Aktuelles Archiv

3. Aug. - Zahltag in Wuppertal - Forderungen für Mindeststandards treffen ins Schwarze

Da unser Programmierer in Urlaub ist vorläufig hier:

3. Aug. - Zahltag in Wuppertal - Forderungen für Mindeststandards treffen ins Schwarze

Die Initiatoren vom Erwerbslosenverein Tacheles werteten den ersten Wuppertaler Zahltag am Montag, den 3. August, als vollen Erfolg. Die Protestaktion vor dem Hauptquartier der Wuppertaler ARGE in Barmen wurde von vielen Initiativen und Gruppen aus Wuppertal und dem näheren Umfeld wie Köln, Bochum, Hagen, Gevelsberg unterstützt. Sogar aus Offenburg in Baden waren zwei Mitglieder einer Erwerbsloseninitiative angereist.

In einem Zelt, das auf dem Vorplatz der ARGE aufgebaut war, fanden die TeilnehmerInnen der Kundgebung, alles was für eine solche Veranstaltung benötigt wird: ein Beratungs- und Beistandsgruppe, die Erstberatung und Begleitung aufs Amt anbot, eine breite Palette von Informationsmaterial sowie Kaffee, Brötchen und mehr. Über eine kräftige Lautsprecheranlage wurde der Platz mit Musik, Dokumentationen zum Thema Hartz IV und Redebeiträge versorgt. Eine Trommelgruppe mit Harmonium sorge für Lifeeinspielungen und gute Stimmung.

Die Kundgebung bei gutem Wetter dauerte von 8:00 bis 13:00 Uhr und war durchgehend gut besucht. Zeitweise waren bis zu 70 Personen – Erwerbslose und Menschen, die die sich hinter die Forderungen und Anliegen der Hartz IV-Betroffenen stellen – auf dem Platz. Insgesamt kann von deutlich über hundert TeilnehmerInnen ausgegangen werden.

Die Beratungsgruppe hatte durchgehend zu tun. Betroffene stellten Fragen zum Leistungsbescheid, zu abgelehnten Anträgen, zur Bewilligung von Heiz- und Nebenkosten, zur Kostensenkungsaufforderung bei den Unterkunftskosten und zu Sanktionen. Widersprüche wurden vor Ort formuliert und Fristen zur Auszahlung gesetzt. Viele Leute nahmen das Angebot der Ämterbegleitung wahr und konnten mit Beistand ihre Ansprüche erfolgreich einfordern. Sofortzahlungen von 600 Euro – in einem Fall waren es sogar 980 Euro – wurden mit Begleitschutz durchgesetzt. Terminabsprachen und verbindliche Absprachen konnten getroffen werden. Dabei ist anzumerken, dass die SachbearbeiterInnen in der Bachstraße ausgesprochen freundlich und zuvorkommend waren.

Als uns von MitstreiterInnen berichtet wurde, dass in der benachbarten ARGE-Geschäftstelle in der Winklerstraße der Andrang von Erwerbslosen in der offenen Sprechstunde besonders stark sei, ging eine Abordnung von ca. 20 Leuten mit Trommeln, Harmonium und Megafon bewaffnet spontan dorthin. Die Stimmung dort und der Umgangston der ARGE-MitarbeiterInnen ließen in der Tat einiges zu wünschen übrig. In den Räumen der ARGE verteilte die Gruppe Flugblätter, gab Hilfestellungen und Tipps im Umgang mit dem Amt und stellte sich für Begleitschutz zur Verfügung. Nach einer kurzen Trommeleinlage und einer kleinen Kundgebung im Treppenhaus rief die Geschäftsführung die Polizei, die sich aber dezent zurückhielt. Nachdem einige Betroffenen mit Beratung und Beistand verarztet und die Anwesenden aufgefordert waren, sich an der Kundgebung vor der Zentrale zu beteiligen, wurde der „Sondereinsatz“ für beendet erklärt.

Insgesamt trafen die Forderungen von Tacheles gegen Hartz IV-Zumutungen, ARGE-Schikanen, für rechtliche Mindeststandards und einen besseren Umgang mit Erwerbslosen auf breite Zustimmung. Viele Hartz IV-Betroffene betätigten uns, dass in der Behörde Dokumente abhanden gekommen seien und dass die Mitarbeiter sich weigerten Eingangsbestätigungen schnell und unbürokratisch auszustellen. Auch über mangelnde Erreichbarkeit der Behörde und unzumutbare Antragsbearbeitungszeiten wurde oft geklagt.

Die solidarische Unterstützungsform durch Ämterbegleitungen und die Wirksamkeit von Begleitschutzaktionen kamen ebenfalls sehr gut an. Einige TeilnehmerInnen kündigten direkt an, künftig diesem Beispiel zu folgen, und Termine nur noch mit Begleitung wahrzunehmen.

Schließlich ist das (für Wuppertaler Verhältnisse) wohlwollende Interesse der örtlichen Medien an der Aktion hervorzuheben. Neben einem längeren Leitartikel, der bereits am Samstag in der Wuppertaler Rundschau zu lesen war, waren WDR-Lokal-Radio und Fernsehen (Studio Bergisches Land) sowie Radio Wuppertal vor Ort vertreten.
Ein Beleg dafür, dass die sorgfältige Vorbereitung der Aktion Früchte getragen hat und dass die Inhalte des Zahltags auch bürgerlichen Medien gut zu vermitteln sind.

Das Fazit dieses ersten Zahltags in Wuppertal: Die Aktionsform ist geeignet, die Zustände vor Ort an den Pranger zustellen, darauf aufbauend kommunalpolitische Forderungen zu transportieren und das Ganze mit praktischer Solidarität zu verknüpfen.

Der erste Zahltag in Wuppertal wird wohl nicht der letzte sein!

Frank Jäger / Tacheles – Online Redaktion

Hintergrund:

• Einladungsflyer für den Zahltag ( http://www.harald-thome.de/media/files/Zahltag-Flyer-Endfassung.pdf
• Pressemitteilung dazu (http://www.harald-thome.de/media/files/PM_Zahltag-30.07.2009.pdf

Zurück