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Jahresarchiv
BVerwG vom 25.11.2004 zur Pauschalierung im BSHG
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 5 CN 1.03 Verkündet
VGH 12 N 02.1480 am 25. November 2004
Schmidt
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Normenkontrollsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l ,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
15. Mai 2003 wird aufgehoben. Die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung ihres Stadtrates vom 3. Juli 2002 über die Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. April 2002 werden für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
I.
Die Antragstellerin, die unter Betreuung steht, erhielt von der Antragsgegnerin seit längerem Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit Schreiben ihres Betreuers vom 19. März
2002 beantragte sie eine Bekleidungsbeihilfe. Die Antragsgegnerin bewilligte ihr mit Bescheid vom 9. April 2002 erstmals für den Monat April 2002 Hilfe zum Lebensunterhalt nach einem Modellversuch zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe ihrer Ausführungsbestimmungen vom 29. November 2001, wonach
statt einmaliger Leistungen für die Bedarfe Wohnen (ausgenommen die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten), Bekleidung und Schule eine monatliche Pauschale gezahlt wurde, für erwachsene Frauen in Höhe von 26,74 €. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid ist bislang nicht entschieden. Seit 1. März 2003 erhält die Antragstellerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2002 folgte die Vollversammlung des Stadtrates der Antragsgegnerin einer Beschlussvorlage ihres Sozialreferats vom 29. Mai 2002 für den 13. Juni 2002 und änderte dementsprechend ihre Ausführungsbestimmungen zur
Sozialhilfepauschalierung mit Wirkung vom 1. April 2002. Nach diesen Ausführungsbestimmungen sind grundsätzlich allen Empfängern von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt
außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen Leistungen für die Bedarfe Wohnen, Bekleidung und Schule (ausgenommen benannte Bedarfspositionen wie z.B. Mietkosten, Heizkosten, Baby-Erstausstattung, Waschmaschine) von Härtefällen abgesehen nicht als einmalige Leistungen, sondern als monatliche Pauschale (für Erwachsene 29 €) zu gewähren.
Die Antragstellerin hat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrolle dahin beantragt, die Ausführungsbestimmungen in der Fassung des Beschlusses
der Vollversammlung des Stadtrats vom 3. Juli 2002 zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe für nichtig zu erklären. Gegen den Willen
der Hilfeempfänger sei die grundsätzliche Ersetzung einmaliger Leistungen durch eine monatliche Pauschale nicht zulässig. Ein Bedarf sei zu befriedigen, wenn er bestehe. Es dürfe nicht auf die Ansparung entsprechender Beträge für die Zukunft verwiesen werden. Die von der Antragsgegnerin festgesetzten Pauschalen seien nicht bedarfsdeckend.
Durch Urteil vom 15. Mai 2003 hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag
abgelehnt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Der Normenkontrollantrag sei zulässig.
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheide der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht das bestimme. Eine solche Regelung habe der Landesgesetzgeber in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO getroffen. Bei den Ausführungsbestimmungen zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt handele es sich um eine derartige
Rechtsvorschrift im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Dem Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach § 47 VwGO werde nur eine Auslegung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gerecht, die den dort verwendeten Begriff der Rechtsvorschrift in einem weiten Sinne verstehe und jedenfalls solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive einbeziehe, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalteten
und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berührten (BVerwGE 94, 335 <338>). Die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin seien nach ihrem Inhalt darauf gerichtet, im Außenverhältnis in derselben Weise in subjektive Rechte einzugreifen, wie das auch sonst bei Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen,
Satzungen) im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der Fall sei. Sie regelten gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern den Anspruch auf Sozialhilfe der Höhe nach und ergänzten den im Gesetz geregelten Anspruch auf Hilfe
zum Lebensunterhalt normkonkretisierend insofern, als sie bestimmten, dass die von ihnen erfassten Bedarfe jedenfalls im Regelfall mit der den Hilfeempfängern gewährten monatlichen Pauschale gedeckt und der Sozialhilfeanspruch damit in vollem Umfang erfüllt werde.
Die Antragstellerin sei auch antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Danach könne den Antrag u.a. jede natürliche Person stellen, die geltend mache, durch die Rechtsvorschriften oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin erhalte zwar seit 1. März 2003 Leistungen der Grundsicherung, so dass sie seit diesem Zeitpunkt nicht mehr dem Modellversuch der Sozialhilfepauschalierung unterfalle. Sie habe jedoch bis einschließlich Februar 2003 Sozialhilfe bezogen und beanspruche für diese Zeit weiterhin einmalige Leistungen für Bekleidung.
Der Normenkontrollantrag sei jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin verstießen nicht gegen höherrangiges Recht.
Die Ausführungsbestimmungen hätten auf der Grundlage der Experimentierklausel des § 101a BSHG und der Verordnung der Bayerischen Staatsregierung zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe vom 10. Januar 2000 - PauschVO - (GVBl S. 21) in der Form der allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen werden dürfen. § 101a BSHG verlange nicht den Erlass förmlicher, im Amtsblatt verkündeter Rechtsverordnungen oder Satzungen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts gehe der Gesetzgeber vielmehr davon aus, dass auch abstraktgenerelle
Regelungen mit Außenwirkung in Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften erlassen werden könnten. So sei das Formerfordernis des § 22 Abs. 2 Satz 1 BSHG, die Festsetzung der Regelsätze durch Rechtsverordnung der Landesregierungen, erst durch Art. 7 Nr. 7 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) eingeführt worden.
Bis dahin hätten Regelsätze durch Runderlass, also durch allgemeine Verwaltungsvorschriften, als andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässig erlassen werden können. Gleiches gelte für die hier strittigen Verwaltungsvorschriften für einmalige Leistungen.
Im Gegensatz zu Rechtsverordnungen (oder Satzungen) sei für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften keine Verkündung in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan (Gesetz- oder Amtsblatt o.ä.) vorgeschrieben. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift werde auch ohne Verkündung wirksam. Zwar sei das Gebot, Rechtsvorschriften so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt nehmen könnten, ein wohl unverzichtbares rechtsstaatliches Erfordernis, so dass dies auch für die Ausführungsbestimmungen gelte, die gegenüber den von ihnen erfassten Hilfeempfängern wie ein Gesetz Geltung beanspruchten. Jedoch sei diesem Gebot hier Genüge getan, weil die den Bewilligungsbescheiden beigefügten Merkblätter den von den Ausführungsbestimmungen erfassten Hilfeempfängern den Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend erläutert hätten.
Leistungspauschalen für den Lebensunterhalt dürften aufgrund von § 101a Satz 2 BSHG auch außerhalb des Katalogs des § 21 Abs. 1a BSHG durch Rechtsverordnung der Länder - hier die Verordnung der Bayerischen Staatsregierung - vorgesehen werden.
Auch der Inhalt der angegriffenen Ausführungsbestimmungen sei nicht zu beanstanden.
Die Ausführungsbestimmungen seien mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz vereinbar.
§ 101a BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 4 PauschVO bestimmten ausdrücklich, dass die Pauschalbeträge dem Grundsatz der Bedarfsdeckung gerecht werden müssten. Die Pauschalbeträge müssten ausreichen, um in Durchschnittsfällen den jeweiligen sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen Bedarf zu decken, ohne im einzelnen Fall eistungen bei Bedarf in Sondersituationen auszuschließen. Dem entsprächen die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin. Für die Bemessung der Pauschalen sei maßgeblich auf bisher gewonnene Erfahrungswerte zurückgegriffen und seien
vergleichende Preisermittlungen für einzelne Bedarfsgegenstände berücksichtigt worden. Für Härtefälle seien in Nummer 11 Härteregelungen vorgesehen. Zudem
könnten nach § 4 Satz 2 PauschVO ausnahmsweise Vorausleistungen auf die Pauschalen gewährt und könne mit diesen entsprechend § 25a Abs. 1 BSHG aufgerechnet werden, wenn die Pauschale zur Deckung eines nachgewiesenen und unaufschiebbaren Bedarfs nicht ausreiche.
Die Ausführungsbestimmungen entsprächen dem "Bestimmtheitsgrundsatz". Sie genügten den Anforderungen nach § 101a BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 3 PauschVO, indem sie die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe beschrieben und von den Bedarfen, die damit nicht gedeckt werden sollten, abgrenzten.
Schließlich seien die Ausführungsbestimmungen nicht deshalb nichtig, weil die von ihnen erfassten Hilfeempfänger zwangsweise zu dem Modellvorhaben herangezogen würden. Die "Zwangsteilnahme" sei mit den gesetzlichen Vorgaben nach § 101a Satz 6 BSHG i.V.m. § 2 Abs. 1 PauschVO vereinbar und beruhe letztlich auf ihnen.
Mit der Revision gegen dieses Urteil verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses äußert sich insbesondere zur bayerischen Verordnung zur Pauschalierung der Sozialhilfe.
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. Zu Recht hält der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag für zulässig.
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 BayAGVwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Die hier im Normenkontrollverfahren zur Prüfung gestellten Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin zur Pauschalierung der Hilfe
zum Lebensunterhalt sind solche Rechtsvorschriften.
Ausgehend von der Ermächtigung in § 101a BSHG i.V.m. der bayerischen Verordnung
zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe
- PauschVO - vom 10. Januar 2000 (BayGVBl S. 21) ist Regelungsgegenstand der
Ausführungsbestimmungen, ob und gegebenenfalls inwieweit für bestimmte Bedarfe
der Hilfe zum Lebensunterhalt statt einmaliger Leistungen monatliche Pauschalen
gewährt werden. Diese Regelungen hat die Antragsgegnerin nicht als Rechtsverordnung
oder Satzung, sondern als Verwaltungsvorschrift getroffen.
Zwar sind allein verwaltungsintern bindende und steuernde Verwaltungsvorschriften
keine Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Denn ihnen fehlt die
für eine Rechtsvorschrift charakteristische Außenwirkung (BVerwGE 75, 109; 94,
335). Aber zu den im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften
gehören nach der Zweckrichtung der Normenkontrolle und dem danach gebotenen
weiten Begriffsverständnis nicht nur Satzungen und Rechtsverordnungen, sondern
auch solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung
gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektivöffentlichen
Rechte unmittelbar berühren (BVerwGE 94, 335 <338> zur Regelsatzfestsetzung
durch Verwaltungsvorschrift).
- 8 -
Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die formal in Verwaltungsvorschriften
getroffenen Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin nach
ihrem Inhalt darauf gerichtet sind, im Außenverhältnis in derselben Weise in subjektive
Rechte einzugreifen, wie das auch bei sonstigen Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen,
Satzungen) im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der Fall ist, ihnen also
unmittelbare Außenwirkung auch gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Dies
zeigt die folgende Betrachtung des einschlägigen Regelungsgefüges:
Nach § 22 BSHG werden laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von
Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen, also pauschaliert
gewährt. Für besondere Personengruppen bestimmt das Bundessozialhilfegesetz,
dass weitere Leistungen pauschaliert zu erbringen sind (Mehrbedarf nach § 23
BSHG). Für die Bedarfe Kleidung, Wohnen und Schule, für die die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin von den dort benannten Ausnahmen abgesehen
Pauschalen festlegen, regelt weder das Bundessozialhilfegesetz noch eine aufgrund
dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung selbst, dass hierfür Sozialhilfe pauschaliert
zu erbringen sei. Nach § 101a BSHG soll zwar die Pauschalierung weiterer
Leistungen erprobt werden, er legt aber nicht im Einzelnen fest, für welche Bedarfe
Sozialhilfe nach Pauschalen zu leisten ist, sondern ermächtigt die Landesregierungen,
die Träger der Sozialhilfe durch Rechtsverordnung zu ermächtigen, in Modellvorhaben
Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen. Aufgrund dieser bundesrechtlichen
Ermächtigung hat die Bayerische Staatsregierung mit der Verordnung
zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe nicht selbst
bestimmt, für welche Bedarfe Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind,
sondern die Träger der Sozialhilfe ermächtigt, in Modellvorhaben die Pauschalierung
von Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt einschließlich
der Kosten der Unterkunft und im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen zu
erproben, soweit das Bundessozialhilfegesetz solche Pauschalierungen nicht bereits
vorsieht oder enthält (§ 1 Abs. 1 PauschVO). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PauschVO legt
der Träger der Sozialhilfe den Personenkreis für die Leistungen nach Pauschalen
und die Voraussetzungen fest, unter denen pauschalierte Leistungen gewährt werden.
Nach § 3 Abs. 1 PauschVO sind die Pauschalbeträge in der Regel als Monatsbeträge
zu gewähren und müssen die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe
beschrieben und von den Bedarfen abgegrenzt sein, die damit nicht gedeckt wer-
- 9 -
den sollen. Nach § 3 Abs. 2 PauschVO bemessen die Sozialhilfeträger die Pauschalbeträge
auf der Grundlage vorliegender statistischer Daten oder Erfahrungswerte.
Nach diesen Vorgaben der bundesrechtlichen und der landesrechtlichen Ermächtigung
wird die Festlegung, dass weitere Leistungen der Sozialhilfe nicht individuell
bemessen, sondern pauschaliert zu erbringen sind, erst durch die Träger der Sozialhilfe,
hier die Antragsgegnerin, getroffen. Das gilt für den Personenkreis, dem Sozialhilfeleistungen
pauschaliert zu erbringen sind, für die Voraussetzungen (Bedarfe),
unter denen Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind, und für die Höhe
der Pauschalbeträge. Damit sind die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin
zur Pauschalierung nicht eine nur binnenrechtlich wirkende, allein diese bindende
Bemessungsrichtlinie. Vielmehr kommt ihnen auf der Grundlage der bundes- und
landesrechtlichen Ermächtigungen, unter Zurückdrängung des Grundsatzes der Individualisierung
der Sozialhilfe für bestimmte Bedarfe Pauschalbeträge festzusetzen,
Bindungswirkung auch gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern zu. Die Regelungen
der Antragsgegnerin zur Pauschalierung richten sich unmittelbar auch an
die Bürger und bestimmen diesen gegenüber Form und Maß der von ihnen beanspruchten
Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie sind anspruchskonkretisierend, sie geben
dem Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt in Bezug auf die
von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende
Gestalt, wie dies in Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22
Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt ist (vgl. BVerwGE 94, 335
<340>).
Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie macht geltend,
durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu
sein. Zwar hat sie seit März 2003 Leistungen der Grundsicherung erhalten, doch war
sie während ihres Sozialhilfebezuges bis einschließlich Februar 2003 von der Pauschalierung
betroffen.
Über den Antrag der Antragstellerin vom März 2002, ihr eine Bekleidungspauschale
- vor April 2002 gewährte die Antragsgegnerin halbjährlich Bekleidungspauschalen -
zu gewähren, hat die Antragsgegnerin mittelbar insoweit ablehnend entschieden, als
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sie Sozialhilfe ab April 2002 nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen nur noch
pauschaliert geleistet hat. Die Antragstellerin macht geltend, dass sie bei der Ungültigkeit
der Ausführungsbestimmungen besser dastünde. Sind die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin ungültig, kann ihr noch ein Anspruch auf Bekleidung
zustehen. Setzte für diesen Fall die Antragsgegnerin ihre bis zum Beginn des
Modellvorhabens geübte Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen fort, könnte
ein fortbestehender Bedarf in einer Differenz zwischen der bisher halbjährlichen Bekleidungspauschale
und den Bekleidungsanteilen in den Pauschalen für April bis
September 2002 bestehen. Setzte die Antragsgegnerin für den Fall der Ungültigkeit
der Ausführungsbestimmungen ihre bis zum Beginn des Modellvorhabens geübte
Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen dagegen nicht fort, könnte ein fortbestehender
Bedarf darin bestehen, dass sich die Antragstellerin damals erforderliche
Bekleidung unter Rückgriff auf ihr Schonvermögen oder mit Hilfe Dritter selbst beschaffen
musste. Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügt die
Möglichkeit der Rechtsverletzung. Ihr steht nicht entgegen, dass am 1. Januar 2005
das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch in Kraft tritt und sich die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin ohnehin Geltung nur bis zum 31. Dezember 2004 beimessen.
Denn die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsverletzung betrifft
die Zeit bis Februar 2003 (vgl. BVerwGE 68, 12).
2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ist der Normenkontrollantrag
begründet. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs, dem rechtsstaatlichen
Publikationsgebot könne durch an die Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen
werden, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Im vorliegenden Verfahren ist nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen
allgemeine Verwaltungsvorschriften für ihre Wirksamkeit der Verkündung in einem
dafür vorgesehenen Publikationsorgan auch dann bedürfen, wenn diese nicht ausdrücklich
vorgeschrieben ist; soweit das Bundesverwaltungsgericht zu einer unmittelbar
nur verwaltungsintern bindenden und steuernden ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift,
die allenfalls mittelbar eine anspruchsbegründende Außenwirkung
zu begründen vermöge, dahin erkannt hat, dass sie für ihre Wirksamkeit über
die Bekanntgabe an die behördlichen Adressaten hinaus keiner Veröffentlichung bedürfe
(vgl. BVerwGE 104, 220 <224 ff.>), ist dies auf die Ausführungsbestimmungen
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der Antragsgegnerin nicht zu übertragen, denen unmittelbare Außenwirkung auch
gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Für diese Ausführungsbestimmungen hat
der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass es rechtsstaatlich geboten
ist, sie so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt
nehmen können. So hat das Bundesverfassungsgericht die Bekanntmachung einer
Strafgefangene bindenden Verwaltungsvorschrift an jeden, den es angeht, verlangt
(BVerfGE 40, 237 <252 f., 255>) und hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden,
dass eine Verwaltungsanweisung, die nicht nur nach innen mit Bindungswirkung
für ihre Beamten, sondern auch nach außen mit Wirkung gegenüber Dritten in
Form einer Ausschreibung den Kreis der Begünstigten benennt, bekannt gemacht
werden muss, soweit sie sich nach außen wendet (BVerwGE 35, 159 <162>). Auch
das Schrifttum verlangt die Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer
Außenwirkung gegenüber Dritten (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Auflage
2004, § 24 Rn. 36 <sie sei allerdings nicht Wirksamkeitsvoraussetzung>;
Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 462 ff.; derselbe in
Erichsen/Ehlers, AllgVerwR, 12. Auflage 2002, § 6 Rn. 57; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht,
Band I, 11. Auflage 1999, § 24 IV Rn. 19; Wittling, Die Publikation der
Rechtsnormen einschließlich der Verwaltungsvorschriften, Baden-Baden 1991,
S. 165 ff.; Gusy, Die Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften, DVBl
1979, 720 <724>; Hill, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, NVwZ 1989,
401 <408>). Die Publikationspflicht für Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer
Außenwirkung für Dritte ist im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1
Satz 1 GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet.
Ihr entspricht bei Erfolg der Normenkontrolle die Pflicht, die Entscheidungsformel
ebenso zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre
(§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Nicht gefolgt werden kann indes der Auffassung des Verwaltungsgerichthofs, dass
dem Publikationsgebot durch die den Bewilligungsbescheiden an die Hilfeempfänger
beigefügten Merkblätter Genüge getan sei, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs
den Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen
sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend erläuterten. Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift
ist nur die Bekanntgabe der Regelung selbst, eine selektive, erläuternde
Wiedergabe ihres Inhalts ist nicht ausreichend. Die Bekanntgabe der Verwal-
- 12 -
tungsvorschrift soll es dem Bürger gerade ermöglichen, sie nicht bereits vorinterpretiert,
sondern eigenständig zu erfassen.
Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung
gegenüber den Betroffenen genügt auf jeden Fall die Publikation in dem für
den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen
amtlichen Medium. Damit ist den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig
und umfassend zu informieren. Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung,
z.B. durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an die
Betroffenen, ausreichend wäre, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung und
Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat den Betroffenen den Text der Ausführungsbestimmungen
selbst gerade nicht bekannt gegeben. Dem Rechtsstaatsprinzip
ist aber nur dann Genüge getan, wenn der Betroffene unmittelbar Kenntnis von den
Bestimmungen selbst nehmen kann. Nur dann kann er diese auf ihre Rechtmäßigkeit
und Anwendbarkeit überprüfen und sich des Inhalts der durch sie für ihn begründeten
Rechte und Pflichten vergewissern.
Fehlt bei Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten die rechtsstaatlich
bzw. um effektiven Rechtsschutz willen gebotene Bekanntgabe, ist sie nicht
wirksam geworden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit
auf § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Rothkegel
Dr. Franke Prof. Dr. Berlit
Sachgebiet: BVerwGE: ja
Sozialhilferecht Fachpresse: ja
Verwaltungsprozessrecht
Rechtsquellen:
BSHG § 101a
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 2
Stichworte:
Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten; Bekanntgabe von
Verwaltungsvorschriften; Normenkontrolle, abstrakte - von Verwaltungsvorschriften;
Pauschalierung einmaliger Leistungen.
Leitsätze:
1. Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten sind
bekannt zu machen.
2. Für die Bekanntgabe ist eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der
Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend.
Urteil des 5. Senats vom 25. November 2004 - BVerwG 5 CN 1.03
I. VGH München vom 15.05.2003 - Az.: VGH 12 N 02.1480 -
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 5 CN 1.03 Verkündet
VGH 12 N 02.1480 am 25. November 2004
Schmidt
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Normenkontrollsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l ,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
15. Mai 2003 wird aufgehoben. Die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung ihres Stadtrates vom 3. Juli 2002 über die Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. April 2002 werden für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
I.
Die Antragstellerin, die unter Betreuung steht, erhielt von der Antragsgegnerin seit längerem Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit Schreiben ihres Betreuers vom 19. März
2002 beantragte sie eine Bekleidungsbeihilfe. Die Antragsgegnerin bewilligte ihr mit Bescheid vom 9. April 2002 erstmals für den Monat April 2002 Hilfe zum Lebensunterhalt nach einem Modellversuch zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe ihrer Ausführungsbestimmungen vom 29. November 2001, wonach
statt einmaliger Leistungen für die Bedarfe Wohnen (ausgenommen die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten), Bekleidung und Schule eine monatliche Pauschale gezahlt wurde, für erwachsene Frauen in Höhe von 26,74 €. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid ist bislang nicht entschieden. Seit 1. März 2003 erhält die Antragstellerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2002 folgte die Vollversammlung des Stadtrates der Antragsgegnerin einer Beschlussvorlage ihres Sozialreferats vom 29. Mai 2002 für den 13. Juni 2002 und änderte dementsprechend ihre Ausführungsbestimmungen zur
Sozialhilfepauschalierung mit Wirkung vom 1. April 2002. Nach diesen Ausführungsbestimmungen sind grundsätzlich allen Empfängern von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt
außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen Leistungen für die Bedarfe Wohnen, Bekleidung und Schule (ausgenommen benannte Bedarfspositionen wie z.B. Mietkosten, Heizkosten, Baby-Erstausstattung, Waschmaschine) von Härtefällen abgesehen nicht als einmalige Leistungen, sondern als monatliche Pauschale (für Erwachsene 29 €) zu gewähren.
Die Antragstellerin hat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrolle dahin beantragt, die Ausführungsbestimmungen in der Fassung des Beschlusses
der Vollversammlung des Stadtrats vom 3. Juli 2002 zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe für nichtig zu erklären. Gegen den Willen
der Hilfeempfänger sei die grundsätzliche Ersetzung einmaliger Leistungen durch eine monatliche Pauschale nicht zulässig. Ein Bedarf sei zu befriedigen, wenn er bestehe. Es dürfe nicht auf die Ansparung entsprechender Beträge für die Zukunft verwiesen werden. Die von der Antragsgegnerin festgesetzten Pauschalen seien nicht bedarfsdeckend.
Durch Urteil vom 15. Mai 2003 hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag
abgelehnt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Der Normenkontrollantrag sei zulässig.
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheide der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht das bestimme. Eine solche Regelung habe der Landesgesetzgeber in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO getroffen. Bei den Ausführungsbestimmungen zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt handele es sich um eine derartige
Rechtsvorschrift im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Dem Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach § 47 VwGO werde nur eine Auslegung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gerecht, die den dort verwendeten Begriff der Rechtsvorschrift in einem weiten Sinne verstehe und jedenfalls solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive einbeziehe, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalteten
und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berührten (BVerwGE 94, 335 <338>). Die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin seien nach ihrem Inhalt darauf gerichtet, im Außenverhältnis in derselben Weise in subjektive Rechte einzugreifen, wie das auch sonst bei Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen,
Satzungen) im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der Fall sei. Sie regelten gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern den Anspruch auf Sozialhilfe der Höhe nach und ergänzten den im Gesetz geregelten Anspruch auf Hilfe
zum Lebensunterhalt normkonkretisierend insofern, als sie bestimmten, dass die von ihnen erfassten Bedarfe jedenfalls im Regelfall mit der den Hilfeempfängern gewährten monatlichen Pauschale gedeckt und der Sozialhilfeanspruch damit in vollem Umfang erfüllt werde.
Die Antragstellerin sei auch antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Danach könne den Antrag u.a. jede natürliche Person stellen, die geltend mache, durch die Rechtsvorschriften oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin erhalte zwar seit 1. März 2003 Leistungen der Grundsicherung, so dass sie seit diesem Zeitpunkt nicht mehr dem Modellversuch der Sozialhilfepauschalierung unterfalle. Sie habe jedoch bis einschließlich Februar 2003 Sozialhilfe bezogen und beanspruche für diese Zeit weiterhin einmalige Leistungen für Bekleidung.
Der Normenkontrollantrag sei jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin verstießen nicht gegen höherrangiges Recht.
Die Ausführungsbestimmungen hätten auf der Grundlage der Experimentierklausel des § 101a BSHG und der Verordnung der Bayerischen Staatsregierung zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe vom 10. Januar 2000 - PauschVO - (GVBl S. 21) in der Form der allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen werden dürfen. § 101a BSHG verlange nicht den Erlass förmlicher, im Amtsblatt verkündeter Rechtsverordnungen oder Satzungen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts gehe der Gesetzgeber vielmehr davon aus, dass auch abstraktgenerelle
Regelungen mit Außenwirkung in Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften erlassen werden könnten. So sei das Formerfordernis des § 22 Abs. 2 Satz 1 BSHG, die Festsetzung der Regelsätze durch Rechtsverordnung der Landesregierungen, erst durch Art. 7 Nr. 7 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) eingeführt worden.
Bis dahin hätten Regelsätze durch Runderlass, also durch allgemeine Verwaltungsvorschriften, als andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässig erlassen werden können. Gleiches gelte für die hier strittigen Verwaltungsvorschriften für einmalige Leistungen.
Im Gegensatz zu Rechtsverordnungen (oder Satzungen) sei für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften keine Verkündung in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan (Gesetz- oder Amtsblatt o.ä.) vorgeschrieben. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift werde auch ohne Verkündung wirksam. Zwar sei das Gebot, Rechtsvorschriften so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt nehmen könnten, ein wohl unverzichtbares rechtsstaatliches Erfordernis, so dass dies auch für die Ausführungsbestimmungen gelte, die gegenüber den von ihnen erfassten Hilfeempfängern wie ein Gesetz Geltung beanspruchten. Jedoch sei diesem Gebot hier Genüge getan, weil die den Bewilligungsbescheiden beigefügten Merkblätter den von den Ausführungsbestimmungen erfassten Hilfeempfängern den Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend erläutert hätten.
Leistungspauschalen für den Lebensunterhalt dürften aufgrund von § 101a Satz 2 BSHG auch außerhalb des Katalogs des § 21 Abs. 1a BSHG durch Rechtsverordnung der Länder - hier die Verordnung der Bayerischen Staatsregierung - vorgesehen werden.
Auch der Inhalt der angegriffenen Ausführungsbestimmungen sei nicht zu beanstanden.
Die Ausführungsbestimmungen seien mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz vereinbar.
§ 101a BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 4 PauschVO bestimmten ausdrücklich, dass die Pauschalbeträge dem Grundsatz der Bedarfsdeckung gerecht werden müssten. Die Pauschalbeträge müssten ausreichen, um in Durchschnittsfällen den jeweiligen sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen Bedarf zu decken, ohne im einzelnen Fall eistungen bei Bedarf in Sondersituationen auszuschließen. Dem entsprächen die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin. Für die Bemessung der Pauschalen sei maßgeblich auf bisher gewonnene Erfahrungswerte zurückgegriffen und seien
vergleichende Preisermittlungen für einzelne Bedarfsgegenstände berücksichtigt worden. Für Härtefälle seien in Nummer 11 Härteregelungen vorgesehen. Zudem
könnten nach § 4 Satz 2 PauschVO ausnahmsweise Vorausleistungen auf die Pauschalen gewährt und könne mit diesen entsprechend § 25a Abs. 1 BSHG aufgerechnet werden, wenn die Pauschale zur Deckung eines nachgewiesenen und unaufschiebbaren Bedarfs nicht ausreiche.
Die Ausführungsbestimmungen entsprächen dem "Bestimmtheitsgrundsatz". Sie genügten den Anforderungen nach § 101a BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 3 PauschVO, indem sie die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe beschrieben und von den Bedarfen, die damit nicht gedeckt werden sollten, abgrenzten.
Schließlich seien die Ausführungsbestimmungen nicht deshalb nichtig, weil die von ihnen erfassten Hilfeempfänger zwangsweise zu dem Modellvorhaben herangezogen würden. Die "Zwangsteilnahme" sei mit den gesetzlichen Vorgaben nach § 101a Satz 6 BSHG i.V.m. § 2 Abs. 1 PauschVO vereinbar und beruhe letztlich auf ihnen.
Mit der Revision gegen dieses Urteil verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses äußert sich insbesondere zur bayerischen Verordnung zur Pauschalierung der Sozialhilfe.
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. Zu Recht hält der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag für zulässig.
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 BayAGVwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Die hier im Normenkontrollverfahren zur Prüfung gestellten Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin zur Pauschalierung der Hilfe
zum Lebensunterhalt sind solche Rechtsvorschriften.
Ausgehend von der Ermächtigung in § 101a BSHG i.V.m. der bayerischen Verordnung
zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe
- PauschVO - vom 10. Januar 2000 (BayGVBl S. 21) ist Regelungsgegenstand der
Ausführungsbestimmungen, ob und gegebenenfalls inwieweit für bestimmte Bedarfe
der Hilfe zum Lebensunterhalt statt einmaliger Leistungen monatliche Pauschalen
gewährt werden. Diese Regelungen hat die Antragsgegnerin nicht als Rechtsverordnung
oder Satzung, sondern als Verwaltungsvorschrift getroffen.
Zwar sind allein verwaltungsintern bindende und steuernde Verwaltungsvorschriften
keine Rechtsvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Denn ihnen fehlt die
für eine Rechtsvorschrift charakteristische Außenwirkung (BVerwGE 75, 109; 94,
335). Aber zu den im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften
gehören nach der Zweckrichtung der Normenkontrolle und dem danach gebotenen
weiten Begriffsverständnis nicht nur Satzungen und Rechtsverordnungen, sondern
auch solche (abstrakt-generellen) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung
gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektivöffentlichen
Rechte unmittelbar berühren (BVerwGE 94, 335 <338> zur Regelsatzfestsetzung
durch Verwaltungsvorschrift).
- 8 -
Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die formal in Verwaltungsvorschriften
getroffenen Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin nach
ihrem Inhalt darauf gerichtet sind, im Außenverhältnis in derselben Weise in subjektive
Rechte einzugreifen, wie das auch bei sonstigen Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen,
Satzungen) im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der Fall ist, ihnen also
unmittelbare Außenwirkung auch gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Dies
zeigt die folgende Betrachtung des einschlägigen Regelungsgefüges:
Nach § 22 BSHG werden laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von
Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen, also pauschaliert
gewährt. Für besondere Personengruppen bestimmt das Bundessozialhilfegesetz,
dass weitere Leistungen pauschaliert zu erbringen sind (Mehrbedarf nach § 23
BSHG). Für die Bedarfe Kleidung, Wohnen und Schule, für die die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin von den dort benannten Ausnahmen abgesehen
Pauschalen festlegen, regelt weder das Bundessozialhilfegesetz noch eine aufgrund
dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung selbst, dass hierfür Sozialhilfe pauschaliert
zu erbringen sei. Nach § 101a BSHG soll zwar die Pauschalierung weiterer
Leistungen erprobt werden, er legt aber nicht im Einzelnen fest, für welche Bedarfe
Sozialhilfe nach Pauschalen zu leisten ist, sondern ermächtigt die Landesregierungen,
die Träger der Sozialhilfe durch Rechtsverordnung zu ermächtigen, in Modellvorhaben
Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen. Aufgrund dieser bundesrechtlichen
Ermächtigung hat die Bayerische Staatsregierung mit der Verordnung
zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe nicht selbst
bestimmt, für welche Bedarfe Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind,
sondern die Träger der Sozialhilfe ermächtigt, in Modellvorhaben die Pauschalierung
von Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt einschließlich
der Kosten der Unterkunft und im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen zu
erproben, soweit das Bundessozialhilfegesetz solche Pauschalierungen nicht bereits
vorsieht oder enthält (§ 1 Abs. 1 PauschVO). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PauschVO legt
der Träger der Sozialhilfe den Personenkreis für die Leistungen nach Pauschalen
und die Voraussetzungen fest, unter denen pauschalierte Leistungen gewährt werden.
Nach § 3 Abs. 1 PauschVO sind die Pauschalbeträge in der Regel als Monatsbeträge
zu gewähren und müssen die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe
beschrieben und von den Bedarfen abgegrenzt sein, die damit nicht gedeckt wer-
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den sollen. Nach § 3 Abs. 2 PauschVO bemessen die Sozialhilfeträger die Pauschalbeträge
auf der Grundlage vorliegender statistischer Daten oder Erfahrungswerte.
Nach diesen Vorgaben der bundesrechtlichen und der landesrechtlichen Ermächtigung
wird die Festlegung, dass weitere Leistungen der Sozialhilfe nicht individuell
bemessen, sondern pauschaliert zu erbringen sind, erst durch die Träger der Sozialhilfe,
hier die Antragsgegnerin, getroffen. Das gilt für den Personenkreis, dem Sozialhilfeleistungen
pauschaliert zu erbringen sind, für die Voraussetzungen (Bedarfe),
unter denen Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind, und für die Höhe
der Pauschalbeträge. Damit sind die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin
zur Pauschalierung nicht eine nur binnenrechtlich wirkende, allein diese bindende
Bemessungsrichtlinie. Vielmehr kommt ihnen auf der Grundlage der bundes- und
landesrechtlichen Ermächtigungen, unter Zurückdrängung des Grundsatzes der Individualisierung
der Sozialhilfe für bestimmte Bedarfe Pauschalbeträge festzusetzen,
Bindungswirkung auch gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern zu. Die Regelungen
der Antragsgegnerin zur Pauschalierung richten sich unmittelbar auch an
die Bürger und bestimmen diesen gegenüber Form und Maß der von ihnen beanspruchten
Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie sind anspruchskonkretisierend, sie geben
dem Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt in Bezug auf die
von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende
Gestalt, wie dies in Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22
Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt ist (vgl. BVerwGE 94, 335
<340>).
Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie macht geltend,
durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu
sein. Zwar hat sie seit März 2003 Leistungen der Grundsicherung erhalten, doch war
sie während ihres Sozialhilfebezuges bis einschließlich Februar 2003 von der Pauschalierung
betroffen.
Über den Antrag der Antragstellerin vom März 2002, ihr eine Bekleidungspauschale
- vor April 2002 gewährte die Antragsgegnerin halbjährlich Bekleidungspauschalen -
zu gewähren, hat die Antragsgegnerin mittelbar insoweit ablehnend entschieden, als
- 10 -
sie Sozialhilfe ab April 2002 nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen nur noch
pauschaliert geleistet hat. Die Antragstellerin macht geltend, dass sie bei der Ungültigkeit
der Ausführungsbestimmungen besser dastünde. Sind die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin ungültig, kann ihr noch ein Anspruch auf Bekleidung
zustehen. Setzte für diesen Fall die Antragsgegnerin ihre bis zum Beginn des
Modellvorhabens geübte Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen fort, könnte
ein fortbestehender Bedarf in einer Differenz zwischen der bisher halbjährlichen Bekleidungspauschale
und den Bekleidungsanteilen in den Pauschalen für April bis
September 2002 bestehen. Setzte die Antragsgegnerin für den Fall der Ungültigkeit
der Ausführungsbestimmungen ihre bis zum Beginn des Modellvorhabens geübte
Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen dagegen nicht fort, könnte ein fortbestehender
Bedarf darin bestehen, dass sich die Antragstellerin damals erforderliche
Bekleidung unter Rückgriff auf ihr Schonvermögen oder mit Hilfe Dritter selbst beschaffen
musste. Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügt die
Möglichkeit der Rechtsverletzung. Ihr steht nicht entgegen, dass am 1. Januar 2005
das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch in Kraft tritt und sich die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin ohnehin Geltung nur bis zum 31. Dezember 2004 beimessen.
Denn die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsverletzung betrifft
die Zeit bis Februar 2003 (vgl. BVerwGE 68, 12).
2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ist der Normenkontrollantrag
begründet. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs, dem rechtsstaatlichen
Publikationsgebot könne durch an die Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen
werden, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Im vorliegenden Verfahren ist nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen
allgemeine Verwaltungsvorschriften für ihre Wirksamkeit der Verkündung in einem
dafür vorgesehenen Publikationsorgan auch dann bedürfen, wenn diese nicht ausdrücklich
vorgeschrieben ist; soweit das Bundesverwaltungsgericht zu einer unmittelbar
nur verwaltungsintern bindenden und steuernden ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift,
die allenfalls mittelbar eine anspruchsbegründende Außenwirkung
zu begründen vermöge, dahin erkannt hat, dass sie für ihre Wirksamkeit über
die Bekanntgabe an die behördlichen Adressaten hinaus keiner Veröffentlichung bedürfe
(vgl. BVerwGE 104, 220 <224 ff.>), ist dies auf die Ausführungsbestimmungen
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der Antragsgegnerin nicht zu übertragen, denen unmittelbare Außenwirkung auch
gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Für diese Ausführungsbestimmungen hat
der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass es rechtsstaatlich geboten
ist, sie so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt
nehmen können. So hat das Bundesverfassungsgericht die Bekanntmachung einer
Strafgefangene bindenden Verwaltungsvorschrift an jeden, den es angeht, verlangt
(BVerfGE 40, 237 <252 f., 255>) und hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden,
dass eine Verwaltungsanweisung, die nicht nur nach innen mit Bindungswirkung
für ihre Beamten, sondern auch nach außen mit Wirkung gegenüber Dritten in
Form einer Ausschreibung den Kreis der Begünstigten benennt, bekannt gemacht
werden muss, soweit sie sich nach außen wendet (BVerwGE 35, 159 <162>). Auch
das Schrifttum verlangt die Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer
Außenwirkung gegenüber Dritten (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Auflage
2004, § 24 Rn. 36 <sie sei allerdings nicht Wirksamkeitsvoraussetzung>;
Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 462 ff.; derselbe in
Erichsen/Ehlers, AllgVerwR, 12. Auflage 2002, § 6 Rn. 57; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht,
Band I, 11. Auflage 1999, § 24 IV Rn. 19; Wittling, Die Publikation der
Rechtsnormen einschließlich der Verwaltungsvorschriften, Baden-Baden 1991,
S. 165 ff.; Gusy, Die Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften, DVBl
1979, 720 <724>; Hill, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, NVwZ 1989,
401 <408>). Die Publikationspflicht für Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer
Außenwirkung für Dritte ist im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1
Satz 1 GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet.
Ihr entspricht bei Erfolg der Normenkontrolle die Pflicht, die Entscheidungsformel
ebenso zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre
(§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Nicht gefolgt werden kann indes der Auffassung des Verwaltungsgerichthofs, dass
dem Publikationsgebot durch die den Bewilligungsbescheiden an die Hilfeempfänger
beigefügten Merkblätter Genüge getan sei, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs
den Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen
sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend erläuterten. Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift
ist nur die Bekanntgabe der Regelung selbst, eine selektive, erläuternde
Wiedergabe ihres Inhalts ist nicht ausreichend. Die Bekanntgabe der Verwal-
- 12 -
tungsvorschrift soll es dem Bürger gerade ermöglichen, sie nicht bereits vorinterpretiert,
sondern eigenständig zu erfassen.
Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung
gegenüber den Betroffenen genügt auf jeden Fall die Publikation in dem für
den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen
amtlichen Medium. Damit ist den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig
und umfassend zu informieren. Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung,
z.B. durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an die
Betroffenen, ausreichend wäre, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung und
Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat den Betroffenen den Text der Ausführungsbestimmungen
selbst gerade nicht bekannt gegeben. Dem Rechtsstaatsprinzip
ist aber nur dann Genüge getan, wenn der Betroffene unmittelbar Kenntnis von den
Bestimmungen selbst nehmen kann. Nur dann kann er diese auf ihre Rechtmäßigkeit
und Anwendbarkeit überprüfen und sich des Inhalts der durch sie für ihn begründeten
Rechte und Pflichten vergewissern.
Fehlt bei Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten die rechtsstaatlich
bzw. um effektiven Rechtsschutz willen gebotene Bekanntgabe, ist sie nicht
wirksam geworden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit
auf § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Rothkegel
Dr. Franke Prof. Dr. Berlit
Sachgebiet: BVerwGE: ja
Sozialhilferecht Fachpresse: ja
Verwaltungsprozessrecht
Rechtsquellen:
BSHG § 101a
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 2
Stichworte:
Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten; Bekanntgabe von
Verwaltungsvorschriften; Normenkontrolle, abstrakte - von Verwaltungsvorschriften;
Pauschalierung einmaliger Leistungen.
Leitsätze:
1. Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten sind
bekannt zu machen.
2. Für die Bekanntgabe ist eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der
Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend.
Urteil des 5. Senats vom 25. November 2004 - BVerwG 5 CN 1.03
I. VGH München vom 15.05.2003 - Az.: VGH 12 N 02.1480 -