Aktuelles Archiv

SG Saarland v. 28.1.05 zur Ein-Cent-Regelung in einer eäG/Anspruch auf KV, PV und RV

Sozialgericht für das Saarland
Aktz.: S 21 ER 1/05 AS

Beschluss vom 28.1.2005 / 21. Kammer

Beschluss

in dem einstweiligen Anordnungsverfahren des Antragstellers gegen die ARGE Saarbrücken, Hafenstur. 18, 66111 Saarbrücken, vertreten durch den Geschäftsführer hat die 21. Kammer des Sozialgerichtes für das Saarland durch den Richter Simon als Vorsitzenden am 28.1.2005 ohne mündliche Verhandlung beschlossen.

1. Die Antraggegnerin wird vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bzw. falls der Antragsteller kein Hauptsacheverfahren einleiten sollte bis zur Bestandskraft des noch zu erlassenden Widerspruchsbescheides verpflichtet, dem Antragsteller ab dem Monat Januar 2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von einem Cent monatlich zu zahlen.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren die vorläufige Zahlung seiner Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.

Der Antragsteller bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe und war durch den Bezug der Leistung kranken-, pflege- und rentenversichert. Am 30.9.2004 beantragte er bei der Antraggegnerin Arbeitslosengeld II. Er gab an, seit 1978 in eheähnlicher Gemeinschaft mit Frau ........zu leben. Seine Partnerin sei Rentnerin. Sie beziehe eine Rente von der Bundesknappschaft und eine weitere Rente von der LVA für das Saarland in Höhe von insgesamt 1.058,43 €. Die Höhe der Mietkosten gab er mit 192,76 € monatlich an. Heizkosten fielen monatlich in Höhe von 146 € für Öl an. Die Mietnebenkosten betrügen 62,65 € monatlich. Für die KFZ-Versicherung seien 32,29 € monatlich zu entrichten. Auch fielen Kosten für eine private Kranken- und Lebensversicherung an.

Die Antragsgegnerin wies den Antrag mit Bescheid vom 25.11.2004 zurück.
Leistungen nach dem SGB 2 könnten nur solche Personen erhalten, die hilfebedürftig seien. Hilfebedürftig sei, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern könne, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen.
Bei den vom Antragsteller nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei er nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Er habe deshalb keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Insoweit war auf einen beigefügten Berechnungsbogen verwiesen.
In dem Berechnungsbogen war ein Gesamtbedarf der Bedarfgemeinschaft von 566,41 € ermittelt. Ein Regelsatz für die Partnerin war dabei nicht berücksichtigt. Auch die KFZ-Versicherung ging nicht in die Berechnung ein.

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid am 14.12.2004 Widerspruch ein.
Bei der Bedarfsberechnung sei nicht berücksichtigt worden, dass er und seine Partnerin monatlich 150 € für Heizkosten ansparen müssten. Außerdem sei bei der Berechnung für seine Partnerin keine Regelleistung berücksichtigt worden. Der Gesamtbetrag betrage somit monatlich 1023,41 € und nicht 566,41 €.
Bei der Einkommensbereinigung sei nicht berücksichtigt worden, dass seine Partnerin monatlich 130 € Darlehensrate und 15 € Rate für die Waschmaschine zu zahlen habe. Das zur Verfügung stehende Renteneinkommen von 1058,43 € verringere sich schon um diese Beträge. Weiterhin fielen Belastungen an in Höhe von 7,50 € für Beiträge zum Vdk, 15 € für den Kabelanschluss, 12 € für die GEZ, 30 € für die Saarbrücker Zeitung, 41,86 € Beitrag für eine Sterbeversicherung und 32,39 € für seine KFZ-Versicherung. Es blieben somit noch 774,68 €.
Seine Partnerin erkläre sich bereit, den Mietanteil von ihm zu übernehmen. Weitere Zuwendungen könne sie und wolle sie nicht übernehmen. Eine entsprechende Erklärung füge er bei. Er verweise diesbezüglich auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes zum BSHG.
Nach Auskunft der AOK würde der Krankenversicherungsbeitrag als freiwilliges Mitglied sich auf 123,16 € belaufen. Der Beitrag zur LVA würde 78 € betragen.
Diese Beiträge könnten er und seine Partnerin unmöglich finanzieren.

Er beantrage, die Regelleistung von 311 € plus den anteiligen Nebenkosten für Wasser sowie die anteiligen Heizkosten von 75 € zu bewilligen. Außerdem beantrage er die Kranken- und die Rentenversicherung.

Nachdem am 30.12.2004 noch keine Entscheidung über den Widerspruch ergangen war, beantragte der Antragsteller am selben Tag den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Er sei schwer krank, müsse ständig zum Arzt und sei nicht in der Lage, sich selbst zu versichern. Er sei auch nicht in der Lage, die anfallenden Arztkosten selber zu tragen.

Er beantragt sinngemäß, ihm vorläufig Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsschutz zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, weil der bei der ARGE Saarbrücken anhängige Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende offensichtlich unbegründet sei.
Personen, die Arbeitslosengeld II bezögen, seien kranken und rentenversicherungspflichtig. Der Antragsteller sei nicht versicherungspflichtig, weil er kein Arbeitslosengeld II beziehe. Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung könnten ihm daher nicht erstattet werden.
Auf Leistungen zur Grundsicherung habe der Antragsteller keinen Anspruch, da er nicht bedürftig sei. Er lebe mit seiner Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft.
Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Antragsteller und seiner Partnerin belaufe sich auf 877,66 €. Dieser Betrag ergebe sich aus der Regelleistung von 311 € und anteiligen Miet- und Mietnebenkosten jeweils für den Kläger und seine Partnerin.
Dem stünde ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 1028,43 € gegenüber. Dieses ermittle sich aus der Rente abzüglich des Freibetrages in Höhe von 30 € gemäß § 3 Nr. 1 ALG II Verordnung.
Das anzurechnende Einkommen übersteige daher den Bedarf, sodass kein Anspruch auf Leistungen bestehe.
Die Kosten für Heizöl könnten nicht berücksichtigt werden, da diese Kosten zum Einen bereits im Jahr 2004 entstanden seien und zum Anderen derzeit monatlich keine Aufwendungen entstünden. Heizkosten könnten bei der Bedarfsberechnung nur zu dem Zeitpunkt anfallen, zu dem sie tatsächlich entstünden.
Die weiterhin geltend gemachte KFZ-Steuer könne mangels Rechtsgrundlage nicht berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom 14.1.2005 teilte die Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller auch Beiträge zur KFZ-Haftpflicht geltend mache. Diese könnten bei der Einkommensbereinigung berücksichtigt werden. Das den Bedarf übersteigende Einkommen betrage dann nur noch 118,38 €. Sofern dies nicht ausreiche, um die monatlich anfallenden Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen, sei die Antragsgegnerin bereit, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe von monatlich 0,01 € zu bewilligen mit der Folge, dass der Antragsteller durch die ARGE Saarbrücken pflichtversichert werde.

Mit Schreiben vom 20.1.2005 teilte die Antragsgegnerin mit, dass an der 1 – Cent – Regelung nicht mehr festgehalten werde.
In Fällen, in denen allein wegen der Zahlung von Beiträgen zu einer freiwilligen gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung Hilfebedürftigkeit eintrete und eine Familienversicherung nicht möglich sei, sei statt dessen nach einer Mitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ein Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen.
Der Zuschuss sei begrenzt auf die Differenz zwischen dem Bedarf zzgl. Der zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung und dem zu berücksichtigenden Einkommen.

Die Kammer hat die Beteiligten in einem Erörterungstermin am 25.1.2005 angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG liegt nicht vor, es handelt sich bei den dort aufgezählten Fällen um Anfechtungssituationen, in denen über die sofortige Vollziehbarkeit vor Ende des Hauptsacheverfahrens zu entscheiden ist. Vorliegend ist in der Hauptsache jedoch die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4SGG die geeignete Klageart, so dass für den Eilrechtsschutz § 86b Abs. 2 SGG die einschlägige Regelungsmaterie ist.

Einschlägig ist weiter § 86 Abs. 2 S. 2 SGG. Der Antragsteller wendet sich nicht gegen eine Veränderung des bestehenden Zustands, wodurch die Verwirklichung eines Rechts beeinträchtigt werden könnte, sondern er begehrt eine vorläufige Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, nämlich in Bezug auf das sich aus dem von ihm behaupteten Leistungsanspruch ergebende Leistungsverhältnis.

Der Antrag ist damit als Regelungsantrag nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass eine einstweilige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Dem Antragsteller steht nach Auffassung der Kammer der geltend gemachte Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu und eine Eilbedürftigkeit besteht. Dabei legt die Kammer den Antrag des Antragstellers dahingehend aus, dass er auf die Gewährung nicht nur von Kranken- und Rentenversicherungs-, sondern auch von Pflegeversicherungsschutz gerichtet ist. Zwar hat der Antragsteller dies nicht ausdrücklich zu Protokoll erklärt. Er hat allerdings in dem als Anlage zu seinem Antrag eingereichten Widerspruchsschreiben ausdrücklich auch nur von Kranken- und Rentenversicherung gesprochen, obwohl es sich bei den in dem Widerspruchsschreiben für die Krankenversicherung geltend gemachten Kosten in Höhe von 123,16 € um die Kosten für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung bei der AOK handelt. Daraus geht hervor, dass der Antragsteller mit „Krankenversicherung“ die Kranken- und die Pflegeversicherung meint, die - nach Auskunft der AOK – ohnehin nur zusammen abgeschlossen werden können.

Die Kammer geht nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des Antragstellers auf Zahlung von Arbeitslosengeld II in Höhe von einem Cent monatlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sind, so dass von der Antragsgegnerin auch die Beiträge zu den Pflichtversicherungen (Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung) zu tragen sind.

Gemäß § 19 S. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Nach § 19 S. 2 SGB II mindert das berücksichtigungsfähige Einkommen und das Vermögen die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

Der Antragsteller ist im Sinne der gesetzlichen Definition erwerbsfähig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf daher keiner näheren Erörterung.

Der Antragsteller ist nach Auffassung der Kammer auch im tenorierten Umfang hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II.
Denn bei Berücksichtigung des Gesamteinkommensund Gesamtvermögens der Bedarfsgemeinschaft ist der Antragsteller nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen aus eigenen Mitteln zu decken.

Dabei geht die Kammer zunächst davon aus, dass auch die Partnerin des Antragstellers, Frau ..... zur Bedarfsgemeinschaft gehört.
Gemäß § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partner oder Partnerin des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u.a. auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.

Der Antragsteller hat in seinem Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende angegeben, mit seiner Partnerin seit 1978 in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben.
Da der Antragsteller ausgehend von dieser – für ihn ungünstigen – Angabe bereits mit dem im Eilverfahren geltend gemachten Begehren erfolgreich ist, hat die Kammer keinen Anlass, sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob tatsächlich zwischen dem Antragsteller und seiner Partnerin eine eheähnliche Gemeinschaft besteht.

Der Bedarf der den Antragsteller und seine Partnerin umfassenden Bedarfsgemeinschaft übersteigt nach Auffassung der Kammer das der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehende Einkommen.
Der Bedarf ist dabei aus den in den §§ 19 ff SGB II festgelegten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu ermitteln.
Danach ergibt sich für die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Antragsteller und seiner Partnerin ein Bedarf in Höhe von zweimal 311 € monatlich gemäß § 20 Abs. 3 S. 1 SGB II.
Hinzu kommen die monatlich anfallenden Miet- und Mietnebenkosten in Höhe von 255,66 .
Es besteht somit zunächst ein Bedarf von 877,66 €.

Nicht zu berücksichtigen sind nach der Auffassung der Kammer die vom Antragsteller geltend gemachten monatlichen Rücklagen für die Anschaffung von Heizöl.
Denn nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendung erbracht. Unter dem Begriff Aufwendung sind dabei nicht interne Rücklagen für die spätere Anschaffung, sondern nur die im Außenverhältnis tatsächlich entstehenden Verbindlichkeiten für die Anschaffung des Heizmaterials zu verstehen (vgl. Berlit in LPK – SGB II § 22 Rz 13). Da die Aufwendungen in diesem Sinne nicht monatlich anfallen, sondern in größeren Zeitabständen, sind sie auch nur jeweils für die tatsächliche Anschaffung des Heizmaterials zu erstatten.

Bei der Bedarfsermittlung ist nach Überzeugung der Kammer jedoch zu berücksichtigen, dass zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des Kapitels 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 SGB II auch Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsschutz gehört.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II kraft Gesetzes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI und § 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI pflichtversichert sind. Für den Bereich der Krankenversicherung umfasst überdies die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II die Aufwendungen für Heilbehandlungen und Medikamente ausdrücklich nicht, so dass ein entsprechender Versicherungsschutz zwingend erforderlich ist.
Zum anderen folgt auch aus § 26 SGB II, wonach Bezieher von Arbeitslosengeld II die von der Versicherungspflicht befreit sind, Anspruch auf Zuschüsse-, Pflege- und Rentenversicherung haben, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption solche Versicherungen zwingende Bestandteile der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Sinne des Kapitels 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 des SGB II sind (so auch LPK – Brünner § 26 Rz 5 mit Hinweis auf BT-Drs. 15/1516 S. 55, wonach die Versicherungspflicht als eine Leistung im Rahmen des ALG II dargestellt wird).
Dass der entsprechende Versicherungsschutz zum Grundbedarf gehört, sagt allerdings zunächst noch nichts darüber aus, wie dieser Bedarf zu decken ist (s.u.).

Dem Bedarf ist das nach § 11 SGB II ermittelte bereinigte Einkommen gegenüber zu stellen.
Die Partnerin des Antragstellers bezieht zwei Renten in Höhe von insgesamt 1058,43 €.
Hiervon ist gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 13 SGB II in Verbindung mit § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Verrechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld (ALG II – V) vom 27.10.2004 (Bundesgesetzblatt I S. 2622) ein Pauschbetrag in Höhe von 30 € für nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen in Abzug zu bringen.
Dabei ist nach Auffassung der Kammer bei diesem Pauschbetrag der Nachweis, dass tatsächlich höhere Beiträge anfallen und dass diese Beiträge angemessen sind, nicht eröffnet. Soweit in der bisher vorliegenden Kommentarliteratur andere Auffassungen vertreten werden (so offenbar LPK Brühl § 11 Rz 34), ist dies nach Überzeugung der Kammer mit dem Verordnungswortlaut nicht in Übereinstimmung zu bringen. Der letzte Halbsatz des § 3 ALG II – V („soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist“) bezieht sich nicht auch auf § 3 Nr. 1 ALG II – V. Denn die Wendung „notwendige Ausgaben“ hat einen ganz anderen Inhalt als der Begriff der „nach Grund und Höhe angemessen(en)“ Beiträge im Sinne des § 3 Nr. 1 ALG II – V.
In Abzug zu bringen ist weiter jedoch der monatliche Beitrag zur KFZ – Versicherung in Höhe von 32,39 €. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wonach Beiträge zur privaten Versicherungen abzusetzen sind, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben sind. Bei der KFZ – Haftpflichtversicherung ist dies der Fall.
Die weiteren vom Antragsteller noch geltend gemachten monatlichen Belastungen (VdK – Beitrag, Kabelanschluss, GEZ, Saarbrücker Zeitung, Sterbeversicherung, Allianzversicherung, DKV, Kontoführung, Sparmarken, Praxisgebühr, KFZ – Steuer, Strom, Wasser) fallen entweder unter den Pauschbetrag von 30 € (VdK – Beitrag, Sterbeversicherung, sofern man eine solche Versicherung für nach Grund und Höhe angemessen hält, vgl. dazu BverwG Urteil vom 27.6.2002 AZ. 5 C 43/01 zu §§ 14, 76 BSHG, Allianzversicherung DKV) oder es gibt keine gesetzliche Grundlage für ihre Berücksichtigung.
Es ergibt sich mithin ein bereinigtes Einkommen von 996,04 €.

Bei der Gegenüberstellung des Bedarfs von 877,66 € und dem bereinigten Einkommen von 996,04 € für die Bedarfsgemeinschaft verbleibt somit zunächst ein positiver Saldo von 118,38 €.

In die Berechnung einzustellen bleibt aber wie dargestellt noch der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsschutz.

Die Kammer ist dabei der Überzeugung, dass die Antragstellerin den Versicherungsschutz dadurch herzustellen hat, dass sie dem Antragsteller Arbeitslosengeld II in Höhe vom einem Cent monatlich gewährt mit der Folge, dass der Antragsteller in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung pflichtversichert ist.

Denn schon der bei Berücksichtigung nur der Kranken- und Pflegeversicherung verbleibende positive Saldo von 118,38 € reicht nicht aus, um den monatlichen Beitrag zu einer freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 123,16 € (AOK) zu tragen. Die Kammer kann dabei auf weitere Ermittlungen zu der Frage verzichten, ob der vom Antragsteller zunächst in seinem Widerspruchsschreiben angegebene Betrag von 123,16 € richtig ist, bei dem es sich nach Auskunft der AOK um den Betrag für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung handelt, oder der Betrag von 155,60 €, den der Antragsteller in seiner im Erörterungstermin am 25.1.2005 zur Akte gereichten Übersicht angegeben hat und den die Antragsgegnerin der Berechnung des zugesagten Zuschusses von 37,22 € zugrunde gelegt hat; bei dem letzten Betrag handelt es sich Auskunft der AOK um den Betrag, der vom Sozialhilfeträger für die Kranken- und Pflegeversicherung zu leisten wäre. Denn schon nach dem vom Antragssteller zunächst geltend gemachten Betrag von 123,16 € ist er insoweit hilfebedürftig, als er den Betrag nicht vollständig aus dem verbleibenden Saldo von 118,38 € aufbringen kann.
Er hat daher Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Dabei ist dem Antragsteller nach Auffassung der Kammer nicht lediglich ein Zuschuss in direkter oder analoger Anwendung des § 26 SGB II zu erbringen, sondern ihm ist Arbeitslosengeld II in der Mindesthöhe von einem Cent monatlich zu bewilligen.
Eine direkte Anwendung des § 26 SGB II auf den Antragsteller scheidet auf, weil § 26 SGB II nur auf Bezieher von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 SGB II anwendbar ist. Auf Arbeitslosengeld II in diesem Sinne hat der Antragsteller nach der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin jedoch gerade keinen Anspruch.
Auch eine analoge Anwendung des § 26 SGB II scheidet aus. Voraussetzung für die analoge Anwendung einer Vorschrift ist stets das Vorhandensein einer Regelungslücke. Eine solche Lücke kann die Kammer jedoch nicht feststellen. Die Problematik des fehlenden Krankenversicherungsschutzes bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften und einem anzurechnenden Einkommen, das knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegt, war aus dem Bereich der Arbeitslosenhilfe seit längerem bekannt (z.B. LSG Rheinland – Pfalz Urteil vom 28.1.1997 Az. L 1 Ar 43/96). Dafür dass der Gesetzgeber sich der Problematik nicht bewusst gewesen wäre, hat die Kammer keine Anhaltspunkte. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass die Leistungsgewährung auch in den genannten Fällen durch Anwendung der vorhandenen Regelungen des SGB II in direkter Anwendung zu erfolgen hat.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass eine Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung aufgrund einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angeordneten analogen Gesetzesanwendung erhebliche Bedenken auch verfassungsrechtlicher Art unterliegt. Die Leistungen zur Grundsicherung sollen ein „soziokulturelles Existenzminimum“ sichern. Auf Leistungen mit solcher Zwecksetzung besteht ein verfassungsrechtlich verbürgter Rechtsanspruch (so LPK – BSHG § 1 Rz 6 zum Bundessozialhilfegesetz); die Gewährung der Leistungen ist aufgrund der in Art. 1 Grundgesetz garantierten Unantastbarkeit der Menschenwürde zwingend. Die Leistungsgewährung muss daher nach Auffassung der Kammer mit hinreichender Bestimmtheit durch förmlicher Gesetz geregelt werden. Die Kammer geht davon aus, dass der Gesetzgeber dies mit den vorhandenen gesetzlichen Regelungen auch hat tun wollen. Für eine analoge Anwendung von gesetzlichen Regelungen aufgrund von Verwaltungsvorschriften gibt es demnach keinen Anlass und keine Möglichkeit, wenn die Leistungsgewährung aufgrund der vorhandenen gesetzlichen Reglungen möglich ist.

Die Leistungsgewährung ist aufgrund der vorhandenen gesetzlichen Regelungen möglich. Die Antragstellering hat die Möglichkeit und damit nach Auffassung der Kammer auch die Pflicht, dem Antragsteller den geringst möglichen Betrag an Arbeitslosengeld II auszuzahlen und ihm somit den Schutz der Pflichtversicherung in Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu gewähren, für den er selbst nicht in vollem Umfang aufkommen kann. Eine andere Möglichkeit, der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers im Rahmen der vorhandenen gesetzlichen Regelungen zu begegnen, ist für die Kammer ist ersichtlich.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Anwendung der „1 – Cent – Regelung“ zu Ungleichbehandlungen führen kann. So ist der Personenkreis, der von der Regelung des § 26 SGB II in direkter Anwendung betroffen ist, gegenüber den Personen, auf die die „1 – Cent – Regelung“ Anwendung findet, benachteiligt, weil die Anwendung der “1 – Cent – Regelung“ den Betroffenen in der Regel – wie auch im Fall des Antragstellers – ein höherer Betrag zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht, als er in den Regelsätzen vorgesehen ist. Personen, die in den Regelungsbereich des § 26 SGB II fallen, erhalten hingegen einen Zuschuss für die erforderlichen Versicherungen nur bis zu der Höhe, bei der ihnen zum Bestreiten des Lebensunterhalts im Übrigen ein Betrag in Höhe der Regelsätze verbleibt. Dies ist jedoch ein Ergebnis der vorgegebenen gesetzlichen Regelung und daher zunächst hinzunehmen.

Die Kammer verkennt auch nicht, dass die Anwendung der „1 – Cent - Regelung“ im Bereich der Arbeitslosenhilfe umstritten war (kritisch Hauck – Noftz SGB II § 11 Rz 136 mit Hinweisen zur Problematik bei der Arbeitslosenhilfe, Nomos – Kommentar SGB III § 194 Rz 55, Gagel – Ebsen § 194 Rz 61).
Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass die Überlegungen aus dem Bereich der Arbeitslosenhilfe auf die Situation bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht übertragbar sind.
Bereits die beiden Bedürftigkeitsbegriffe unterscheiden sich gravierend. Während es sich im Bereich der Arbeitslosenhilfe um einen normativ geprägten, jedenfalls vom Lebensstandardprinzip noch beeinflussten Begriff der Bedürftigkeit handelte, knüpft der Hilfebedürftigkeitsbegriff des SGB II an einen zwar auch noch normative Elemente beinhaltenden, aber doch wesentlich vom tatsächlichen Mindestbedarf geprägten Begriff eines soziokulturellen Existenzminimums an (s.o.). Deshalb sind - nach Auffassung der Kammer – wie oben dargestellt – die Kosten für den Kranken-, Pflege- (und Rentenversicherungs-)schutz auch nicht wie im Bereich der Arbeitslosenhilfe bei der Einkommensbereinigung zu berücksichtigen. (vgl. LSG Rheinland – Pfalz Urteil vom 28.1.1997 Az. L 1 Ar 43/96), sondern die Kosten sind bei der Ermittlung des Bedarfs in Rechnung zu stellen. Diese Systematik entspricht nach Auffassung der Kammer auch der Intention des Gesetzgebers. Dies ergibt sich mittelbar aus § 26 SGB II, die Aufwendungen für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsschutz gehören danach zu den Leistungen der Grundsicherung und sind bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen.
Im Bereich des SGB II stellt sich daher nicht mehr wie im Bereich der Arbeitslosenhilfe die Frage, ob die Kosten für eine Kranken- und Pflegeversicherung überhaupt in die Bedürftigkeitsberechnung einzustellen sind, sondern es stellt sich lediglich noch die Frage, wie der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz (und nach Auffassung der Kammer auch Rentenversicherungsschutz) zu gewährleisten ist.
Wie dargestellt geht die Kammer davon aus, dass hierfür nur die „1 – Cent – Regelung“ in Frage kommt.

Sonstige Gründe, die einer Hilfebedürftigkeit des Antragstellers entgegenstehen könnten, sind bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht ersichtlich. Insbesondere verfügen weder der Antragsteller noch seine Partnerin über ein Vermögen, das einer Hilfebedürftigkeit entgegenstehen könnte.

Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass bei dieser Rechtslage und dem Begehren des Antragstellers weitere Erörterungen zu der Frage, ob der Antragsteller mit seiner Partnerin in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. dazu BverwG Urteil vom 17.5.1995 Az 5 C 16/93, BverfG Urteil 17.11.1992 Az. 1 BvL 8/87 und zuletzt Urteil vom 2.9.2004 Az. 1 BvR 1962/04) lebt, nicht erforderlich sind. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Antragsteller seinen Eilantrag auf Gewährung des Regelsatzes und eventuell weiterer Leistungen erstreckt hätte. Dies hat er jedoch bisher nicht getan.

Die Kammer sieht nach alledem eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Arbeitslosengeld II in Höhe von einem Cent monatlich.

Auch ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit liegt vor. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung erscheint der Kammer zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller als erforderlich.

Der Antragsteller macht geltend, gesundheitlich stark beeinträchtigt zu sein. Mindestens für eine Krankenversicherung besteht somit nach Einschätzung der Kammer ein unabweisbarer sofortiger Bedarf.
Zwar werden dem Antragsteller zusammen mit seiner Partnerin Mittel in Höhe der Regelsatzleistung und der Mietkosten ohne Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung verbleiben, wenn die Antragsgegnerin wie angekündigt einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlt.
Die Kammer sieht allerdings dennoch ein Eilbedürfnis im Hinblick auf die Anwendung der „1 – Cent – Regelung“.
Zum einen geht die Kammer davon aus, dass bei gesetzlichen Leistungen, die ein Existenzminimum sichern sollen, ein gewisses Eilbedürfnis immer vorhanden ist, wenn die gesetzlich vorgesehenen Leistungen nicht gewährt werden.
Mag dieser Gesichtspunkt allein für den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch nicht ausreichen, so kommt im Falle des Antragstellers hinzu, dass die Einkünfte seiner Partnerin durch Verbindlichkeiten in Höhe von 145,85 € monatlich geschmälert sind.
Zwar geht die Kammer davon aus, dass Schulden grundsätzlich bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit keine Rolle spielen, da die Regelleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts und nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten bestimmt sind.
Dieser Ansatz beruht jedoch auf der Annahme, dass die Regelleistungen auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen.
Dies ist beim Antragsteller und seiner Partnerin nicht uneingeschränkt der Fall.
Würde die Partnerin des Antragstellers ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen, so hätte dies mit Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass die Gläubiger ihre Verbindlichkeiten gerichtlich geltend machen und beitreiben würden.
Dabei könnten die Renten der Partnerin gepfändet werden, ohne dass sie sich auf eine erhöhte Pfändungsfreigrenze berufen könnte, da sie mit dem Antragsteller nicht verheiratet ist; die Pfändungsfreigrenze nach § 850c Zivilprozessordnung beträgt demnach 939,99 €. Die für Ehepartner maßgebliche Freigrenze von 1289,99 € kommt nicht zur Anwendung.
Wenn der Antragsteller und seine Partnerin dies vermeiden wollen, müssen sie die Schulden weiterhin bedienen, so dass sie selbst mit dem von der Antragsgegnerin zugesagten Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen für den Lebensunterhalt nur einen Betrag zur Verfügung haben, der unter den Regelsatzleistungen liegt.
Unter diesen Umständen hält die Kammer bei der gegebenen Erfolgsaussicht in der Hauptsache eine Eilbedürftigkeit für gegeben. Es ist dem Antragsteller und seiner Partnerin nicht zuzumuten, die Leistungen auf ihre Verbindlichkeiten einzustellen, soweit bei Sicherstellung einer Pflichtversicherung die Antragsgegnerin Mittel für die Schuldentilgung zur Verfügung stehen würden.

Der Antragsteller kann auch nicht vorübergehend auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe nach dem SGB XII verwiesen werden.
§ 5 Abs. 2 SGB II schließt Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII dann aus, wenn Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht. Dies ist auch nach Auffassung der Antragsgegnerin der Fall. Die Vorschriften des SGB II bilden insoweit eine abschließende Regelung zur Grundsicherung für Erwerbsfähige, die einen Rückgriff auf das SGB XII nur in dem ausdrücklich geregelten Fall des § 5 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB II zulässt.. Auch die Inanspruchnahme nur ergänzender Leistungen nach dem SGB XII ist – abgesehen von den genannten Ausnahmen – daher nicht möglich.

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht auch nicht entgegen, dass damit die Entscheidung in der Hauptsache zumindest teilweise vorweggenommen wird. Denn eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache ist dann unschädlich, wenn auf anderem Wege effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet werden kann.
Eine anderer Möglichkeit der Gewährung von Rechtsschutz als die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II mit dem geringst möglichen Betrag von einem Cent ist nicht ersichtlich. Zwar hat das Gericht bei einer Regelungsanordnung bei der Ausgestaltung der vorläufigen Regelung einen Ermessensspielraum (Meyer – Ladewig SGG § 86b Rz 30 mit Hinweis auf § 86b Abs. 2 SGG i.V.m. § 938 ZPO); sich über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinwegzusetzen und die Antragsgegnerin lediglich zur Zahlung eines – höheren als dem zugesagten – Zuschuss zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zu verpflichten, hält die Kammer nicht für angemessen, da wie oben erläutert nach ihrer Auffassung eine Bezuschussung im Gesetz nicht vorgesehen ist. Dass die Antragsgegnerin im Rahmen der angeordneten Regelung auch die Beiträge zur Rentenversicherung zahlen muss, obwohl insoweit kein Bedürfnis für eine Entscheidung im Eilverfahren besteht, ist aufgrund der gesetzlichen Regelung hinzunehmen.

Die Kammer stellt im Übringe klar, dass die ausgesprochene Entscheidung nur solange Wirksamkeit entfaltet, als sich die Verhältnisse des Antragstellers nicht wesentlich verändern, insbesondere die Hilfebedürftigkeit fortbesteht.
Nach alledem war dem Antrag mit der Kostenfolge des § 193 SGG in dem ausgesprochenen Umfange stattzugeben.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 172 SGG die Beschwerde zulässig.

Sie kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozialgericht für das Saarland, Egon – Reinert – Straße 4 – 6, 66111 Saarbrücken, eingelegt werden.

Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Landessozialgericht für das Saarland, Egon – Reinert – Straße 4 – 6, 66111 Saarbrücken, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird

Zurück