Unterkunft letztendlich langfristig nicht benutzbar.

Aus der Formulierung „sollen” folgt, dass der Gesetzgeber hier ein intendiertes Ermessen vorgesehen hat. Dies bedeutet, dass im Regelfall die Schulden als Darlehen zu über-nehmen sind, es sei denn, es liegt ein atypischer Ausnahmefall vor. Ein solcher atypischer Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.

Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass die Stromversorgung für den Antragsteller von existenzieller Bedeutung ist.

Der Antragsteller hat allerdings durch sein Verhalten in der alten Verbrauchsstelle XXX in Lilienthal gezeigt, dass er zu unwirtschaftlichem Verhalten neigt und außerdem Schwierigkeiten hat, seine finanziellen Verhältnisse selbst zu regeln. Daher war es erforderlich gemäß § 86 b Abs 2 SGG iVm § 938 ZPO die Anordnung von der Direktzahlung der zukünftigen Abschläge sowie einer Direktzahlung von Tilgungsraten zur Begleichung der Rückstände aus der alten Verbrauchsstelle und auch von der Zustimmung zur Einbehaltung der Darlehenstilgungsraten abhängig zu machen.

http://www.kanzleibeier.de/Urteil_beierbeier_SG_Stade_S_32_AS_99_09.php

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