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Rechtsberatungsgesetz gegen Caritas Stuttgart endet mit riesen Erfolg

Nachfolgend veröffentlichen wir erste Infos zum RBerG -Verfahren gegen die Caritas und Dr. Hammel in Stuttgart. Eine ausführlichere Berichterstattung wird baldigst unter der Rubrik Áktuelles auf der Tacheles HP erfolgen.

Rechtsanwaltskammer zieht Berufung zurueck

Zu Beginn der muendlichen Verhandlung im Berufungsprozess der Rechtsanwaltskammer Stuttgart gegen den Caritasverband fuer Stuttgart e. V. und dessen Mitarbeiter Dr. Manfred Hammel legte der Vorsitzende Richter am II. Senat des OLG Stuttgart dar, dass er das Engagement des (mit beklagten) Caritas-Mitarbeiters Dr. Hammel, Beduerftigen in
Angelegenheiten des sozialen Rechts fuer deren gerichtliches Verfahren in Sozialhilfesachen lediglich Formulierungshilfen anzufertigen (und in diesen Prozessen gerade nicht als Prozessbevollmaechtigter aufzutreten), fuer durch § 8 Abs. 2 BSHG voll und ganz gedeckt haelt.

Mit dieser Einschaetzung liegt dieses Gericht voll und ganz auf derjenigen Linie, die in diesem Sachzusammenhang bereits der Deutsche Verein fuer oeffentliche und private Fuersorge in dessen Gutachten vom 17. September 1997 (G 64/97) vorzeichnete.

Die Rechtsanwaltskammer zog daraufhin die von ihr gegen das Urteil des Landgericht Stuttgart vom 21. Juni 2001 erhobene Berufung zurueck, womit dieser Prozess beendet war.

Von besonderer Bedeutung war fuer den II. Senat des OLG Stuttgart bei seiner Meinungsbildung neben dem Inhalt des § 8 II BSHG auch § 3 Ziff. 1 RBerG. - Der oben erwaehnte Richter hielt es fuer unkritisch, den Caritasverband fuer Stuttgart e. V. als ein Teil der Katholischen Kirche aufzufassen und diesem Traeger der freien Wohlfahrtspflege (§ 10 BSHG) wie dessen Mitarbeitern hier den aus § 3
Ziff. 1 RBerG resultierenden, besonderen Schutz, den eine
Koerperschaft des oeffentlichen Rechts bietet, zuzusprechen.

Es besteht hier das Erfordernis, durch Gesetzesaenderungen
klarzustellen, dass das von nicht konfessionell
gebundenen Liga-Verbaenden (§ 10 BSHG) wie sozialen Selbsthilfegruppen generell praktizierte Handeln im Sinne einer "Rechtshilfe" fuer Beduerftige in Angelegenheiten nach | 8 II BSHG auf eindeutige Rechtsgrundlagen gestellt wird. Der Gesetzgeber tat einen solchen Schritt bereits im Sommer diesen Jahres ueber eine AEnderung des
Sozialgerichtsgesetzes sowie das SGB IX in Bezug auf die
Behindertenhilfe. Weitere Reformen sind dringend erforderlich, zumal ein Desinteresse der Rechtsanwaltschaft an der Übernahme und qualifizierten Bearbeitung solcher Mandateweitgehend offenkundig ist.
Rechtsanwälte ziehen Berufung zurück

aus der Stuttgarter Zeitung vom 12.11.01:

Niederlage für die Anwaltskammer: Rechtsberatung darf Eingaben bei Gericht machen

Niederlage auf der ganzen Linie für die Rechtsanwaltskammer Stuttgart: Weil der Zweite Zivilsenat am Oberlandesgericht der Caritas Gerichtseingaben in Fällen des Sozialhilferechts uneingeschränkt zugesteht, haben die Anwälte die Berufung zurückgezogen.

Von Susanne Janssen

Gut einen Monat nach dem Urteil vom 21. Juni hatte die Rechtsanwaltskammer Berufung eingelegt. Denn der Richter am Landgericht hatte der Caritas zugestanden, in eiligen Fällen und bei Anträgen zur Prozesskostenhilfe auch Eingaben bei Gericht zu formulieren. Das ging den Anwälten zu weit.

Der Vorsitzende Richter am zweiten Zivilsenat des Oberlandesgerichtes ging gestern aber noch weiter: Uneingeschränkt dürfe die Caritas Eingaben bei Gericht vorformulieren, erklärte er. Damit verlasse der Wohlfahrtsverband nicht den Bereich der Rechtsberatung und Rechtsbetreuung. "Die Vorformulierung einer Eingabe ist, wenn es der Klient selbst unterschreibt und nicht der Rechtsberater, noch keine Prozessvertretung", stellte der Richter klar. Die Rechtssprechung grenze normalerweise die Beratung einer Vertretung nach außen bei Gericht gegenüber ab. Das sei bei Eingaben aber nicht der Fall.

Noch ein weiteres Argument brachte den Senat dazu, gegen das geforderte Verbot zu sprechen: "Das könnte leicht unterlaufen werden." So könne sich der Rechtsberater darauf beschränken, einige Kernsätze zu formulieren - eine Abgrenzung sei da kaum möglich. Also müsse man konsequent sein und die komplette Vorformulierung der Eingabe komplett erlauben. "Der klare Schnitt ist da, wo eine Außenvertretung beginnt." Unstrittig sei auch, dass sich diese Kompetenz nur auf Fälle des Bundessozialhilfegesetzes erstrecke.

So herrschte Genugtuung bei der Caritas, ihrem Mitarbeiter Manfred Hammel und den zahlreichen Kollegen und Klienten, die den Gerichtssaal füllten. "Wir haben mehrfach die Kooperation gesucht", so der Anwalt der Caritas, Reinhard Löffler. Doch die Rechtsanwaltskammer sei nie auf die Gesprächsvorschläge eingegangen. Die Ausführungen der Rechtsanwälte, ihnen sei der Schutz der Mandanten vor unseriöser Beratung wichtig, hielt Löffler dadurch für wenig glaubwürdig: "Es hat sich letztlich doch auf Futterneidprobleme reduziert."

Die Rechtsanwaltskammer blieb bei ihrer Meinung, dass derjenige, der einen Prozess einleitet, ihn auch bis zum Ende betreuen sollte: "Kein Anwalt hat es gern, wenn die Taktik schon vorgegeben ist." Doch angesichts der Tatsache, dass der Senat Eingaben an das Gericht als Form der Rechtsberatung für zulässig hält, zogen die Anwälte flugs ihre Berufung zurück.

Die Caritas wollte jedoch die Meinung des Senats in einem Urteil festgeschrieben haben, da auch andernorts Kammern und Anwaltsvereine gegen Rechtsberatungen oder Mediatoren klagen. Doch diese Chance hatten sie nicht: "Da die Kammer vor der eigentlichen Eröffnung der mündlichen Verhandlung ihre Berufung zurückgezogen hat, ist der Anschlussberufung des Caritasverbandes Stuttgart der Boden entzogen", verkündete der Richter. Der Caritasverband wollte das Landgerichtsurteil akzeptieren und hatte erst im September auf die Berufung der Rechtsanwälte reagiert. Gleichwohl verbuchte die Caritas das Ergebnis als vollen Erfolg: "Wir werden unsere Arbeit so fortführen wie bisher", so Löffler. Die Ausführungen des Senats würden vor weiteren Klagen schützen.

Kommentar: Ohrfeige Seite 25

Aktualisiert: 12.11.2001, 05:33 Uhr

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