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Erwerbslosenrat Mittelhessen - Keine Auskünfte am Telefon!

. August 2005 Erwerbslosenrat Mittelhessen
Pressemitteilung 1/2005
Keine Auskünfte am Telefon!
Seit mehr als zwei Wochen erhalten Erwerbslose auch in Mittelhessen dubiose Anrufe von Call-Centern, in denen sie nach Details ihres Privatlebens gefragt werden. Diese rechtswidrige Überprüfung von Arbeitslosen durch Privatfirmen soll nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit trotz massiver Kritik fortgesetzt werden.

Zuletzt hatte der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, bemängelt, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten würden, weil die Betroffenen nicht schriftlich über die Telefonabfrage informiert worden seien. Zudem seien viele Arbeitslose nicht aufgeklärt worden, dass die Angaben am Telefon freiwillig sind. Das deckt sich auch mit den Rückmeldungen, die bei Erwerbsloseninitiativen eingegangen sind. „Viele Betroffene fühlen sich über-rumpelt und unter Druck gesetzt. Von Freiwilligkeit kann da keine Rede sein“, sagt Martin Bongards von der Beratungsstelle für Erwerbslose in Marburg.

Der Überraschungseffekt am Telefon kann missverständliche Aussagen gera-dezu provozieren. Es ist mehr als fraglich, ob die Betroffenen über die rechtli-chen Zusammenhänge der Überprüfung und mögliche Konsequenzen bis hin zum Leistungsentzug hinreichend aufgeklärt werden. Zudem gibt es keine Ga-rantie dafür, dass die Informationen korrekt ermittelt und weitergegeben werden.

Der ver.di – Erwerbslosenrat im Bezirk Mittelhessen rät Arbeitslosengeld-II-Beziehenden deshalb, ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. „Legen Sie am besten sofort auf, wenn Sie solche Anrufe erhalten,“ so Martin Bongards, und weiter: „Leistungsrelevante persönliche Daten sind von den Behörden selbst zu ermitteln und nicht durch Privatunternehmen am Telefon. Verlangen Sie in Zu-kunft grundsätzlich die Schriftform.“

Wir vermuten hinter den zusätzlichen Kontrollen die Suche nach Sanktionstat-beständen oder anderen Gründen, das Arbeitslosengeld zu kürzen. Dies passt zusammen mit Minister Clements Anordnungen von Anfang Juli, schärfer gegen Arbeitslosengeld-II-Beziehende vorgehen zu wollen. Unbedachte Äußerungen können für die Betroffenen fatale Folgen haben.

Erwerbslose müssen ohnehin fast jede Veränderung ihrer Lebensverhältnisse dem Amt melden. Wenn sie jetzt auch noch von privaten Stellen durchleuchtet werden, kommt der Verdacht auf, dass hier kurz vor der Bundestagswahl die Arbeitsmarktstatistik verschönert werden soll und dafür auch mit schlicht rechtswidrigen Mitteln „Gründe“ gesucht werden.

Der ver.di – Erwerbslosenrat im Bezirk Mittelhessen weist darauf hin, dass hier niemand wegen Auskunftsverweigerung sanktioniert werden darf. Bei diesen Anrufen gibt es keine Mitwirkungspflicht, eine Sanktion wäre daher rechtswidrig. Bei Problemen mit der Arbeitslosengeld-II-Behörde sollten die Betroffenen um-gehend eine unabhängige Beratungsstelle aufzusuchen.

Erwerbslosenrat Mittelhessen, Walltorstraße 17, 35390 Gießen
Für Rückfragen: Martin Bongards

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