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Rechtsprechungsticker von Tacheles 05 KW / 2009

Rechtsprechungsticker 05/KW 2009

1. Bundessozialgericht

1.1 BSG - B 14/7b AS 14/07 R - Urteil vom 27.01.2009

Nach Antragstellung auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II zugeflossenes Arbeitslosengeld I ist anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II , so hat das BSG bereits mit Urteil vom 30.7.2008 (B 14 AS 26/07 R ) entschieden, dass das Alg für den gesamten Monat und nicht nur für eine Zeit bis zum Beginn der Leistung von Alg II zu berücksichtigen ist.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=10755

1.2 BSG - B 14/11b AS 9/07 R , - B 14 AS 5/08 R Urteile vom 27.01.2009

Die Vorschrift über die abgesenkte Regelleistung für Kinder unter 14 Jahre ist verfassungswidrig .

Das Bundessozialgericht hat in beiden Verfahren beschlossen, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob die Vorschrift (§ 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II), in der die Regelleistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres auf 60 vH der für alleinstehende Erwachsene maßgebenden Regelleistung festgesetzt ist, verfassungsgemäß ist. Der Senat gründet die Annahme von Verfassungswidrigkeit auf einen Verstoß gegen

a) Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1, 6 Abs. 2, 20 Abs. 1 GG, weil die Regelleistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres um 40 vH gegenüber der maßgebenden Regelleistung für Erwachsene herabgesetzt worden ist, ohne dass der für Kinder notwendige Bedarf ermittelt und definiert wurde,

b) Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Sozialgeld für Kinder von Empfängern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II abschließend und bedarfsdeckend sein soll, während Kinder von Sozialhilfeempfängern nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII abweichende Bedarfe geltend machen können und

c) Art. 3 Abs. 1 GG, weil § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II die Höhe der Regelleistung für alle Kinder und Jugendlichen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einheitlich mit 60 vH festsetzt, ohne dabei weitere Altersstufen vorzusehen.

Nach Auffassung des obersten Gerichts wäre der Gesetzgeber gehalten gewesen, in dem grundrechtssensiblen Bereich der Sicherung des Existenzminimums von Kindern den Regelsatz auf der Basis einer detaillierten normativen Wertung des Kinder- und Jugendlichenbedarfs festzusetzen.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2009&nr=10754

1.3 BSG - B 14/7b AS 8/07 R - Urteil vom 27.01.2009

Hilfebedürftiger alleinerziehender Hartz IV Empfänger hat Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende, auch wenn er Leistungen nach § 39 SGB VIII bezieht .

Dem Hilfebedürftigen war als Alleinerziehender zweier Kinder zusätzlich zum Regelbedarf ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 124,20 Euro zu bewilligen .

Der Berücksichtigung des Mehrbedarfs steht nicht entgegen, dass der Kläger Leistungen nach § 39 SGB VIII einschließlich eines darin enthaltenen Erziehungsbeitrags bezieht.

Das für die beiden in seinem Haushalt lebenden Pflegekinder gezahlte Kindergeld ist als Einkommen zu berücksichtigen . Bei den Kosten der Unterkunft war nur der auf ihn entfallende Kopfteil zu berücksichtigen .

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2. Thüringer Landessozialgericht

2.1. Thüringer Landessozialgericht L 9 AS 746/08 ER 20.10.2008 rechtskräftig , Beschluß

Bei mangelhaften deutschen Sprachkenntnissen besteht kein Anspruch auf Bildungsgutschein zur Altenpflegerausbildung .

Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II können als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit unter anderem alle im Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbracht werden. Soweit das SGB II nichts Abweichendes regelt, gelten für diese Leistungen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II treten.

Anspruchsgrundlage für die Erteilung des Bildungsgutscheins ist § 77 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 SGB III. Nach § 77 Abs. 1 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn (1.) bei ihnen wegen eines fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen ist. Aus dem Wort "können" ist zu entnehmen, dass die Förderung der Maßnahme im Ermessen steht. Insoweit hat das SGB II nichts Abweichendes geregelt, wie sich aus der Verwendung des Wortes "kann" in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II ergibt.

Nach der Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 - Az.: B 7 AL 66/02 R ) setzt die Annahme der beruflichen Wiedereingliederung als Fördervoraussetzung unter anderem eine positive Beschäftigungsprognose voraus. Es muss zu erwarten sein, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert sind, und es muss die begründete Aussicht bestehen, dass dem Antragsteller infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann. Hinsichtlich dieser Prognoseentscheidung steht dem Leistungsträger ein Beurteilungsspielraum, der seitens der Gerichte nur beschränkt überprüfbar ist. Nur wenn die (tatbestandlichen) Voraussetzungen nach § 77 Abs. 1 SGB III vorliegen, hat die Behörde auf der Rechtsfolgenseite ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und, wenn ja, welche und in welchem Umfang, gefördert wird .

Der Anspruch kann nur für eine erfolgversprechende Maßnahme gewährt werden, die bei schlechten deutschen Sprachkenntnissen zumindest hinsichtlich des theoretischen Teils der Ausbildung nicht angenommen werden kann.

Die Bewilligung der Maßnahme steht im Ermessen des Leistungsträgers. Die Bewilligung einer ganz bestimmten Weiterbildungsmaßnahme durch einstweiligen Rechtsschutz setzt voraus, dass jede andere Entscheidung als die Förderung der vom Antragssteller favorisierten Maßnahme fehlerhaft wäre (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 9. Juli 2007 - Az.: L 28 B 1082/07 AS ER und vom 16. März 2007 - Az.: L 28 B 298/07 AS ER, ). Anhaltspunkte für eine solche Ermessensreduktion auf Null sind nach dem Sach- und Streitstand aber nicht ersichtlich.

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3.Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

3.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 134/08 AS 16.01.2009 rechtskräftig , Beschluß

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zahlung einer einmaligen Beihilfe zur Anschaffung von Schulmaterialien .

Es erscheint im Sinne einer noch nicht höchstrichterlich geklärten, aber klärungsbedürftigen Rechtsfrage jedenfalls möglich, dass die Kläger mit dem von ihnen geltend gemachten Anspruch durchdringen. Eine solche Situation berechtigt bereits zur Gewährung von Prozesskostenhilfe (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 7b m.w.N.).

Die von den Klägern vorgelegten Anschaffungslisten für Schulmaterialien zeigen, dass es sich bei diesen Materialien nicht lediglich um marginale Ausgaben handelt. Ob deshalb bei der Festsetzung der Regelleistungen nach dem SGB II der Kläger zu 3 und 4 ausreichende Anteile für Schuldbedarf Berücksichtigung gefunden haben, um derartige für die schulische Erziehung unumgängliche Ausgaben decken zu können, erscheint zumindest fraglich (für ein Eilverfahren noch verneinend: Beschlüsse des Senats vom 27.07.2006 - S 20 B 275/06 AS ER und vom 19.12.2008 - L 20 B 126/08 SO ER).

In diesem Zusammenhang gewinnt auch Bedeutung, dass bereits die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistungen nach § 20 SGB II für Minderjährige insgesamt von der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts in Zweifel gezogen wird (Beschluss vom 29.10.2008 - L 6 AS 336/07). Das Hessische Landessozialgericht ist in dem von ihm nach Einholung von vier Gutachten zur Bedarfsbemessung entschiedenen Verfahren der Ansicht, dass der besondere Bedarf von Familien mit Kindern durch die Regelleistungen nach dem SGB II nicht berücksichtigt werde. Für die Begrenzung der Regelleistungen für Kinder auf 60 Prozent der Regelleistung eines Erwachsenen fehle es an einer hinreichenden Begründung. Das Hessische Landessozialgericht hat insofern nach Artikel 100 des Grundgesetzes (GG) die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Regelleistungen für Minderjährige durch das Bundesverfassungsgericht veranlasst.

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3.2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 AS 62/08 11.12.2008 , Urteil

Ein Darlehen vom Onkel in Höhe von 1500 Euro stellt kein anrechenbares Einkommen im SGB II dar, wenn eine Rückzahlungspflicht vereinbart wurde .

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R, Rn. 23 ; BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R, Rn. 18 ). Dabei ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sie denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BVerwG, Urteil vom 18.02.1999 - 5 C 14/98 -).

Einmalige Einnahmen wie z. B. Schenkungen (zur Arbeitslosenhilfe [Alhi] vgl. BSGE 41, 187, 189) sind bei Zufluss im Bewilligungszeitraum aufgrund der mit ihnen verbundenen Wertsteigerung als Einkommen zu berücksichtigen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B -, Rn. 5 ; Mecke in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 28; Hengelhaupt in Hauck/Noftz/Voelzke, § 12 Rn. 90; a.A. Brühl in LPK-SGB II, 2. Auflage 2006, § 11 Rn. 9). Zu beachten ist, dass eine Bestimmung wie die des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AlhiVO 2002, wonach einmalige Einnahmen, soweit sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Lebensunterhalt dienen, nicht als Einkommen gelten, im SGB II nicht existiert. Lediglich zweckbestimmte Einnahmen sind nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a SGB II, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, soweit sie anderen Zwecken als die Leistungen nach dem SGB II dienen und sie die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären .

Kein Einkommen sind hingegen Mittel aus einem Darlehen, da diese mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung die Vermögenssituation des Hilfebedürftigen nicht verändern, es sei denn, die Verpflichtung zur Rückzahlung entfällt (zur Alhi BSGE 58, 160 ff. = SozR 4100 § 138 Nr. 11; BSG SozR 4100 § 138 Nr. 25; für das Wohngeldrecht BVerwGE 54, 358, 361 ff.; 69, 247 ff.; 69, 252 ff.). Entscheidungserheblich ist allein, ob im Zeitpunkt des Geldzuflusses die Rückzahlungsverpflichtung eindeutig festgestellt werden kann. Dies ist nach Prüfung der Umstände des Einzelfalles durch Beweiswürdigung zu entscheiden. Erst nach Prüfung der Umstände des Einzelfalles und nach Darlegung von Zweifeln im Rahmen der Beweislastverteilung sind die Grundsätze heranzuziehen, die einer Dokumentation im Sinne eines Fremdvergleiches standhält (BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 Rn. 27 ). Die im Anschluss an die Rechtsprechung des SG Reutlingen (Gerichtsbescheid vom 24.01.2008 - S 2 AS 1647/07 zitiert nach juris) herangezogenen Kriterien setzen demgegenüber deutlich strengere Maßstäbe, die offebar von dem Bestreben um Mißbrauchsabwehr getragen sind. Hierzu bietet der zugrunde liegende Sachverhalt aber keinen hinreichenden Anhalt.

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3.3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 B 243/08 AS 21.01.2009 rechtskräftig ,Beschluß

Bei einem erforderlichen Umzug in das Mutter- Kind - Haus sind doppelte Mietaufwendungen zu übernehmen .

Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Zu den Kosten i.S.v. § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II zählen auch unvermeidbare doppelte Mietaufwendungen (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 83).

Inwieweit der Umzug in das Mutter-Kind-Haus und der damit verbundene Auszug aus der bisherigen Wohnung unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist für die Klägerin aus anderen Gründen i.S.v. § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II notwendig gewesen sind, ist noch zu klären. Die in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheinigungen des Trägers des Mutter-Kind-Hauses sprechen eher für einen aus objektiven Gründen - Gefahr der Trennung von den Kindern aus medizinischen Gründen - erforderlichen Umzug in das Mutter-Kind-Haus.

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3.4 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 B 116/08 SO 16.01.2009 rechtskräftig , Beschluß

Kosten einer Brille sind aus dem Regelsatz anzusparen .

Nach der gesetzlichen Wertung in § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und etwaiger (hier nicht einschlägiger) Sonderbedarfe nach den §§ 30 - 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Die Leistungen umfassen insgesamt nicht ein absolutes, sondern ein sog. soziokulturelles Existenzminimum (vgl. Armborst, in: LPK- SGB XII, 8. Auflage 2008, § 1 Rn. 5 - 9).

Insofern enthält das derzeitige Sozialhilferecht keine Regelungen mehr, nach der es dem Sozialhilfeträger möglich wäre, im Einzelfall weitere Leistungen, etwa für Sehhilfen, zu gewähren. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 40 SGB XII erlassenen Regelsatzverordnung (RSV) umfasst vielmehr der Regelsatz auch Mittel für die Gesundheitspflege. Aus diesen Mitteln ist ein Bedarf wie derjenige der Klägerin für eine (normale) Brille zu decken (vgl. Bieritz-Harder/Birk, in: LPK-SGB XII, a.a.O., § 48 Rn. 27; siehe auch bereits Beschluss des Senats vom 23.01.2006 - L 20 B 69/05 SO ER).

Da eine Brille zu den üblichen Bedarfen des täglichen Lebens gehört, wie er in einer Vielzahl von Leistungsfällen auftritt, besteht auch nicht die Möglichkeit einer ausnahmsweisen abweichenden Bedarfsbemessung i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Denn danach werden Bedarfe (nur) dann abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

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3.5 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 B 317/08 AS ER und L 7 B 318/08 AS vom
26.01.2009 rechtskräftig , Beschluss

Auszubildender hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe für die noch ungeklärte Rechtsfrage, ob § 7 Abs. 5 SGB II einen etwaigen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB II ausschließt .

Bei einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage ist Prozesskostenhilfe zu gewähren (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 7b). Bislang hat das Bundessozialgericht in zwei Entscheidungen (Urteile vom 06.09.2007, B 14/7b 28/06 R und B 14/7b 36/06 R) im Grundsatz gebilligt, dass Studenten Mehrbedarfe über § 21 SGB II erhalten können (vgl. hierzu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 92).

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4. Sächsisches Landessozialgericht

4.1 Sächsisches Landessozialgericht L 7 B 613/08 AS-ER 16.12.2008 , Beschluss

Eine Sanktion wegen Verletzung der Meldepflicht setzt voraus, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige über den Meldetermin, den Meldeort und den Meldezweck informiert ist, ihm also eine hinreichend bestimmte Aufforderung zur Meldung gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bekannt gegeben wurde , die Beweispflicht dafür liegt beim Grundsicherungsträger .

Voraussetzung für eine Sanktionsentscheidung nach § 31 Abs. 2 SGB II ist

dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Meldeaufforderung nicht folgt und hierfür keinen wichtigen Grund nachweist. Dies setzt indes mindestens voraus, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige über den Meldetermin, den Meldeort und den Meldezweck informiert ist, ihm also eine hinreichend bestimmte Aufforderung zur Meldung gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bekannt gegeben wurde (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2008 – L 28 B 2119/07 AS ER; LSG NRW, Beschluss vom 13.07.2007, – L 20 B 114/07 AS ).

Ob eine Meldaufforderung dem Adressaten überhaupt zugegangen ist, muss indes der zuständige Grundsicherungsträger nachweisen, wenn der Zugang einer derartigen Aufforderung zur Meldung bestritten wird (vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 14.03.2008 – L 8 AS 5579/97 - ) .

Unabhängig davon, ob es sich bei der Aufforderung zur Meldung gemäß § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. hierzu Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 RdNr. 26), § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X jedenfalls entsprechend anzuwenden. Denn wenn die Antragsgegnerin im Zweifel den Zugang eines Sanktionsbescheides nach § 31 SGB II nachweisen muss, so ist derselbe Nachweis auch für den Zugang der Aufforderung zu fordern, deren Nichtbefolgen überhaupt zum Erlass dieses Bescheides geführt hat. Denn schon der bloße Pflichtverstoß ohne wichtigen Grund zieht die Sanktion nach § 31 Abs. 2 SGB II nach sich; Ermessen ist dem Leistungsträger nicht eingeräumt.

Ferner ist nicht erkennbar, wann die damalige Meldeaufforderung zur Post gegeben und somit versandt worden ist (vgl. auch SächsLSG, Beschluss vom 07.04.2005, – L 3 B 188/02 AL –; BSG, Urteil vom 11.12.2007 B 8/9b SO 12/06 R –, RdNr. 12 und Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06 R –, RdNr. 18

Zwar ist aufgrund der nachgereichten Ausdrucke nachvollziehbar, dass am 22.02.2008 eine Einladung zur Vorsprache am 27.02.2008 an den Antragsteller versandt worden sein soll. Der hierzu von der Antragsgegnerin vorgelegte Computerausdruck genügt jedoch nicht, um die Bekanntgabe- und Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auszulösen .

Es besteht weder eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachen Brief übersandten Schreibens, noch gelten hierfür die Grundsätze des Anscheinsbeweises (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.2007, – B 13 R 4/06 R – .). Der Antragsteller muss auch nicht "substantiiert" bestreiten, dass und warum er den Bescheid vom 20.06.2008 nicht erhalten hat, um die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X zu widerlegen (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.2007m – B 13 R 4/06 R RdNr. 20; LSG Bad.-Württ.Urteil vom 14.03.2008 – L 8 AS 5579/07 – . RdNr. 22; Engelmann in: von Wulfen, SGB X 5. Aufl. 2008 , § 37 RdNr. 15 ).

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5. Sozialgericht München

5.1. Sozialgericht München S 51 AS 217/08 22.01.2008 rechtskräftig , Urteil

Der Bedarf für Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt ist insgesamt pauschal mit 620,- EUR zu bemessen.

Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung sind Leistungen für "Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt" nicht von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfasst. Diese Leistungen werden gesondert erbracht und können als Sachleistung oder Geldleistung, aber auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden (§ 20 Abs. 3 Satz 2 und 5 SGB II). Bei der Bemessung der Pauschalen sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 3 Satz 6 SGB II). Eine Rechtsverordnung des Bundes für diese Leistung nach § 27 Nr. 3 SGB II existiert nicht.

Der Anspruch auf Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt umfasst - für die (werdende) Mutter Schwangerenbekleidung (Umstandsbekleidung) und spezielle Wäsche für die Zeit nach der Geburt (z.B. Still-BH), - die Erstausstattung an Babybekleidung, - alle Bedarfsartikel für das Neugeborene (Kinderwagen, Matratze und Decke für den Kinderwagen, Fellsack für den Kinderwagen, Bettzeug für das Kinderbett, Wickelauflage, Fläschchenwärmer, Babybadewanne, Badethermometer, Schnuller, Windeleimer, usw.) und - Möbel für das Neugeborene (Kinderbett mit Matratze, Kleiderschrank oder Wickelkommode).

1. Für die Bekleidung der Schwangeren bzw. der jungen Mutter ist ein Bedarf von 120,- EUR anzusetzen.

2. Der Bedarf für Erstausstattung für das Kind (Babybekleidung, Bedarfsartikel und Möbel für das Neugeborene) ist mit 500,- EUR anzusetzen. Dies gilt zumindest für die Ausstattung beim ersten Kind (LSG Berlin- Brandenburg , Beschluss vom 03.03.2006, L 10 B 106/06 AS ER).

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Anmerkung : Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 26.10.2007, S 5 AS 5035/07 ER

Erbringt der Leistungsträger die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II durch Pauschalbeträge, müssen die Pauschalbeträge bedarfsdeckend sein ( Behrend in: juris-PK, 2. Aufl., § 23 SGB II Rdnr. 87). Denn Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nach Art 20 Abs. 1 GG folgt (BVerfG, Breithaupt 2005, 803, 807; Bieback , NZS 2005, 337, 338). Zwar sind pauschalierende Regelungen in diesem Rahmen nicht generell ausgeschlossen. Erforderlich ist aber, dass trotz Typisierung der existenznotwendige Bedarf in möglichst allen Fällen abgedeckt wird (BVerfG, NJW 1992, 3153, 3154). Angesichts dessen ist ein Pauschalbetrag zu niedrig, wenn er nur unter günstigen Umständen zur Bedarfsdeckung ausreicht. Der Leistungsempfänger kann in der Regel nicht darauf verwiesen werden, längere Zeit auf ein besonders preiswertes Angebot zu warten. Denn der existenznotwendige Bedarf ist zeitnah zu befriedigen, nicht irgendwann in der Zukunft.

Vergleiche dazu auch VG Bremen, Beschluss vom 14.03.2008 - S3 V 479/08, Zur Höhe der Erstausstattungspauschale nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II

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