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Kurzprotokoll der Veranstaltung am 03.04.2001 zu § 101a

Kurzprotokoll der Veranstaltung am 03.04.2001 zu § 101a Experimentierklausel
hier: Modellversuche der Pauschalierung der Sozialhilfe

Aus der Praxis wird berichtet:

· Bei einer Tagung beim ISS, Frankfurt, sprach Frau Faselt, ehemals saarländisches Sozialministerium, vom Begriff „Modell“ als Begründung für die Abweichung von der Gesetzeslage in Modellversuchen. Dies wurde von Kommunen gern als Argument aufgenommen.
· Erfahrungen in Augsburg mit der Pauschalierung weisen auf „Vorgehen nach Gutsherrenart“ hin. Unverblümt wird bei Knappheit in der Pauschale auf die Verrechnung nach § 25a BSHG verwiesen.
· Aus Niedersachsen wird berichtet, dass auf Landesebene eine eigene Arbeitsgruppe gebildet wurde, weil die Vermutung geäußert wird, mit den Modellmaßnahmen soll grundsätzliche Veränderung der Sozialhilfe eingeleitet werden. Die vom Gesetzgeber intendierte wissenschaftliche Begleitforschung sieht die Ebene Sozialamt, aber nicht die Erfahrungen der Hilfeempfänger. Durch Interventionen konnte durchgesetzt werden, dass der Einstieg, aber auch der Ausstieg nur mit ministerieller Genehmigung durchgeführt werden kann. In Niedersachsen ist es gelungen eine landeseigene Begleitforschung durchzusetzen, die ihr Augenmerk auch darauf richtet, „was die Pauschalierung mit den Sozialhilfeempfängern macht“.
Die Arbeitsgruppe hat eine Checkliste mit den kritischsten Punkten der Pauschalierung zusammengestellt. Diese Checkliste ist sehr hilfreich, wenn Modellmaßnahmen eingerichtet werden sollten.
· Aus Kassel wird berichtet, dass Personengruppen, die derzeit schon intensiv beraten oder begleitet werden, bei der Modellmaßnahme außen vor sind. Die frühere Praxis mit Gutscheinen für einmalige Beihilfen ist für die Zukunft ungewiss.
Mieten wurden bisher entsprechend der Wohngeldtabellen anerkannt. Jetzt wird das Wohngeld in voller Höhe entsprechend der tatsächlichen Miete und den Höchstbeträgen der Wohngeldtabellen vereinnahmt. Bei der Pauschalierung der Sozialhilfe werden gleichzeitig für die Unterkunft niedrigere Pauschalen angesetzt.
· Stuttgart: Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten und dem Grenzbereich dazu sind draußen. Personen, die Pfändungen unterliegen können sich mit Widersprüchen gegen die Pauschalierung wehren, Beratungsangebote werden zwar angekündigt, aber nicht vorgehalten.
· Würzburg: In Bayern ist keine wissenschaftliche Begleitung und auch keine Evaluation vorgesehen. Umgesetzt werden die Modellmaßnahmen in zwei Landkreisen (Würzburg und Schweinfurt) Unterkunftskosten werden ebenfalls pauschaliert. Die ermittelte Pauschale beruht auf einem örtlichen Erfahrungswert, den Sozialamtsmitarbeiter aus Wohnungsanzeigen ermittelt haben.

Problemsammlung:

· Die Pauschalierung der Unterkunftskosten stellt das größte Problem dar, ebenso die Pauschalierung von langlebigen Wirtschaftsgütern; die Pauschale wird über einen langen Zeitraum gestückelt in Kleinbeträgen als Vorleistung ausgezahlt und soll von den HilfeempfängerInnen angespart werden.

· Vor Pfändungen können die Hilfeempfänger die Ansparleistung nur im Sparstrumpf schützen, auf dem Kto. dürfen keine Beträge verbleiben.

· Wie können Widersprüche gegen die unfreiwillige Einbeziehung und bei Schwierigkeiten erfolgen?

· Wie können die Erfahrungen von Hilfeempfängern gesammelt und zu Erkenntnissen umgesetzt werden? Lassen sich die Probleme mit den Unterkunftskosten dokumentieren? Die Zufriedenheit vieler SH-Empfänger (vorerst) muss einkalkuliert werden. Nur ein Teil der Hilfeempfänger wird langfristig massive Schwierigkeiten bekommen.

Freiburg, 5. April 2001

Agenda

· Dringend muss eine Übersicht her, wo Modellversuche laufen oder kurz vor Maßnahmebeginn sind.

· Wir müssen es schaffen, der Evaluation von Mummert & Partner eine Evaluation der Betroffenenerfahrungen dagegenzusetzen. Dazu muss eine eigene wissenschaftliche Untersuchung gestartet werden. Erreichen werden wir die Betroffenen am ehesten über den ASD der verschiedenen Verbände.

· Das Forschungsprojekt "Klientenzufriedenheit in Modellversuchen" ist über die Verbände umzusetzen. Aktuell eine Pressemeldung ist angezeigt von unserem Treffen. Ein Folgetreffen ist zu verabreden.

· DCV und Diakonie regeln unter sich die Geschäftsverteilung, d. h. wer ist federführend in diesem Bereich verantwortlich.

· Informationen müssen an die Öffentlichkeit. Die Modellversuche und die Kommunen müssen öffentliche Kontrolle erfahren. Diese Öffentlichkeit muss über die Verbände und die Beratungsebene der Verbände gesucht werden, um an Betroffene heranzukommen und Problembewusstsein zu schaffen.

· Auf Landesebene sind die sog. Lenkungsgruppen zu sensibilisieren. Die Einbindung der Freien Wohlfahrtspflege analog zu § 114 BSHG muss eingefordert werden, um mehr Fachöffentlichkeit zu erzeugen.

· Beratung in sozialrechtlichen Fragen ist bei den Wohlfahrtsverbänden zu organisieren. Dabei nützt auch die Checkliste aus Niedersachsen, damit die Beratenden die kritischen Punkte hinterfragen können.

Freiburg, 5. April 2001

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