Aktuelles Archiv

Ein immer wiederkehrendes Problem aus der Sozialberatung: Zahnersatz

Abkürzungen:

KK = Krankenkasse, SHT = Sozialhilfeträger, GKV = gesetzliche Krankenversicherung, PKV = private Krankenversicherung

GR = Gemeinsames Rundschreiben; BE = Besprechungsergebnis,

Alle Paragrafen finden sich unter www.buzer.de. Dort rechts oben bei Vorschriftensuche im Feld Gesetz das gewünschte Gesetz eingeben (z.B. SGB V).



1. Zahnersatz (§ 55 SGB V)

1.1 Voraussetzung für Zahnersatz als Leistung der KK ist ein Heil- und Kostenplan des Zahnarztes. Aufgrund dieses Heil- und Kostenplanes ergibt sich ein befundbezogener Festzuschuss der KK. D.h. der Zahnarzt (ZA) stellt die Diagnose (= Befund) und aufgrund dieses Befundes ermittelt die KK den Festbetrag, von dem sie – je nach Eintragungen im Bonusheft – zwischen 50 und max. 65% erstattet. In welcher Form der Zahnersatz dann erfolgt, ist Entscheidung des Patienten (in Absprache mit dem Zahnarzt). Je „luxuriöser“ der Zahnersatz erfolgt, desto mehr muss man zuzahlen. Die Bezuschussung richtet sich demnach nicht mehr nach der individuell durchzuführenden zahnärztlichen Therapie, sondern nach einer für den jeweiligen Zahnbefund vorgesehenen durchschnittlichen Regelversorgung.

Bsp: Ein Zahn links unten fehlt. Befund des ZA ist dann „Fehlender Zahn Nr. xy links unten“. Für diesen Befund ermittelt die KK dann den Festzuschuss. Um die Lücke zu schließen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Z.B. einen herausnehmbaren Zahnersatz, eine Brücke, einen Stiftzahn, ein Implantat … Mit dem Festzuschuss ist eine Regelversorgung abgedeckt. Wenn man z.B. einen Stiftzahn wünscht, muss man den Differenzbetrag zwischen der Regelversorgung (diese ist in der Zahnersatz-Richtlinie festgelegt) und den Kosten des Stiftzahnes dazu bezahlen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien die Befunde, für die Festzuschüsse nach § 55 SGB V gewährt werden und ordnet diesen prothetische Regelversorgungen zu (§ 56 SGB V, Festzuschussrichtlinie, auf der Website der KZBV, http://www.kzbv.de/richtlinien.73.de.html). D.h. es gibt einen „Katalog“ mit Diagnosen und den dazu gehörigen Regelversorgungen.



1.2 Implantate und Reparaturen für Implantate

Bei Implantaten muss unterschieden werden in die sog. implantologische Leistung (d.h. das Einoperieren des Trägers für das Implantat in den Kiefer) und der sog. Suprakonstruktion (das ist dann der auf ein Implantat aufgesetzte Zahnersatz (implantatgestützter Zahnersatz). Das kann z.B. eine Krone, eine Totalprothese, aber auch eine Brücke sein.

Die implantologische Leistung gehört gem. § 28 (2) Satz 9 nicht zur zahnärztlichen Behandlung und darf auch nicht bezuschusst werden (außer in seltenen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien gem. § 92 (1) genau festlegt, sog. Ausnahmeindikatoren, BSG vom 13.07.2004, B 1 KR 37/02 R). Danach werden bei bestimmten medizinischen Ausnahme-Indikationen in besonders schweren Fällen (z.B. größere Gesichtsdefekte, die ihre Ursache in Tumoroperationen oder in Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten haben) sowohl die Kosten für die Implantate als auch für den darauf aufbauenden Zahnersatz (Suprakonstruktion) im Wege der Kostenerstattung als Sachleistung übernommen.

Die Suprakonstruktion gehört gem. § 55 (1) als Wahlleistung zu den Leistungen der GKV. Für Suprakonstruktionen nach Erstversorgung mit Implantaten besteht Anspruch auf den Festzuschuss zur Versorgung der Befundsituation, die vor dem Setzen der Implantate bestand. Für die Erneuerung und Wiederherstellung (= Reparatur) von Suprakonstruktionen sind die entsprechenden Festzuschüsse nach der Befundklasse 7 der Festzuschuss-Richtlinien (http://www.mdk.de/media/pdf/FZ_RL_2006.pdf) ansetzbar.

Sowohl bei der Erstversorgung als auch bei der Erneuerung oder der Wiederherstellung von Suprakonstruktionen werden für alle Leistungen im Zusammenhang mit den Implantaten, wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente, keine Kosten übernommen. Damit können sogar in Härtefällen (s.a. 1.3) keine Kosten von den Kassen für das eigentliche Implantat geltend gemacht werden, sondern nur für die Suprakonstruktion (BSG vom 03.09.2003, B 1 KR 9/02 R).



1.3 Härtefälle sind ganz eindeutig im Gesetz geregelt und keine Ermessenentscheidung der KK, die man „verhandeln“ muss:

  • Einkommensschwache (Einkommen unter 40% der Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
  • Empfänger/innen von SGB XII, II (hierzu Konkretes im BE vom 16.8.06, leider nicht im Netz, daher am Ende dieses Aufsatzes im Anhang), Bafög sowie nach dem BVG
  • Menschen, die auf Kosten des SHT oder der Kriegsopferfürsorge in einem Heim untergebracht sind (eine Heimunterbringung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Versicherte in dieser Einrichtung regelmäßig übernachtet).


Alle Härtefälle erhalten den doppelten Festzuschuss, sodass damit die Regelversorgung (medizinisch notwendige zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) zuzahlungsfrei abgesichert ist (§ 55 (2) SGB V).



1.3.1 Härtefallberechnung, wenn nicht alle im Haushalt lebenden Menschen SGB II oder XII oder Bafög beziehen:

Gem. § 55 (2) S. 3 SGB V gelten als Einnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten auch die Einnahmen anderer, im gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger und Angehöriger des Lebenspartners. Angehörige im Sinne dieser Härtefallregelung sind Ehegatten und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sowie familienversicherte Kinder des Versicherten. Die Prüfung, ob eine unzumutbare Belastung wegen geringer Einnahmen zum Lebensunterhalt vorliegt, ist grundsätzlich für jeden Versicherten getrennt durchzuführen. Für die im Familienverbund zu berücksichtigenden Angehörigen sind allerdings die gesamten Einnahmen zum Lebensunterhalt des Familienverbundes bei Prüfung des Vorliegens einer unzumutbaren Belastung zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass nicht für jeden Versicherten einer im gemeinsamen Haushalt lebenden Familie eine separate Prüfung der unzumutbaren Belastung durchgeführt werden muss. Es soll i.d.R. das Einkommen zugrunde gelegt werden, welches in dem Monat erzielt wurde, der dem Monat vorangeht, in dem der Heil- und Kostenplan zur Prüfung bei der Kasse eingereicht wurde. Bei stark schwankendem Einkommen ist ein längerer Zeitraum zugrunde zu legen (z.B. die letzten 3 Monate).



1.4 Restkosten

Weiterhin müssen Restkosten bei gleichartiger Versorgung (Versorgungsform entspricht der Regelversorgung, allerdings kommen weitere Elemente, wie z.B. zusätzliche Keramikverblendungen, hinzu) und andersartiger Versorgung (von der Regelversorgung abweichende Versorgungsform, z.B. anstatt einer herausnehmbaren Modellgussprothese eine festsitzende Brückenversorgung) als Zuzahlung vom Versicherten geleistet werden.

§ 55 (4) SGB V ist da eindeutig: „Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 SGB V aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen.“ Genaue Regelungen finden sich in den GR vom 21.12.98, 21.12.99 und vom 21.12.04 (alle drei leider nicht im Netz, aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG – müsste man sie vom GKV-Spitzenverband anfordern: https://www.gkv-spitzenverband.de/kontakt/kontakt ).

Auch Restkosten für Material (z.B. Edelmetallkosten), müssen vom Patienten selber aufgebracht werden, die Kosten werden auch nicht von Sozialämtern im Rahmen des SGB XII übernommen (Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.8.05, L 1 B 6/05 SO). Beim Zahnarzt sollte bei Härtefällen daher gleich erklärt werden, dass keine Eigenleistungen erbracht werden können, die von der KK nicht getragen werden (z.B. Zuzahlungen für den Einsatz von bestimmten Edelmetallen).

Sollte eine Versorgung gewählt werden, die von der KK nicht zu 100% übernommen wird, ist eine Übernahme gem. § 24 (3) Nr. 3 SGB II ebenso ausgeschlossen wie gem. § 73 SGB XII:

§ 24 SGB II übernimmt die Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten. Zahnersatz fällt da inhaltlich nicht drunter. Auch das Eingliederungsbudget würde nicht greifen.

Im SGB XII wäre Zahnersatz inhaltlich in die Krankenhilfe gem. §§ 48 ff einzuordnen. Dort ist der Umfang auf den im SGB V beschränkt.

§ 73 SGB XII ist eine Kann-Leistung. Insbes. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Wahl der Regelversorgung keine Eigenanteile/Zuzahlungen anfallen, dürfte sich kein Anspruch realisieren lassen.



1.5 Situation für Leistungsbezieher/innen nach dem SGB II

Damit fallen alle Leistungsbezieher/innen nach dem SGB II, die in der GKV versichert sind, kraft Gesetz unter die Härtefallregelung. Obwohl die KK aus den Versichertendaten erkennen kann, dass Alg II-Bezug vorliegt, muss zusammen mit dem Heil- und Kostenplan sowie dem Bonusheft der letzte Alg II-Bescheid eingereicht und konkret die Gewährung des doppelten Festzuschusses (Härtefall) beantragt werden. Auch wenn die Voraussetzungen für einen Bonus von mehr als 50% nicht erfüllt sind (keine regelmäßigen und im Bonusheft dokumentierten Zahnuntersuchungen), muss der doppelte Festzuschuss von der KK gewährt werden.

Hilfslösungen sind daher entbehrlich, weil eine zuzahlungsfreie Zahnersatzversorgung in Deutschland gewährleistet ist. Auch eine Zahnzusatzversicherung ist nicht nötig, es sei denn, man möchte mit dieser Restkosten für Edelmetalle abdecken. Für Kinder sind Zahnzusatzversicherungen gem. Rz. 11.131 der fachlichen Hinweise der BA zum § 11, 11a und 11b SGB II nicht absetzbar. Zahnzusatzversicherungen werden von div. Unternehmen angeboten, die Leistungen sind unterschiedlich. Vor Abschluss einer solchen Versicherung sollte man einen Versicherungsmakler aufsuchen, der etliche Unternehmen „vertritt“ und von daher ein passgenaues Angebot machen kann. Die Beratungen bei diesen Agenturen sind i.d.R. kostenlos.



1.6 Zahnersatzreparaturen fallen genauso unter die Härtefallregelung wie Zahnersatz überhaupt, da nicht zwischen „Zahnersatz“ und „Zahnersatzreparatur“ unterschieden wird. Damit erübrigt sich auch die Frage, ob Zahnersatz-(reparaturen) über den neuen § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II oder ganz oder zum Teil über § 73 SGB XII zu übernehmen sind.



1.7 Zahnersatz für PKV-Versicherte

Ein Problem könnte Zahnersatz bei SGB II-Empfänger/innen werden, die in der PKV versichert sind und dort nicht im Basistarif (BT), sondern in einem Normaltarif. Jeder Normaltarif in den div. PKV-Unternehmen ist hinsichtlich Zahnersatz unterschiedlich, i.d.R. werden aber max. 85% der Kosten übernommen. Oft ist Zahnersatz betraglich pro Jahr begrenzt, häufig liegt der Betrag auch deutlich unter 85% der Kosten. Hier hilft nur ein Wechsel in den BT, der für SGB II-Empfänger/innen jederzeit möglich ist (§ 193 (5) i.V.m. § 204 (1) VVG). Der BT bietet Leistungen wie in der GKV und damit eine Versorgung ohne Restkosten.

Aufgrund der Wechselmöglichkeit in den BT können auch keine Restkosten aus dem SGB XII übernommen werden (nachrangiger Leistungsträger) und über den § 24 SGB II aus inhaltlichen Gründen nicht.





Anhang:

BE 16.08.2006 (Leistungsrecht)

TOP 01

§ 55 Abs. 2 SGB V - Unzumutbare Belastung Zahnersatz;

(Teil-)Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II

Sachstand:

Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach § 55 Abs. 4 oder 5 SGB V einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den doppelten Festzuschuss. Eine unzumutbare Belastung liegt u.a. vor, wenn der Versicherte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch (SGB II) erhält (vgl. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V).

Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden u. a. in Form von Geldleistungen, insbesondere zur Sicherung des Lebensunterhalts der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, erbracht (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (vgl. § 9 Abs. 2 SGB II). Somit erhalten ausdrücklich auch die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Aus der Kassenpraxis wurde über Fallgestaltungen berichtet, wonach erwerbstätige versicherungspflichtige Mitglieder mit ihrem Einkommen zwar dem Grunde nach ihren eigenen Grundsicherungsbedarf, nicht jedoch aufgrund eines im gleichen Haushalt lebenden erwerbslosen Partners den Gesamtbedarf der Bedarfgemeinschaft decken konnten und somit Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bestand. Fraglich ist, ob diese erwerbstätigen Mitglieder aufgrund des Bezuges einer (Teil-)Leistung nach dem SGB II bei der Versorgung mit Zahnersatz als unzumutbar belastet i.S.d. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V gelten oder aber in diesen Fällen auf eine Bewertung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 und 5 SGB V unter Berücksichtigung der insgesamt vorhandenen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt abzustellen ist.

Darüber hinaus ist ggf. zu klären, welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II den Tatbestand einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V auslösen können. Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten sich bereits im Rahmen der Umsetzung des § 62 SGB V mit der Definition von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II befasst. Konkret ging es dabei um die Frage, welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dazu führen, dass gemäß § 62 Abs. 2 Satz 6 SGB V als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgeblich ist. Hierzu wurde die Auffassung vertreten, dass es sich um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handeln müsse (vgl. Verwaltungsvereinbarung zur Vorschrift über die Erstattung bzw. Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen gem. § 62 Abs. 1, 2 und 3 SGB V vom 1. Juli 2005, Abschnitt 4.2 Abs. 1 und TOP 2 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Leistungsrecht am 14./15. September 2005 in Bergisch Gladbach). Danach fallen neben dem monatlichen Bezug der Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 und ggf. 3 SGB II z. B. auch monatlich gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II unter diese Definition.

Im Übrigen wurde hierbei von den Spitzenverbänden der Krankenkassen auch die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen die Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 und ggf. 3 SGB II aufgrund von Einkommensanrechnungen z. B. in voller Höhe ruhen und deshalb allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II bezogen werden, auch der Bezug dieser laufenden (Teil-)Leistung dazu führt, dass als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgeblich ist.

Fraglich ist, ob die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Rahmen der Umsetzung des § 62 SGB V vorgenommene Definition von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch auf die Bewertung im Rahmen des § 55 Abs. 2 Satz Nr. 2 SGB V übertragen werden kann. Im Sinne einer einheitlichen Vorgehensweise war eine Beratung im Kreise der Spitzenverbände der Krankenkassen angezeigt.



Besprechungsergebnis:

Eine unzumutbare Belastung im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V liegt für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auch dann vor, wenn die (teilweise) gewährte Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht die alleinige Einnahmequelle der Bedarfsgemeinschaft darstellt. Dabei muss es sich aber um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handeln. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit einmaligem Charakter (z. B. Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen) lösen keine unzumutbare Belastung im Rahmen des § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V aus.

Zurück