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Aufruf zum Protest durch Pflichterfüllung

Behauptet von den Call-Boys und Call-Girls wird bei den Anrufen freilich, daß diese Fahndungsaktion einem ominösen "Datenabgleich" dienen solle oder der "Aktualisierung" von Angaben, die wir in unseren ALG-II-Anträgen gemacht haben. Wir fragen uns: kann diese Begründung solide sein, wenn das Ausfrageverfahren derart unsolide ist?
Die "Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitativen e.V." (BAG-SHI) jedenfalls hat in ihrer Pressemitteilung vom 28. Juli dazu festgestellt, daß diese Begründung offenkundig "unsinnig" ist und nun auch die Gefahr besteht, daß "Trittbrettfahrer" solche Schnüffelaktionen starten könnten. Außerdem hat die BAG-SHI mitgeteilt, daß die AnruferInnen zumeist verschweigen, daß Beantwortung der Fragen absolut freiwillig ist. Und ein Mitinitiator der Dortmunder Montagsdemos, Martin Pausch, hat in einem Rundbrief vom 30. Juli mitbetroffene ALG-II-EmpfängerInnen darüber informiert, daß er aus dem Clement-Ministerium die folgenden telefonischen Auskünfte erhalten hat:
  1. Wer beim Anruf des Call-Centers nicht anwesend ist, läuft Gefahr, von seiner Arbeitsagentur einen Brief zu erhalten - mit der Nachricht, daß er ab sofort nicht mehr als arbeitssuchend geführt würde;
  2. daß bei Abwesenheit "Strafen" drohten;
  3. daß bei Abwesenheit wegen Besorgungen und Einkäufen die Kassenbons nachträglich zum Nachweis eingereicht werden müßten;
  4. daß arbeitssuchende ALG-II-EmpfängerInnen nicht ganztägig abwesend sein dürften, weil sie dadurch nicht mehr dem Arbeitsmarkt "zur Verfügung" stünden.

Der Dortmunder Rechtsanwalt Gossmann hat diese Umfrageaktion bereits als eindeutig "rechtswidrig" bezeichnet.
Außerdem stellt diese Weitergabe von Sozialdaten und "Kundennummern" an ein kommerzielles Call-Center nicht nur unserer Einschätzung nach eindeutig einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz dar.
Es scheint mithin so zu sein, daß die Idee des hessischen Innenministers Christean Wagner (CDU), für Arbeitslose elektronische Fußfesseln einzuführen, nunmehr als elektronische Telefonfessel in die Tat umgesetzt werden soll. Das bedeutet:
Gegen eine derartige ungesetzliche Schnüffelpraxis und illegale Kontrollpolitik ist politischer und juristischer Widerstand Recht und Pflicht eines jeden Betroffenen und aller BürgerInnen der Bundesrepublik.

Deshalb rufen wir hiermit zur folgenden Protestaktion durch Pflichterfüllung auf:


Von Montag, den 8. August, bis Freitag, den 12. August, teilen wir ALG-II-EmpfängerInnen unaufgefordert und jedesmal dem Berliner Clement-Ministerium per Telefon oder Fax oder E-Mail oder Postbrief unsere Abwesenheitszeiten in dieser Woche mit - egal, ob wir weg sind wegen unserer Einkäufe, Arzttermine, Besuche bei Freunden, Bekannten und Verwandten oder ob wir zeitweilig telefonisch nicht erreichbar sind, weil wir unser Mittagsessen zubereiten, uns duschen oder waschen wollen oder aus sonstigen sehr menschlichen Gründen mal die Toilette aufsuchen müssen.
Wir kommen damit aufs konsequenteste unserer "Pflicht zur Mitwirkung" nach, um Abwesenheitszeiten anzumelden, und machen durch den damit bekundeten äußersten Willen zur "Pflichterfüllung" auch darüber hinaus unserem Oberkontrolleur Clement sicherlich eine große Freude.
Daß infolge des Eingangs zigtausender Faxe, E-Mails, Briefe und Anrufe das Bundeswirtschaftsminiserium in dieser Woche vom 8. bis 12. August etwas überlastet sein sollte, ist als bedauerliche Nebenerscheinung leider hinzunehmen.
Gleichzeitig mit diesen Abwesenheitsmeldungen legen wir ausdrücklich Protest gegen diese Ausfrageaktion des kommerziellen Call-Centers ein und fordern das Ministerium zur kurzen schriftlichen Eingangsbestätigung unserer Abwesenheitsmeldunen auf (zu letzterem sind Behörden ohnehin verpflichtet). Auch diese höchst bedauerliche Mehrarbeit für das Ministerium ist ja nicht von uns zu vertreten und hat sich das Ministertium selber zuzuschreiben.
Wir Initiatoren dieses Protests durch Pflichterfüllung werden über diese Aktion die Medienöffentlichkeit informieren. Doch auch jede und jeder von Euch kann das selbstverständlich tun (zum Beispiel bei der Presse vor Ort).
Und hier nun für die Aktion die Anschriften und Nummern des Clement-Ministeriums:
Postadresse: Bundesministerium für Arbeit, Scharnhorstplatz 34-37, 10115 Berlin;
Mailadresse: info@bmwa.de
Telefonnummer : 030 / 20 14 - 9
Fax-Nummer : 030 / 20 14 - 70 10
Verbreitet diesen Aufruf weiter und beteiligt Euch an dieser Aktion! Wehrt Euch gegen die demokratieunwürdige Schnüffelaktion bei uns ALG-II-EmpfängerInnen durch: Pflichterfüllung!
Sybille Marggraf               Holger Platta
ALG-II-Empfängerin          ALG-II-Empfänger
37176 Sudershausen        37176 Sudershausen

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