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Presseerklärung des MWA NRW vom 17.10.2003 zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in 2004

Presseerklärung des MWA NRW vom 17.10.2003

Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik unter veränderten Rahmenbedingungen.
Minister Harald Schartau hat heute (17.10.2003) in einer Pressekonferenz erläutert, wie die Landesregierung unter den gegenwärtigen Haushaltsbedingungen in Zukunft ihre Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik gestalten will.

Die Eckdaten
Der Haushalt des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums hat nach dem Entwurf ein Volumen von 957,5 Millionen Euro für 2004 und 879,6 Millionen Euro für 2005. Im Vergleich zu 2003 beträgt der Rückgang 6,4 Prozent (-57,2 Millionen Euro), im Vergleich 2004 zu 2005 beträgt der Ausgabenrückgang 8 Prozent (-78 Millionen Euro). Dabei gilt: Zu dem eingeschlagenen Konsolidierungskurs gibt es keine Alternative.

Arbeitsmarkt
Während 2004 mit Landesmitteln in Höhe von 100,3 Millionen Euro noch EU-Mittel in etwa gleicher Höhe wie 2003 für die Förderung von Arbeit und Beschäftigung abgerufen werden können, stehen ab 2005 nur noch Kofi-nanzierungsmittel in Höhe von 65,0 Millionen Euro zur Verfügung. Um trotzdem die verfügbaren ESF-Mittel so weit wie möglich abrufen zu können, wird es notwendig sein, dass sich Dritte (zum Beispiel Betriebe) stärker an der Kofinanzierung beteiligen.
Gleichzeitig werden die Aufgaben der Landesarbeitsmarktpolitik vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetze einer kritischen Überprüfung unterzogen und neu justiert. Bereits im letzten Jahr sind Projekte, die Ansätze einer akti-vierenden Arbeitsmarktpolitik modellhaft erprobt haben, eingestellt worden. (z.B. Jobrotation, Förderung von Transfergesellschaften). Diesen Prozess werden wir fortsetzen. Dabei geht es nicht nur um die Frage von Dop-pelzuständigkeiten, die wir uns nicht mehr leisten können. Wo jeder Arbeitslose einen Anspruch auf eine indivi-duelle Beratung, Betreuung und Vermittlung hat, bleibt kein Raum mehr, um zu dieser umfassenden Form der Begleitung zusätzlich mit Landesmitteln noch etwas anzubieten.
Zwei große Programme für Langzeitarbeitslose – Jugend in Arbeit plus und Arbeit statt Sozialhilfe – werden wir vor diesem Hintergrund bis August des nächsten Jahres weiterführen; dann werden die Job-Center ihre Aufga-ben (Vermittlung in Betriebe plus individuelle Beratung und Betreuung) übernehmen. Bis zum 31.07. können noch Maßnahmen bewilligt werden, die dann in 2004 und 2005 auslaufen werden. (vorgesehen sind: Jugend in Arbeit plus: 28,5 Millionen Euro für neue, bis Juli 2004 bewilligte Maßnahmen, Arbeit statt Sozialhilfe: 15, 6 Milli-onen Euro, für Maßnahmen, die bis 21.07.2004 beginnen).
Während die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen auf die Job-Center übergeht, bleibt das Land gleichwohl in der Pflicht für die Zielgruppen, die von deren Maßnahmen nicht vorrangig profitieren. Dabei geht es um:

· Jugendliche beim Übergang von der Schule in die Ausbildung (die Förderung des Ausbildungskonsenses mit 13,3 Millionen Euro und für BUS mit 6,7 Mio. Euro bleiben etwa auf dem Vorjahresniveau). Für die Förde-rung der Berufsausbildung stehen 8,4 Mio. Euro zur Verfügung.
· Die Förderung der Schwerbehinderten. Hier wird es so sein, dass nach derzeitigen Planungen die Mittel der Ausgleichsabgabe überwiegend auf die Länder (in NRW auf die Integrationsämter und –fachdienste bei den Land-schaftsverbänden) übergehen sollen. Wir werden nach Wegen suchen, die berufliche Integration von Behinderten damit und mit Mitteln des ESF zu forcieren.
· Die Älteren insofern, als es bei diesen auch um die Frage gehen muss, wie die Bedingungen für ihre Beschäftigung in den Betrieben verbessert werden kann.

Förderung der Beschäftigungsfähigkeit als neuer Schwerpunkt
Einen eindeutigen Schwerpunkt der künftigen Arbeitspolitik des Landes bildet die Förderung der Beschäftigungs-fähigkeit der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir wollen auch mit Mitteln der Arbeitspolitik einen Beitrag dazu leisten, dass die Beschäftigten fit für den Wettbewerb bleiben und werden (dies ist auch ein Leitziel der Europäischen Kommission). Dabei werden vier Gestaltungsfelder im Vordergrund stehen:

· Beratung und Unterstützung, um die Gesundheitsbedingungen am Arbeitsplatz nachhaltig zu verbessern.
· Unterstützung der Betriebe bei der Gestaltung ihrer Arbeitsorganisation und ihrer Arbeitszeitregelungen so, dass diese dem Leitbild moderner wettbewerbsfähiger Arbeit entsprechen.
· Unterstützung der Betriebe bei der Förderung der Kompetenzentwicklung ihrer Beschäftigten (entspre-chend dem Leitbild vom lebensbegleitenden Lernen).

Damit leistet die Arbeitspolitik einen wichtigen Beitrag, um vorhandene Beschäftigung zu sichern und neue Be-schäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.
Das heißt: Das Land wird sich also in Zukunft stärker dort engagieren, wo es um präventive Arbeitsmarktpolitik geht und sich bei den Arbeitslosen verstärkt um die Zielgruppen kümmern, die nicht Kunde der Job-Center sind.

Berufliche Aus- und Weiterbildung/Weiterbildungsgesetz
In der Summe nahezu unverändert gegenüber 2003 bleibt die investive Förderung der Werkstätten für Behinder-te, der Berufsbildungsstätten und der beruflichen Ausbildungsstätten mit rd. 11,1 Mio. Euro für 2004 und rd. 12,4 Mio. Euro für 2005 (2003 = 11,1 Mio. Euro).
Erhebliche Einsparungen erbringt der Bereich der Weiterbildung: Die Mittel werden um 15,0 % gegenüber dem Ansatz 1999 (= Ansatz 2002) gekürzt und gehen im Einzelplan 15 von 94,5 Mio. Euro auf 84,5 Mio. Euro zurück. (Entsprechendes gilt für Teilbeträge im Haushalt des MGSFF.) Das Weiterbildungsgesetz des Landes wird mit dem Haushaltsbegleitgesetz entsprechend geändert.

Struktur- und Wirtschaftspolitik
Für die Wirtschafts- und Strukturpolitik ist entscheidend, dass die Ziel 2-Mittel sowohl im Haushalt 2004 als auch in 2005 komplett abgerufen werden können. Das ist angesichts der allgemeinen Haushaltslage als Erfolg zu wer-ten. Insgesamt stehen für 2004 rund 464 Millionen Euro, in 2005 rund 404 Millionen Euro zur Verfügung. (2003: 441,8 Millionen Euro). Damit können die Flankierung des Strukturwandels vor allem im Ruhrgebiet und wichtige Projekte zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in den Ziel 2-Regionen wie zum Beispiel die Grün-dungsprämie oder der Zukunftswettbewerb weiter finanziert werden.
Vorgesehen sind im Haushaltsentwurf wie in den Vorjahren 78,2 Mio. Euro zur Finanzierung der Gemeinschafts-aufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Hier bleibt abzuwarten, wie der Bund über die Zu-kunft des Programms entscheidet, nachdem die Länder gegen die beabsichtigte Einstellung bereits parteiübergreifend Protest anmeldetet haben.
Bei den ausschließlich aus Landesmitteln finanzierten Programmen der Wirtschaftsförderung ist jedoch eine Kür-zung zu verkraften: Die Mittel hierfür gehen von jetzt 65,3 Millionen Euro auf 51 Millionen Euro in 2004 und 40 Millionen Euro in 2005 zurück. (Ursache für diese nochmalige Reduzierung ist das Auslaufen des Programms PROFIS und die dann beendete Förderung des Luftfahrtzentrums Weeze-Laarbruch.)
Auch in der Wirtschafts- und Strukturpolitik ist es nach jetziger Sicht möglich, den Rückgang bei den Landesmit-teln durch eine stärkere Konzentration von Maßnahmen und die Nutzung der EU-Programme für Aufgaben, die bisher allein vom Land bewältigt worden sind, so zu gestalten, das trotz eines geringeren Mittelvolumens die Ziele auch mit geringerem Einsatz öffentlicher Förderungen erreichbar bleiben. Dabei konzentriert sich die Wirt-schafts- und Strukturpolitik auf folgende Bereiche:

· Aus der einzelbetrieblichen Förderung wird sich das Land zurückziehen. Schwerpunkte der Wirtschafts-förderung werden künftig die Unterstützung von Netzwerken sein, die Förderung von Maßnahmen des Tech-nologietransfers und der weitere Aufbau von Kompetenzfeldern. Dazu werden auch Mittel der Technologieförderung unterstützend eingesetzt.
· Die Förderung von Existenzgründern und mittelständischen Wachstumsunternehmen wird fortgeführt. So wird es z.B. mit Hilfe von EU-Mitteln aus dem ESF-Programm möglich sein, auch außerhalb der Ziel 2-Gebiete eine Beratungsförderung für Existenzgründer und für junge bzw. wachsende mittelständische Unter-nehmen etwa in gleichem Umfang wie bisher anzubieten.
(Für 2004 vorgesehen: 4,2 Mio. Euro, 2003: 5 Mio. Euro)
· Die Meistergründungsprämie wird – trotz notwendiger Einsparungen – weitergeführt. Über die Ausgestal-tung der Reduzierung werden wir mit dem Handwerk Gespräche führen. Für die Handwerksförderung stehen – zusätzlich zu den Fördermitteln in den Ziel 2-Regionen – 2004 rd. 4,9 Mio. Euro zur Verfügung (2003: 6,1 Mio. Euro, 2005: 4,6 Euro).
· Die Stärkung der Eigenkapitalbasis und der Sicherheiten bei Gründungen und bei Wachstumsunterneh-men bleibt auch unter den veränderten Rahmenbedingungen eine zentrale Aufgabe der Mittelstandspolitik. So werden nach wie vor Nachrangdarlehen bereitgestellt; die Firmen erhalten dadurch eigenkapitalähnliche Mittel. Besonders wachsende kleine und mittlere Unternehmen und Unternehmensnachfolger profitieren von diesem „NRW-Eigenkapitalprogramm“ und der Gründungs- und Wachstumsfinanzierung. (2003: 6 Mio. Euro, 2004: 4,5 Mio. Euro, 2005: 4,1 Mio. Euro)
· Zunehmend an Bedeutung gewinnen Fonds die mittelständischen Unternehmen Kapital für Investitionen zur Verfügung stellen. Für dieses neue Instrument stehen in 2004 ebenfalls Mittel zur Verfügung in einer Kombination aus Mitteln des Finanzministeriums und der Mittelförderung.



Synergien Wirtschaft und Arbeit
Für die künftigen Möglichkeiten der Förderung von Beschäftigung und Wachstum wird die Nutzung von Syner-gien aus den einst getrennten Bereichen Wirtschaft und Arbeit weitere Spielräume schaffen. Dieser Prozess ist bereits mit Bildung des neuen Ressorts begonnen worden. Zu Beginn des nächsten Jahres werden wir in der Lage sein, eine neue Struktur für eine Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik "aus einer Hand" vorzustellen.

Das betrifft vor allem

· die Beratungsprogramme für Unternehmen
· Instrumente der Krisenintervention,
· die Förderung von Kompetenzfeldern und
· die regionalisierten Förderstrukturen.

In allen Arbeitsgebieten des MWA wurden wichtige Kooperationspartner und die Regionen des Landes systema-tisch in die Arbeit einbezogen. An diesen vielfach bewährten Grundsätzen der Beteiligungsorientierung und Re-gionalisierung soll festgehalten, aber die verschiedenen Ansätze, wo immer möglich, vereinheitlicht werden. Dabei werden die Regionen zu größeren Einheiten (14-16 Regionen statt wie bisher 30) zusammen gefasst, de-nen dann wiederum Regionalsekretariate oder Regionalagenturen zuarbeiten sollen. Diese Neuausrichtung der Förderstrukturen wird auch zu einem vereinfachten Zugang zu den Fördermöglichkeiten und zu einem Plus in Sachen Dienstleistungsorientierung führen.

Fazit
Wir werden in der Arbeits-, Struktur- und Beschäftigungspolitik mit weniger Mitteln auskommen müs-sen. Die Möglichkeiten, die die EU-Programme bieten, der Abgleich mit den neuen Angeboten der Ar-beitsverwaltung und eine durchgängige Neujustierung der Förderstrukturen unseres Hauses werden jedoch im Ergebnis dazu führen, dass wir in keinem Bereich Ziele, die für Wachstum und Beschäfti-gung entscheidend sind, grundsätzlich in Frage stellen müssen.

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