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FR: Forderungen für das Vermittlungsverfahren der Hartzgesetze III und IV
Aus: http://www.fr-aktuell.de/fr_home/startseite/?cnt=346170
Die Frauen nicht vergessen
Forderungen für das Vermittlungsverfahren der Hartzgesetze III und IV / Von Christel Degen, Christine Fuchsloch und Karin Kirschner
Die Vorschläge für Arbeitsmarktreformen gefährden die gleichberechtigte Berufstätigkeit von Frauen massiv. Expertinnen weisen nach, dass viele der unter der Kennung Hartz laufenden Änderungen Frauen zum Nachteil gereichen - und damit der gesamten Gesellschaft, die auf ein Gutteil ihres Potenzials verzichtet.
(. . .) Forderungen nach Ausweitung des Niedriglohnbereiches prägen die aktuelle Debatte. Vor allem CDU/CSU und FDP sehen darin den Lösungsweg zum Abbau der Arbeitslosigkeit - verbunden mit einer Reform des Tarif- und Sozialsystems und weiteren Deregulierungen (z. B. beim Kündigungsschutz). Das von der CDU/CSU als Alternative zum Regierungsentwurf vorgelegte Existenzgrundlagengesetz (EGG) enthält neben einem "Bundessozialhilfegesetz light" (SGB XII) für alle ein Gesetz zur Aktivierung des Niedriglohnsektors. Darin wird ein dauerhafter steuerfinanzierter Zuschlag für niedrig entlohnte Beschäftigung verankert. Gleichzeitig ist eine mit erheblichen Sanktionen verbundene staatliche Arbeitskräftelenkung im kommunalen Sektor vorgesehen, die sich darauf gründet, dass alle Arbeitsfähigen auch irgendeine Arbeit ausüben müssen. Dieses Niedriglohnkonzept ist hinsichtlich der Beschäftigungsimpulse nicht seriös abzuschätzen, denn es basiert auf Grundannahmen, die einer kritischen Prüfung nicht standhalten und die wie folgt zusammengefasst werden können:
- Es fehle in Deutschland nicht an Arbeit, sondern komme lediglich darauf an, dass sich endlich der vorhandene Bedarf an (. . .) Dienstleistungen auf dem Markt entfalten könne. Seien personenbezogene Dienstleistungen zu teuer, erledigten die Menschen diese Tätigkeiten selbst.
- Vor allem die Gewerkschaften hätten in den letzten Jahren die unteren Tarifgruppen stark angehoben oder ganz abgeschafft, ohne dabei Rücksicht auf die niedrige Produktivität von gering Qualifizierten zu nehmen.
- Arbeitslosen fehle der Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, wenn sich die Arbeit finanziell nicht lohne. Daher müssten die Löhne und erst recht die staatliche Unterstützung gesenkt werden.
Praktisch keine Lohnuntergrenze
Die Schlüsse aus diesen Vorstellungen verfolgt der CDU/CSU-Vorschlag eines Existenzgrundlagengesetzes mit aller Konsequenz. Für erwerbsfähige Hilfebedürftige gibt es keinen Anspruch auf Sozialhilfe mehr, denn es gilt ein pauschaler Erwerbstätigkeitsvorbehalt, d. h., nur wer für seine Existenzgrundlagen - wenigstens sozialversicherungsfrei in einer kommunalen Beschäftigung - arbeitet, soll staatliche Leistungen erhalten können. Arbeitslose, die sich nicht für alle Beschäftigungen arbeitsbereit zeigen, etwa weil sie entsprechend ihrer Qualifikation Arbeit suchen, sollen nicht einmal mehr die Kosten für Unterkunft oder Heizungskosten erhalten. Stattdessen sollen niedrige Löhne dauerhaft staatlich subventioniert werden, weshalb es auf dem Markt praktisch keine Untergrenze für die Bezahlung von Arbeit geben wird. (. . .)
Es ist zu befürchten, dass neue Niedriglohnsektoren vor allem in frauentypischen Beschäftigungsfeldern - genannt werden das Gesundheitswesen, Privathaushalte und soziale Dienste - entstehen. Dies könnte bedeuten, dass die Alternative für weibliche Arbeitslose dann der Niedriglohnjob und für Männer die Qualifizierung ist. Jedenfalls wird der Druck auf die bisherigen Löhne weiter steigen.
Armut
In Deutschland rutschen nicht zuletzt wegen der Misere am Arbeitsmarkt immer mehr Kinder, Frauen und Migranten unter das Existenzminimum und damit in die Sozialhilfe. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger binnen 40 Jahren auf 2,76 Millionen Personen Ende 2002, darunter 614 000 Migranten. Die Sozialhilfequote, der Anteil der Hilfebezieher an der Gesamtbevölkerung, hat sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes binnen 40 Jahren mehr als verdreifacht: Von 1,0 Prozent - damals nur Westdeutschland - auf 3,3 Prozent in ganz Deutschland. 1963 war das Bundessozialhilfegesetz in Kraft getreten. Kinder unter 18 Jahren rutschen demnach immer häufiger in die Sozialhilfe: Ende 2002 waren es eine Million oder 37 Prozent aller Hilfe-Empfänger oder 6,6 Prozent der Bevölkerung. Frauen mit Kindern sind besonders betroffen: Jede vierte allein Erziehende war zuletzt auf Sozialhilfe angewiesen. Dabei steigt ihre Bedürftigkeit deutlich mit der Kinderzahl. Mit einem Anteil von 3,7 Prozent sind sie zudem erkennbar häufiger als Männer (3,0 Prozent) von Sozialhilfe abhängig. Schätzungsweise knapp eine Million Sozialhilfeempfänger im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) waren Ende 2002 nicht erwerbstätig. Sie sollen künftig durch die Hartz-IV-Reform (Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe) in die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter einbezogen werden. dpa
Dadurch werden bestimmte Tätigkeitsfelder unattraktiv, was wiederum dazu führt, dass gewisse Arbeiten künftig nur mit Sanktionen und der Androhung von Leistungsentzug verrichtet werden. In den neuen Bundesländern existiert bereits ein ausgeprägter Niedriglohnsektor und es fehlt vor allem an qualifizierten Arbeitsplätzen. Da überwiegend Frauen im Niedriglohnbereich beschäftigt sind, stellt sich die Frage, welche Gruppen mit Niedriglohnstrategien eigentlich in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen.
Auch die Regierung verfolgt Niedriglohnstrategien, selbst wenn sie weniger offensichtlich und dirigistisch wie bei den Vorschlägen der Opposition sind. Durch Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren ist zwar die schrankenlose Verweisung von Arbeitslosen auf alle Jobs abgemildert worden: Arbeitslose dürfen - wie auch nach geltendem Recht - eine Arbeit ablehnen, die nicht nach Tarif oder ortsüblich bezahlt wird oder die unter Verstoß gegen vorgeschriebene oder vereinbarte Arbeitsbedingungen ausgeübt werden muss, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.
Dennoch bleibt es bei dem Problem der künftig zumutbaren geringfügigen Beschäftigungen ohne existenzsichernden Verdienst. Bereits durch Hartz II wurden zum 1. April 2003 die so genannten Minijobs ausgeweitet (bis 400 Euro monatlich, keine Stundenbeschränkung, auch als Nebenverdienst, geringe Sozialversicherungspauschalen vor allem in Privathaushalten). Sie erleben seither einen Boom.
Das verwundert nicht, denn sie sind billig für die Arbeitgeber. Die Kosten tragen zum einen die Sozialversicherungen und damit alle Beitragszahler. Weil ein minderer Sozialversicherungsschutz besteht, tragen zum anderen auch die Beschäftigten bei Eintritt von Erwerbsminderung, im Alter und bei Arbeitslosigkeit die Folgen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass durch die massive Ausweitung der Minijobs ein Raubbau an den sozialversicherungspflichtigen Teilzeitarbeitsverhältnissen stattfindet. Die sozialversicherungsrechtliche Privilegierung der geringfügigen Beschäftigung sollte grundsätzlich überdacht werden.
Nach Hartz IV müssen Arbeitslose künftig unter Androhung von Leistungskürzungen geringfügige Beschäftigungen annehmen. Wir erwarten, dass dies vor allem Frauen trifft. Diese haben dadurch keine Möglichkeit mehr, qualifizierte Ansprüche in der Arbeitslosenversicherung zu erwerben. Mit über 70 Prozent Anteil sind Minijobs eine Domäne der Frauen. Es ist zu befürchten, dass nach überkommenem Rollenverständnis nicht nur vereinzelte Sachbearbeiter der künftigen Bundesagentur für Arbeit (bisher Bundesanstalt für Arbeit, d. Red.) meinen, für eine verheiratete Frau reiche unabhängig von ihrer Ausbildung auch ein Minijob als Zuverdienst aus. Dabei können sie sich auf Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) berufen. Er wird in einem Interview in der FAZ vom 31. 10. 2003 mit den Worten zitiert: "Einmal drastisch gesprochen: Die Ehefrauen gut verdienender Angestellter oder Beamter akzeptieren einen Minijob oder müssen aus der Arbeitsvermittlung ausscheiden."
Bedarf das einer Kommentierung aus Frauensicht? Vielleicht hilft dem Minister ein Blick in unsere Verfassung. Da steht: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Selbst wenn es nicht der persönlichen Überzeugung von Herrn Clement entsprechen sollte, so ist er als Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister verantwortlich dafür, diese staatliche Verpflichtung umzusetzen.
Hilfe setzt zu spät an
Dass erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger/innen - und viele davon sind allein erziehende Mütter - in Zukunft bereits frühzeitig in den Jobcentern betreut, bei der Bereitstellung von Kinderbetreuung unterstützt und für sie Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden, erfüllt eine langjährige frauenpolitische Forderung. Generell sollen Erziehende nun bei der Bereitstellung von Kinderbetreuung stärker unterstützt werden - allerdings erst, wenn sie bereits langzeitarbeitslos geworden sind.
Gleichzeitig wird jedoch eine neue Gruppe von Nichtleistungsempfänger/innen kreiert: Bisherige Bezieher/innen von Arbeitslosenhilfe, die ihre Ansprüche verlieren und künftig finanziell vom Partner abhängig sind. Das trifft überwiegend Frauen - ob verheiratete oder in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft lebende.
Bereits zum 1. Januar diesen Jahres ist die Arbeitslosenhilfe in mehrfacher Weise gekürzt worden. Die Leistungssätze werden nicht mehr dynamisiert und damit faktisch gesenkt, Vermögen und Partnereinkommen stärker als bisher angerechnet. Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit werden auf Grund der Neuregelung, die am 1. Januar 2003 in Kraft trat, ungefähr 160 000 Personen ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe verlieren, davon zirka zwei Drittel Frauen.
Die jetzt geplante Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die weit gehende Absenkung der Leistungen auf Sozialhilfeniveau werden nach Berechnungen des DGB für 2,5 bis 3 Millionen Menschen zu finanziellen Einschnitten von insgesamt rund 4 Milliarden Euro jährlich führen. Bundesweit wird die Arbeitslosenhilfe künftig für mehr als 500 000 Leistungsempfänger ersatzlos wegfallen, weil deren Haushaltseinkommen oberhalb der Sozialhilfeschwelle liegt. Besonders drastisch sind die Einschnitte in Ostdeutschland, wo die Zahl der Bezieher/innen von Arbeitslosenhilfe besonders außerordentlich hoch ist. Da Männer durchschnittlich mehr verdienen, führt die Anrechnung ihres Einkommens dazu, dass viele Frauen künftig keine Leistungen mehr erhalten.
Durch ihren hohen Anteil an den Langzeitarbeitslosen betrifft dies vor allem ostdeutsche Frauen. Sie sind als Nichtleistungsempfängerinnen "billige" Arbeitslose für die Bundesagentur für Arbeit. Zwar sollen sie weiterhin Leistungen zur aktiven Arbeitsmarktförderung als Ermessensleistungen erhalten können. Die derzeitige Geschäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit lässt jedoch befürchten, dass Arbeitslose ohne Leistungsansprüche de facto wenig Aussicht haben, intensiv betreut zu werden.
Alle bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass diese Frauen sich daher nicht mehr arbeitslos melden werden. Das ist schön für die Arbeitslosenstatistik, hat aber fatale Auswirkungen für die Betroffenen. So ist weitgehend unbekannt, dass ohne Arbeitslosmeldung - selbst wenn keine Leistungen bezogen werden - der Versicherungsschutz in der Rentenversicherung gegen das Risiko der Invalidität erlischt. Bei einer schweren Krankheit und dauerhafter Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit gibt es dann keine Leistungen von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder der Landesversicherungsanstalt mehr, auch wenn jahrzehntelang Beiträge gezahlt wurden. Darüber hinaus haben Frauen im noch geltenden Rentensystem das Problem, dass sie auf Grund von Unterbrechungen ihrer Erwerbstätigkeit dem "Eckrentner", der 45 Jahre Vollzeit gearbeitet hat, nur selten ähneln. Die Hinterbliebenenrente, die nach wie vor einen wichtigen Bestandteil der Alterssicherung von Frauen ausmacht, wird in den nächsten Jahren eingeschränkt. Die geplante Anrechnung der privaten Altersvorsorge bei der Bedürftigkeitsprüfung für Arbeitslosengeld II ist daher unangemessen. Der bisher vorgesehene Freibetrag in Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr (maximal 13 000 Euro) ist entschieden zu niedrig angesetzt.
Hartz IV sieht vor, dass Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II eine Eingliederungsvereinbarung mit der Bundesagentur abschließen müssen. Sind sie damit nicht einverstanden, drohen Kürzungen hin bis zum Entzug der Leistungen. Außerdem ist - zumindest laut Begründung zum Gesetzentwurf - vorgesehen, dass ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft (im Ursprungsentwurf der "Lebensälteste") für die anderen Mitglieder eine Eingliederungsvereinbarung abschließen kann, sofern diese kein "berechtigtes Interesse" an einer eigenen Vereinbarung darlegen.
Das Instrument der Eingliederungsvereinbarung ist für sich genommen als Maßnahme der aktivierenden Arbeitsmarktförderung sinnvoll. (. . .) Die aktivierende Wirkung der Eingliederungsvereinbarung setzt voraus, dass Arbeitssuchende die Vereinbarung aus eigenem Willen abschließen.
An dieser Abschlussfreiheit fehlt es indes im Regierungsentwurf, denn Hilfebedürftige sind dazu verpflichtet, die von der Agentur angebotene Vereinbarung abzuschließen. Auch die Vertretungsregelung ist verfehlt. Jugendliche und erwachsene Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft haben ein berechtigtes Interesse, ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Agentur für Arbeit selbst wahrzunehmen, ohne dass dies einer besonderen Begründung bedarf. Dies entspricht einem modernen Familienverständnis.
Im Arbeitsförderungsrecht, das durch Hartz III reformiert werden soll, waren die besonderen Regelungen für Berufsrückkehrerinnen eindeutig formuliert. Sie hatten bevorzugten Zugang zu Lehrgängen der beruflichen Weiterbildung, zu Eingliederungszuschüssen und zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Sie hatten zudem Anspruch auf Unterhaltsgeld beim Besuch von Weiterbildungsmaßnahmen außerhalb der geltenden Rahmenfristen. Diese gezielten Frauenfördermaßnahmen waren im Zuge der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch eingeführt worden. Die damalige Argumentation war eindeutig: Keine Frau, die durch Kinder zum Fortbestand unserer Gesellschaft beiträgt, soll berufliche Nachteile erleiden. Das galt folgerichtig in der gleichen Weise auch für Frauen, die durch die Pflege von Familienangehörigen gesellschaftlich wichtige und sinnvolle Arbeit übernehmen.
Jetzt bleibt von diesem Ausgleichssystem, das von Berufsrückkehrerinnen genutzt und gebraucht wird, trotz gewisser Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren wenig übrig. Zu den Verbesserungen, die im letzten Moment in den Gesetzentwurf eingebracht wurden, gehört zwar ein neuer Paragraf 8 b SGB III. Danach sollen Berufsrückkehrerinnen die zu ihrer Erwerbstätigkeit notwendigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderungen erhalten. Die bisherigen Ansprüche sind jedoch nur als schwer einzufordernde Kann-Leistungen formuliert. Gestrichen ist das Unterhaltsgeld, was nur unzureichend durch Mittel des Europäischen Sozialfonds ausgeglichen werden kann. Es fehlt ein deutliches Signal für Frauen und Familien, dass sie sich unabhängig davon, wie ihre Lebensumstände künftig sein werden, darauf verlassen können, Unterstützung beim Wiedereinstieg in eine qualifizierte Berufstätigkeit zu erhalten.
Unabhängig von den gesetzlichen Rahmenbedingungen muss sich die Geschäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit wieder in Richtung auf echte Zielgruppenförderung ändern. Dazu gehören Weiterbildungsmaßnahmen in Teilzeit und ein Abweichen von der neuen Anforderung einer 70-Prozent-Erfolgsprognose von Qualifizierungsmaßnahmen.
Die vorliegenden Arbeitsmarktreformen sind - ebenso wie die aus Frauensicht noch schlechteren Entwürfe der Opposition - kontraproduktiv, um die qualifizierte Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern.
Der vom Bundesrat einberufene Vermittlungsausschuss zu den Gesetzesvorlagen hat eine bedeutende Aufgabe und kann an wichtigen Stellen des Gesetzes nach wie vor Korrekturen und Verbesserungen vornehmen. Wir haben dafür folgende Anregungen:
Freiwilligkeit ist entscheidend
Das neu vorgelegte Instrument der Eingliederungsvereinbarung muss freiwillig sein und jeweils individuell abgeschlossen werden. Es darf keinen Zwang zur Aufnahme von geringfügigen Beschäftigungen geben. Die im Gesetzgebungsverfahren erreichten Verbesserungen im Bereich der zumutbaren Beschäftigung dürfen nicht verwässert werden. Nur diese Änderungen gewährleisten, dass Frauen nicht aktiv in die Rolle der Zuverdienerinnen gedrängt werden und dadurch ihre eigenständige Existenzsicherung verlieren.
Die erweiterte Anrechnung des Partnereinkommens ist zurückzunehmen. Und wegen der bei Frauen besonders großen Versorgungslücke im Alter ist das angesparte Altersvorsorgevermögen erst ab einer deutlich angehobenen Obergrenze anzurechnen. Um überhaupt eine nennenswerte Zusatzrente zu erzielen, erscheint uns jedenfalls ein Betrag von 100 000 Euro angemessen.
Die Autorinnen
Christel Degen ist Referatsleiterin in der Abteilung Gleichstellungs- und Frauenpolitik im DGB-Vorstand.
Dr. Christine Fuchsloch sitzt der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich des Juristinnenbundes vor.
Karin Kirschner ist Mitglied im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Berufliche Perspektiven für Frauen. ber
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Für Nichtleistungsempfänger/innen muss es eine gesetzliche Mindestquote für aktive Arbeitsförderungsmaßnahmen geben. Die Bundesagentur muss gesetzlich verpflichtet werden, über die Folgen fehlender Arbeitslosmeldung auch in anderen Sicherungssystemen aufzuklären, wenn der Leistungsbezug vor allem wegen der Anrechnung von Partnereinkommen endet. Arbeitslose, die auf Grund fehlender Kindertagesplätzen nicht vermittelt werden können, müssen bereits in den Agenturen für Arbeit registriert werden. Berufsrückkehrerinnen brauchen einen Rechtsanspruch auf Eingliederungsmaßnahmen und müssen als besonders förderungswürdige Gruppe im SGB II anerkannt werden.
Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt können ohne das weibliche Arbeitskräftepotenzial nicht gestaltet werden. Gerade dazu bedarf es jedoch deutlicher Nachbesserungen. Weil Frauen auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, erfordert es im Interesse aller besonderer Überlegungen, wie Frauen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Eine moderne Gesellschaft kann es sich nicht erlauben, auf die Kreativität und das Potenzial von gut ausgebildeten Frauen zu verzichten.