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Die eben nicht „bürgerfreundliche Verwaltung“ am Beispiel des Jobcenter Hagen
Arbeitsminister Heil möchte den Zugang zu sozialen Leistungen in Bezug auf Sozialversicherung vereinfachen. Es soll den Menschen mehr "Respekt, eine bürgerfreundliche Verwaltung und Vereinfachung durch das Angebot digitaler Dienste" und mit weniger Bürokratie begegnet werden. Das sind die großen Ziele der Bundesregierung, aber auch die des Arbeitsministers.
Dem entgegen steht das Verhalten des Jobcenter Hagen. Dieses klärte mit einer ersten Mail auf, dass ab 01.10.2022 keine Kommunikation per Mail möglich sei und in einer späteren dann, dass eine per Mail eingegangene Nachricht „nicht mehr bearbeitet werde“. Stattdessen solle die Kommunikation ausschließlich über die Plattform „Jobcenter digital“ kommuniziert werden.
Siehe Screenshots von Mail Eingangsbestätigungen des JC Hagen, hier zum Anschauen: https://t1p.de/s9pwd
Die Ablehnung der Bearbeitung einer eingegangenen Mail dürfte schlichtweg Rechtsbeugung darstellen. Also die vorsätzlich falsche Anwendung des Rechts durch Amtsträger zum Nachteil der SGB II – Antragstellenden. § 9 SGB X iVm § 37 SGB II ist im SGB II ein formloses Verfahren, formlos heißt schriftlich, mündlich, per Email oder per Fax. Das BSG hat mit Urteil vom 12.7.2019 - B 14 AS 51/18 R die Beantragung von Sozialleistungen per Mail als zulässiges Verfahren anerkannt. Das Gesetz bestimmt das Sozialleistungsträger verpflichtet sind , darauf hinzuwirken, dass „jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält“ (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB II) und sie verpflichtet sind „ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren […] auszuführen“ (§17 Abs. 1 Nr. 4 SGB II). Zudem verstößt das Hagener Verfahren gegen das „Recht auf eine gute Verwaltung“ im Sinne von Art 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
So verständlich es ist, dass das Jobcenter Hagen möglichst alles über ihr Onlineportal „Jobcenter Digital“ abwickeln will, die Weigerung Mails entgegenzunehmen dürfte das Gegenteil davon sein, dass Sozialleistungsträger alles zu tun haben, dass Zugangshürden abgebaut werden und dafür Sorge zu tragen haben, dass Antragstellende die Leistungen möglichst „zügig“ (§ 9 S. 2 SGB X, § 17 Abs.1 Nr. 1 SGB I) erhalten.
Es erscheint, als müsse hier die BA und das BMAS mal eine Fachaufsicht durchführen. Bürokratieabbau und bürgerfreundliche Verwaltung geht anders.
Siehe Screenshots von Mail Eingangsbestätigungen des JC Hagen, hier zum Anschauen: https://t1p.de/s9pwd
Harald Thomé / Tacheles - Online - Redaktion