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500 Euro Bürgergeld – eine „signifikante Erhöhung über die Inflation hinaus“?
Im Rahmen der Pressekonferenz zum dritten Entlastungspaket [1]sagt der Grünen-Chef Omid Nouripour in Minute 22:52, dass es ein Bürgergeld in Höhe von ungefähr 500 Euro[2] geben werde und vor allem, dass es eine „signifikante Erhöhung über den Inflationsausgleich hinaus“ sei.
Dann wollen wir mal rechnen:
Seit Januar 2022 stiegen die Preise bis Juli um 6,188341 % (im Folgenden um 6,2%) [3]
Möchte ich den Regelsatz von 449 dementsprechend erhöhen, komme ich auf 476,838 Euro.
Damit gäbe es eine signifikante Erhöhung von Bürgergeld zu Hartz 4 in Höhe von 23,16
Euro. (Nicht alles auf einmal ausgeben!)
So oberflächlich betrachtet, könnten wir uns über das Wort signifikant streiten. Aber wenn wir uns die Inflation und die Lebensrealität der Leistungsbeziehenden ansehen, müssen wir zu anderen Schlüssen kommen:
Für SGB-II-Beziehende sind aktuell 155,82 Euro[4] monatlich für Lebensmittel veranschlagt.
Gehen wir davon aus, dass das Bürgergeld von 500 Euro monatlich genauso aufgeteilt ist wie Hartz-4, kommen wir bei 173,50 Euro für Lebensmittel raus.[5]
Diese Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind seit Jahresbeginn bis Juli um 10,72% gestiegen.[6]
Bei den Lebensmitteln gibt es also eine 57,84% höhere Steigerung als bei allen Gütern
Damit steht der Inflation bei Nahrungsmitteln seit Jahresbeginn von 10,72% eine Regelsatzerhöhung Anfang nächsten Jahres von 11,35% entgegen.
Wir erinnern uns: „an eine signifikante Erhöhung über den Inflationsausgleich hinaus.“
Jetzt könnte man einwenden, dass die Nahrungsmittelpreise besonders hochgestiegen sind und die anderen Güter nicht so stark und dass es dadurch natürlich schon eine „signifikante Erhöhung über den Inflationsausgleich hinaus“ möglich ist.
Auf das gesamte Jahr gerechnet hat ein SGB II Bezieher 5,12 Euro täglich.[7]
Es ist also einleuchtend, dass SGB II Beziehende einen größeren Anteil ihrer Leistungen für Lebensmittel ausgeben. Es wird wahrscheinlich an Innenausstattung, Bekleidung, Gesundheitspflege gespart, um Nahrungsmittel zu beschaffen, sei es beim Imbiss[8] oder dem Supermarkt.
Das Bürgergeld soll zu Beginn 2023 kommen. Hier wurde immer mit den Inflationswerten aus Juli 2022 gerechnet. Wie stark die Preise weiter steigen ist unklar, aber angesichts höherer Energiekosten, die nahezu jedes Produkt betreffen, ist von einer weiteren Steigung auszugehen. Bis 2023 ist es also möglich, dass es sich nicht einmal mehr um einen Inflationsausgleich handelt.
Bastian Wessels
[1] https://www.youtube.com/watch?v=UNmGezzuReY
[2]Im Folgenden gehe ich von genau 500 Euro aus.
[3]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38504/umfrage/verbraucherpreisindex-in-deutschland/
[4]https://www.lpb-bw.de/regelsatz-hartziv
[5]https://www.lpb-bw.de/regelsatz-hartziv
[6]https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Preise/kpre520.html#250160
129,1 (Verbraucherpreisindex Juli 22 Nahrungsmittel) : 116,6 (Verbraucherpreisindex Januar 22 Nahrungsmittel ) = 1.10720412 → 10,72 Prozent
[7] 155,82x12 Monate = 1869,84; 1869,84: 365 Tage = 5,12284932 Euro
[8]Im Regelsatz sind 11,73 Euro für Beherbergungs- und Gaststättenleistungen einberechnet. Allerdings sind das aktuell 2 Döner und eine Pommes und damit fast zu vernachlässigen, angesichts der auch dort stark gestiegenen Preise.