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Gutachten des Deutschen Vereins zum Verstoß gegen das RBerG durch Beratungsstellen

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

Gutachterliche Stellungnahme von Dr. Jürgen Sauter

vom 17.09.1997

(bisher nicht veröffentlicht)

An den
Caritasverband für Stuttgart e.V.

Gutachtenanfrage zu den §§ 8, 10 BSHG

Sehr geehrter Herr Dr. Ha....,

ich komme zurück auf Ihre Gutachtenanfrage vom 14.7.1997.

Sie bitten um gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, ob und inwieweit es einem als eingetragenen Verein konstituierten konfessionellen Träger der freien Wohlfahrtspflege gestattet ist, Ratsuchenden unter Hinweis auf die §§ 8, 10 BSHG in der täglichen Beratungstätigkeit
Formulierungshilfen im Zusammenhang mit der Erhebung von Widersprüchen und Stellung von Anträgen auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf Leistungen der Prozeßkostenhilfe (jeweils in Abstimmung mit einem Rechtsanwalt) zu geben, ohne daß die
(nicht über eine Anwaltszulassung verfügenden) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines solchen Trägers mit dem Rechtsberatungsgesetz in Konflikt geraten.

1.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) bedarf der Erlaubnis durch die zuständige Behörde, wer
- geschäftsmäßig
- die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (einseht. der Rechtsberatung und der Einziehung von Forderungen)
- ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit betreibt

Die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ohne die erforderliche Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar ( § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG). Personen, die geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgen, ohne dazu befugt zu sein, sind als Bevollmächtigte und Beistände im Verwaltungsverfahren zurückzuweisen (§ 13 Abs. 5 S. 1 SGB X, § 14 Abs. 5 VwVfG). Darüber hinaus ist die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht auch dann ausgeschlossen, wenn die betreffende Person über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügt (§ 157 Abs. 1 S. 1 ZPO; § 11 Abs.3 S 1 ArbGG; §§ 67Abs.2, 173 VwGO i.V.m. § 157 ZPO; § 73 Abs.6S. 1 SOG i V. m. § 157 ZPO).

Das Rechtsberatungsgesetz enthält Ausnahmen von der in § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG normierten Erlaubnispflicht. So bestimmt § 3 Nr. 1 RBerG, daß durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt wird die Rechtsberatung und Rechtsbetreuung, die von Behörden oder von Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit ausgeübt wird.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 RBerG stehen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes ferner dem nicht entgegen, daß Angestellte, die bei Personen oder Stellen der in den §§ 1, 3 und 5 bezeichneten Art beschäftigt sind, im Rahmen dieses Anstellungsverhältnisses Rechtsangelegenheiten erledigen. Allerdings darf die Rechtsform des Angestelltenverhältnisses nicht zu einer Umgehung des Erlaubniszwanges mißbraucht werden ( § 6 Abs. 2 RBerG).

2.
In dem von Ihnen vorgetragenen Sachverhalt geht es um die Beratungstätigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines als Verein eingetragenen konfessionellen Trägers der freien Wohlfahrtspflege, mithin um die Ausübung einer abhängigen Tätigkeit. Damit wird eine regelungstechnische
Besonderheit des Rechtsberatungsgesetzes relevant, das den Erlaubniszwang und die Strafbestimmung personenbezogen formuliert (§ 1 Abs. 1 S- 1: ... darf nur von Personen betrieben werden, denen ... § 8 Abs. 1: ordnungswidrig handelt, wer ...), die Freistellung vom Erlaubniszwang demgegenüber institutionenbezogen regelt (bspw. § 3 Nrn. 1, 7, 8: Behörden, Körperschaften des öffentlichen Rechts, Genossenschaften und genossenschaftliche Prüfungsverbände, Verbraucherzentralen im Rahmen ihres Zuständigkeits- oder Aufgabenbereichs; § 5 Nr. 1: kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmen im Rahmen ihres Gewerbebetriebs).

Das Zusammenspiel des personenbezogenen Erlaubniszwangs mit den institutionenbezogenen
Freistellungsvorscbriften wird in Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "gewerbsmäßig" des § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG erörtert.
Zunächst ist es für die Bejahung der Geschäftsmäßigkeit "nicht entscheidend, ob die Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich oder ehrenamtlich oder gegen Entgelt oder unentgeltlich ausgeübt wird. Entscheidend ist die Absicht, die Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil (der) Beschäftigung zu machen"
(B. Siebenhaar in: Giese / Krahmer, Komm. zu SGB I und X, Stand: November 1996, X § 13 Rdnr. 43; Pickel, Komm. zum SGB X, Stand: Juli 1997, § 13 Rdnr. 44; Thomas /Putzo, Komm- zur ZPO, 16. Aufl. 1990, § 157 Anm. 1; Zöller, Komm. zur ZPO, 15. Aufl. 1987, § 157 Rdnr. 4; Bley in: Gesamtkommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: Juni 1995, § 73 SGG, Anm. 19 b [S. 555)).
Hinzukommen muß ein selbständiges Tätigwerden (vgl. die genannten Autoren, jeweils a.a.0.; ebenso BVerwG NJW 1988, S. 220 li. Sp ).

Ein selbständiges und damit geschäftsmäßiges Tätigwerden in Rechtsangelegenheiten wird teilweise nur für den Fall verneint, daß die tätig werdende Person zu dem Inhaber des zu besorgenden Rechts in einem Dienst- oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnis steht (Zöller, a.a.0.; Thomas / Putzo, a.a.0.; Kopp, Komm. Zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl. 1991, § 14 Rdnr. 29). Die Abhängigkeit des rechtsbesorgend tätig Werdenden vom Inhaber des zu besorgenden Rechts dürfte allerdings eher ein Gesichtspunkt sein, der bei der Prüfung der "Fremdheit" einer Rechtsangelegenheit, nicht aber bei der Prüfung der Geschäftsmäßigkeit einer rechtsbesorgenden Tätigkeit von Belang ist (vgl. § 6 Abs. 1 RBerG, der die Privilegierung der Erledigung von Rechtsangelegenheiten durch Angestellte in seiner Nr. 2 nicht davon abhängig macht, daß ein Angestellter eine Rechtsangelegenheit seines Anstellungsträgers besorgt). Ein weisungsabhängiger Angestellter handelt deshalb generell nicht selbständig und damit auch nicht geschäftsmäßig i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG ( so auch
B. Siebenhaar in: Giese/Krahmer, a.a.0.; ebenso Müller - Dietz, Rechtsberatung und Sozialarbeit, 1980, S. 44).

Hieraus wird für den Bereich der Rechtsberatung und Rechtsbetreuung im Rahmen Sozialer Arbeit der Schluß gezogen, unselbständig beschäftigte Sozialarbeiter konnten nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz belangt werden. Deren Tätigkeit werde vielmehr wegen § 6 RBerG dem Arbeitgeber zugerechnet (F. Siebenhaar, BldW 1985, S. 215 [S. 216); Thust, BldW 1984, S. 86re.Sp.; B. Siebenhaar in; Giese/Krahmer, a.a.0.).
Ordnungswidrig handele deshalb allenfalls der Anstellungsträger (Münder / Höfker in: Münder u.a. [Hrsg], Schuldnerberatung in der sozialen Arbeit, 1989, S. 75 [S. 80]; Kohl, NDV 1986, S. 354 [S. 358 in Fn. 21)).
Diese Ansicht verkennt allerdings die Funktion der §§ 3, 6 Abs. 1 Nr. 2 RBerG. Nach § 3 Nr. 1 RBerG wird die von Behörden und Körperschaften ausgeübte Rechtsberatung und Rechtsbetreuung durch das RBerG "nicht berührt", was soviel bedeutet wie "nicht geregelt" (vgl. BVerfGE22, S. 180 [S- 203] zum insoweit gleichlautenden § 10 Abs. 1 BSHG). Eine behördliche oder körperschaftliche rechtsberatende und - betreuende Aufgabenwahrnehmung wird vom RBerG also weder unter Erlaubniszwang gestellt noch mit einer Strafbestimmung belegt. Im übrigen liegen in Fällen der hier interessierenden Art i.d.R. die Voraussetzungen des § 30 OWiG nicht vor, der die Zurechnung des Handelns natürlicher Personen zu juristischen Personen oder Personenvereinigungen und damit die Bußgeldfähigkeit letzterer regelt.
Vielmehr nehmen Angestellte der in g 3 RBerG genannten Institutionen gern- g 6 Abs. 1 Nr. 2 RBerG an deren Freistellung teil, soweit sie im Rahmen ihres Angestelltenverhältnisses Rechtsangelegenheiten erledigen. Aus dem systematischen Zusammenhang zur Nr. 1 der Vorschrift wird deutlich, daß es sich dabei nicht um Angelegenheiten des Anstellungsträgers handeln muß. Hauptberuflich, nebenberuflich oder auch ehrenamtlich tätige Sozialarbeiter, die bei einem Träger der freien Wohlfahrtspflege angestellt und tätig sind, sind deshalb im Rahmen des Aufgabenbereichs
Ihres jeweiligen Anstellungsträgers von Erlaubniszwang und Strafbestimmung des Rechtsberatungsgesetzes freigestellt (Müller- Dietz, a.a.O., S. 44 f).

3.
Eine personenbezogene Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines konfusionellen Trägers der freien Wohlfahrtspflege bei ihrer täglichen Beratungstätigkeit von Erlaubniszwang und Strafbestimmung des Rechtsberatungsgesetzes kommt damit nur in betracht, wenn

- der Anstellungsträger unter eine institutionenbezogenen Freistellungsvorschrift fällt
und
- die Tätigkeit der abhängig Beschäftigten sich im Rahmen der dem Anstellungsträger
durch das Rechtsberatungsgesetz einger8umten Freistellung bewegt

Im vorliegenden Fall kommt als institutionenbezogenen Freistellungsvorschrift § 3 Nr. 1RBerG in Betracht, wonach die Rechtsberatung und Rechtsbefreiung, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit ausgeübt wird, durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt wird.

3.1
Der Caritasverband Stuttgart als privatrechtlich konstituierter ("e.V.") konfessioneller Träger der freien Wohlfahrtspflege müßte damit zunächst eine Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S.d.- § 3 Nr. 1 RBerG sein. Dieser Rechtsstatus kann allenfalls ein von der katholischen Kirche abgeleiteter sein. Die Bistümer der katholischen Kirche sind (wie die evangelischen Landeskirchen oder die EKD) "Religionsgesellschaften" i. S.v. Art 140 GG i. V. m - Art. 137 WRV und haben als "altkorporierte" bzw. "neukorporierte" Verbände den Rechtsstatus von Körperschaften des öffentlichen Recht (Art 137 Abs.5 WRV). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art 137 Abs.3 WRV, der den Religionsgesellschaften die selbständige Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten garantiert, betrifft diese Regelung nicht nur die organisierte Kirche und die rechtlich selbständigen Teile dieser Organisation, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn diese nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfGE46, S. 73 [s. 85f]; 57, S. 221 [s. 242f]; 70, S. 138 [s- 162 ff]; BVerfG NJW 1980, S. 1895 [s. 1896 li. Sp.]. Diese Einrichtungen seien in die Amtskirche "inkorporiert“.
Sie alle gehören zur Kirche, wie sie Art 140 GG, Art 137 WRV meint"(NJW 1980, S. 1896ti.Sp.)
Nach weit verbreiteter Ansicht sind damit auch Beratungsstellen eines konfessionellen Trägers der freien Wohlfahrtspflege Körperschaften des öffentlichen Rechts i.S.v. § 3 Nr.- 1 RBerG, die Rechtsberatung und Rechtsbetreuung im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne eine ansonsten nach § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG notwendige Erlaubnis betreiben dürfen (Müller-Dietz, a.a.0., 5. 56 f, Scbulz-Rackoll/Groth, ZRP 1986, 5. 105 [5. 107 li.Sp.]; Just u.a., Sozialberatung für Schuldnerinnen Methodische, psychodynamische und rechtliche Aspekte, 1990, 5.82; Kohl, a.a.0., 5. 358; F. Siebenhaar, a.a.0, S.217; dies ist allerdings nicht unbestritten, vgl. Neumann, Freiheitsgefährdung im korporativen Sozialstaat, 1992, S.83 f; ähnlich Maunz/Dürig/Herzog, Komm- zum GG, Stand: März 1994,Art.13?WRV Rdnr.31).

3.2
§ 1 Abs. 1 5. 1 RBerG belegt die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einseht. Der
Rechtsberatung mit Erlaubniszwang. Von diesem Erlaubniszwang freigestellt sind Rechtsberatung und Rechtsbetreuung, die von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts i.5.d. § 3 Nr. 1 RBerG im Rahmen deren Zuständigkeit ausgeübt wird.

3.2.1
Damit stellt sich zunächst die Frage, ob die von Ihnen angesprochenen Formulierungshilfen im Zusammenhang mit der Erhebung von Widersprüchen und Stellung von Anträgen auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf Leistungen der Prozeßkostenhilfe erlaubnisfreie
Rechtsberatung und Rechtsbetreuung darstellen oder erlaubnispflichtige und damit - mangels Vorliegen einer Erlaubnis – rechtswidrige Rechtsbesorgung.

3.2.1.1

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Rechtsbesorgung der Oberbegriff des
Rechtsberatungsgesetzes (NVwZ 1991, 5.298 [5.299re.Sp.]). In einem frühen Urteil erläuterte der BGH den Begriff der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als
"unmittelbare Forderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten dergestalt, daß diese Rechtsangelegenheiten durch Rechtsberatung einem gewissen Abschluß, sei es zwecks Rechtsgestaltung, sei es zwecks Rechtsverwirklichung zugeführt werden"
(NJW 1956, S. 591 [s. 592 li.Sp.]). Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine unmittelbare Förderung in diesem Sinn insbesondere bei unmittelbarer Wahrnehmung von Rechtsangelegenheiten Dritten gegenüber (bspw. als Bevollmächtigter) vor, aber auch bei einer nicht nach außen gerichteten Tätigkeit, die die Rechtsangelegenheit zu einem gewissen Abschluß bringen soll, wie bspw. das Entwerfen von Schriftsätzen oder das Einleiten eines Klageverfahrens (LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1985, S. 357 [s. 358]; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1989, S. 956
[S. 958]).
In dieser Sichtweise liegt der Unterschied zwischen besorgen und beraten also in der Zweckrichtung der Tätigkeit "Die Beratung zielt darauf, den Beratenen zu einem Entschluß zu verhelfen, ob und wie er die Erledigung einer Angelegenheit anstreben soll Die Besorgung setzt dagegen einen solchen Entschluß voraus und geht darauf aus, die besorgte Angelegenheit zu erledigen oder eine Erledigung näherzubringen.
Die Beratung kennzeichnet sich deshalb als eine Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber, die
Besorgung als eine Tätigkeit für den Auftraggeber- Der Berater wird nicht, der Besorger dagegen in aller Regel nach außen bin, Dritten gegenüber tätig."
(Dumoulin, NJW 1966, S. 810 [s. 811 re.Sp.]). In der Rechtsbetreuung i.S.d. § 3 Nr. 1 RBerG wird vielfach nur eine Variante der Rechtsberatung gesehen: "Dabei unterscheiden sich die Rechtsberatung und die Rechtsbetreuung nur dadurch, daß die erstere auf Veranlassung des Ratsuchenden und die letztere auf Veranlassung der betreuenden Stelle erfolgen" (Hess.VGH
Anwaltsblatt 1969, S. 408 [S. 409 li.Sp.]; Mues, Rechtsberatung, Rechtsbetreuung und Rechtsbesorgung in der sozialen Arbeit, insbesondere der Entschuldungshilfe des Sozialdienstes katholischer Männer, hrsg. von der Zentrale des SKM, Düsseldorf, 1987, S. 13; Bäumerich, NDV 1986, S. 51 [S- 54 re.Sp.]). Rechtsbetreuung erscheint so als eine im Innenverhältnis bleibende
Vorsorge (Beratung) ohne Mandat des Ratsuchenden.

3.2.1.2
Zu einer solch einschränkenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Rechtsbetreuung i. S.v. § 3 Nr. 1 RBerG gab und gibt es allerdings keinen Anlaß. Bereits das Bundesverwaltungsgericht führte in einem Urteil aus dem Jahr 1957 aus: „Das Gesetz gibt keine Definition für den Begriff der Rechtsbetreuung. Aus Artikel 1 § 3 Nr. 1 RBMG, der Rechtsberatung und der Rechtsbetreuung nebeneinanderstellt, kann aber entnommen werden, daß die Betreuung eine über die Beratung hinausgehende Unterstützung des Rechtsuchenden zum Inhalt hat Grenzen für den Umfang dieser Unterstützung lassen sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Insbesondere gibt das Gesetz keinen Anhalt für die Ansicht (...), daß unter Betreuung nur die Unterstützung des selbst vorgebenden Rechtsuchenden, nicht auch das Handeln für ihn und insbesondere die Einziehung von Forderungen für ihn verstanden werden könne. Dem Wortsinne nach gehört zu der Betreuung auch das Tätigwerden für andere. Schranken für die rechtsunterstützende Tätigkeit der Körperschaften des
öffentlichen Rechts sieht das Gesetz ausdrücklich nur insoweit, als es sie auf deren
Zuständigkeitsbereich beschränkt." (BVerwGE 5, S. 74 [S. 76]). Dies gelte zumindest für die außergerichtliche Geltendmachung von Rechtsansprüchen (a.a.0., S. 77). JedenfalIs das rechtlich relevante Handeln für einen Dritten unterhalb der Schwelle der förmlichen Rechtsverfolgung ist damit Rechtsbetreuung i.S.v. § 3 Nr. 1 RBerG Münder/Höfker, a.a.0, S. 82).
Die von den angesprochenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle erbrachten Formulierungshilfen betreffen allerdings das Widerspruchs-, das einstweilige Anordnungs- und das PKH-V erfahren und damit die förmliche Rechtsverfolgung.
Für die rechtliche Beurteilung dieser Rechtshilfe gibt ein Urteil das BGH Anhaltspunkte. Auch der
B G H hat sich neuerdings unter Rückgriff auf das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich gegen die Ansicht gewandt, wonach Rechtsberatung und Rechtsbetreuung ausschließlich interne Vorgänge seien und die Rechtsbetreuung sich nur dadurch von der Beratung unterscheide, daß die Initiative bei der betreuenden Stelle und nicht beim Ratempfänger liege.
Für ein solches Begriffsverständnis lassen sich dem Rechtsberatungsgesetz keine Anhaltspunkte
entnehmen Der (...) Wortsinn (...) spricht eher dafür, daß zur Betreuung auch das Tätigwerden für andere gehört (..-). Der Begriff der Betreuung (sei) auch sonst nicht auf eine rein interne Unterstützung beschränkt (...), wie der Begriff der Baubetreuung beispielhaft zeige. Die von der Revision weiter angeführte Gesetzessystematik legt es ebenfalls nahe, den Begriff der Rechtsbetreuung in einem weiten, nur durch den Aufgabenbereich der Körperschaft begrenzten Sinne auszulegen Dafür läßt sich ergänzend auch die Regelung des Artikel 1 § 7 RBerG anführen, die die berufsständischen
Vereinigungen des Privatrechts vom Erlaubniszwang ausnimmt, sofern sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten gewähren" (NVwZ 1991, S. 298 [S. 300 li.Sp.]). Rechtsbetreuung i.S.v. § 3 Nr. 1 RBerG ist damit inhaltlich dasselbe wie die Gewährung von "Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten" i.S.v. § 7 RBerG (Brangsch, NJW 1953, S. 732 [S. 733 li.Sp.]).
Zu "Rat und Hilfe" i.d.S. gehört jedenfalIs auch die Gewährung von Rechtshilfe bspw. durch die Anfertigung von Schriftsätzen (OVG Münster, DVBL 1967, S. 944 f). Damit stellt sich die hier in Frage stehende Tätigkeit der Angestellten des freien Trägers der Sozialrechtlichen Beratungsstelle als Rechtsbetreuung i.S.v. § 3 Nr. 1 RBerG dar.

Allerdings darf, wie der BGH betont (a.a.0.), eine Rechtsbetreuung in diesem Sinne nicht dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes zuwiderlaufen, "die Rechtsuchenden vor den Gefahren einer unzureichenden und nicht sachgemäßen Betreuung zu schützen und darüber hinaus der Anwaltschaft ein ausreichendes Arbeitsfeld zu sichern".
Die Rechtsbetreuung im Rahmen der Beratungstätigkeit von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege stellt jedoch keine Konkurrenz zur anwaltlichen Tätigkeit dar. Teilweise meidet die Anwaltschaft das Tätigkeitsfeld der sozialen Rechtsbetreuung mangels ausreichender Kenntnisse auf diesem Gebiet (vgl. etwa Heinhold, ZAR1997, S. 1 10 [S. 1 12] zur Asylrechtsberatung durch Sozialarbeiter und Ehrenamtliche),jedenfalls ist soziale Rechtsberatung wegen der geringen Sätze im Rahmen der Beratungshi1fe von Rechtsanwälten nicht kostendeckend durchführbar (Schulz-Rackoll l Groth, a.a.O., S. 108 li.Sp -; Plagemann, NJW 1988, S. 536 [S. 538 re.Sp. a.E.]). Im übrigen fehlt jeglicher empirische Nachweis dafür, daß ehrenamtliche unentgeltliche Rechtsberatung für die Rechtsuchenden mit der Gefahr einer unzureichenden und nicht sachgemäßen Betreuung verbunden ist (Müller - Dietz, a.a.O., S. 31; Thust, BldW 1984, S. 86 re.Sp.). Damit erfordert der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes für die Rechtsbetreuung durch Beratungsstellen der freien Wohlfahrtspflege keine Einschränkungen des oben ausgeführten Begriffsverständnisses der Rechtsbetreuung.
Entscheidend für die Vereinbarkeit der hier in Frage stehenden Rechtsbetreuung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines konfessionellen Trägers der freien Wohlfahrtspflege mit dem Rechtsberatungsgesetz ist damit die Frage, ob eine solche Rechtsbetreuung im Rahmen der Zuständigkeit einer Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege ausgeübt wird.

3.2.2
Der deutsche Caritasverband und seine Untergliederungen gehören der freien Wohlfahrtspflege an. Das Sozialrecht setzt zwar die Existenz gemeinnütziger und freier Einrichtungen und Organisationen voraus (§ 17 Abs. 3 S. 1 SGB I), regelt aber deren Tätigkeitsbereich und damit deren Zuständigkeit gerade nicht (vgl. § 10 Abs. 1 und 2 BSHG).
Die freie Wohlfahrtspflege macht vielmehr Gebrauch von dem in Art.2 Abs. 1 GG gewährleisteten " Grundrecht der freien karitativen Betätigung" (BVerfGE 20, S- 150 [S.159]) und ist insoweit in der Gestaltung ihrer Arbeit frei (BVerfGE 22, S. 180 [S. 203]).
Mit dem Adjektiv .frei. in den §§ 17 Abs. 3 S. 1 SGB I, 10 Abs. 1 und 2 BSHG wird also zum Ausdruck gebracht, daß die genannten Einrichtungen und Verbände ihre Aufgaben ohne Bindung an das Sozialleistungsrecht bestimmen Können (Rode in: BochKomm zum SGB I, 1979, § 17 Rdnr. 18; Schulte/Trenk-Hinterberger, Sozialhilfe. Eine Einführung, 2. Aufl. 1986, S. 82).

3.2.2. 1
Die "Zuständigkeit" eines freien Trägers i.S.v. § 3 Nr. 1 RBerG ergibt sich damit primär aus der satzungsmäßigen Ausgestaltung seiner Ziele (Roscher in: Kreft/Münder [Hrsg.], Soziale Arbeit und Recht, 2- Aufl. 1986, S. 130 [S. 156]; Tenfelde, Caritas - Korrespondenz 12 l 1988, S. 11 [S. 23 f]). Diese müssen sich allerdings im Rahmen der Eigenart wohlfahrtsverbandlicher Tätigkeit bewegen. Die mit dem Begriff Wohlfahrtspflege umschriebene Tätigkeit ist geschichtlich gewachsen und bspw. auch abgabenrechtlich hinsichtlich ihrer Gemeinnützigkeit normiert In einer Zusammenschau inzwischen historischer (reichsrechtlicher) Regelungen der Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege und geltender abgabenrechtlicher Vorschriften (vgl. Neumann, a. a. O., S. 67 f) laßt sich Wohlfahrtspflege definieren als "die planmäßige, d.h. professionelle, auf Dauer angelegte und zweckgestaltet organisierte, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte, vorbeugende oder abhelfende unmittelbare Betreuung wirtschaftlich, gesundheitlich oder infolge sonstiger sozialer Schwierigkeiten bedrängter Personen. Sie wird zum Wohl der Allgemeinheit ausgeübt, wenn sie nicht auf
Gewinnerzielung ausgerichtet und nicht auf Mitglieder der betreuenden Einrichtung beschränkt ist und ohne Vorleistung erbracht wird."
(Neumann, a.a.0-, Sw 79f) Auch der BMA betonte in einem Schreiben vom 12.2.1987an den Präsidenten der BAG der freien Wohlfahrtspflege (abgedr. in PSH III 1, S. 56lb f) den Zusammenhang der Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege mit der sozialen Hilfsbedürftigkeit der von ihnen vertretenen Personen.

3.2.2.2
Das BSHG kann wegen § 10 Abs. 1 und 2 BSHG keine inhaltlichen Vorgaben für die
Beratungstätigkeit der freien Wohlfahrtspflege enthalten (LPK BSHG, 4. Aufl. 1994, § 10 Rdnr. 14). Die beratende Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege ist damit nicht auf bestimmte Geschäftsbereiche festgelegt (Krüger, TuP 1986, S. 388 [S. 392]).
Trotzdem wird wegen der Erwähnung der Verbände der freien Wohlfahrtspflege in § 8 Abs. 2 Sw 1 BSH G aus dieser Vorschrift der Schluß gezogen, die Befugnis zur Beratung richte sich nach der den Sozialhilfeträgern eingeräumten Beratungsbefugnis ( Knopp / Fichtner, Komm. zum BSHG, 7. Aufl.
1992, § 8 Rdnr. 28; Besprechungsergebnis im BMJ vom 24.2.1969 zur Rechtsberatung durch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege unter II 1., abgedr. in NDV 1988, S. 373). Im Lichte der Selbständigkeit der freien Wohlfahrtspflege bei der Wahl ihrer Aufgaben (s.o. unter 3.2.2)
kann jedoch allenfalls gesagt werden, daß sich die Zuständigkeit der freien
Wohlfahrtspflege jedenfalls auch auf den Regelungsumfang des § 8Abs.2BSHG (persönliche Hilfe auch in der Form der Beratung) erstreckt.

3.2.2.3
Nach § 8 Abs. 2 S. 1 BSHG ist die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und die Beratung in sonstigen Angelegenheiten ein Unterfall der persönlichen Hilfe. Nach der Begründung zum Entwurf eines BSHG gehört zur persönlichen Hilfe nicht nur die Beratung, sondern auch die persönliche Betreuung
(BT-Drucks. 311799, S. 33 unter A II. 7.). Hierzu wurde bereits früh die Ansicht vertreten, daß zur "Rechtsfürsorge" i.S.d. § 8 Abs. 2 BSH G insbesondere die praktische Hilfe gehöre. Diese bestehe insbesondere "im Entwurf und der Fertigung von Briefen, Schriftsätzen, Anträgen und Urkunden, Aufsetzen von Verträgen, Verständigungsversuchen in jeder Form, d.h. in rechtsgestaltender Arbeit" (NDV 1963, S. 176 [S. 1??]) Diese Ansicht fand Eingang in die Rechtsprechung (OVG Lüneburg, FEVS 11, S. 14 [S. 16]), die Kommentarliteratur (Knopp/Fichtner, a.a.0., § 8 Rdnr. 15;
Oestreicher/Schelter/Kunz, Komm. zum BSHG, Stand: Oktober 1993, § 8 Rdnr. 11; Gottschick/Giese, Komm. zum BSHG, 9- Aufl. 1985, § 8 Anm. 8.2) wie in das erwähnte Ergebnis einer Besprechung im BMJ(a.a.0.).
Die tätige Rechtshilfe unterhalb förmlicher Verfahren der Rechtsverfolgung ist also persönliche Hilfe i.S.d. § 8 Abs. 2 BSHG und damit eine zum Aufgabenbereich der Sozialhilfeträger wie der freien Wohlfahrtspflege gehörende Tätigkeit.

Eine Rechtshilfe bei der förmlichen (gerichtlichen) Durchsetzung angenommener Ansprüche wurde von der Rechtsprechung überwiegend als außerhalb der persönlichen Hilfe i.S.v- § 8 Abs. 2 BSHG liegend angesehen (LSG Niedersachsen, 4- Senat, Breithaupt 1967, S- 533 [s. 534 f]; OLG Köln, NJW 1973, S- 437 [S. 438 li.Sp.]; VG Braunschweig, RsDE 25 11994], S. 88 [s. 91]). Eine Ausnahme bildet lediglich eine Entscheidung des 7. Senats des LSG Niedersachsen (NDV 1963, S. 291 re.Sp. =
FEVS 9, S. 76 Es. 78]), wonach die Beratung in sonstigen sozialen Angelegenheiten i.S.v. § 8 Abs. 2 S. 1 BSHG auch die Beratung in Angelegenheiten der sozialen Gerichtsbarkeit erfaßt. Diese Beratung könne auch schriftlich erfolgen und sich in dieser Form auch auf Streitigkeiten beziehen. Nicht gestattet sei lediglich allgemein das mündliche Verhandeln vor Gericht Diese Ansicht des 7. Senats konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Für die beratende Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege wurde in dem erwähnten Besprechungsergebnis (a.a.0.) ausgeführt: .Eine Durchsetzung der
Ansprüche im gerichtlichen V erfahren ist nicht mehr Sache der Wohlfahrtsverbände."

Diese Auslegung ist allerdings weder vom BSHG noch von § 11 SGB I gefordert Das BSH G räumte dem persönlichen Charakter der Hilfe in der Fürsorge besondere Bedeutung ein. Mit § 8 sollte zum Ausdruck kommen, "daß bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe es in vielen Fällen mit der Hingabe von Geld- oder Sachwerten nicht getan ist, daß vielmehr die Hilfe nur dann wirksam gewährt werden kann, wenn der Träger der Hilfe sich um den auf ihn angewiesenen
Menschen kümmert und in gebotenem Umfange für seine Betreuung sorgt" (BT-Drucks.3/1799, unter A II. 7. [S. 33]) Damit ist Beratung i.S.v. § 8 Abs. 2 BSHG eine Form der Betreuung im Sinne der persönlichen Hilfe, aber nicht die einzige. Zur persönlichen Hilfe gehört auch die Unterstützung bei der Erfüllung formeller gesetzlicher Voraussetzungen, bspw. in der Form der Hilfe bei der Anfertigung von Anträgen und Schriftsätzen (Schmitz-Elsen, NDV 1975, S. 155 [S. 156 li.Sp.]). Auch aus dem
Begriff der Dienstleistung i.S.v. § 11 SGB I ergibt sich nichts anderes. Dienstleistungen sind "bedarfsindividuell" (Mrozynski, Komm. zum SGB I, 2. Aufl. 1995, § 11Rdnr. 24). Eine Inhaltsangabe der in Betracht kommenden persönlichen Hilfen ist nicht möglich (Burdenski in: GK-SGB AT, 2.Aufl. 1981, § 11 Rdnr. 4). Der Ausschluß der Rechtshilfe bei der förmlichen Rechtsverfolgung aus dem Begriff der Beratung und der persönlichen Hilfe i.S.v. § 8 BSH G erfolgt regelmäßig auch nicht unter Hinweis auf sozial- oder sozialhilferechtliche Normen oder Grundsätze, sondern unter Hinweis auf die im Rechtsberatungsgesetz unter Erlaubniszwang gestellte Rechtsbesorgung (exemplarisch LSG Niedersachsen, 4. Senat, Breithaupt 1967, S. 533 [S. 534f], wo die vom Sozialhilfeträger einem Hilfesuchenden angebotene Hilfe bei der klageweisen Durchsetzung eines angenommenen Anspruchs aus dem Anwendungsbereich von § 8 BSH G mit dem Argument ausgeschlossen wurde, hierbei handele es sich um Rechtsbesorgung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes). Eine solche "harmonisierende Auslegung" ist bei Vorliegen eines Spannungsverhältnisses zwischen den Regelungen des Rechtsberatungsgesetzes und anderen Vorschriften sachangemessen (vgl.BVerwG NJW 1988, S.220re.Sp.).Wie die Augen oben (unter 3*2.1) gezeigt haben, besteht ein solches Spannungsverhältnis zwischen der persönlichen Hilfe nach dem BSH G und dem Begriff der Rechtsbetreuung i.S.v. § 3 Nr. 1 RBerG gerade nicht, da die Rechtsbetreuung in diesem Sinn auch die Tätigkeit für einen Dritten nach außen umfaßt, und zwar auch die tätige Rechtshilfe bei
der förmlichen Rechtsverfolgung.

Zusammenfassend kann deshalb gesagt werden, daß die tätige Rechtshilfe bei der förmlichen Rechtsverfolgung durch Leistung von Formulierungshilfen eine persönliche Hilfe i.S.d. § 8 BSH G darstellt Diesbezügliche Einschränkungen aus dem Rechtsberatungsgesetz bestehen nicht Auch die eingangs erwähnten prozeßrechtlichen Vorschriften stehen dem nicht entgegen. Der dort angesprochene Ausschluß von Bevollmächtigten und Beiständen bezieht sich auf das Auftreten vor Gericht in der mündlichen Verhandlung (§§ 11 Abs. 3 S. 1 ArbGG, 157 Abs. 1 S. 1 ZPO). Auf den
sonstigen Rechtsbetrieb, insbesondere auf Schriftsätze, finden diese Ausschlußvorschriften keine Anwendung (Zöller, [[0., § 157 Rdnr. 5).

3.2.3
Ein Verband der freien Wohlfahrtspflege kann damit zulässigerweise seinen "Zuständigkeitsbereich" dahingehend festlegen, tätige Rechtshilfe bei der förmlichen Durchsetzung angenommener Ansprüche durch Formulierungshilfen zu leisten. Eine solche Rechtsbetreuung darf allerdings nicht "Selbstzweck" sein- Sie darf nur - angesichts der allgemeinen Zielsetzungen wohlfahrtsverbandlicher Tätigkeit - an Personen erbracht werden, die aufgrund sozialer Schwierigkeiten nicht zur Wahrnehmung ihrer Interessen in der Lage sind (vgl. etwa OLG Köln, NJW 1973, S. 437 [s. 438 li.Sp.]: Die persönliche Hilfe darf nur dem Ziel dienen, "die anormale Lage, in der sich Hilfsbedürftige bei der Wahrnehmung ihrer Interessen befinden, auszugleichen" ). Die Probleme eines Hilfesuchenden bei der Rechtsdurchsetzung müssen insoweit "Untrennbar" mit dessen sonstigen sozialen Schwierigkeiten verbunden sein (so die Überlegungen des Deutschen Vereins zur
Schuldnerberatung in der sozialen Arbeit, NDV 1988, S. 367 [s. 371 li.Sp.]; LG Memmingen, DA Vorm 1995, S. 117 f zur Rechtsbetreuung durch eine kommunale Beratungsstelle in Trennungs- und Scheidungssachen nach § 17 SGB VIII)- Eine solche "Untrennbarkeit" ist allerdings einzelfallabhängig; allgemeine Anhaltspunkte für ihr Vorliegen lassen sich deshalb nicht formulieren.

Insgesamt erscheint damit nicht die Qualifizierung der Tätigkeit der Angestellten der Sozialrechtlichen Beratungsstelle als Rechtsbetreuung problematisch, sondern der Status des Caritasverbandes Stuttgart als Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S.v. § 3 Nr.l RBerG.

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