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Redebeitrag zur WSW
Energiearmut und WSW in Wuppertal
Tacheles Redebeitrag:
Vor ein paar Wochen noch hab ich mir so gedacht, o.k., die Wohnung nur auf 19 Grad zu heizen, um zu sparen, das wäre machbar.
Naja, und jetzt. mmh
Samstag waren es 20 Grad in unserer Wohnung und ich habe schon echt gefroren.
Aber ich habe die Möglichkeit, die Heizung anzumachen.
Andere nicht.
Nach einer Anfrage der Linken zu Energiearmut, die sie an die Stadtverwaltung gestellt haben, wurde von den Wuppertaler Stadtwerken zwischen 2018 und 2021 rund 2.400-mal Gas und rund 11.800-mal Strom abgestellt.
Das sind erschreckende Zahlen.
Und es ist zu befürchten, dass das in Zukunft noch mehr werden.
Wir wissen alle, dass die Ratenzahlungen im Moment teilweise immens hoch gesetzt werden, viele Menschen haben Angst vor der nächsten Jahresabrechnung.
Bei der Recherche zu dem Redebeitrag heute bin ich auf einige sehr interessante Dinge gestoßen. Ich muss mich ein wenig beschränken und möchte euch deshalb nur Paragraph 19 der Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung vorstellen.
Es hat sich für mich wirklich gelohnt, diesen zu lesen. Und das würde ich auch der Stadtverwaltung Wuppertal empfehlen. Die Wuppertaler Stadtwerke sind ein kommunaler Betrieb. Es liegt also in der Verantwortung der Stadt, dass hier alles gesetzeskonform abläuft.
Und ein Ablauf im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt wäre auch schön. Ich erlebe immer wieder in unserer Beratung, dass es Menschen im Traum nicht einfällt, den Energieanbieter zu wechseln, da sie sich „unseren Stadtwerken“ so verbunden fühlen. Wäre schön, wenn das auf Gegenseitigkeit beruhen würde. Aber bleiben wir mal bei dem § 19 der Strom- und …. Ihr wisst schon Verordnung.
Ich habe dazu gelernt, dass es gesetzlich geregelt ist, dass Betroffene die Energieversorger, wenn eine Sperre der Energieversorgung droht, darauf hinweisen können, wenn durch die Abschaltung von Strom und Gas eine Gefahr für Leib und Leben droht. Dass dann die Sperre nicht mehr verhältnismäßig ist und nicht gemacht werden darf.
Ich würde mal annehmen, dass in den kalten Monaten IMMER eine Gefahr für Leib und Leben droht und sehe hier die Grundlage für eine komplette Aussetzung aller Sperren von Strom, Gas oder auch Fernwärme!
Ich habe außerdem neu dazu gelernt, dass der Energieversorger eine sogenannte Abwehrvereinbarung anbieten muss. Also eine Ratenzahlungsvereinbarung mit wirtschaftlich zumutbaren Raten. Das sollen 6 bis 18 Monatsraten sein.
Und ich habe gelernt, dass diese beiden Dinge, spätestens in dem Schreiben mit der Androhung der Sperre mitgeteilt werden müssen. Also dass Betroffene darüber informiert werden müssen. Und zwar in dem Brief, in dem mitgeteilt wird, dass abgestellt werden soll!
Ich habe diese Hinweise noch in keinem Schreiben der WSW, in dem die Sperre angekündigt wird, gesehen. In keinem einzigen Schreiben, das mir bei Tacheles seit 01.12.2021 vorlag. Und ich habe da heute in unserem Archiv sehr lange rumgestöbert. Diese Hinweise standen nirgends.
Da nützt es auch nichts, wenn diese Infos auf der Homepage der WSW stehen und man nach einigen Klicks dann mal zu der Abwehrvereinbarung kommt. Schaffen halt nicht alle und deshalb ist die Regelung, diese Infos in das Schreiben zu stecken, wo es wirklich ernst wird für die Leute echt eine gute Regelung!
Aus der Antwort der Stadtverwaltung auf die oben genannte Anfrage der Linken und aus dem Handeln der Stadt und der WSW geht für mich deutlich hervor:
Die Stadtverwaltung und die Verantwortlichen bei den WSW kennen diesen interessanten § 19 der ihr-wisst-schon-Verordnung nicht oder ignorieren ihn bewusst.
Deshalb ist es wichtig, das öffentlich zu machen. Alle Betroffenen darüber zu informieren, was für Möglichkeiten sie haben.
Und Forderungen zu stellen. Im Sinne der Menschen, die betroffen sind, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.
In der bereits genannten Antwort der Stadtverwaltung wird auf die Frage, ob Aussetzungen von Energiesperren geplant sind, lediglich auf eine Aussetzung in den Fällen eingegangen, in denen bereits ein Antrag dazu beim Jobcenter oder Sozialamt gestellt wurde.
Es soll also keine allgemeinen Aussetzungen von Energiesperren geben.
Das ist nicht zu akzeptieren! Aussetzung von allen Energiesperren sofort! Es ist kalt!
Und noch eine Sache. Ich habe gehört, dass die Stadt Remscheid bereits im August beschlossen hat, einen Härtefallfonds einzurichten. Für Menschen, die ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen können. Das finde ich sehr vorbildlich und wünschte mir, Wuppertal würde sich daran ein Beispiel nehmen.
Regine Blazevic