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Oldenburger haben die Schnauze voll! Bericht über die Demo gegen Sozialkürzungen am 7.9.02

Oldenburger haben die Schnauze voll!

Gewaltige kommunalpolitische Unzufriedenheit brachte am vergangenen Samstag mehr als 1500 Menschen im niedersächsischen Oldenburg auf die Straße. Gegenstand der allgemeinen Wut sind die drastischen Einschnitte, die die SPD/FDP-geführte Stadtrats-Mehrheit den Oldenburgern zumuten will und denen ein großer Teil der sozialen Infrastruktur, Frauen- und Mädchenprojekte, Jugend- und Erwerbslosenzentren zum Opfer zu fallen droht. Bereits beschlossen ist z.B. die Rücknahme des freien Schwimmbadeintritts für Sozialhilfebezieher oder der Anspruch auf Bildungsgutscheine für Menschen mit geringem Einkommen.

"Für ein soziales Oldenburg - gegen den Sozialabbau³"zogen die DemonstrantInnen mit Kinderwagen, im Rollstuhl, auf Skateboards, zu Rade und zu Fuß, ausgestattet mit zahlreichen Transparenten, Plakaten, Trommeln, Töpfen, Rasseln, Pfeifen und Pappschildern über zwei Stunden durch die Stadt.

Auch die massenhaft anwesenden Vertreter der Staatsmacht trugen auf ihre Art zur Demo-Stimmung bei: mit Schlagstöcken und in grüner "Plastik-Vollverschalung" begleiteten sie die gemeinsame Demonstration des lokalen Sozialbündnisses "Oldenburg 2000" und des DGB. Besonders engmaschig waren die "Grünen" in Höhe des autonomen Blocks anzutreffen, der sich davon jedoch nicht beeindrucken ließ.
"Samstags frei für die Polizei!" forderte auch der Oldenburger DGB-Chef Manfred Klöpper angesichts des in keinem Verhältnis stehenden Aufgebots der Staatsmacht.

"Wir alle zusammen sind über 1500 Ich-AGs und alle in derselben Branche. Konkurrenzlos sozusagen. Denn wir haben eine Marktlücke entdeckt. Ein Bedürfnis, das trotz - oder gerade wegen - des riesigen Waren- und Dienstleistungs-angebotes unbefriedigt bleibt, das Bedürfnis nach Solidarität und Zusammenhalt", begrüßte Hauptredner Michael Bättig vom Bündnis "Oldenburg 2000" die Demonstranten mit Seitenhieb auf das Hartz-Papier. "Über 1500 neue Firmen - es geht wieder aufwärts in Oldenburg.³"

In die falsche Richtung, nämlich abwärts ginge es hingegen mit der Sozialpolitik. Dank rot-grüner Steuerpolitik, beängstigender und menschenfeindlicher Reformen zur Schönung der stetig steigenden Arbeitslosenzahl und zunehmender Amerikanisierung der Städte fiele das Adjektiv "sozial" immer häufiger dem politischen Willen zum Opfer - wahlkampftauglich verpackt als unumgänglicher Sachzwang.

Im Oldenburger Haushalt stehen 72,8 Millionen Euro Fehlbedarf auf dem Abrechnungszettel der städtischen Kasse. Gerade mal 98.000 Euro werden durch die Streichungen bei den sozialen Einrichtungen eingespart, also 0,13 Prozent des Fehlbedarfs. Die Zahl derer, die angesichts dieser "Einsparung" auf der Straße oder vor verschlossenen Türen stehen, weil sie - als Betroffene - nicht wissen, wo sie ohne die sozialen Anlaufstellen Beratung und Hilfe bekommen können, oder - als Mitarbeiter der betroffenen Organisationen - arbeitslos geworden sind, scheint in der Rechnung der Stadtverwaltung keinen nennenswerten Posten einzunehmen.

Dass sie sich nicht einfach wegrechnen lassen, haben die Oldenburger am Samstag eindrucksvoll demonstriert. Und schon am kommenden Donnerstag geht es weiter: Auf einer vom "Bündnis Oldenburg 2000" angezettelten Podiumsdiskussion sollen Kommunalpolitiker öffentlich beantworten, wie es mit der Sozialpolitik in Oldenburg zukünftig aussehen soll.

Thema wird auch der geplante Arbeitsdienst für Sozialhilfeberechtigte sein. "Für 1,10 Euro die Stunde sollen Menschen zwangsweise Aufgaben erledigen, die größtenteils durch den kontinuierlichen Personalabbau im öffentlichen Dienst "frei" geworden sind und die sie auf ihren persönlichen Berufswegen keinen Schritt weiter bringen³", kritisiert die Arbeitslosenselbsthilfe ALSO.

Statt eines Arbeitsdienstes für Sozialhilfebezieher forderte die ALSO deshalb in einem Streitgespräch mit Kurt Plagge, dem Geschäftsführer der oldenburgischen Beschäftigungsgesellschaft Stellwerk, deren Auflösung.
Die Podiumsdiskussion findet am Donnerstag, den 12. September um 20 Uhr im PFL statt.

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