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Wuppertal: Ungedeckte Unterkunftskosten für Sozialleistungsbeziehende gefährden das Existenzminimum


In den vergangen vier Jahren hat das Jobcenter Wuppertal über 15 Mio. Euro an Unterkunftskosten für Hartz-IV-Beziehende nicht übernommen. Die Folge: Leistungsberechtigte müssen diese aus dem Regelsatz aufbringen. Tacheles e.V. fordert die Stadt auf, die anerkannten Unterkunftskosten in Wuppertal anzuheben und die Vorgaben der Sozialgerichte zu erfüllen. Leistungsberechtigte weist der Verein darauf hin, Ansprüche auf Nachzahlungen für das Jahr 2015 zu sichern.



Das Jobcenter und auch das Sozialamt erkennen seit Jahren zu geringe Mieten im Hartz-IV- und Sozialhilfebereich an und verstoßen damit systematisch gegen geltendes Recht. Das Bundessozialgericht (BSG) sagt in gefestigter Rechtsprechung: gibt es keine bereiten  Quellen zur Ermittlung der örtlichen Mitpreise, dann sind die tatsächlichen Unterkunftskosten begrenzt vom Wohngeldgesetz zzgl. 10 % Sicherungszuschlag vom Jobcenter/Sozialamt zu erbringen. Freiwillig erbringt das JC/Sozialamt für eine Person 339 EUR, nach der BSG-Rechtsprechung hat es aber bis zu 429 EUR Bruttokaltmiete zu erbringen. Das heißt wiederum, dass jeden Monat nachweislich rund 320.000 EUR im SGB II Bereich vom Jobcenter nicht gezahlt werden. Das Jobcenter/Sozialamt beruft sich auf eine Nacherhebung des Mietspreisspiegels, der bis Ende 2012 anzuwenden war. Seit dem ist der Mietpreis in Wuppertal aber deutlich gestiegen und diese Steigerung wird von den Sozialbehörden nicht berücksichtigt. 

Zum Hintergrund, laut offizieller Statistik der BA zur Wohn- und Kostensituation im SGB II in Bezug auf Wuppertal (Stand: 12/2015) wurden in Wuppertal 327.215 € im Monat Unterkunftskosten nicht vom Jobcenter übernommen. somit zahlt in Wuppertal jeder Hartz-IV-Haushalt durchschnittlich 14,02 € aus seiner Regelleistung auf die Miete drauf. 

Das für ab dem Zeitraum ab Anfang 2013 deutlich höhere Mieten zu übernehmen sind, hat das für Wuppertal zuständige Sozialgericht mittlerweile in vier Urteilen festgestellt. „Auch wenn die Urteile nicht rechtskräftig sind, macht es die rechtswidrige Praxis des JC Wuppertal deutlich“, kommentiert Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles und fordert“ das JC Wuppertal hat sofort seine rechtswidrige Praxis aufzugeben und die tatsächlichen Mieten im Hartz IV-/Sozialhilfebereich anzuerkennen. Die Betrügerei der Armen zur Finanzierung der Haushaltlöcher der Stadtverwaltung muss mal ein Ende haben“.

Damit die Betroffenen, denen im Jahr 2015 zu geringe Mieten gezahlt wurden oder Betriebskostennachforderungen nicht übernommen wurden oder deren Umzug wegen Unangemessenheit abgelehnt wurde zumindest keine irreparablen Nachtteile entstehen, müssen bis Ende 2016 noch Überprüfungsanträge eingelegt werden um deren Ansprüche rückwirkend zu bekommen.    
Dieser Überprüfungsantrag heißt nicht, dass das jeweilige Amt die Gelder nachzahlt, er heißt nur, dass dadurch die Ansprüche nicht verjähren und das bei abschließender Klärung die jeweiligen Ämter die Beträge nachzahlen müssen.


Tacheles rät daher dringend allen Betroffenen, die im Jahr 2015 zu geringe Miete vom Jobcenter/Sozialamt erhalten haben, jetzt den Überprüfungsantrag einzulegen, denn sonst ist der Anspruch auf Nachzahlung irreparabel weg“, erklärt Thomé eindringlich den Sachverhalt.
Zweckmäßig wäre es natürlich dies auch schon für das Jahr 2016 zu machen.

Tacheles fordert die Verwaltung auf, dass sie von sich aus öffentlich erklärt, dass keiner in das Überprüfungs- und Widerspruchsverfahren gehen muss und öffentlich zugesichert wird, dass von Amtswegen für 2015/2016 die zu Unrecht nicht erbrachten Beträge nachgezahlt werden.  

Harald Thomé
Tacheles-Onlineredaktion


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